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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

 

 

 

 

 

 

Nazis raus aus dem Internet

 

06.08.03

In eigener Sache

Bericht von der Landesausschusssitzung der VVN-BdA NRW vom 19.07.03 in Wuppertal

Jochen Vogler leitete die Sitzung. Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen zu Ehren des verstorbenen Kameraden Werner Stertzenbach, den Jupp Angenfort mit ehrenden Worten bedenkt.

Berichte und Informationen

Aus Duisburg wurde u.a. berichtet, dass dort neue neonazistische Formationen entstehen, nachdem es lange Zeit "ruhig" war. Problematisch - das wurde auch aus Dortmund berichtet - ist es, wenn Bündnissen, in denen sich "Deutschlandsfeinde" ausbreiten, an andere Antifaschisten herantreten. Hier müssen saubere Klärungen für einen Aufruf erfolgen, - zu Kriegen gegen "Deutsche", zu Hass auf "die Deutschen" eines Stadtteils und auch sonst rufen wir nicht auf, das war Konsens. 

In Hagen hat die Polizeipräsidentin dazu aufgerufen, nicht gegen die Nazis zu demonstrieren, schon gar nicht mit Trillerpfeifen, weil dann harte Strafen wegen Störung einer genehmigten Veranstaltung drohten. Auch in der Aachener Region werden Antifaschisten, die die Nazis entlarvt hatten, von Behörden verfolgt.

Im Ennepe-Ruhr-Kreis konnte die Arbeit mit dem Antifa-Stadtplan gut fortgesetzt werden. Am 9.11. wird auf der Grundlage des Plans ein neuer Gedenkstein eingeweiht. Erste Erfahrungen wurden mit einem Sozialforum gemacht, an diesem Bündnis beteiligt sich die VVN-BdA entsprechend der Castroper Erklärung.

Erfahrungen mit Veranstaltungen zur Bücherverbrennung, mit Holocaustleugnern auf einer Versammlung, mit Gedenkarbeit für die Gruppe des Widerstandes um Wilhelm Knöchel, mit Stolpersteinen (darüber sprachen auch die Kölner, Düsseldorfer, Bochumer und Duisburger) wurden aus Remscheid berichtet. Vorgeschlagen wird, einmal das historische Stadtspiel aus einigen Kreisen im Landesausschuss vorzustellen.

In Bochum steht eine Veranstaltung für das Andenken an die ermordeten Sinti und Roma bevor. In der Friedensbewegung beteiligt sich auch die VVN. Vor SPD-Versammlungen wurden Schilder getragen wie "Für Eurofighter - gegen Zahnersatz - die SPD". Örtlich werden Bündnisse gegen Sozialabbau aufgebaut. 

In Köln nimmt die VVN teil an Geschichtsveranstaltungen zum Historikerstreit und zum Antisemitismus. Die Zwangsarbeiterinitiative schafft eine Gedenktafel in Köln-Nippes für die Ford-Zwangsarbeiter. Im LD-Haus erfolgt eine Ausstellung dazu.

Gerd Deumlich, Vertreter im VVN-Bundesausschuss für die Emslandlagergemeinschaft, berichtete von mehreren Fahrten nach Papenburg (DIZ) und Umgebung, darunter auch eine Busfahrt, ganz wie wir es auf unserer Landeskonferenz vorgeschlagen und beschlossen hatten. In der Gedenkstätte Papenburg entwickelt sich eine gute Arbeit, besonders mit polnischen und niederländischen Hinterbliebenen (sie waren damals jünger als die Deutschen, kamen in den letzten Kriegsjahren dorthin, während die Moorsoldaten in den dreißiger Jahren kamen und heute zumeist nicht mehr unter uns sind), jedoch arbeiten auch deutsche Hinterbliebene mit, so wie Gerd auch. Er hat mit dem DIZ-Leiter gute Kontakte verabredet. Es wurde angeregt, den Leiter der Gedenkstätte mal zu einer Landesausschusssitzung einzuladen, um die gemeinsame Arbeit zu besprechen. Es muss geklärt werden (wohl im Bundesausschuss), ob wir in den Trägerverein der Gedenkstätte eintreten sollen. Besonders die jungen Leute aus der VVN-BdA Münster zeigten sich an der Zusammenarbeit mit Papenburg interessiert. Gerd freute sich, berichten zu können, dass auch H. Bogdahl (Oer Erkenschwick) und Hans Laufer (Leipzig) von den älteren VVN-Leuten diesmal in Papenburg mit dabei waren. Auch über die Gedenkstätte Esterwegen sprach Gerd mit den DIZ-Leuten. 

Aus der Landesgeschäftsstelle berichtete Horst Vermöhlen. Die Mitarbeit der Landesgeschäftsstelle beim UZ-Pressefest war erfolgreich. Geholfen haben die VVN-Jugend (Renchen) und das Hartmut-Meyer-Archiv. Der Umsatz hätte besser sein können. Viele VVN-Mitglieder haben geholfen. Fürs nächste Mal sollte wieder an einen größeren VVN-Stand gedacht werden - mit möglichst vielen Gesprächsrunden.

Für den 13. und 14. 9. sind wir wieder von der ver.di-Jugend zu einem Infostand bei ihrem Jugendtreffen in Föckinghausen eingeladen. Wir wollen Zeitzeugen für ein Gespräch mit den jungen Gewerkschaftern am 14. 9. gewinnen.

Weiter wurde berichtet: 

Die VVN Bochum hat uns wichtige Ausführungen zu antifaschistischen Stadtrundgängen gesandt. Ebenso erheilten wir Informationen aus Herten/Recklinghausen über eine gemeinsame Ausstellung mit französischen Antifaschisten.

Zur Wehrmachtsausstellung vom 19. September bis 2. November in Dortmund wird eine Information entgegengenommen. Es werden darin Vorschläge gemacht, wie gegen die Naziprovokationen vorgegangen werden soll. Zugleich werden Vorstellungen entwickelt, wie es weitergeht mit der Anklage gegen 200 ermittelte Wehrmachtsangehörige. Jochen, Klaus und Ulli informieren über diese "Anklage" und zugleich über den großen Erfolg der Aktionen der Antifaschisten zu Pfingsten in Mittenwald. Eine Information über die Wehrmachtsausstellung hat den Wortlaut (auszugsweise): 

"Das Verbot für das Linke Bündnis aus PDS und DKP, im Dortmunder Rathaus Veranstaltungen zur Wehrmachtsausstellung, die in dieser Stadt von September bis November gezeigt werden soll, durchzuführen, ist ein neuer Höhepunkt an Streicheleinheiten für die Braunen, die sich zur Wehrmachtsausstellung angekündigt haben, ohne dass die Stadt Dortmund bisher reagierte. Im offiziellen Programmheft zur Ausstellung (kann in der Landesgeschäftsstelle in ausreichender Zahl bestellt werden!) ist zwar das Rathaus als einer der Veranstaltungsorte genannt. Aber nun will Oberbürgermeister Dr. Gerhard Langemeyer (SPD) davon nichts mehr wissen, und er sperrte sogar Prof. Pätzold aus Berlin aus. Dies erinnert an München im Jahre 1997. Die Ausstellung wurde dort von Neonazis und bestimmten Kreisen aus der Union heftig angegriffen. Doch anders als Langemeyer hielt Ude stand. Die Veranstaltungen und die Ausstellung fand statt - und zwar im Münchner Rathaus. Will die Stadt Dortmund in vorauseilendem Gehorsam den Forderungen der Rechten Folge leisten? Die VVN-BdA erklärte in einem Protestschreiben: Wir vermissen auch eine entschiedene Absage des Rates der Stadt - möglichst einstimmig! - gegenüber den geplanten Naziprovokationen gegen die Ausstellung. Denn ausgerechnet am 20. September dieses Jahres, wenn sich in Italien und Griechenland zum sechzigsten Mal eine Anzahl von Massakern von Wehrmachtsangehörigen an Zivilisten und Kriegsgefangenen jähren, wollen Neonazis unter der verlogenen Losung, es habe keine Wehrmachtsverbrechen gegeben, einen Aufmarsch gegen die Ausstellung 'Verbrechen der Wehrmacht - Vernichtungskrieg 1941 - 1944' in Dortmund durchführen. Verlogen, denn Forscher haben gerade neue Fakten über mutmaßliche Täter bei den Staatsanwaltschaften in Dortmund vorgelegt:

In der Zeit vom 17. bis 22. September 1943 ermordeten deutsche Wehrmachtssoldaten über 5000 wehrlose italienische Kriegsgefangene. Das Verbrechen geschah auf der griechischen Insel Kephalonia. Unschuldige griechische Zivilisten - Frauen, Kinder, alte Leute - wurden zu Tausenden in der Zeit von September bis November 1943 in Lyngiades und rund 30 weiteren griechischen Orten von Wehrmachtseinheiten ermordet. Viele dieser Orte wurden niedergebrannt, ‚ausgemerzt'. 

Deutsche Gerichte hatten bisher nahezu alle Verfahren gegen Wehrmachtangehörige eingestellt. Auch die Wehrmachtsausstellung zeigt mutmaßliche Täter in Wehrmachtsuniform nur dann, wenn diese nicht mehr unter den Lebenden sind. Die VVN-BdA und die Arbeitsgruppe ‚Angreifbare Traditionspflege' hat hingegen zu Pfingsten in Mittenwald rund 200 noch lebende Täter benannt. Der Dortmunder ‚Zentralstelle im Lande NRW für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen' wurden über hundert Namen allein zum Fall ‚Kephalonia' zugeleitet. Der Massenmord der Wehrmacht von Kephalonia wird derzeit von dieser Zentralstelle untersucht, eine Anklage gegen zahlreiche mutmaßliche Täter steht hoffentlich bevor. 

Von der Landesregierung, dem Dortmunder Oberbürgermeister und dem Polizeipräsidenten haben Antifaschisten in einem Brief gefordert, die geplante Neonaziprovokation gegen die Wehrmachtsausstellung und die Zentralstelle zu unterbinden. Und auch den Unsinn mit dem Aussperren des Linken Bündnisses aus dem Rathaus zu unterlassen."

Zur Arbeit in Bündnissen

Im Zentrum unserer Aktivitäten in den nächsten Monaten wird unser Wirken in und für Bündnisse gegen Rechts und gegen Sozialabbau, für Frieden und Abbrüstung stehen, hoben Jupp und Ulli hervor.

Jupp sagte, der gegenwärtige Abbau der sozialen Menschenrechte, den wir erleben, sei nur der Anfang - nur die Spitze des Eisbergs. Auf dem Gebiet der Rüstung und langfristigen Kriegsvorbereitung wollen sich Deutschland und EU die gleichen oder ähnliche Optionen und Möglichkeiten wie die USA verschaffen. Alarmierend seien die Angriffe auf die Gewerkschaften. Es sähe so aus, als wolle man sie gleichschalten. Mit dem Argument: Mit der CDU/CSU komme es alles noch schlimmer, werden die Menschen vom Widerstand gegen die Regierungspläne abgehalten, dabei würden sehr bald die CDU/CSU-Vorschläge zum Zuge kommen, wenn jetzt die SPD-Grünen-Konzepte nicht verhindert würden. Denn die Entwicklung geht ja weiter. 

Die Gewerkschaft ver.di hat uns in ihr Bündnis gegen den Sozialabbau auf der Grundlage einer "Castroper Erklärung" eingeladen und erste Gespräche fanden statt. Auch auf Kreisebene sollen diese Bündnisse entstehen, schlug ver.di vor und Jupp rief alle Kreise entsprechend dazu auf. 

In der Diskussion wurden einige Erfahrungen zum Streik der Metaller und dem Abbruch des Streiks ausgetauscht, der sehr schwerwiegend ist. Thematisiert wurde das Ringen gegen Rüstung und für Erhalt des Sozialstaates. Der Verteilungskampf entwickele sich weltweit, dazu gehörten auch Mittel des Militärs, denn die würden auch in diesem Verteilungskampf eingesetzt.

Bedauert wird in der Diskussion, dass die EU-Verfassung (Entwurf) keine antifaschistischen Positionen aus dem deutschen Grundgesetz aufnahm, wie es die Landes- und Bundeskonferenz der VVN-BdA verlangte. Zur Verfassungsdiskussion haben Gerd Deumlich und Georg Polikeit wichtige Papiere verfasst, die auf die Homepage der VVN-BdA NRW gestellt werden sollen: nrw.vvn-bda.de

Weiter wurde festgehalten, dass wir derzeit Zeugen einer großen Täter/Opfer-Umkehrung werden, die offenbar einen Schlussstrich ziehen und das "normale Deutschland" herstellen soll. "Wir durften nie darüber reden," so werden Leute aus der Kriegskindergeneration und ältere Bombenopfer zitiert, die - wie in Köln - an Diskussionen mit Jörg Friedrich (Autor "Der Brand") teilnehmen, der behauptet: "Ich habe angefangen, vor mir hat es keiner getan." Alles Lüge: Es gab in den 40er, 50er und 60er Jahren bei den Erwachsenen fast nur das Selbstmitleid der deutschen Bombenopfer, das auch in Büchern seinen Niederschlag fand, im Unterricht, in den Medien. Ulli: Wie käme sonst die Charta der Heimatvertriebenen zustande, die behauptet, die ganze internationale Öffentlichkeit schulde den deutschen Kriegsopfern und Vertriebenen als denen, die am meisten gelitten haben, so viel. Zitat daraus: "Die Völker der Welt sollen ihre Mitverantwortung am Schicksal der Heimatvertriebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen empfinden." (FR 18.7.03) Auf der Grundlage dieser Charta wollen die Unionsländer den 5. August jedes Jahres zum nationalen Gedenktag machen. Es wird festgestellt, dass niemand das Leid von Vertriebenen und Bombenopfer ableugnen soll, aber in jedem Fall die Ursachen genannt werden müssen, wie es durch deutsche Schuld dazu kam.

Ulli legte ein paar wichtige Informationen aus der Friedensbewegung vor. Den bundesweiten Appell "Abrüstung statt Sozialabbau" gilt es besonders zu unterstützen. Wer neue Kriege verhindern und die soziale Not lindern will, muss umsteuern: Weniger für die Rüstung, mehr für Bildung und Soziales. Das ist der Ansatzpunkt, mit dem wir in diesem Lande und in Europa wirksam werden können. Unterstützen sollten wir eine bundesweite Unterschriftensammlung. Weiter: Vorbereitung des nächsten Friedenspolitischen Ratschlags am 6./7. Dezember in Kassel, sie wird von uns unterstützt. Ende September ist ein spezieller Friedensratschlag an Rhein und Ruhr in Dortmund geplant. Die Landesgeschäftsstelle wird informieren.

Zitat aus dem Protokoll der Friedensbewegung (von Dr. Peter Strutynski): "Die Friedensbewegung darf über den Irakkrieg nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern muss die Erinnerung an ihn und an die weltweite Protestbewegung gegen ihn wachhalten. Hierzu wird angeregt, dass ein Kriegs-Tribunal initiiert wird: Beginnend mit vielfältigen Veranstaltungen auf örtlicher Ebene soll ein Tribunalsprozess entstehen." Grundlage: Völkerrecht und UNO-Charta. Termine sind:

  • 6./9. August Hiroshima/Nagasaki-Gedenken: Verbinden mit dem Gedanken an weltweite Inspektionen zur Aufspürung von Massenvernichtungswaffen;
  • 1. September: Möglichst in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften die Umwandlung der Bundeswehr in eine Interventionsarmee thematisieren und die Unterschriftensammlung "Abrüstung statt Sozialabbau" popularisieren;
  • 11. September: Das Thema "Terrorismus" mit dem Thema "Staatsterrorismus" zusammenführen. Am 11. September 2003 jährt sich zum 30. Mal der terroristische Putsch gegen den demokratisch gewählten chilenischen Präsidenten Allende.

Weiter: die EU-Verfassung bzw. die für die EU angedachte neue Militärdoktrin (vgl. das Solana-Papier) müssen unsere Aufmerksamkeit und Aktion finden. 

Der Arbeitsausschuss der Friedensbewegung Kasseler Ratschlag verbreitete diesen Text:

Appell "Abrüstung statt Sozialabbau"

Die Idee hatten nicht wir allein, sondern sie kam auch aus dem Gewerkschaftlichen Netzwerk gegen den Krieg: Die Friedensbewegung sollte sich in die andauernden Auseinandersetzungen um die Demontage des Sozialstaats mit eigenen Vorstellungen einschalten. Unter der Parole "Abrüstung statt Sozialabbau!" soll ein kurzer und treffender Text der Bevölkerung zur Unterschrift vorgelegt werden. Die Aufrüstung und Militarisierung der Politik darf nicht vergessen werden, wenn über die Finanzschwäche des Staates und den angeblichen Zwang zum Sozialabbau gestritten wird.

Der Aufruftext lautet:

Appell an die Bundesregierung: Abrüstung statt Sozialabbau!

Wir verlangen eine drastische Reduzierung der Rüstung und die Streichung aller Rüstungsvorhaben, die für Auslandseinsätze der Bundeswehr vorgesehen sind. Die dadurch frei werdenden Mittel müssen für soziale Sicherung, zivile Arbeitsplätze, Bildung und Ausbildung sowie für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt verwendet werden. Rüstung, militärische Intervention und Sozialabbau verschärfen Konflikte statt ihre Ursachen zu bekämpfen. (Es folgt die Liste mit Vornamen und Namen, Adressen und Unterschriften)

Die Unterschriftenlisten sollen bis zum 1. Dezember 2003 geschickt werden an:

Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V., DGB Haus, Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77, 60329 Frankfurt/M.

oder an den Bundesausschuss Friedensratschlag, c/o DGB Kassel, Spohrstr. 6, 34117 Kassel" 

Ulli weiter: Zum letzten Mal (vom 19. September bis 2. November 2003) wird in unserem Bundesland, und zwar in Dortmund, die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" zu sehen sein. Sie wird uns sehr beschäftigen. Alle Kreise der VVN werden aufgerufen, die Ausstellung und die Auseinadersetzung um sie zu ihrer ureigenen Sache zu machen. Zur Begleitung der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Wehrmachtsausstellung bittet uns das Bündnis Dortmund gegen Rechts auch um Mithilfe bei der Vorbereitungen für Großdemonstrationen, denn sogenannte "freie regionale Nationalisten" haben für den 20. September und 25. Oktober Aufmärsche, sowie für die übrigen Wochenenden Kundgebungen gegen die Wehrmachtsausstellung angekündigt. 

Die Dortmunder VVN-BdA hat sich mit der Bochumer VVN-BdA beraten, und gemeinsam werden Vorschläge unterbreitet, wie wir im Lande - im ganzen Land - eine politische Bewegung gegen die Naziaufmärsche auf die Beine stellen, auch dies wiederum im breiten Bündnis. Zudem wollen wir nach unserem wirkungsvollen und erfolgreichen Eingreifen zu Pfingsten in Mittenwald/Bayern, wo wir gegen das größte deutsche Soldatentreffen wirksam wurden und mit einer internationalen Veranstaltung für die Entschädigung der Opfer der Wehrmachtsverbrechen und die Bestrafung der Täter eintraten, die Forderungen von Mittenwald auch nach Dortmund tragen. 

Mit folgenden Worten schlugen Jochen, Jupp und Ulli die Verabschiedung eines Aufrufes an die Landesregierung und den Landtag, an alle Demokraten im Lande "Die Nazioffensive nach dem NPD-Freispruch stoppen!" vor: "Seit dem Karlsruher Quasi-Freispruch für die NPD werden wir Zeuge eines alarmierenden Aufschwungs der Nazi- und Neonaziszene. Was zumeist übersehen wird: Es scheint eine Hauptsorge von Verfassungsschutzämtern, Polizei und Strafverfolgungsbehörden in Nordrhein-Westfalen darin zu bestehen, eine störungsfreie Betätigung der Neonazis zu ermöglichen. Zugleich werden die Antifaschistinnen und Antifaschisten der VVN-BdA NRW in dem im Frühjahr 2003 vorgestellten Bundesverfassungsschutzbericht 02 als Verfassungsfeinde dargestellt, weil sie den die Rechtsentwicklung begünstigenden Umgang von Behörden mit den Rechten angeprangert und auch Bundesrichter kritisiert hatten. Die sogenannten "Kameradschaften" als unmittelbare Nachfolgeorganisationen der in den neunziger Jahren verbotenen Neonazigruppen dürfen nahezu ungehindert agieren. Sie konnten mittels ihren Aufmärschen schon große Ortsgruppen in vielen Städten und Orten rekrutieren.

Andererseits wurden die Jugendlichen und anderen Bürger, die gegen die Nazis demonstrierten, von der Polizei und Teilen der Justiz mit immer groteskeren Maßnahmen überzogen. 

Die geradezu ausufernde Betätigungsfreiheit der Neonazis erfolgt in einer Zeit, da mittels Sozialabbau und der Abwälzung aller Lasten auf die Ärmsten - den Reichen werden Steuern erlassen, den Arbeitslosen wird auch noch die Arbeitslosenhilfe gestrichen - die Grundlage gelegt wird für eine verstärkte soziale Demagogie der Rechten, die sich als Retter der Mühseligen und Beladenen aufspielen.

Wir möchten vorschlagen, in Nordrhein-Westfalen ein landesweites Bündnis gegen Rechts und gegen die staatliche Begünstigung der Neonazis zu schaffen. Die unheilvolle Entwicklung in unserem Bundesland werden wir nicht hinnehmen." 

Bechlüsse

Es wird der Aufruftext unter Berücksichtigung der gemachten Vorschläge beschlossen. (Siehe auch www.nrw.vvn-bda.de/aufruf_gegen_nazis.htm) Alle VVN-Mitglieder werden aufgerufen, den Aufruf zu unterschreiben und viele Unterschriften unter den Aufruf zu sammeln, der nach den Ferien verbreitet wird.

Es wird beschlossen, für die Schrift "Faschistisches Menschenbild - Gentechnik und Biopolitik", das unser Landesverband, Neofa-Kommission herausgab, zu werben. 

Die nächste Sitzung des Geschäftsführenden Landesausschusses wird für den 19. September, 15 Uhr, die nächste Landesausschusssitzung wird für den 25. Oktober, 10 Uhr, eingeladen.

gez. 

- Jupp Angenfort - Jochen Vogler - Ulrich Sander -

Anhang - Zum Bericht von der Landesausschuss-Sitzung:

"Eine rechtsextremistische Ideologie lässt sich auch nicht mit den Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren."

(Beschluss des OVG NRW, Az 5 B B 585/01).

Brief an Peer Steinbrück vom 25.7.03

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Nach der alarmierenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zugunsten der Betätigungsfreiheit der neonazistischen NPD, die zu einem immer dreisteren Auftreten der Neonazis auf den Straßen auch unseres Bundeslandes führte, erlauben wir uns, Sie auf unsere Petitionen an den Landtag von NRW hinzuweisen, über deren Abschluss der Innenminister von NRW in Kenntnis gesetzt wurde. 

Der Landesausschuss unserer Organisation hatte sich zu dem vom höchsten Verwaltungsgericht von NRW dringend befürworteten entschiedenen Vorgehen gegen Neonazis bekannt, und es freute ihn, dass dies auch der Petitionsausschuss des Landtags tat. Der Petitionsausschuss wies zugleich zustimmend auf die umfangreiche Rechtssprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster - u.a. vom 2. März und 30. April 2001 - hin, nach der sich eine rechtsextremistische Ideologie auch nicht mit den Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren lässt (Beschluss des OVG NRW, Az 5 B B 585/01).

Verbittert sind wir über die fortgesetzten Bemühungen dreier Karlsruher Verfassungsrichter, unter Vermeidung einer endgültigen Entscheidung, den Neonazis in Eilentscheidungen immer wieder das Demonstrationsrecht zu genehmigen. Die drei Richter bescheinigen den Neonazis, "eine missliebige Meinung" zu haben, die zu dulden sei. 

Die Gegendemonstranten, die unter der Losung "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" gehen, werden immer wieder behindert, auch durch die Polizei unsere Bundeslandes NRW. Der historische wie aktuelle Faschismus wird damit verharmlost, die von ihm ausgehenden Gefahren werden verniedlicht.

Es hat uns gefreut, dass der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes von Münster, Herr Michael Bertrams, gegen die zweifelhafte Haltung der drei Karlsruher Juristen öffentlich Stellung bezogen hat (z.B. FR vom 16. Juli 02). Wir hatten nun den Wunsch geäußert, der Innenminister von NRW würde es dem Gerichtspräsidenten und dem Landtagsausschuss gleichtun. Dies erschien uns notwendig, da sich eine Resignation breit macht, nach dem Motto: Münster kann entscheiden, was es will, Karlsruhe hebt es wieder auf. Es wird bereits im Vorfeld fast jeder Naziprovokation der Versuch unterlassen, mit den Mitteln des Verbots gegen die Nazis vorzugehen. Es habe keinen Zweck, sagen Polizeipräsidenten und Landräte. Sie haben leider erfahren, dass der Innenminister sie im Stich lässt. 

Anders als die OVG-Rechtssprechung und Landtagsmeinung behauptete das Landesinnenministerium in seinem letzten Schreiben an uns: "Entscheidungen des BverfG sind unanfechtbar. An seine Rechtssprechung sind alle übrigen Staatsorgane gebunden. Insoweit steht es dem Innenministerium Nordrhein-Westfalen nicht zu, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu werten."

Wir bitten Sie, derartiges nicht im Raum stehen zu lassen. Selbstverständlich darf ein Innenminister vorläufige Eilentscheidungen, die niemals unanfechtbar sind, kritisieren. Er müsste sogar alles dafür tun, dass diese nicht geltendes Recht werden. 

Wie dem Verwaltungsgerichtspräsidenten Michael Bertrams stünde es auch Ihnen als Ministerpräsident, gut an, die Kammer des BverfG zu kritisieren, denn diese handelt skandalös. Wenn dann noch Bürgerinnen und Bürger mittels Karlsruher Hilfestellungen an der Wahrnehmung ihrer Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehindert werden - derzeit werden Antinazidemonstranten wegen "Beleidigung" von Nazis und Störung ihrer Veranstaltungen belangt - und die Landesregierung von NRW dies geschehen lässt, dann fordern wir, dass endlich alle Demokraten unseres Landes, die unsere Verfassung ernst nehmen, dagegen auf den Plan treten. 

Wir erinnern uns noch sehr gut daran, wie bayerische Landesregierungen und andere Kreise gegen Urteile des Bundesverfassungsgerichtes - Urteile und keine Eilentscheidungen dreier Herren! - das Volk auf die Straße riefen, in Sachen Abtreibung, Ostverträge, Kruzifixe und Tucholsky-Zitate. Warum dürfen nur Bayerns Bürger Karlsruhe kritisieren, nicht aber auch Nordrhein-Westfalen? 

Die Verfassung muss ernst genommen werden, auch von Innenministern und Verfassungsrichtern.

Doch leider nimmt der NRW-Innenminister in Sachen Neonazis nicht mal die eigenen Entscheidungen der Innenminister ernst. Von 1992 bis 1995 wurden einige rechte Gruppierungen durch die Innenminister, auch durch den NRW-Innenminister verboten. Doch die Führer dieser verbotenen Gruppen stellen sich an die Spitze von offenkundigen Nachfolgeorganisationen - und sie können ungehindert von der Polizei agieren. Das nennt das Landesinnenministerium dann "konsequente Durchsetzung der Verbote von ANS, NO und FAP" (Aktionsfront Nationaler Sozialisten, Nationalistische Offensive, Freiheitliche Arbeiterpartei). Es lägen keine Erkenntnisse vor, dass Strukturen dieser rechtsextremistischen Vereine existieren. Doch diese Strukturen sind Woche für Woche in diesem Lande zu besichtigen. 

Wir bitten Sie und die Landesregierung, in Ihrem politischen Handeln die Nachfolgestrukturen der Neonazigruppen zu erkennen und zu verbieten. Dazu gehört auch, gegen die NPD und die "freien Kameradschaften" vorzugehen, wenn sie nachweislich als Nachfolgeorganisationen verbotener Gruppen fungieren. Wir bitten Sie zugleich, konsequent an der nordrhein-westfälischen Rechtssprechung, dass Nazismus nach unserer Verfassung von vornherein illegal ist, festzuhalten und in diesem Sinne mit anderen Ländern der Bundesrepublik zusammenzuarbeiten. Selbst wenn die Dreier-Kammer von Karlsruhe dann gegen eine richtige nordrhein-westfälische Linie entscheiden sollte, so wäre dies immer noch besser, als eine weitere Resignation der Demokraten zuzulassen.

Was die angedrohten Aufmärsche der Neonazis gegen die Wehrmachtsausstellung in Dortmund - so liegt eine Anmeldung für den 20. 9. 03 vor - anbelangt, so erwarten wir "von der Politik", wie es heute immer so schön heißt, dass sie endlich mehr tut als auf die Polizei zu verweisen und sich mit den unsäglichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes in dieser Frage herauszureden. Wir hoffen sehr, dass Sie, Herr Ministerpräsident, und der Innenminister tätig werden und z.B. auch in diesem Zusammenhang die Verbote, die gegen Neonazigruppen in den 90er Jahren ausgesprochen wurden, nun konsequent durchsetzen. Denn die "freien Nationalisten" und "Kameradschaften", die sich auch wieder zur Wehrmachtsausstellung ankündigen, lassen sich sehr einfach als die verbotene FAP u.ä. von gestern identifizieren.

Die Landesregierung muss handeln, will sie sich nicht schweren Ansehensverlust hinnehmen. Denn diese Wehrmachtsausstellung wird auch ein landespolitisches Ereignis werden; - schließlich wird die Dortmunder Ausstellung die letzte in NRW für sehr lange Zeit sein. Zudem werden italienische und griechische Opfer der Wehrmachtsverbrechen gerade am 20. September und in den Wochen danach der 60. Wiederkehr des Tages gedenken, an denen Tausende ihrer Landsleute von Wehrmachtssoldaten ermordet wurden. Es darf nicht sein, dass dieser Jahrestag durch den Aufmarsch von Neonazis geschändet wird. Es sollte möglich sein, so wie am Gedenktag 24. Januar, an dem den Nazis nachhaltig die Aufmärsche verboten wurden, auch am Gedenktag 20. September zu handeln.

Bitte verweisen Sie uns wegen obiger Beschwerden nicht an den Landesinnenminister. Dem haben wir unsere Kritik wieder und wieder vorgetragen. Es ändert sich nichts. Beziehungsweise änderte sich dies: Nach dem "Freispruch" für die NPD wurde das staatliche Vorgehen gegen ihre Gegner immer rigoroser.

Wir hoffen auf Ihr Eingreifen und auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,

- Josef Angenfort - Ulrich Sander - Jochen Vogler -

Landessprecher der VVN-BdA NRW

siehe auch:

 

Materialien

 

Landeskonferenz 2000:

 

Bericht von Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA NRW am 25. April 1998 in Bochum: