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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

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Nazis raus aus dem Internet

 

 

 

 

 

19.09.02

Materialien der Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA Nordrhein-Westfalen

am Samstag 7. September 2002 in Bochum, Verdi-Haus( früher ÖTV), Universitätsstraße 76

Motto unserer Landesdelegiertenkonferenz: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.“ (Aus dem Schwur von Buchenwald vom 19. 4. 1945)

 

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An den Innenminister von NRW

Initiativantrag

Entschließung

Die Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA NRW solidarisiert sich mit den Aktionen der von Abschiebung bedrohten Roma in Düsseldorf. Wir fordern den Innenminister des Landes, Herrn Behrens, auf, sich für das Bleiberechte der Roma einzusetzen. Als Mitglieder der VVN-BdA, die den Kampf gegen Faschismus und Rassismus auf ihre Fahnen geschrieben haben, sagen wir:

Es ist eine Schande, daß ausgerechnet die BRD den Roma erneut großes Unrecht antut, ein Land, das - durch seine maßgebliche Beteiligung am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien erst dazu beigetragen hat, daß diese Roma als Kriegsflüchtlinge auch vor dem Terror der UCK fliehen mussten. - ein Land, das den Sinti und Roma bis heute Entschädigungen für ihre massenhafte Verfolgung, Ermordung und Deportation aus rassistischen Gründen während des Hitlerfaschismus verweigert.

Es ist ein Skandal, daß ausgerechnet dieser Staat sich heute wieder an der Vertreibung dieser Bevölkerungsgruppe schuldig macht. Die Landeskonferenz fordert vom Innenminister, daß er ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Düsseldorfer Oberbürgermeister, Herrn Erwin, einleitet. Dieser ist in besonders illegaler Form gegen die Grundrechte der Roma und Sinti, gegen ihr Versammlungsrecht, vorgegangen und hat Amtsmissbrauch betrieben.

Ulrich Sander

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Dortmund, den 12.09.02

Landessprecher der VVN-BdA

An den Petitionsausschuss des Landtages von Nordrhein Westfalen Düsseldorf Platz am Landtag

Betr. Naziopfer empört über Aktivitäten der Neonazis in der Stadt der Karfreitagmorde Fortsetzung der Petition vom 2.4.02 (Eingang bei Ihnen) Nr. 13-06752

Sehr geehrte Damen und Herren!

Nachdem kürzlich im Polizeipräsidium von Dortmund eine Anhörung Ihres Ausschusses stattfand, die obige Petition zum Inhalt hatte, haben wir die Petition auch dem Landesverband der VVN-BdA NRW vorgelegt. Einstimmig beschloss die Landesdelegiertenkonferenz am 7. September in Bochum die Petition – jedoch in nachfolgender Fassung.

Wir bitten Sie, diese Petition mit in Ihre Überlegungen einzubeziehen, insbesondere bitten wir um Antworten zu den vier Fragen am Schluß des Textes.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Ulrich Sander, Sprecher der VVN-BdA

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Endfassung des Antrags Nr. 2 (so beschlossen)

Resolution an den Landtag von Nordrhein Westfalen, Düsseldorf, Platz am Landtag – verabschiedet von der Landeskonferenz der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA NRW) am 7. September 2002 in Bochum

Naziopfer empört über ungestörte Aktivitäten der Neonazis in NRW

Wir unterstützen vollinhaltlich die Erklärung des Internationalen Rombergparkkomitees von seiner Tagung zu Ostern 2002 in Dortmund, die dem Landtag zuging und bisher ohne Antwort blieb. Dem Komitee gehören Mitglieder aus allen Nationen an, aus denen Opfer bei den Dortmunder Karfreitagmorden der Gestapo von 1945 zu beklagen waren.

Ihre Erklärung lautet u.a.:

NRW auf dem Weg in eine braune Zukunft?

In Dortmund fand ein Nazi-Konzert, genannt Geburtstagsfeier, mit mehreren militanten, antisemitischen und rassistischen Bands statt. Der Staatsschutz kennt die Bands, die Polizeibehörde ist informiert. Die Polizei schreitet nicht ein, denn sie befürchtet Krawalle der Antifaschisten. So berichtete die Presse. Und am Samstag, 16. Dezember 2000 geschah dies: In Dortmund fand in der Gutenbergstraße eine friedliche antifaschistische Demonstration statt. Die Polizei setzte alle Anwesenden in einem Kessel fest und nahm sie anschließend in Unterbindungsgewahrsam, denn sie befürchtete Krawalle der Antifaschisten.

Wir stellen fest:

Die Nazis brauchen es nur „Geburtstagsfeier“ statt Versammlung zu nennen, schon geht die Sache für den Polizeipräsidenten und den Regierungspräsidenten in Ordnung. Die Nazis treffen sich nicht als verbotene „ANS“ oder „FAP“, sondern als „freie Nationalisten“ und „Kameradschaften“ – oder einfach als Freunde der „Volx“-Musik - und schon werden sie von der Polizei beschützt, während ansonsten protestierende Demokraten und Antifaschisten eingekesselt und eingesperrt werden.

....

Die Untätigkeit des Landtages in dieser Sache beunruhigt uns. Während sich Ulla Jelpke (PDS) und Annelie Buntenbach (Grüne) als NRW-Politikerinnen mutig gegen die Nazis und den Polizeipräsidenten engagierten, enthielten sich die Landtagsabgeordneten jeder Erklärung.

Wie lange noch? Wir verlangen von Ihnen: Setzen Sie sich ein für die Aufklärung des Polizeiskandals vom 16. März in Dortmund. Lassen Sie keine weiteren Neonaziaufmärsche, auch keine Feier oder Festumzug der „Borussenfront“, zu. Setzen Sie sich für den Schutz und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger ein. Veranlassen Sie endlich mit Nachdruck den Innenminister zum Handeln – gegen die Nazis und gegen einen Staatsschutz und seine Chefs, die Nazis schützen.

Wir verlangen ferner: Der Landtag fordert den Innenminister auf zu erklären,

1. was er für die nachhaltige Durchsetzung der Organisationsverbote der Neonazivereinigung wie ANS, FAP, NO usw. aus den 90er Jahren unternehmen wird. 2. was seine Antwort auf die fortwährenden Verharmlosungen der Naziaufmärsche durch drei Richter des Bundesverfassungsgerichtes ist, 3. was er zum Schutz der Bürger unternehmen will, die vom Anti-Antifa-Terror bedroht sind. 4. Wie er das Demonstrationsrecht der Antifaschisten durchsetzen und künftige Polizeikessel verhindern will.

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Folgende Anträge wurden von der Landeskonferenz in dieser Fassung beschlossen:

Initiativantrag: Den Krieg verhindern!

Die VVN BdA NRW hat die Erklärung des Kanzlers vernommen, Deutschland werde sich nicht am Krieg der USA gegen den Irak beteiligen und auch kein Geld dafür ausgeben. Der Kanzler sprach sich für „Solidarität“, aber gegen „Beteiligung an Abenteuern“ aus.

Wir begrüßen diese Erklärung, die abweicht von der bedingungslosen, unkritischen „uneingeschränkten Solidarität“ mit Präsident George W. Bush.

Es geht der Friedensbewegung und den Antifaschistinnen und Antifaschisten aber nicht nur darum, die deutsche Kriegsbeteiligung zu verhindern, sondern den ganzen Krieg. Wenn die Regierung den Krieg ein Abenteuer nennt, dann muß sie alles tun, um dieses Abenteuer zu verhindern.

Noch vor der Bundestagwahl muß der Bundestag einen Parlamentsbeschluss herbeiführen, um die Haltung Deutschlands auf der NATO-Tagung am Tag nach der Wahl, am 23. September, zu bestimmen. Statt einen neuen Bündnisfall zu beschließen, gilt es klarzustellen: Wir machen nicht mit, auch wenn es ein Nato- und ein sogenanntes UNO-Mandat gibt. Der Bündnisfall der NATO, beschlossen nach dem 11. September 01 ist sofort aufzuheben. Weigert sich die NATO, so hat die Regierung zu erklären, daß sie sich an diesen Beschluß nicht mehr gebunden fühlt. Vor allem ist der umfassende Ermächtigungsbeschluß zum Kriege, vom Kanzler am 16. November 2001 im Bundestag erzwungen, aufzuheben, ebenso wie die „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ von 1992.

Wenn die Erklärung der Bundesregierung ernst genommen werden soll, dann gilt es: - deutlich zu machen, daß von Deutschland keinerlei militärische, finanzielle und politische Unterstützung – auch keine indirekte – zu erwarten ist. - Sofort alle deutschen Truppen aus der Krisenregion zurückzuziehen, insbesondere die ABC-Spürpanzer aus Kuwait und die Marineverbände aus der Golfregion und vor dem Horn von Afrika, - Die Nutzung der militärischen Infrastruktur in Deutschland einschließlich der US-Basen wie Spangdahlem, Ramstein und Frankfurt Airport durch die USA zu verweigern.

Wer der irakischen Bevölkerung aus der Geiselhaft des Saddam-Regimes helfen möchte, muß zivile Mittel zur Befriedung der Region anwenden.

In diesem Sinne wird die Friedensbewegung und wird die antifaschistische Bewegung auch in der Wahlzeit wirken. Es gilt der Slogan: „Keine Stimme für den Krieg“. Und so auch am 11. September, an dem wir deutlich machen, daß wir Terror wie auch Staatsterror ablehnen. Schließlich der 14. September, eine Woche vor der Bundestagswahl. Dann geht es nach Köln zur Großkundgebung der Friedensbewegung und der Gewerkschaftsjugend unter dem Motto „Her mit dem schönen Leben.“

Antragsteller: Geschäftsführender Landesausschuß

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Antrag Nr. 4

Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz (so beschlossen:)

Gegen den Einsatz deutscher Soldaten in Nahost – Frieden für Israelis und Palästinenser

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) teilt die Beunruhigung in der internationalen Öffentlichkeit über den ständig eskalierenden Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Sie unterstützt alle Bemühungen um die sofortige Beendigung des Krieges als Voraussetzung für eine friedliche Lösung.

Als deutsche Antifaschisten wenden wir uns mit Entschiedenheit gegen die regierungsoffizielle Erwägung, deutsche Soldaten nunmehr auch im Nahen Osten einzusetzen.

Die Verbrechen des deutschen Faschismus und der Holocaust sind schließlich eine wesentliche Ursache für die Entstehung des Konflikts überhaupt. Es ist deshalb geradezu zynisch, den Einsatz deutscher Soldaten dort mit der besonderen deutschen Verantwortung begründen zu wollen.

Wir fordern, dass die Bundesregierung nicht militärische, sondern friedenspolitische Anstrengungen unternimmt, den Konflikt zu entschärfen, insbesondere durch die sofortige Einstellung aller Waffenlieferungen in die Region und durch nachdrückliche Einflussnahmen auf die politisch Verantwortlichen, die terroristische, militärische und strukturelle Gewalt zu beenden.

Die VVN-BdA tritt entschieden für das Existenzrecht des Staates Israel wie für das eines palästinensischen Staat ein. Sie verlangt die Verwirklichung der Nahost-Resolutionen und -Forderungen der Vereinten Nationen.

Die Landesdelegiertenkonferenz stellt fest:

1.Die VVN-BdA wurde 1947 mitbegründet von jüdischen Holocaustüberlebenden. Sie ist stets gegen jeden Antisemitismus aufgetreten. 2.In der Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Krieg im Nahen Osten verurteilt die VVN-BdA Terrorismus und Staatsterrorismus gleichermaßen. 3.Sie ist solidarisch mit der israelischen und der palästinensischen Friedensbewegung. Eine kritiklose Hinnahme des Terrors von Hamas u.ä. ist für die VVN-BdA ebenso undenkbar wie des Terrors der Regierung Scharon.

Die VVN-BdA verurteilt die Vertreibungspolitik der Regierung Scharon gegenüber den Palästinensern. Sie wendet sich dagegen, daß in der Friedensbewegung und der antifaschistischen Arbeit Begriffe, die eindeutig besetzt sind durch den deutschen Faschismus, wie „Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser“, verwendet werden. Sie sind in jeder Hinsicht falsch. Was Vernichtungskrieg ist, wurde eindeutig geklärt mit der Wehrmachtsausstellung: Ausrottung großer Teile der Bevölkerung des besetzten Landes, Teil des Holocaust.

Antragsteller: Geschäftsführender Landesausschuß

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Antrag Nr. 3

Die Landesdelegiertenkonferenz 2002 der VVN-BdA NRW beschließt: (so beschlossen)

Enge Zusammenarbeit mit dem Förderverein Emslandlagergemeinschaft

Der Bitte um Kooperation des Fördervereins Papenburg e.V. „Emslandlagergemeinschaft“, hervorgegangen aus der 1955 gegründeten Lagergemeinschaft ehemaliger Moorsoldaten, wird entsprochen, und es wird eine enge kameradschaftliche Zusammenarbeit zwischen VVN-BdA-Landesverband und Förderverein hergestellt.

Im Auftrag der Leitung des Fördervereins wird die VVN-BdA NRW

- die Interessenvertretung des Fördervereins zu ihrer eigenen Sache machen, - den Förderverein in den Gremien der VVN-BdA und FIR vertreten, - den Kontakt zu den Mitgliedern des Fördervereins halten und ihnen die Publikationen der VVN-BdA zugänglich machen. - Rundschreiben im Interesse des Zusammenhalts an die Mitglieder versenden. - Den Förderverein in den Gremien der Gedenkstättenarbeit vertreten. - Die Pflege der Gedenksteine in Esterwegen (auf Bundesgelände befindlich und nach dem Weggang des Bundeswehrdepots Esterwegen von zweifelhafter Nachbarschaft befreit, aber derzeit auch „unbeaufsichtigt“) sichern.

Die Moorsoldaten in den ersten Moorlagern, den KZs im Emsland, kamen zum großen Teil aus dem Gebiet des heutigen NRW. Es ist daher naheliegend, die enge Zusammenarbeit zwischen „Emslandlagergemeinschaft“ Förderverein und VVN-BdA NRW herzustellen. Die beiden Gedenksteine für Carl von Ossietzky und für die Insassen der „Hölle am Waldesrand“, der 15 Emsland-KZ-Lager, in denen von 1933 bis 1945 Tausende KZ-Häftlinge und andere NS-Verfolgte wie Zwangsarbeiter, Deserteure u.a. litten und viele ermordet wurden, sollen bewahrt und beschützt werden. (1995 wurden sie u.a. von VVN-Kameraden, vor allem Georg Gumpert, aufgestellt.)

Die Landesorganisation wird Gedenkfahrten mit Jugendlichen nach Esterwegen und in die anderen Orte der Moorlager durchführen, so zu bestimmten Jahrestagen. Die VVN-BdA NRW wird auch die Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum DIZ in Papenburg pflegen.

Antragsteller: Geschäftsführenden Landesausschuß

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Antrag Nr. 1

Die Landesdelegiertenkonferenz 2002 der VVN-BdA NRW beschließt: (so beschlossen)

Wann ehrt NRW seine Vorbilder der Jugend Dr. Rossaint, Günther Weisenborn und Johanna Melzer?

Wir beantragen beim Stadtrat von Düsseldorf, beim Stadtrat von Leverkusen und bei den Stadträten der Ruhrgebietsstädte und geben dem Landtag zur Kenntnis:

Die Stadträte mögen die Benennung von Straßen nach den antifaschistischen Widerstandskämpfern Johanna Melzer (Hamm), Kaplan Dr. Joseph Rossaint (Düsseldorf) und Günther Weisenborn (Leverkusen, Velbert) beschließen.

Zu den Personen:

Johanna Melzer (1904-1960), Arbeiterin und Abgeordnete, Mitglied der KPD, Widerstandskämpferin im Ruhrgebiet, 1934 in Hagen verhaftet und 1945 von den Alliierten aus der Haft befreit, nach 1945 aus politischen Gründen inhaftiert.

Dr. Joseph Rossaint, 1902-1991, Kaplan, führender katholischer Widerstandskämpfer, eintreten für die Einheitsfront der Antifaschisten, 1936 verhaftet und im weltweit beachteten Katholikenprozeß von Berlin verurteilt, 1945 von den Alliierten befreit, nach 1945 Präsident der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

Günther Weisenborn (1902-1969). Schriftsteller, Mitglied von Widerstandsgruppen, 1943 verurteilt und 1945 von den Alliierten befreit, Verfasser des Werkes „Der lautlose Aufstand“ über den deutschen Widerstand.

Diese Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer stehen stellvertretend für Tausende Antifaschisten, deren Vergessen droht. Die Vereinigte VVN-BdA nimmt ihre Landesdelegiertenkonferenz in Bochum zum Anlaß, für diese drei Antifaschisten die Benennung von Straßen in den Städten NRWs zu beantragen. Wir bitten den Landtag, diese Anträge ebenfalls zu unterstützen.

Die Konferenzleitung richtete diesen Brief an den Innenminister:

An den

Innenminister

von NRW

Sehr geehrter Herr Minister!

Am 15. Dezember fand in Bottrop eine antifaschistische Demonstration gegen den Aufmarsch von Neonazis statt. Michael Gerber, DKP-Fraktionsvorsitzender im Rat, war Anmelder der Demonstration. Er soll nun bestraft werden, weil er sich weigerte, die Transparente, die gezeigt wurden, zu zensieren. Die Polizei behauptete, damit wurde zur Gewalt aufgerufen. (Ein Transparent verlangte statt Worte Taten, das soll nun Gewalt sein.)

Am 19. September wird gegen Michael Gerber vor Gericht verhandelt.

Wir fordern die Rücknahme der Strafanzeige und die Absetzung des Prozesses und Demonstrations- wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit für Antifaschistinnen und Antifaschisten.

Die Landeskonferenz der VVN-Bund der Antifaschisten

7. September 2002 in Bochum

i.A. Ulrich Sander, Landessprecher

Wir gehen dramatischen Zeiten entgegen

Schlusswort von Jupp Angenfort

Liebe Kameradinnen und Kameraden

Im Namen aller, die heute in die verschiedenen Funktionen unserer Organisation gewählt wurden, möchte ich für das Vertrauen danken, das uns gegeben wurde. Wir werden uns bemühen, gute Arbeit zu leisten.

Dank allen, die unsere Konferenz gegrüßt und ihr Erfolg gewünscht haben. Aus der Vielzahl nenne ich den Gruß des Oberbürgermeisters von Bochum, Ernst-Otto Stüber, und den Gruß des Vertreters der Gewerkschaft verdi, Hans-Dieter Warda.

Unser Dank gilt auch den Kollegen Ortwin Bickhove-Swiderski von der Gewerkschaft Verdi. Er hat sich in besonderem Maße darum bemüht, daß wir hier im „Hans Liersch Haus“ unsere Konferenz unter guten Bedingungen durchführen konnten.

Dank allen, die durch ihre vielfältige Hilfe zum guten Verlauf der Konferenz beigetragen haben. Stellvertretend nenne ich die Kameradinnen und Kameraden aus Bochum.

Wir haben eine interessante Konferenz hinter uns. Es gab auch demokratischen Meinungsstreit. Ich finde, das ist normal und richtig, wenn es um die Lösung der Probleme geht. Ich hoffe, daß bei denen, deren Meinung sich bei der einen oder anderen Abstimmung nicht durchsetzen konnte, keine Bitternis zurückbleibt.

Liebe Kameradinnen und Kameraden, wir gehen dramatischen Zeiten entgegen. Es droht ein militärischer Angriff auf den Irak. Führende Persönlichkeiten der USA haben sich dafür ausgesprochen. Es droht ein Bombenkrieg, die Zerstörung der Lebensgrundlagen der Bevölkerung des Irak, der Tod Tausender unschuldiger Menschen.

Bei einem militärischen Abenteuer weiß man, wie es begonnen hat. Wie es endet, weiß man nicht. Es kann in einer Katastrophe enden. Es kann zu einem großen Krieg führen, zu einem Krieg, in dem auch Atomwaffen eingesetzt werden. Von dieser Möglichkeit haben Politiker der USA bereits gesprochen. Die Folgen wären nicht abzusehen. Die Gefahr ist real. Schließlich war die USA der erste und einzige Staat, der Atomwaffen bereits eingesetzt hat.

Wir alle erinnern uns noch an die entsetzlichen Folgen des Abwurfs von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Mehr als 200.000 Menschen wurden auf einen Schlag umgebracht. Zivilisten. Unschuldige Menschen. Sie wurden hingemordet, denn der Krieg war entschieden. Japan war militärisch am Ende. Der eigentliche Sinn des Atombombenabwurfs war, die Waffe einmal echt auszuprobieren und der übrigen Welt den dicken Knüppel zu zeigen.

Und jetzt ein Krieg gegen den Irak, eventuell sogar mit Einsatz von Atomwaffen? Das darf nicht sein!

Bei einem Krieg gegen den Irak steht auch sofort die Frage im Raum: Welches ist denn der nächste Staat, der überfallen wird? Präsident Bush hat bereits von der „Achse des Bösen“ gesprochen. Er hat neben dem Irak den Iran und Nordkorea genannt.

Vielleicht aber wird das nächste Land Saudi-Arabien sein? Es gibt Spannungen zwischen diesem Land und den USA. Das aber ist nicht die Hauptursache. Die Hauptursache ist, daß Saudi-Arabien Öl hat. Viel Öl. Die Ölreserven der Welt gehen zu Ende. Es findet ein weltweiter Konkurrenzkampf um diesen Rohstoff statt. Wer die Hand darauf hat, ist strategisch in einer günstigen Position und kann in Zukunft märchenhafte Gewinne machen. Deswegen halte ich es für möglich, daß auch Saudi-Arabien im Visier imperialistischer Kräfte ist.

Die Älteren unter uns haben noch den letzten Weltkrieg in Erinnerung. Die vielen Millionen Toten, das Leid und Elend unschuldiger Menschen. Wir wollen keinen Krieg mehr! Wir awollen Frieden. Lasst uns das laut und deutlich sagen und dafür wirken.

Pressemitteilung

An die Medien

VVN-BdA NRW: Den Krieg und nicht nur die Beteiligung daran verhindern! - Landtag soll Polizeikesselskandal aufklären - Letzte Landeskonferenz vor Einigungskongress der VVN-BdA auf Bundesebene

Die VVN BdA NRW hat auf ihrer Landeskonferenz im Hans-Liersch-Haus der Gewerkschaft verdi in Bochum zur Friedensdemonstration am 14. September in Köln aufgerufen. Einstimmig wurde zu den jüngsten Kanzler- und Kanzlerkandidatenerklärungen festgestellt: „Es geht der Friedensbewegung und den Antifaschistinnen und Antifaschisten nicht nur darum, die deutsche Kriegsbeteiligung zu verhindern, sondern den ganzen Krieg. Wenn die Regierung den Krieg ein Abenteuer nennt, dann muss sie alles tun, um dieses Abenteuer zu verhindern,“ das viele Tausend unschuldige Menschen das Leben kosten würde. Vor allem müssen den USA und Großbritannien die Nutzung jeglicher Infrastruktur in Deutschland untersagt und die Überflugrechte für den Krieg gegen den Irak verweigert werden.

Die Regierung soll noch vor den Wahlen feststellen: „Wir machen nicht mit, auch wenn es ein Nato- und ein sogenanntes UNO-Mandat gibt.“ Der Bündnisfall der NATO, beschlossen nach dem 11. September 01 ist sofort aufzuheben. Weigert sich die NATO, so hat die Regierung zu erklären, daß sie sich an diesen Beschluss nicht mehr gebunden fühlt. Der umfassende Ermächtigungsbeschluss zum Kriege, vom Kanzler am 16. November 2001 im Bundestag erzwungen, ist aufzuheben, ebenso wie die „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ von 1992.

Die VVN-BdA: „Es gilt der Slogan: „Keine Stimme für den Krieg“. Die VVN-BdA verlangte auf ihrer Landeskonferenz außerdem, der nordrhein-westfälische Landtag soll endlich die bundesweit einmaligen Polizeiskandale – manifestiert in Polizeikesseln von Dortmund und Düsseldorf gegen Antifaschisten – aufklären. Der Landesinnenminister soll endlich vom Landesparlament aufgefordert werden zu erklären, „was er für die nachhaltige Durchsetzung der Organisationsverbote der Neonazivereinigungen wie ANS, FAP, NO usw. aus den 90er Jahren unternehmen wird“, ferner „was seine Antwort auf die fortwährenden Verharmlosungen der Naziaufmärsche durch drei Richter des Bundesverfassungsgerichtes ist.“ Außerdem soll die Landesregierung mitteilen, „was sie zum Schutz der Bürger unternehmen will, die vom Anti-Antifa-Terror bedroht sind“ und „wie sie das Demonstrationsrecht der Antifaschisten durchsetzen und künftige Polizeikessel verhindern will.

Der Konferenz lag ein Antrag zur engsten Zusammenarbeit mit dem Förderverein der Emslandlagergemeinschaft, den früheren Moorsoldaten, vor, der einstimmig beschlossen wurde. Er sieht gewissermaßen eine Patenschaft mit dieser Vereinigung der Opfer des Faschismus vor, von denen viele aus dem Gebiet des heutigen NRW kamen. Außerdem behandelte die Konferenz Konzepte, wie die Erinnerungsarbeit in Nordrhein-Westfalen durch Benennung von Straßen nach den Widerstandskämpferinnen und –kämpfern wie Hanna Melzer, Kaplan Dr. Rossaint und Günther Weisenborn verbessert werden kann. Die Konferenz nahm Stellung zum Nahostkonflikt, indem mit deutlicher Mehrheit, die Position der Bundesorganisation der VVN-BdA gegen Terror und Staatsterror in Nahost und für die Durchführung der Nahost-UNO-Resolutionen unterstützt wurde.

Auf der Landeskonferenz vertraten 77 Delegierte, darunter sieben, die noch am Widerstand gegen das NS-Regime teilgenommen haben, die rund 1.250 Mitglieder der größten und sehr traditionsreichen Vereinigung der Naziopfer und ihrer Hinterbliebenen sowie jüngerer Mitkämpferinnen und Mitkämpfer, die in rund 20 Kreisvereinigungen arbeiten. Es war die letzte VVN-Landeskonferenz im Bundesmaßstab vor dem Vereinigungskongress aller Landesverbände und anderer antifaschistischer Gruppen aus Ost und West Anfang Oktober in Berlin. Sie tagte unter der Losung des Schwurs von Buchenwald. Dieses Gründungsdokument der antifaschistischen Bewegung von 1945, das von den Häftlingen vieler europäischer Länder verabschiedet worden war, wurde auch als Richtschnur für ein angestrebtes antifaschistischer Europa ausgewählt. „Europa – bitte antifaschistisch“ lautete das Thema einer Arbeitsgruppe, in der die Diskussion über europapolitische und antifaschistische Perspektiven unter besonderer Berücksichtigung der Zuwanderungsdiskussionen und der Rechtspopulistischen Entwicklung in vielen Ländern fortgesetzt wurde, die mit einem Antrag an den Bundeskongress der VVN-BdA und mit einem Dokument zur europäischen Verfassungsdiskussion begann.

Gegen rechte kulturelle Hegemonie ging es in der Arbeitsgruppe „Kultur des Antifaschismus“. Junge Rapper, Künstler aus Polen und Kulturarbeiter mehrerer Städte nahmen teil. „Her mit dem Geld für die Sklaven des NS-Regimes“, darum ging es in einer weiteren Arbeitsgruppe, die den Erfahrungsaustausch über die Fortsetzung der Arbeit zu Gunsten der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter führte.

Es wurde ein neuer Geschäftsführender Landesausschuss gewählt, dem Jupp Angenfort (Düsseldorf), Ulrich Sander (Dortmund) und Jochen Vogler (Wuppertal) als Landessprecher vorstehen. Maria Wachter (92 Jahre), Teilnehmerin am antifaschistischen Widerstand und Verfolgte des NS-Regimes, kandidierte nicht erneut als stellvertretende Landesvorsitzende. Die Düsseldorferin wurde unter langem Beifall zur Ehrenvorsitzenden gewählt. Hans-Dieter Warda vom Verdi-Landesvorstand, hatte die Konferenz zu Beginn mit einem herzlichen Grußwort begrüßt und die Tatsache eines Neonaziaufmarsches zu gleicher Stunde in Wuppertal verurteilt, an dem sich Nazis führend beteiligten, die VVN-Mitglieder terrorisiert haben. Er gedachte der Opfer des 11. September 2001 in New York, aber auch der des 11. September 1979 in Santiago de Chile, die Opfer von Terror und Staatsterror wurden.

Anhang

Mehr Antifaschismus ins Grundgesetz!

Antrag des Landesausschusses an den VVN-BdA-Bundeskongress und den Bundeskongress der vereinigten VVN-BdA:

Die VVN-BdA unterstützt die im Deutschen Bundestag gegenwärtig erörterte Forderung nach Aufnahme zusätzlicher antifaschistischer Grundsätze ins Grundgesetz. Die VVN-BdA erwartet, dass nicht nur die PDS-Fraktion eine solche Initiative unterstützt.

Der Vorschlag, in Artikel 26 neue zusätzliche antifaschistische Prinzipien zu verankern, wird von der VVN-BdA unterstützt. Es geht dabei darum, zusätzlich zum Artikel 139 Grundgesetz (Fortgeltung der Entnazifizierungsvorschriften) im Artikel 26, dort, wo vom Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges die Rede ist, auch das Verbot des Nationalsozialismus zu verankern.

In unserem Bestreben nach einer derartigen Ergänzung des Grundgesetzes sollten wir auch zwei wichtige Debatten im Blick haben:

- Die Debatte um eine mögliche EU-Verfassung. In diese sollten die vorhandenen und die angestrebten antifaschistischen Positionen Eingang finden. In diesem Sinne wird der Bundesausschuss der vereinigten VVN-BdA beauftragt, mit den Mitgliedern des EU-Konvents zu sprechen und die Vorschläge der deutschen Antifaschistinnen und Antifaschisten einzubringen. Auch die FIR sollte zu einer Stellungnahme ermuntert werden.

- Die Debatte unter den Verwaltungs- und Verfassungsjuristen über den juristischen Umgang mit neonazistischen Ideologien und Aktivitäten. Wir verurteilen die Haltung des Bundesverfassungsgerichtes und unterstützen die des nordrhein-westfälischen obersten Verwaltungsgerichtes in Münster, das entgegen Karlsruhe entschieden hatte, dass sich eine rechtsextremistische Ideologie auch nicht mit Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren lässt. Die Behauptung einer Kammer des BVG, Neonazis dürften auf den Straßen und Plätzen demonstrieren, da sie allenfalls eine „missliebige“ Meinung verträten, wird von den Münsteraner Richtern – und höchste Verwaltungsrichter stimmen ihnen zu – zurückgewiesen: Das Grundgesetz verbiete von vornherein jeden Rechtsextremismus.

Was den Artikel 139 GG anbelangt, mit dem bereits jetzt die zur Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus erlassenen Rechtsvorschriften als gültig geregelt sind, so bekräftigt die VVN-BdA ihr Unverständnis über die Haltung der meisten Parlamentarier, diesen Artikel als obsolet anzusehen. Vielmehr gilt es, diesen Artikel anzuwenden, dessen Titel „Fortgeltung der Entnazifizierungsvorschriften“ bereits die Gültigkeit zum Ausdruck bringt.

Die VVN-BdA stellt fest: Die VVN-BdA sieht in besonderem Maße in den Grundrechten nach Artikel 1 bis 17 des Grundgesetzes antifaschistische Aussagen; von großer Bedeutung sind ferner die Aussa­gen des Grundgesetzes zur Verwirkung von Grundrechten im Falle der Verletzung von Grundrechten (Artikel 18, 19 und 21), zum Widerstandsrecht (Artikel 20), zum Vorrang des Völkerrechts und zum Verbot von Angriffskriegen (Artikel 25 und 26) sowie zum Verbot von Militarismus und Nationalso­zialismus (Artikel 139).

Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes bestimmt die Verfassungswidrigkeit und Strafbarkeit von Störungen des friedlichen Zusammenlebens der Völker, insbesondere der Vorbereitung eines Angriffskrieges. Es wird vorgeschlagen, diesen oder einen anderen Artikel dahingehend zu ergänzen, dass auch Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, nationalsozialistisches Gedankengut wieder zu beleben, verfassungswidrig sind. Angesichts des gehäuften Auftretens neonazistischer, rassistischer und antisemitischer Tendenzen sowie fremdenfeindlicher Aktionen wäre dies ein zeitgerechtes Signal mit verfassungsrechtlicher Autorität.

PS

Notiz

Zwei Vorgänge trübten den Gesamteindruck der Landeskonferenz:

1. Der bisherige Landeskassierer legte seinen Rechenschaftsbericht so spät vor, daß er nicht mehr von der Revisionskommission geprüft werden konnte. Somit wurde dem bisherigen Kassierer keine Entlastung erteilt. Die Prüfung seines Berichtes soll nun von der Revisionskommission und dem Landesausschuss gemeinsam vorgenommen werden.

2.Ein Antrag zu Fragen des Nahostkonfliktes und der Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus wurde von der Kreisorganisation Münster ausdrücklich als Diskussionsbeitrag eingebracht und gewertet, weshalb die knappe Mehrheit der Delegierten befand, er solle als Antrag nicht befasst werden. Der Antrag, bzw. der Diskussionsbeitrag soll nun auf den Internetseiten der VVN-BdA NRW und VVN-BdA Münster zur Diskussion stehen.

Der Text lautet:

Antragsteller: Kreisvereinigung Münster

Antrag Nr. 5

Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz

„Damit Gestern nicht zu Morgen wird“ - Gegen Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus - für eine solidarische Unterstützung israelischer und palästinensischer Friedenskräfte!

Es wird beantragt, der folgenden Erklärung zuzustimmen:

Die aktuelle kriegerische Auseinandersetzung in Israel/Palästina führt in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit und ihrem Subsystem der politischen Linken zu immer heftigeren Kontroversen. Angesichts alltäglicher Terrorakte radikal-nationalistischer und islamistischer Organisationen wie der Hamas auf der einen und einer israelischen Regierung auf der anderen Seite, die aktuell scheinbar nur noch der Logik des Militärischen folgt, wird eine eigene Standortbestimmung immer schwieriger. Trotzdem dürfen wir angesichts der unzähligen Opfer auf israelischer und palästinensischer Seite, der alltäglichen Angst vor Terroranschlägen und Militärinterventionen nicht schweigen. Eine Parteinahme ist in diesem Zusammenhang nur für all die Menschen möglich, die sich in diesem Konflikt um friedliche Lösungen bemühen.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten wurde von Überlebenden des Holocaust und von Widerstandskämpfern gegen den Hitlerfaschismus gegründet, aus dieser Perspektive heraus wollen wir einige grundsätzliche Standpunkte und Thesen in dieser Diskussion formulieren. Unsere Standpunkte sind als Diskussionsbeitrag zu werten, beinhalten aber gleichzeitig eine deutliche Abgrenzung zu nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Positionen auch innerhalb der Linken.

Wir Antifaschistinnen und Antifaschisten in der VVN/BdA NRW erklären deutlich: Eine Zusammenarbeit mit Initiativen, Bündnissen und Parteien, in denen antisemitische und nationalistische Töne zu vernehmen sind, schließen wir aus.

Hamas, islamischer Djihad und Fatah: Keine emanzipatorische Bewegung, sondern völkisch-nationalistischer Befreiungskampf

Fast täglich erreichen uns Nachrichten, die von immer neuen Anschlägen und Selbstmordattentaten gegen die jüdische Bevölkerung Israels berichten. Der bewaffnete Kampf gegen Israel und die Juden von Seiten der Fatah und weiteren palästinensischen Organisationen kann mittlerweile als Kern der palästinensischen Nationalmythologie und der nationalen Identität bezeichnet werden. Dieser Kampf wird zudem religiös und antisemitisch aufgeheizt. In einer vom palästinensischen Fernsehen übertragenen Predigt aus eine Moschee im Gaza-Streifen hieß es im Jahr 2000 u.a.: Habt kein Mitleid mit den Juden, egal, wo ihr seid, in welchem Land auch immer. Bekämpft sie, wo immer ihr seid. Wo immer ihr sie trefft, tötet sie. Auf pro-palästinensischen Demonstrationen sind in den letzten Wochen Parolen wie: Tod allen Juden; Israel raus oder Juden und Christen – raus aus Palästina zu vernehmen. Untermalt werden diese Parolen mit Karikaturen, auf denen die typischen antisemitischen Stereotypen abgebildet werden. Diese Karikaturen sind teilweise identisch mit Abbildungen, die die deutschen Faschisten im Nationalsozialismus als Anleitung zum Erkennen von Untermenschen gebrauchten.

Die dominierenden palästinensischen Kräfte stellen schon lange keine linke, emanzipatorische Bewegung mehr dar. Islamistische Organisationen wie die Hamas und der Hisbollah gewinnen an Einfluß, Kinder werden zu lebenden Bomben instrumentalisiert. Der Kampf maßgeblicher palästinensischer Kräfte richtet sich längst nicht nur noch für einen Abzug israelischer Militärs aus den Autonomiegebieten, sondern gegen Israel selbst und gar gegen alle Juden. Die Selbstmordattentate auf Zivilisten lassen keinen anderen Schluß zu.

Dieser Kampf wird jedoch von Teilen der Linken als berechtigt eingeordnet und als eine Ermutigung für die deutsche Solidaritätsbewegung dargestellt. In diesem Zusammenhang werden palästinensische Terroristen zu Symbolen des ungebrochenen Widerstandswillens der Menschen Palästinas erklärt. Die Selbstmordattentate werden zu Verzweiflungstaten definiert und somit nicht nur beschönigt, sondern gerechtfertigt. Eine Distanzierung von der Hamas und anderen terroristischen Organisationen bleibt in Teilen der Linken unzureichend; Gewalt und Aggression werden allerdings akzeptiert, so daß die Abgrenzung zu nationalistischen und gewalttätigen Gruppen völlig unzureichend bleibt.

Die völkische, antisemitische und nationalistische Ausrichtung des palästinensischen Kampfes wird von vielen (linken) Kräften nicht verleugnet, sondern im Gegenteil noch unterstützt. So kam es in vielen bundesdeutschen Städten (Düsseldorf, Frankfurt, Berlin, Münster) zu pro-palästinensischen Demonstrationen unter Beteiligung linker Gruppen und Parteien.

In diesem Jahr ist es besonders in den neuen Bundesländern zu Bündnisaktionen von palästinensischen Gruppen und der NPD gekommen, in Greifswald marschierten beide Gruppen am 19. April unter dem Motto „Solidarität mit Palästina“.

Vielen pro-palästinensischen DemonstrantInnen (von links und rechts) geht es nur noch um das Unrecht der Vertreibung, um Selbstbestimmung des Volkes oder um das Recht auf Heimat. Die VVN/BdA demonstriert seit vielen Jahren gegen völkische Parolen der Vertriebenenverbände; an dieser Stelle sagen wir deshalb deutlich:

Nein zu jegliche Formen von völkischer und nationalistischer Politik!

Mit Sharon ist kein Frieden zu machen

Mit der Wahl von Ariel Sharon am 06. Februar 2001 zum neuen israelischen Ministerpräsidenten wurde ein Prozeß eingeschlagen, der sich zweifelsohne nicht in Richtung Frieden bewegt. Mit einem Vorsprung von über 25 Prozent gegenüber Ehud Barak (bei einer Wahlenthaltung von über 40 Prozent) wurden diejenigen Kräfte in Israel gestärkt, die sich von Sharon mehr Sicherheit und Ruhe erhofften. Letztlich wurden auch in Israel nationalistische, fundamental-religiöse und rechtsextreme Kräfte gestärkt. Der ehemalige General Ariel Sharon folgt in seiner Politik vor allem der Logik des Militärischen. Mit bedingungslosem militärischen Eingreifen wird jede palästinensische Gewalttat beantwortet.

Auch in diesem Konflikt gilt die These, daß Gewalt nie mit Gewalt gelöst werden kann und das Gewalt immer neue Gewalt hervorruft. Die Positionen sowohl von Sharon als auch von Arafat scheinen nicht mehr miteinander in Einklang zu bringen sein. Ein Dialog zwischen diesen Politikern scheint aussichtslos. Trotzdem bleibt der einzig gangbare Weg zu Frieden und respektvollem Umgang miteinander der Weg des Dialoges, unterstützt von neutralen Moderatoren. Eine bedingungslose Anerkennung des Staates Israel durch die arabischen Staaten und durch die palästinensische Autonomiebehörde könnte einen entscheidenden Impuls geben. Gleichzeitig ist von der israelischen Regierung eine Akzeptanz der Palästinenser als gleichberechtigte Gesprächspartner zu fordern.

Leider wird aktuell aber jedes kleine Pflänzchen des Dialoges durch Hamas-Bomben auf der einen und durch israelische Militärinterventionen auf der anderen Seite zertreten. Sowohl Israel als auch die palästinensische Autonomiebehörde müssen zu einem Dialog zurückfinden.

Antisemitismus nicht nur in der FDP

In der jüngsten Debatte über den Konflikt im Nahen Osten waren und sind immer wieder antisemitische Standpunkte zu vernehmen. Nicht nur in der FDP, sondern auch in Teilen der bundesrepublikanischen Linken. Antisemitismus ist neben religiösen und völkisch- nationalistischen Sichtweisen als ein einigendes Moment in der ideologischen Untermauerung der Al-Aksa-Intifada zu bezeichnen. Hier wird von jüdischer „Weltverschwörung“ gesprochen sowie von religiös und rassisch hergeleiteten „Beweisen“, warum die Juden das Prinzip des „Bösen“ verkörpern. Aber auch vor der Leugnung des Holocaust und geradezu zwanghaften Vergleichen zwischen der Politik Israels und den Verbrechen der Nazis wird nicht Halt gemacht. Im Gegenteil, von palästinensischen Politikern ist zu hören: Der Holocaust wurde übertrieben, um die Juden als Opfer eines großen Verbrechens darzustellen, ihren Anspruch auf eine Heimat in Palästina zu rechtfertigen. In offiziellen Schulbüchern ist zu lesen: der jüdische Anspruch auf Palästina ist die größte Lüge, die die Menschheit kennt. Und weiter heißt es: Vielleicht hat Allah die Juden in unser Land gebracht, um sie auszulöschen.

Wenn in der Bundesrepublik der FDP-Politiker Möllemann den ehemaligen Grünen Jamal Karsli zwischenzeitlich in seine Landtagsfraktion aufnimmt, so unterstützt Möllemann im Prinzip ebenfalls eine Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Israelischer Politik, hat doch Karsli u.a. von Nazi-Methoden bei der israelischen Armee, und von Konzentration tausender gefangener Palästinenser in großen Lagern gesprochen. Möllemann möchte endlich einmal feststellen dürfen, daß Israel Täter und nicht immer Opfer sei. Dies ist eine gewollte Entlastung von deutscher Geschichte unter dem Deckmantel von Kritik an Israel. Mit seinem Vorwurf, der jüdische Repräsentant Michel Friedman und die Politik Sharons seinen selbst für den Antisemitismus verantwortlich, hat sich Möllemann deutlich in einen ideologischen Zusammenhang mit Antisemiten in der ganzen Welt gestellt.

Antisemitismus läßt sich in der Bundesrepublik aber nicht auf Teile der FDP reduzieren, auch die neofaschistischen Parteien fühlen sich geradezu gestärkt durch die Aussagen von Möllemann, endlich spricht einer mal aus, was wir schon lange denken.

Die Geschichte Israels ist ohne die Geschichte des Antisemitismus und der Shoah nicht zu verstehen. Mit deutschen Händen wurden Millionen Jüdinnen und Juden systematisch umgebracht. Antisemitismus ist hier und heute bittere Realität. Es ist unerträglich wie selbstverständlich deutsche Politiker und Teile der Anti-Israel-DemonstrantInnen die israelische Politik mit dem Hitlerfaschismus gleichsetzen.

Wir Antifaschistinnen und Antifaschisten wenden uns genauso gegen einen in jüngster Zeit diskutierten deutschen Militäreinsatz in Israel. Was es heißt, wenn deutsche Herrenmenschen in Uniform in Jerusalem auf Juden und Palästinenser schießen, mag sich jeder selbst ausmalen.

Mit der Gleichsetzung des deutschen Faschismus und der aktuellen israelischen Politik führen sogar Teile der außerparlamentarischen Linken das Verhindern eines neuen Auschwitz im Munde um ihr Eintreten für Palästina zu untermauern und folgen somit der Kriegslogik der Herren Schröder und Fischer, die mit selbigem Argument schon die deutsche Militärintervention in Jugoslawien begründeten.

Wer die israelisch-palästinensische Tragödie für eine Entsorgung deutscher Geschichte mißbraucht, dem geht es nicht um einen Beitrag zur Lösung des Konfliktes, sondern um Eskalation und die Entlastung Deutschlands.

Was tun?

Es gilt zu aller erst noch Schlimmeres zu verhindern. Antisemitische, völkische und nationalistische Tendenzen sind als Schlimmeres zu bezeichnen und müssen entschieden zurückgedrängt werden. Keine Zusammenarbeit mit Kräften, die hier keine deutliche Trennung ziehen.

In Palästina und Israel müssen diejenigen Kräfte unterstützt werden, die eine Lösung des Konfliktes ohne Gewalt, Nationalismus und Antisemitismus anstreben.

Die Selbstmordattentate müssen sofort ein Ende finden!

Schluß mit den militärischen Interventionen der israelischen Armee!