06.08.03
Brief an den Innenminister von
NRW Dr. Fritz Behrens
Btr.: Verfassungsschutzbericht NRW 2002
An den Herrn
Innenminister Dr. Fritz Behrens
Haroldstr. 5
40213 Düsseldorf
Sehr geehrter Herr Innenminister Dr. Behrens,
im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2002 wird im letzten Abschnitt des Kapitels "Deutsche Kommunistische Partei (DKP)" unter der Überschrift "Zusammenschluss von VVN-BdA und VVdN/BdA" auch über die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - BdA in Nordrhein-Westfalen berichtet.
Schon durch diese Anordnung des Textes wird der Eindruck hervorgerufen, die VVN-BdA sei eine Unterabteilung der DKP. In Wirklichkeit ist die VVN-BdA eine eigenständige Organisation, ein eingetragener Verein mit eigener auf satzungsgemäßen Konferenzen beschlossener Zielsetzung.
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) unseres Landes ist auch nicht - wie der Verfassungsschutz schreibt - 1947 unter Anleitung der KPD/SED gegründet worden. Sie ist ein Jahr vorher, am 26. Oktober 1946, auf einer Delegiertentagung in Düsseldorf gegründet worden. Die Gründung war der freie Entschluss von Bürgern, die im Widerstand gegen Hitler gewirkt haben und Opfer des Naziregimes wurden. Es waren Sozialdemokraten, Kommunisten, Parteilose, Angehörige der christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinschaft.
Auf der Delegiertenkonferenz hielten der Ministerpräsident Dr. Rudolf Amelunxen und der spätere Ministerpräsident und damalige Oberbürgermeister von Düsseldorf Karl Arnold die Begrüßungsansprachen. In seiner Ansprache erinnerte Dr. Amelunxen daran, dass allein die 34 Abgeordneten der KPD des Landtags von Nordrhein-Westfalen insgesamt 143 Jahre in Lagern und Folterkammern eingekäfigt waren, dass mehr als 400 Geistliche beider christlichen Kirchen zu Märtyrern wurden.
Ich erlaube mir, sehr geehrter Herr Innenminister, den Nachdruck einer Schrift beizufügen, mit der im Jahre 1946 über die Gründung der VVN ausführlich informiert wurde. Ferner lege ich einen Brief zum 50. Jahrestag der VVN-BdA NRW-Gründung von 1996 bei, den uns der damalige Ministerpräsident und heutige Bundespräsident Dr. Johannes Rau sandte.
Der Verfassungsschutzbericht wirft der VVN-BdA vor, dass sie im Kapitalismus die Wurzel des Faschismus bzw. Nationalsozialismus sehe.
Ob der Kapitalismus als solcher die Ursache des Faschismus ist, darüber sind in unserer Organisation die Auffassungen geteilt. Wir lassen uns dazu keine einheitliche Meinung aufzwingen, aber auch keine diesbezügliche Auffassung verbieten. Nicht geteilt ist in unserer Organisation die Meinung darüber, dass führende Kräfte der Industrie, der Banken und des Militärs Hitler den Weg bereiten haben, darauf gedrängt haben, dass Hitler die Macht übertragen wurde, dass sie Nutznießer seines Regimes wurden.
Entgegen der Auffassung des Verfassungsschutzes gibt es in der VVN-BdA keine parteipolitische Orientierung oder Einflussnahme. Dass ausschließliche Kriterium für Mitgliedschaft oder Leitungstätigkeit ist antifaschistische Überzeugung und Engagement für eine Welt ohne Faschismus und Krieg. Dass bei uns Maria Wachter Ehrenvorsitzende ist, eine Kommunistin, die wegen ihres Widerstandes gegen das Hitlerregime von den Nazis zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, mag für die Leute des Verfassungsschutzes bedenklich sein, für uns ist es eine Ehre.
Ich protestiere dagegen, dass die VVN-BdA im Verfassungsschutzbericht behandelt wird. Eine Organisation, die gegen Neonazismus, Antisemitismus und Rassismus eintritt, die für eine Welt ohne Faschismus und Krieg wirkt, gehört nicht in den Verfassungsschutzbericht.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Angenfort
Landesprecher der VVN-BdA
Anlage: Der Briefwechsel mit
Johannes Rau als Faksimile:
VVN/BdA NRW-Vorsitzender Josef Angenfort an
NRW-Ministerpräsident Johannes Rau (28.08.1996)
NRW-Ministerpräsident Johannes Rau an die VVN/BdA NRW (ohne
Datum)
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