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Nazis raus aus dem Internet

 

20.03.03

17 Jahre, zum Tode verurteilt

In einer Zeit, in der eine "unbefangene Generation" den Nationalsozialismus in Deutschland betrachtet, hat der Dortmunder Journalist und Buchautor Ulrich Sander - ein Buch verfasst, das an den Jugendwiderstand der Helmuth-Hübener-Gruppe erinnert.

Hübener wurde nach dem Verrat eines Arbeitskollegen als 17-Jähriger Verwaltungslehrling in einer Hamburger Sozialbehörde am 27. Oktober 1942 hingerichtet. Der Volksgerichtshof sprach das Urteil "Wegen Vorbereitung zum Hochverrat und landesverräterischer Feindbegünstigung" am 11. August des gleichen Jahres. Helmuth Hübener war in den Jahren nach dem Krieg in Deutschland nicht so bekannt geworden wie die Geschwister Scholl oder wie Anne Frank, der in Dortmund eine Ausstellung gewidmet war.

Widerstand

Mehrere Zeitungsveröffentlichungen Ulrich Sanders auch schon wenige Jahre nach dem Krieg erinnerten zwar immer wieder an den Jugendwiderstand in seiner Heimatstadt, doch die Hübeners Schicksal angemessene Aufmerksamkeit erhielt der von den Nazis Ermordete nur in den Vereinigten Staaten. In Utah befasste sich ein Literatur-Professor intensiv mit dem Leben und dem Tod Hübeners. Den Grund für die Zurückhaltung der deutschen Öffentlichkeit glaubt Ulrich Sander zu kennen: "Hübener war ein Mormone." Doch es war nicht die Religion, die den Jugendlichen beschäftigte, es war eine Schreibmaschine, die ihn faszinierte, die er von dem Hamburger Mormonen-Präsident bekommen hatte.

Mit dieser Schreibmaschine und einem Radio praktizierte er aus Sicht der Nationalsozialisten den Hochverrat: Der 17-Jährige hörte den englischen Sender BBC und veröffentlichte mit seiner Widerstandsgruppe "die Wahrheit" über den Krieg, die Wahrheit über die Deutschen. Es war der nationalsozialistische Betriebsobmann und Arbeitskollege, der den Verrats-Verdacht gegen den Lehrling der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) steckte.

Die Reichsanwaltschaft befand am 17. September 1942, dass der Verwaltungslehrling "in ganz besonders gefährlicher Weise Hetznachrichten" verbreitet habe und "wie ein Erwachsener" zu bestrafen sei. Obwohl selbst die Gestapo 14 Tage zuvor einen Gnadenerweis" befürwortete.

Mit dieser ersten bundesdeutschen Biografie über Helmuth Hübener, der auch die Hitler-Jugend kritisiert hatte, möchte Ulrich Sander aufrütteln: "Es stimmt nicht, dass man damals nichts gegen die Nationalsozialisten unternehmen konnte. Man konnte etwas tun und man konnte auch etwas darüber wissen."

Jugend und NS-Zeit

Sander wurde 1941 geboren. "In meiner Jugend sprach man nicht sehr gerne über den Nationalsozialismus", erinnert er sich an die Nachkriegszeit.

Das Buch über Hübener, der heute 78 Jahre alt wäre, ist sein Beitrag für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem braunen Kapitel der deutschen Geschichte. ban

Ulrich Sander: "Jugendwiderstand im Krieg - Die Helmuth-Hübener-Gruppe, 208 Seiten, Bibliothek des Widerstands, Pahl-Rugenstein-Verlag.

Ruhr Nachrichten - 20.03.2003 

Siehe auch:

Neues zum Thema Hübener

Von Kriegskindern und Bombenopfern

 

Zweimal 78 Jahre und zwei Journalisten: Wer war Hübener

 

Neues Buch in der Bibliothek des Widerstands

 

Vor 60 Jahren verhaftet: