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15.12.03

"Nicht das Verhalten von Sander, sondern das von Polizei und Staatsanwaltschaft ist Amtsanmaßung"

Pressemitteilung und Stellungnahme der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di zu den Durchsuchungen

1. Pressemitteilung

Berlin, 16. Dezember 2003

Mit Briefen an die Dortmunder Staatsanwaltschaft und die Justizbehörden des Landes NRW protestierte die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di gegen das behördlichen Vorgehen gegen einen Dortmunder Journalisten

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di protestiert gegen die Hausdurchsuchung in der Wohnung des Dortmunder Journalisten Ulrich Sander und gegen die damit verbundene Beschlagnahme von Arbeitsunterlagen und Computer des Kollegen. Die Polizeiaktion, in deren Rahmen auch das Büro der VVN-BdA in Wuppertal durchsucht wurde, war mit dem Verdacht auf "Amtsanmaßung" begründet worden.

Die dju sieht die Durchsuchung des Journalistenbüros als Verletzung des gesetzlich garantierten Zeugnisverweigerungsrechts und als illegale Ausforschung von Rechercheergebnissen unter einem strafrechtlichen Vorwand.

Malte Hinz, Sprecher des Bundesvorstands der dju und Betriebsratsvorsitzender in Dortmund, erklärte dazu: "Es ist offenkundig, dass hier die Staatsmacht mit unverhältnismäßigen Mitteln gegen einen engagierten Dortmunder Journalisten vorgeht und gleichzeitig das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten insgesamt verletzt. Das muss die dju entschieden zurück weisen. Nicht das Verhalten von Sanders, sondern das von Polizei und Staatsanwaltschaft ist Amtsanmaßung - und ein Akt staatlicher Willkür."

Ulrich Sander, der als Journalist und Buchautor seit vielen Jahren über den Themenbereich Verbrechen der Wehrmacht, besonders der Gebirgstruppe, publiziert, hat seine Recherche-Ergebnisse stets und aktuell in einer Reihe von Medien öffentlich gemacht. Gefälschte Briefe an ehemalige Gebirgsjäger zu verschicken, stünde dieser am öffentlichen Interesse orientierten Arbeitsweise diametral entgegen.

Umso befremdlicher findet es die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di, dass die Behörden wegen der Brieffälschungen einseitig ihre Ermittlungen auf einen engagierten Journalisten gerichtet und ihm die Möglichkeit verwehrt haben, zuerst einmal als Zeuge gehört zu werden.

Zur Information über den Fall:

Gegen Ulrich Sander wurde im Durchsuchungsbeschluss der Vorwurf erhoben, er sei verdächtig, Urheber eines gefälschten Briefes - mit Kopf des Leiters der Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen in Dortmund und der faksimilierten Unterschrift des zuständigen Staatsanwaltes - zu sein, der im Mai vergangenen Jahres ehemaligen Gebirgsjägern in Bayern zuging. In dem Brief wurde den Empfängern mitgeteilt, dass gegen sie Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg aufgenommen würden.

Ein Teil des Wortlautes des Briefes entspricht tatsächlich einem Schreiben, das die Staatsanwaltschaft Dortmund an die VVN-BdA NRW gerichtet hatte. Vorangegangen waren Recherchen von Ulrich Sander und weiteren Publizisten und Wissenschaftlern, die sich mit den Verbrechen der Gebirgstruppe beschäftigt hatten. So wurde dem Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen eine Liste mit Namen von rund 200 noch lebenden ehemaligen Gebirgsjägern zugeleitet, die vermutlich am Massaker von Kephallonia beteiligt waren, dem 6000 italienische Kriegsgefangene zum Opfer fielen. Der Justizminister leitete die Unterlagen an die zuständige Behörde weiter, worauf der Leiter der Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen der VVN-BdA NRW brieflich mitteilte, dass gegen die Mordverdächtigen ermittelt werde. Die VVN-BdA stellte den Briefwechsel (allerdings nicht als Faksimile, sondern als Textabschrift) auf ihre Internetseiten.

Ulrich Sander, der als Journalist und Buchautor seit vielen Jahren über den Themenbereich Verbrechen der Wehrmacht, besonders der Gebirgstruppe, publiziert, hat seine Recherche-Ergebnisse stets und aktuell in einer Reihe von Medien öffentlich gemacht. Gefälschte Briefe an ehemalige Gebirgsjäger zu verschicken, stünde dieser am öffentlichen Interesse orientierten Arbeitsweise diametral entgegen

Aus den Hausdurchsuchungsbefehlen geht hervor, dass ihnen monatelange Ermittlungen vorangegangen waren, von denen der beschuldigte Journalist nichts wusste. Während dieser Zeit stand er immer wieder in Kontakt mit der betreffenden Zentralstelle und erkundigte sich nach dem Fortgang der Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Kriegsverbrecher. Über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in eine ganz andere Richtung wurde er nicht informiert.

Der von Ulrich Sander geäußerte Verdacht, dass mit der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmeaktion etwas ganz anderes bezweckt wurde, nämlich behördlichen Einblick in die Arbeit eines kritischen Journalisten und seine Quellen zu nehmen, lässt sich angesichts dieser Umstände nicht von der Hand weisen.

2. Stellungnahme

An

  • Staatsanwaltschaft Dortmund, Gerichtsplatz 1, 44135 Dortmund
  • Wolfgang Gerhards, Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Martin Luther Platz 40, 40212 Düsseldorf
  • Dr. Beate Merk, Justizministerin des Freistaats Bayern, Justizpalast am Karlsplatz, Prielmayerstraße 7, 80097 München

 

[Anrede]

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di protestiert gegen die Hausdurchsuchung in der Wohnung des Dortmunder Journalisten Ulrich Sander, und gegen die damit verbundene Beschlagnahme von Arbeitsunterlagen und Computer des Kollegen. Die Polizeiaktion, in deren Rahmen auch das Büro der VVN-BdA in Wuppertal durchsucht wurde, war mit dem Verdacht auf „Amtsanmaßung“ begründet worden.

Die dju sieht die Durchsuchung des Journalistenbüros als Verletzung des gesetzlich garantierten Zeugnisverweigerungsrechts und als illegale Ausforschung von Rechercheergebnissen unter einem strafrechtlichen Vorwand.

Es ist offenkundig, dass hier die Staatsmacht mit unverhältnismäßigen Mitteln gegen einen engagierten Journalisten vorgeht und gleichzeitig das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten insgesamt verletzt. Das weist die dju entschieden zurück. Nicht das Verhalten von Sanders, sondern das von Polizei und Staatsanwaltschaft ist Amtsanmaßung - und ein Akt staatlicher Willkür.

Gegen Ulrich Sander wurde im Durchsuchungsbeschluss der Vorwurf erhoben, er sei verdächtig, Urheber eines gefälschten Briefes – mit Kopf des Leiters der Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen in Dortmund und der faksimilierten Unterschrift des zuständigen Staatsanwaltes – zu sein, der im Mai vergangenen Jahres ehemaligen Gebirgsjägern in Bayern zuging. In dem Brief wurde den Empfängern mitgeteilt, dass gegen sie Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg aufgenommen würden.

Ein Teil des Wortlautes des Briefes entspricht tatsächlich einem Schreiben, das die Staatsanwaltschaft Dortmund an die VVN-BdA NRW gerichtet hatte. Vorangegangen waren Recherchen von Ulrich Sander und weiteren Publizisten und Wissenschaftlern, die sich mit den Verbrechen der Gebirgstruppe beschäftigt hatten. So wurde dem Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen eine Liste mit Namen von rund 200 noch lebenden ehemaligen Gebirgsjägern zugeleitet, die vermutlich am Massaker von Kephallonia beteiligt waren, dem 6000 italienische Kriegsgefangene zum Opfer fielen. Der Justizminister leitete die Unterlagen an die zuständige Behörde weiter, worauf der Leiter der Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen der VVN-BdA NRW brieflich mitteilte, dass gegen die Mordverdächtigen ermittelt werde. Die VVN-BdA stellte den Briefwechsel (allerdings nicht als Faksimile, sondern als Textabschrift) auf ihre Internetseiten.

Ulrich Sander, der als Journalist und Buchautor seit vielen Jahren über den Themenbereich Verbrechen der Wehrmacht, besonders der Gebirgstruppe, publiziert, hat seine Recherche-Ergebnisse stets und aktuell in einer Reihe von Medien öffentlich gemacht. Gefälschte Briefe an ehemalige Gebirgsjäger zu verschicken, stünde dieser am öffentlichen Interesse orientierten Arbeitsweise diametral entgegen.

Umso befremdlicher findet es die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di, dass die Behörden wegen der Brieffälschungen einseitig ihre Ermittlungen auf einen engagierten Journalisten gerichtet und ihm die Möglichkeit verwehrt haben, zuerst einmal als Zeuge gehört zu werden. Befürchteten sie, dass er dann von seinem Zeugnisverweigerungsrecht hätte Gebrauch machen können?

Aus den Hausdurchsuchungsbefehlen geht hervor, dass ihnen monatelange Ermittlungen vorangegangen waren, von denen der beschuldigte Journalist nichts wusste. Während dieser Zeit stand er immer wieder in Kontakt mit der betreffenden Zentralstelle und erkundigte sich nach dem Fortgang der Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Kriegsverbrecher. Über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in eine ganz andere Richtung wurde er nicht informiert.

Der von Ulrich Sander geäußerte Verdacht, dass mit der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmeaktion etwas ganz anderes bezweckt wurde, nämlich behördlichen Einblick in die Arbeit eines kritischen Journalisten und seine Quellen zu nehmen, lässt sich angesichts dieser Umstände nicht von der Hand weisen.

Hochachtungsvoll

Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di

Ulrike Maercks-Franzen

Bundesgeschäftsführerin

Siehe auch:

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