09.05.2012 Die “Piraten” antworten der VVN-BdA zu ihren Wahlprüfsteinen Für
die Zusendung der VVN-BdA-Wahlprüfsteine an die
“Piraten” dankten diese. Sie schrieben an die VVN-BdA NRW: Antwort auf Ihren offenen Brief vom 4.4.2012 Sehr geehrte Damen und Herren,
wir
freuen uns über Ihr Interesse an unserer Partei, und beantworten
Ihnen gerne Ihren offenen Brief vom 04. April 2012 und die darin
gestellten Fragen. Wir möchten darauf hinweisen, dass zu
manchen konkreten Fragen Ihres Briefes bisher in unserer Partei nur
allgemeine Positionierungen existieren. Uns ist unser
basisdemokratischer Ansatz sehr wichtig, weswegen wir um
Verständnis bitten, wenn wir in manchen Sachfragen lediglich den
aktuellen Diskussionsstand in unserer Partei wiedergeben können.
Um
den zugrunde liegenden Geist unserer Partei wiederzugeben, welcher Ihre
Fragen unmittelbar berührt, möchten wir vor der Beantwortung
derselben betonen, dass die PIRATEN NRW sich deutlich gegen
Rechtsextremismus, Faschismus und Antisemitismus positionieren. Ein
Zitat aus unserem Wahlprogramm: „In unserer Gesellschaft darf
kein Platz für Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus
sein. Rechtsextreme Propaganda muss als solche bloßgestellt und
unsere demokratischen Werte ihr gegenübergestellt werden.“
Ebenfalls sei in diesem Zusammenhang auf §1 Abs. 1 unserer Bundessatzung hingewiesen:
"(1)
Die Piratenpartei Deutschland (PIRATEN) ist eine Partei im Sinne des
Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und des Parteiengesetzes.
Sie vereinigt Piraten ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit,
des Standes, der Herkunft, der ethnischen Zugehörigkeit, des
Geschlechts, der sexuellen Orientierung und des Bekenntnisses, die beim
Aufbau und Ausbau eines demokratischen Rechtsstaates und einer modernen
freiheitlichen Gesellschaftsordnung geprägt vom Geiste sozialer
Gerechtigkeit mitwirken wollen. Totalitäre, diktatorische und
faschistische Bestrebungen jeder Art lehnt die Piratenpartei
Deutschland entschieden ab." Zu Ihren Fragen:
1.
Unterstützt Ihre Partei die Forderung nach einem Verbot der
neofaschistischen NPD? Falls nein, warum nicht. Bitte ausführen. Ein
Verbotsverfahren gegen die NPD würde von uns, sofern dieses nach
vorhergehender Überprüfung und Ermittlung erfolgversprechend
ist, voraussichtlich unterstützt. Verbotsverfahren gegen
anerkannte Parteien sind grundsätzlich kritisch zu bewerten. Wenn
eine Partei sich von den demokratischen Grundwerten unseres Landes
entfernt hat, hat sie jedoch ihr Existenzrecht verwirkt. Eine Partei
muss unter Wahrung der demokratischen Grundordnung und ohne Aufrufe zur
Gewalt jeder Art versuchen, ihren Ansichten politisch Geltung zu
verschaffen. Sollte sich also im Rahmen der Ermittlungen ergeben, dass
die NPD konkrete Gewalttaten und antidemokratische Tendenzen zu
verantworten hat, muss sie selbstverständlich verboten werden. Es
ist unser Anliegen, und es sollte auch ein Anliegen der gesamten
Gesellschaft sein, derartigen Tendenzen entschieden entgegen zu treten.
Wir betrachten die Meinungsfreiheit als eins der höchsten
Güter unserer Demokratie. Wer hierbei allerdings die Grundrechte
anderer mit Füßen tritt, kann für sich in diesem
Bereich keine Schutzrechte beanspruchen.
Wir weisen genauso darauf hin, dass für Menschen mit derartiger Gesinnung kein Platz in unserer Partei ist.
2.
Tritt Ihre Partei für eine sofortige Abschaltung aller V-Leute
(Vertrauensleute) des Verfassungsschutzes in den Führungsebenen
der NPD ein? Falls nein, warum nicht? Bitte ausführen. Sollten
die Ermittlungen ergeben, dass ein Verbot der NPD gerechtfertigt ist,
müssen die V-Leute schon allein deshalb abgeschaltet werden, weil
dies laut Urteil des BVerfG unbedingte Voraussetzung für ein
Verbot ist. Sollten die Beweise für ein Verbot jedoch nicht
ausreichen, stellen V-Leute zwar ein wichtiges Instrument dar, um diese
Partei zu beobachten, es muss jedoch sichergestellt werden, dass
bezahlte Informanten des Staates nicht selbst Inhalt und Vorgehen der
Partei bestimmen, oder dass die Partei gar durch die Gehälter der
V-Leute ungewollt zusätzliche Unterstützung erhält. 3.
Ist Ihre Partei für die sofortige Auflösung aller Nachfolge-
und Tarnorganisationen der NSDAP auf der Grundlage des Artikel 139
Grundgesetz? Falls nein, warum nicht? Bitte ausführen.
Derartige
Organisationen müssen in der Tat aufgelöst werden. Artikel
139 Grundgesetz erlaubt allerdings die Außerkraftsetzung des
gesamten Grundgesetzes zur "Befreiung des deutschen Volkes vom
Nationalsozialismus und Militarismus." Dies mag im
Nachkriegsdeutschland notwendig gewesen sein, in der heutigen
Gesellschaft sollte ein Wirken innerhalb unseres Grundgesetzes
ausreichend sein. 5. Ist Ihre Partei
der Auffassung, dass Artikel 5/Absatz 1 des Grundgesetzes das Recht auf
Verbreitung neofaschistischer Propaganda einschließt? Wenn ja,
bitte begründen. Wir sehen an dieser Stelle die Frage durch
Absatz 2 des gleichen Artikels beantwortet, welcher dieses Recht in den
allgemeinen Gesetzen und den Rechten anderer seine Grenzen finden
lässt. Neofaschistische Propaganda ist untrennbar mit
Menschenverachtung und Volksverhetzung verbunden. Daher ist sie nicht
als durch Artikel 5 gedeckt zu betrachten. Und weiter: Hält
Ihre Partei den Spruch des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom
8. Dezember 2010 für richtig, dass ein Publikationsverbot für
die "Verbreitung rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen
Gedankenguts" das Grundrecht auf Meinungsfreiheit Artikel 5/Absatz 1
des Grundgesetzes verletzt? Wenn ja, bitte begründen. Soweit
uns bekannt ist, handelte es sich bei diesem Urteilsspruch nicht um
eine Definition von rechtsextremistischem oder nationalsozialistischem
Gedankengut als von der Meinungsfreiheit gedeckt, sondern es ging um
ein im Rahmen der Führungsaufsicht verhängtes allgemeines
Publikationsverbot. Dies wurde vom OLG München dadurch
begründet, dass diese Person auch künftig gegen das
Volksverhetzungsgebot verstoßen würde. Dieses Verbot im
Vorfeld - und nur um dieses ging es, nicht den Inhalt der
entsprechenden Äußerungen - wurde vom
Bundesverfassungsgericht als nicht mit Artikel 5 GG vereinbar
erklärt. Die Äußerungen selbst sind nicht mit dem
Grundgesetz vereinbar, und als solche zu ahnden. 6.
Ist Ihre Partei der Auffassung, dass es mit Artikel 8/Absatz 1 des
Grundgesetzes vereinbar ist, dass Justiz- und Polizeiorgane gewaltsam
neofaschistische Aufmärsche gegen den erklärten Willen der
Bevölkerungsmehrheit durchsetzen? Falls ja, bitte begründen. Auch
der Wille der Bevölkerungsmehrheit ist an das Grundgesetz
gebunden. Die Frage sollte also nicht sein, ob dieser durchgesetzt
werden sollte, sondern ob derartige Aufmärsche überhaupt
genehmigt werden sollten. Dies sehen wir zwar durch Artikel 8 des
Grundgesetzes gegeben, bemängeln aber, dass gegen das Tragen
verfassungsfeindlicher Symbole und Volksverhetzung nicht entschieden
genug vorgegangen wird. Das in unseren Augen richtige Vorgehen
wäre also, ganz einfach ausgedrückt, den Aufmarsch zu
genehmigen, aber konsequent jeden erhobenen rechten Arm und jeden
volksverhetzerischen Ruf sofort mit einer Festnahme und Anklage zu
quittieren. 7. Teilt Ihre Partei die
in einer Broschüre des NRW-Innenministeriums/Verfassungsschutz
verbreitete Auffassung, dass die Losung "Faschismus ist keine Meinung
sondern ein Verbrechen" eine Aufforderung zum Gesetzesbruch darstellt,
weil mit dieser Losung "Linksextremisten" ihrem politischen Gegener
demokratische Rechte absprechen würden? Falls ja, bitte
begründen. Diese Meinung teilen wir nicht. Die Aufforderung
zu einem Gesetzesbruch können wir nicht erkennen. Derartige
Losungen bezeichnen wir als legitime Gegenwehr gegen
menschenverachtende Positionen. 8.
Ist Ihre Partei der Meinung, dass die Forderung nach Vergesellschaftung
von Großunternehmen (Art. 27 der Verfassung von NRW), die ihre
Macht missbrauchen, einen Angriff auf die demokratische Grundordnung
des Bundesrepublik darstellt? Wenn ja, warum? Ein solches
Vorgehen sehen wir durch den genannten Artikel der Verfassung von NRW
gedeckt, daher wird diese Meinung von uns nicht vertreten. Eine
weiterführende Antwort ist an dieser Stelle mangels entsprechender
Beschlüsse innerhalb unserer Partei nicht möglich. 9.
Tritt Ihre Partei auf der Grundlage von Artikel 26/Absatz 1 des
Grundgesetzes dafür ein, die Auslandseinsätze der Bundeswehr
als grundgesetzwidrig zu beenden? Falls nein, bitte begründen. Zu
diesem Thema haben wir uns bisher nicht positioniert. Auch ist es an
dieser Stelle nicht möglich, eine Ableitung aufgrund von
existierenden Positionierungen vorzunehmen. Daher wäre die
korrekte Antwort auf Ihre Frage wohl "nein." Dies wollen wir allerdings
nicht als Unterstützung des Gegenteils verstanden sehen, nur ist
hierzu einfach noch kein Beschluss gefasst worden. 10.
Wird sich Ihre Partei auf der Grundlage von Artikel 26/Absatz 2 und
gestützt auf das Kriegswaffenkontrollgesetz für eine
Beendigung des Waffenexports deutscher Rüstungskonzerne
(insbesondere in Spannungsgebiete) einsetzen? Falls nein, bitte
begründen. Auch an dieser Stelle existiert von uns noch
keine eindeutige Positionierung, was die Beantwortung dieser Frage
erschwert. Wir sind jedoch der Auffassung, dass solche Exporte von
einer deutlichen Mehrheit der Parteibasis ausgesprochen kritisch
gesehen werden. Eine Position zur Beendigung selbiger wäre daher
bei uns wahrscheinlich mehrheitsfähig. Eine enge Zusammenarbeit
und Abstimmung mit NGOs wird insbesondere in diesem Punkt eines unserer vorrangigen Ziele sein. 11. Ist Ihre
Partei der Auffassung, dass die Rekrutierung von Frauen in die
Bundeswehr dem Artikel 12/Absatz 3 des Grundgesetzes entspricht? Wenn
ja, bitte begründen. Die Wehrpflicht wird von einer Mehrheit
der Piraten kritisch gesehen. Es muss unterschieden werden zwischen
einem vollständig freiwilligen Wehrdienst, und einer Wehrpflicht
bzw. einem Wehrzwang. Das Geschlecht betrachten wir in dieser Frage als
nicht relevant.
Wir bedanken uns erneut für Ihr Interesse
an unserer Partei. Wir hoffen, dass wir Ihre Fragen zu Ihrer
Zufriedenheit beantworten konnten, und verbleiben Mit freundlichen Grüßen, Ihre PIRATEN NRW Michele Marsching, 1. Vorsitzender Kai Schmalenbach, 2. Vorsitzender Alexander Reintzsch, Pol. Geschäftsführer Nadine Krämer, Schatzmeisterin Carsten Trojahn, Verwaltungspirat Jörg Franke, Verwaltungspirat Dennis Westermann Verwaltungspirat Die Antworten der SPD NRW. Die Antworten von Die Linke NRW. Die Wahlprüfsteine. |