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12.05.03

Bürgerkriegskonzept für die Bundeswehr

Mit Kanonen auf den Feind im Innern gezielt

Von Ulrich Sander

Wilhelm II. schwor 1891 seine Soldaten und Offiziere ein: „Bei den jetzigen sozialistischen Umtrieben kann es vorkommen, daß ich euch befehle, eure eigenen Verwandten, Brüder, ja Eltern niederzuschießen.” Edmund Stoiber legte im September 2001 die moderne Variante dieses Schwurs ab – diesmal islamische Umtriebe benennend: Die ganze Gesellschaft müsse darauf eingestellt werden, dass die freiheitliche Lebensordnung “durch Tausende von irregeleiteten fanatischen Terroristen mit möglicherweise Millionen Unterstützern” massiv bedroht sei. Deshalb fordern CDU und CSU seit langem den Einsatz der Bundeswehr im Innern – gegen die eigene Bevölkerung.

In dem Entwurf der neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien kommt die SPD-Führung nun – auf den Spuren von Wilhelm II und Edmund I – diesem dringenden Fordern nach: "Zum Schutz der Bevölkerung und lebenswichtiger Infrastruktur des Landes vor terroristischen und asymmetrischen Bedrohungen wird die Bundeswehr Kräfte und Mittel entsprechend dem Risiko bereithalten. Auch wenn dies vorrangig eine Aufgabe für Kräfte der inneren Sicherheit ist, werden die Streitkräfte immer dann zur Verfügung stehen, wenn nur sie über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen oder wenn zum Schutz der Bürger und kritischer Infrastruktur ein erheblicher Personaleinsatz erforderlich wird."

Dieser geplante umfangreiche Einsatz der Bundeswehr im Innern ist ein weiterer Bruch des Grundgesetzes., der mit der neuen Militärkonzeption insbesondere zur Vorbereitung des „präventiven“ Angriffskrieges Gestalt annimmt. „Der noch laufende Wachdienst der Bundeswehr bei den US-amerikanischen Militärstandorten in Deutschland steht hier Pate,“ schreibt dazu Matthias Pflüger. Ja, auch dieser Wachdienst stellte einen Beitrag zum Aggressionskrieg nach außen und zum Krieg gegen den Inneren Find dar. Und die Aufrechterhaltung der Wehrpflicht wird u.a. auch mit dieser Wachdienstfunktion begründet.

Nicht nur rechteste CDU/CSU-Politiker standen bei der Forderung nach dem Einsatz der Bundeswehr im Innern Pate. In erster Linie haben brutalstmögliche Militärs dem Struck die Feder geführt. Schon Ende Juli 2002 forderten der Gebirgsjägerkameradenkreis und einer seiner Repräsentanten, der Ex-Kosovo-Kommandant General Dr. Klaus Reinhardt, die Bundeswehr auch „zu Hause“ einzusetzen. Schließlich sei es doch die zentrale Aufgabe der KFOR und anderer internationaler Eingreiftruppen gewesen, für "innere Sicherheit" auf dem Balkan zu sorgen. Die Berufung auf die Geschichte ist nicht mehr zeitgemäß", ergänzte Günther Beckstein (CSU-Minister) zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren.

Bisher hatten vor allem auch die Gewerkschaften mahnend auf die Geschichte verwiesen. So auf den Einsatz der Reichswehr im Jahre 1920, die, unter Befehl von gerade von den Arbeitern vor den Kapp-Putschisten geretteten SPD-Politiker stehend, über tausend Ruhrarbeiter erschoss. Diese hatten sich an der Verteidigung der demokratischen Republik beteiligt. Doch jetzt schweigen die Gewerkschafter. Ausgerechnet ein Sprecher der FDP mußte nach Veröffentlichung des Struck-Papiers die sozialdemokratische Arbeiterbewegung daran erinnern. Günther Nolting (MdB) fragte: „Soll hier etwa der Grundstein für präventive Einsätze der Bundeswehr gelegt werden? Davor kann nur gewarnt werden.“ Und weiter unter Hinweis auf den Einsatz der Bundeswehr – z.B. auch mit Wehrpflichtigen – im Inneren: „Es ist mir völlig unverständlich, dass die traditionsreiche Sozialdemokratische Partei Deutschlands offensichtlich beabsichtigt, so grundlegende und weit reichende Änderungen über den Einsatz deutscher Streitkräfte zu verabschieden.“
Wann äußern sich endlich die Gewerkschaften? Wann nehmen sie die Wehrdebatten und Antinotstandsbewegungen der 50- und 60-er Jahren wieder auf? Wann erinnern sie sich an den im Ringen gegen die Notstandsgesetze erkämpften Grundsatz aus dem Grundgesetz: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Siehe auch:

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