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07.07.09

Warum musste Benno sterben?

Benno Ohnesorg, Kurras, der Osten, die 68er und Springer-Döpfners Nachlegen: "Springer-Tribunal" reloaded?

Warum musste Benno sterben?Der Axel Springer von heute heißt Mathias Döpfner (46), Chef des Axel-Springer-Verlags, der BILD-Zeitung, der WELT und zahlreicher Medien. "Die Kurras-Gegner sind aufgefordert, ihre Interpretation der Geschichte zu ändern", forderte er kürzlich. 

Im Schatten der Enthüllung über den Ohnesorg-Todesschützen und Westberliner Polizei- wie Ostberliner-Stasi-Agenten, will Döpfner von der Schuld seines Konzerns am Kalten Krieg gegen die Linke und die Jugend Ende der 60er Jahre ablenken. Die „Kurrasgegner“ seien ja in Wahrheit Stasi-Freunde gewesen und sie hätten sich beim Springer-Konzern zu entschuldigen, behauptet Döpfner. 

Schon lange habe der Konzern erkannt, dass die 68er-Bewegung vom Osten gesteuert gewesen sei. Nun soll die Wahrheit ans Licht - bei einem Springer-Tribunal im Oktober 2009. Damit soll das Anti-Springer-Tribunal jener Jahre vollendet werden - oder doch viel mehr auf den Kopf gestellt werden. 

Doch die Zeiten haben sich geändert. Springer hat nicht mehr die Macht, zu bestimmen, was veröffentlicht wird und was nicht. 

Die Wahrheit über die Springer-Konzern-Macht jener Jahre findet sich in den Dokumenten, die Ulrich Sander, Mitarbeiter der VVN-BdA und damals einer der Anti-Springer-Aktivisten, zusammengestellt hat. 

Herr Döpfner, Chef des Springer Verlags, hat gefordert, die "uneinsichtigen Protagonisten" der 68er sollten sich beim Springer-Konzern entschuldigen. Sie haben 1967 das Springer-Tribunal organisiert. Sind Sie seiner Aufforderung schon nachgekommen? 

SCHNEIDER: Die damalige "Berichterstattung" in Bild, BZ und Morgenpost bleibt ein Schandfleck in der Geschichte der Nachkriegspublizistik. Von diesem Urteil weiche ich keinen Millimeter ab. Da kann Herr Döpfner nicht 42 Jahre später kommen und sagen, wir sind ganz zu Unrecht angeklagt worden. Die Springer-Leute haben doch die Wahrheit auf den Kopf gestellt. Sie haben uns sogar die Schuld am Tod von Benno Ohnesorg in die Schuhe geschoben – und jetzt sollen wir uns entschuldigen? Viele von uns 68ern haben inzwischen selbstkritische Blicke auf diese Zeit geworfen, Herr Döpfner und die Seinen haben dies öffentlich nie getan.

aus: "Erzähl uns nicht solchen Blödsinn!" - INTERVIEW: Peter Schneider über die Revolte von 1968, Neue Westfälische v. 04.07.2009

Darunter Teile von Ulrich Sanders eigenen Veröffentlichungen jener Zeit und der Elan-Report vom Juli 1967: Warum mußte Benno sterben? Und dann ein Zeitungsflugblatt aus dem Springer-Verlag, mit dem dieser damals auf seine schärfsten Kritiker antwortete. Die kleinlaute Erkenntnis war: Nicht nur BILD macht dumm, - auch die BILD-Gegner, so meinte man es damals von der Konzernseite darstellen zu müssen. Ansonsten war die Springer-eigene Dokumentation recht vorsichtig und gar nicht so auftrumpfend wie Herr Döpfner heute ist. 

Das seien alles Rote gewesen, hieß es damals, aber es fehlte die Behauptung Springers, alles sei vom Osten bezahlt und gesteuert gewesen. Es wird durchaus erkannt: Die Anti-Springer-Bewegung wurde ab 1967/68 von der Kampagne für Demokratie und Abrüstung, von den Ostermärschen, der Friedensbewegung, von der IG Metall, vielen Allgemeinen Studentenausschüssen und Jugend- und Studentenverbänden organisiert.

Bei ihnen sollte sich Herr Döpfner entschuldigen - für seine dummdreisten Behauptungen, mit denen er sein "Springer-Tribunal" vorbereitet.

Warum mußte Benno sterben?
Von Rolf Priemer und Hubert Reichel PDF
elan Juli 1967

Rolf Priemer: Rede auf der Kundgebung auf dem Altenessener Markt im Februar 1968
Rede nach der Jugenddebatte im Deutschen Bundestag am 9. Februar 1968 PDF

Killer für 15 Pfennig
Von Ulrich Sander PDF
elan Juli-August 1968

Springer enteignen?
Beiträge zur Diskussion über die Pressekonzentration PDF
- als grafisches PDF im Originalscan PDF.
Springer Verlag 1968

Neue Aktion gegen die Pressekonzentration
Unterschriftensammlung für Auflagenbegrenzung "Springers Macht ungebrochen"
Flugblatt Dortmund

Axel Springer als Erzieher der Jugend
Von Ulrich Sander PDF
Blätter für deutsche und internationale Politik Januar 1968

„BILD hat mitgeschossen“ - „Enteignet Springer“: Das Attentat auf Rudi Dutschke vor 30 Jahren
Von Jan Große Nobis
www.grosse-nobis.info/texte/dutschke.htm

Döpfner: Axel-Springer-Tribunal 
"Wir wollen nichts vertuschen" 
Was geschah 1968 wirklich? 
Damals gab es kein Tribunal über die Hetzereien der Springer-Presse. Jetzt lädt Verlagschef Mathias Döpfner selbst dazu ein.

Von Willi Winkler PDF
Süddeutsche Zeitung vom 02.07.2009