20.02.04
"Bisher einmalige Provokation von rechten Juristen!"
NPD darf vorerst doch marschieren
- Empörung bei VVN/BdA NRW
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat das Demonstrationsverbot
für die NPD-Demonstration gegen den Bau der Synagoge in Bochum des
dortigen Polizeipräsidiums aufgehoben. Alle Appelle,
dieses Verbot doch nicht aufzuheben, sind damit vorerst
gescheitert. Die Gelsenkirchener Verwaltungsrichter konnten an dem Motto "Stoppt den
Synagogenbau - 4 Millionen fürs Volk" rein gar nichts Antisemitisches finden,
wie die taz ruhr heute berichtete. Die VVN/BdA NRW sieht darin
eine "bisher einmalige Provokation rechten Juristen!"
Die von der NPD geplante Demonstration gegen den Bau der Synagoge
in Bochum störe nach Ansicht der Richter nicht die öffentliche Ordnung. "Und wenn, dann nur geringfügig", sagte der Vorsitzende Richter
am Gelsenkirchener Verwaltungsgericht Hans-Justus Charlier
gegenüber der taz. "Da ist die Versammlungsfreiheit ein höheres Gut."
Die Parole "Stoppt den Synagogenbau - 4 Millionen fürs Volk" sei
eine legitime Forderung - schließlich sei die NPD eine
zugelassene Partei und dürfe daher "Vorschläge zur
Steuerpolitik machen", so der Richter weiter. In ihrem
Demonstrationsantrag habe sich die NPD "deutlich von jeglicher Form des
Antisemitismus distanziert", so Charlier, Beweise, dass die
geplante Veranstaltung rechtsextrem und antisemitisch sei, habe der Polizeipräsident nicht
geliefert. "Das Verbot ist somit unangemessen repressiv." Ihre
Motivation, dass das Geld in Kindergärten und Schulen gesteckt
werde, könne nicht in Zweifel gezogen werden.
Aber das haben die VVN/BdA NRW, viele Bochumer Bürgerinnen, 24
Bochumer RichterInnen und auch der Bochumer Polizeipräsident
und der dortige Stadtrat getan: Diese Demonstration sei eine
Verletzung der Menschenwürde, so hieß es einhellig (vgl. auch
den Appell). "Dass 60 Jahre nach dem Holocaust gegen Synagogen
demonstriert wird, muss in Deutschland ein Tabu sein", sagt auch Dieter Fleskes,
Vorsitzender der Bochumer SPD-Fraktion, gegenüber der taz. Das Verwaltungsgerichtsurteil
sei "beschämend, aber nicht überraschend." "Die Stadt Bochum wird weiterhin alles tun, damit diese Demonstration nicht
stattfindet", so Fleskes in der taz weiter. Der Stadtrat sei sich
einig, "dass die Demonstration eine unerträgliche Provokation mit antisemitischer Intention
ist".
Das Polizeipräsidium arbeitet derweil an einer Beschwerde
gegen das Urteil. Die Stadtverwaltung will das ebenfalls
abgelehnte Verbot der NPD-Infostände wiederaufnehmen. "Das Verwaltungsgericht hat uns informell geraten,
straßenrechtliche Gründe anzuführen", so Dieter Fleskes
gegenüber der taz. Es müsse doch möglich sein, "antisemitische
Propaganda aus politischen Gründen verbieten zu lassen."
Und es ist möglich: Schließlich hat das
Bundesverfassungsgericht vor zwei Jahren eine NPD-Demo, die am
Holocaust-Gedenktag stattfinden sollte verboten: Eine derartige
Demonstration sei eine "unerträgliche Provokation der Öffentlichkeit",
so das BVerfG damals.
Wenn alle Stricke reißen: Die Stadt Bochum, attac, die dortige
Antifa und Friedensgruppehaben für diesen Fall Proteste
angekündigt.
Nie wieder dürfen Nazis gegen Synagogen hetzen!
Offener Brief an das Verwaltungsgericht, an das Oberverwaltungsgericht und an das
Bundesverfassungsgericht
Polizeipräsident soll Neonazi-Demo gegen neue Synagoge verbieten
24 Bochumer RichterInnen
fordern Verbot von Neonazi-Demo
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