16.02.04
Nie wieder dürfen Nazis gegen Synagogen hetzen!
Offener Brief an das Verwaltungsgericht, an das Oberverwaltungsgericht und an das
Bundesverfassungsgericht
Die NPD NRW hat zu einer Demonstration geladen. Am 13. und
20.03.2004 wollen sie in Bochum unter dem Motto "Stoppt den Synagogenbau - 4 Millionen fürs Volk"
gegen den Neubau der Bochumer Synagoge wettern. Die Polizei hat
diese Demonstration inzwischen verboten. Dieser Aufruf Bochumer
Bürgerinnen und Bürger richtet sich an die zuständigen Gericht,
dieses Verbot nicht aufzuheben. Denn: "Wer dabei in der Demonstrationslosung gar einen Gegensatz zwischen
jüdischen Mitbürgern und dem "Volk" konstruiert, schließt sich schamlos
nationalsozialistischer Rasse-, Ausgrenzungs- und Vernichtungsideologie
an, die im Holocaust endete", so der Aufruf. Die Initiatoren
dieses Aufrufs weiter: "Wir vertrauen darauf, dass keines unserer Gerichte ein halbes
Jahrhundert nach dem Holocaust für Recht erkennen wird, es sei mit der
öffentlichen Ordnung in Deutschland wieder vereinbar, dafür zu werben,
Synagogen aus deutschen Städten fern zu halten und jüdische Religionsausübung zu unterbinden."
Die VVN/BdA NRW ruft aller Bürgerinnen und Bürger dazu auf,
diesen Aufruf zu unterstützen!
Im Folgenden dokumentieren wir
diesen Offene Brief
An das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Bahnhofsvorplatz, 45897 Gelsenkirchen
An das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster
An das Bundesverfassungsgericht
Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe
Verbot der Demonstration des NPD-Landesverbandes am 13. und 20.3.2004 in
Bochum unter dem Thema "Stoppt den Synagogenbau - 4 Millionen fürs Volk"
durch das Polizeipräsidium Bochum
Jüdisches Leben in Bochum lässt sich bis ins 17. Jahrhundert nachweisen.
Seit 1829 gab es eine Synagoge in Wattenscheid. Zwischen 1861 und 1863
wurde in Bochum eine repräsentative Synagoge in der heutigen Huestraße
errichtet, die Max Greve, der damalige Bürgermeister, als "eine Zierde
für die Stadt" bezeichnete. Während des Novemberpogroms 1938 wurden die
Gotteshäuser vernichtet. Jüdische Bürger wurden misshandelt, deportiert
und umgebracht. Nationalsozialistischer Menschenverachtung ist es nicht gelungen, jüdisches Leben in Bochum für immer auszulöschen. Die neue Synagoge, die an der Castroper Straße mit Hilfe von
Stadt und Land entstehen soll, wird ein sichtbares Symbol dafür sein.
Dagegen will der NPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen im März in
unserer Stadt unter dem Thema "Stoppt den Synagogenbau - 4 Millionen
fürs Volk" demonstrieren. Wir in Bochum sind entsetzt über dieses
antisemitische und menschenverachtende Vorhaben. Mit tiefer Erschütterung und Empörung appellieren wir an die Gerichte,
die voraussichtlich über das Demonstrationsverbot des Polizeipräsidenten
zu entscheiden haben:
Nie wieder dürfen Nazis gegen Synagogen hetzen!
Mit überzeugender Begründung hat der Polizeipräsident die schändliche
Demonstration verboten, weil ihre Durchführung die öffentliche Ordnung
unmittelbar gefährden würde. Unsere öffentliche Ordnung wird vor allem durch die Wertmaßstäbe des
Grundgesetzes geprägt, insbesondere durch das Bekenntnis zur Menschenwürde, zu den unverletzlichen und unveräußerlichen
Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft (Art. 1
GG) und durch die Grundrechte. Mit dieser Konzeption des Grundgesetzes
ist das ideologische Grundgerüst nationalsozialistischer Menschenverachtung, zu der insbesondere die Judenverfolgung und ihre
Massenvernichtung gehören, ganz und gar unvereinbar. Demonstrationsinhalte und -ziele, die in offenkundiger Anknüpfung an
Naziverbrechen Synagogen "stoppen" wollen, verstoßen im Deutschland des
Grundgesetzes mit Evidenz und unbezweifelbar gegen die öffentliche
Ordnung. Wer sich heute dem Bau einer neuen Synagoge in den Weg stellt,
reiht sich 65 Jahre später bei denen ein, die die alte in Schutt und
Asche legten.
Wiedergutmachung gehört nach der auch moralisch größten Katastrophe
unserer Geschichte zum ethischen Minimum unserer Gesellschaft. Wer
öffentlich dazu aufruft, die Wiedergutmachung von Naziverbrechen zu
verhindern, lehnt sich deshalb gegen ein fundamentales Prinzip unserer
öffentlichen Ordnung auf, das zum Gründungskonsens des demokratischen
Deutschland bei seiner Rückkehr in die zivilisierte Welt gehörte.
Wer dabei in der Demonstrationslosung gar einen Gegensatz zwischen
jüdischen Mitbürgern und dem "Volk" konstruiert, schließt sich schamlos
nationalsozialistischer Rasse-, Ausgrenzungs- und Vernichtungsideologie
an, die im Holocaust endete.
In Bochum darf keine Demonstration stattfinden, welche die Folgen des
Novemberpogroms von 1938 verewigen und den Neubau einer Synagoge verhindern will.
Wir vertrauen darauf, dass keines unserer Gerichte ein halbes Jahrhundert nach dem Holocaust für Recht erkennen wird, es sei mit der
öffentlichen Ordnung in Deutschland wieder vereinbar, dafür zu werben,
Synagogen aus deutschen Städten fern zu halten und jüdische Religionsausübung zu unterbinden.
M. Drees, Studentenpfarrer; T. Krieger, ESG; H.D. Gölzenleuchter, Maler
u. Grafiker; A. Grajetzky, Frauen für den Frieden in der ev. K.v.W.; H-E
Käufer, Autor; G. Riedl, Sozialwissenschaftlerin; Dr. M. Keller, ev.
Stadtakademie, Prof. Dr. M. Eikelmann, RUB, Germanistik; A.
Chaikowski, stellv. Vorsitzender d. Gesellschaft für Christlich-Jüdische
Zusammenarbeit Gelsenkirchen; F. Oekentrop, DFG/VK; U.
Kersting-Otte, Sozialarbeiterin; F. Grotjahn, Autor; Prof. Dr. R. Kößler, Uni Münster,
Soziologie; R. Thrun, Attac Campus; P. Borgmann, Bündnis 90/Die Grünen;
K. Kunold, VVN/BdA; P. Scheffler, Vorstand der Inneren Mission; Prof.
Dr. H. Mogge Grotjahn, ev. FH Bochum; M.L. Bartz, BiSA; A. Siebold, F.
Sobiech, Superintendent der ev. Kirche Bochum; R. Bartz, Kanzler der
Fern-Uni Hagen a.D.; G. Kosthöfer, H. Grajetzky, Pfarrer i.R.; A.
Platzmann, Bündnis 90/Die Grünen; J. Reinecke, AStA-Vorsitzender
RUB; Prof. Dr. I. Lenz, RUB, Soziologie; U. Riegas-Chaikowski, Pfarrerin; W.
Schab, Vorsitzender d. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gelsenkirchen; Prof. Dr. L. Pries, RUB, Soziologie, R.
Bindel, attac, Dr. A. Kitzerow, Dr. A. Nehls-Sahabandu
Weitere Unterstützungsunterschriften für diesen Brief bitte an das
Friedensplenum, Bochum, Herner Str. 79, 44791 Bochum
oder an Friedens-Plenum@bo-alternativ.de
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hetzen!" an die Gerichte:
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Kontonummer 1 394 709
V.i.S.d.P.: Dr. Ralf Feldmann, Friedensplenum Bochum,
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