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Nazis raus aus dem Internet

 

18.10.03

"Die Nazioffensive nach dem NPD-Freispruch stoppen!"

Dokumentation der Antwort der Staatskanzlei NRW auf unseren Aufruf

ABSCHRIFT

Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen

Staatskanzlei NRW - 40190 Düsseldorf 

[...]

An den
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten NRW
Landesbüro NRW
Gathe 55

42107 Wuppertal

Ansprechpartner/in: Herr Kraks Aktenzeichen: II.4 Datum: 24. September 2003

 

Sehr geehrter Herr Angenfort, sehr geehrter Herr Sander, sehr geehrter Herr Vogler,

heute komme ich auf Ihren Brief vom 25. Juli 2003 zurück. Auf der Grundlage der mir nunmehr vorliegenden Stellungnahme des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen darf ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts 2002 des Verfassungsschutzes NRW am 31.03.2003 hat der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herr Dr. Fritz Behrens, in einer Presseerklärung nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Verbotsantrag der NPD eindeutig Stellung genommen. Er hat u.a. darauf hingewiesen, dass der Ausgang des Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht für die NPD nach seiner Ansicht kein Grund zum Jubeln sei. Das Gericht habe die NPD keineswegs vom Vorwurf des Antisemitismus, des Ausländerhasses und der Glorifizierung des NS-Regimes freigesprochen. Die Einstellung sei ausschließlich aus Verfahrensgründen erfolgt. Die NPD habe noch in den letzten Monaten klare Belege dafür geliefert, wie tief sie in einer antisemitischen und antidemokratischen Ideologie verwurzelt sei. So habe sich der Prozessvertreter der NPD im Verbotsverfahren, Horst Mahler, zu der unglaublichen These verstiegen: "Der Hass auf Juden stellt sich als etwas 'ganz Normales' heraus. Ja, er ist geradezu das untrügliche Zeichen eines intakten spirituellen Immunsystems, also von geistiger Gesundheit." Die NPD sei eine klar rechtsextremistische Partei. Sie müsse auch zukünftig vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Er bedauerte persönlich, dass die Verfassungswidrigkeit der NPD nicht festgestellt wurde und die Partei demnach mit der hetzerischen und fremdenfeindlichen Propaganda fortfahren könne.

Soweit sich Ihr Schreiben auf Versammlungen rechtsextremistischer oder neonazistischer Gruppierungen bezieht, möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens legt großen Wert darauf, dass die bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten zur Verhinderung rechtsextremistischer Veranstaltungen konsequent genutzt werden. So hat der Innenminister die Kreispolizeibehörden hierzu bereits im Jahr 1995 mit dem Erlass "Maßnahmen zur Verhinderung oder Bewältigung rechtsextremistischer Veranstaltungen mit Öffentlichkeitsbezug" zu einer entsprechenden Vorgehensweise angehalten. Die als Versammlungsbehörde in Nordrhein-Westfalen zuständige Kreispolizeibehörde prüft bei jeder Anmeldung einer Versammlung oder eines Aufzuges durch Angehörige rechtsextremistischer Organisationen bzw. der Neonazi-Szene sorgfältig und konsequent, ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für die Erteilung von Auflagen nach § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz vorliegen. In diese Entscheidungsfindung wird auch die hierzu ergangene Rechtssprechung - selbstverständlich auch die des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Nordrhein-Westfalen - einbezogen. Soweit keine verbindliche Rechtssprechung besteht, halte ich es für sachgerecht, wenn die als Versammlungsbehörde zuständige Kreispolizeibehörde bei ihrer Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz auch die im Rahmen einstweiliger Anordnungsverfahren ergangenen Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes berücksichtigt, selbst wenn diese keine Bindungswirkung entfalten, zumal mit einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes in vielen Fällen gerechnet werden muss. Die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht Verbote von Versammlungsbehörden bzw. den dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen aufhebt, gilt übrigens nicht nur für Nordrhein-Westfalen. Sicherlich ist Ihnen bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht ein vom Bayrischen Verfassungsgerichtshof bestätigtes Verbot einer Versammlung rechtsextremistischer Gruppierungen aus Anlass des sogenannten Hitler-Stellvertreters am 16.08.2003 in Wunsiedel ebenfalls aufgehoben hat. Soweit sich Ihre Ausführungen auf die bestehende Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes und ihre Bindungswirkung hinweist, sollte damit die besondere Stellung des Bundesverfassungsgerichtes verdeutlicht werden. Eine präzise juristische Darstellung der Bindungswirkung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes im Sinne des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, die selbstverständlich bekannt ist, war damit nicht beabsichtigt.

Hinsichtlich Ihrer Ausführungen zu der Beschlussfassung des Petitionsausschusses des Landtages des Landes Nordrhein-Westfalen gehe ich mangels entsprechender Informationen in Ihrem Schreiben davon aus, dass es sich um die Petition Nr. 13/02666 handelt. Nach den mir vorliegenden Unterlagen hat der Petitionsausschuss in seiner Beschlussfassung zu der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen entgegen Ihrer Darstellung darauf hingewiesen, dass sich im Hinblick auf die durch Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz verbürgte richterliche Unabhängigkeit eine Stellungnahme des Petitionsausschusses verbietet.

Das Verbot der Neonazi-Gruppierungen ANS/NA erfolgt 1983 durch den Bundesminister des Inneren. Auch die Verbote der von Ihnen aufgeführten anderen Gruppierungen, z. B. der "Nationalen Offensive" bzw. der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei", erfolgten von dort. Nach den Verboten haben sich Angehörige der Neonazi-Szene in losen Personenzusammenschlüssen, z. B. in Form von sogenannten Freien Kameradschaften, zusammengefunden. Die Verfassungsschutzbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen beobachtet diese Entwicklungen äußerst aufmerksam. Selbstverständlich wird dabei auch stets geprüft, ob ausreichende offene und gerichtsverwertbare Erkenntnisse für ein Verbot vorliegen.

Im Zusammenhang mit der vorgesehenen Wehrmachtsausstellung in Dortmund liegen dem Polizeipräsidium Dortmund auch Anmeldungen zu beabsichtigten Versammlungen aus dem rechtsextremistischen Bereich vor. Ich gehe davon aus, dass das Polizeipräsidium Dortmund als zuständige Versammlungsbehörde umfassend die versammlungsrechtlichen Fragen prüfen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Heinz Kraks

siehe auch:

"Die Nazioffensive nach dem NPD-Freispruch stoppen!"

Aufruf der VVN/BdA NRW