21.09.2017
AfD: Die Masken fallen
Während
die AfD ihr wahres, hässliches Gesicht
entblößt, scheinen sich konkrete Spuren zu den
Finanziers der Rechtspopulisten abzuzeichnen. AfD als neue
"Mövenpick-Partei"?
Die formell demokratische
Fassade, die vor allem von dem "gemäßigten"
Flügel der AfD mühsam aufrechterhalten wurde,
bröckelt im Endspurt des Wahlkampfes immer schneller ab - zum
Vorschein kommt die ordinäre braune Gesinnung, den die
Parteiführung zumindest bis zum Wahltag verborgen halten
wollte. Gerade die neoliberale Spitzenkandidatin der AfD, die ehemalige
Goldman-Sachs-Bankerin Alice Weidel, steht inzwischen vor dem
Scherbenhaufen ihrer kurzen populistischen Karriere.
Die konservative Tageszeitung Die Welt publizierte eine erschütternde Email
der Spitzenkandidatin aus dem Jahr 2013, in der ein Abgrund an
Rassismus, Verschwörungswahn und Demokratieverachtung offenbar
wurde, der schlicht an die Weltanschauung der NSDAP erinnert. In der
Mail an damalige Bekannte, die kürzlich in einer Eidesstattlichen
Erklärung die Echtheit des Schreibens bekräftigten, sah die
Bankerin Deutschland "überschwemmt" von Arabern sowie Sinti und
Roma, die sie als "kulturfremde Völker" verunglimpfte. Sowohl
Weidel wie auch viele Parteigrößen und Parteisprecher
bestreiten die Echtheit dieses Schreibens.
Neben diesen rassistischen Ausfällen erging sich
die Spitzenkandidatin der AfD in wirren Verschwörungstheorien, wie
sie im rechten Internetschwarm populär sind. Laut Weidel sei die
Bundesrepublik gar nicht souverän, die Regierung bestehe aus
"Schweinen", bei denen es sich um "Marionetten" der Siegermächte
des Zweiten Weltkrieges handele. Diese sollen also immer noch,
gewissermaßen hinter den Kulissen, die Bundesrepublik
fernsteuern. Die brandgefährlichen historischen Parallelen sind
hier offensichtlich. Die absurde Vorstellung, die europaweit
machtpolitisch dominante Bundesrepublik sei nicht "souverän",
ähnelt selbstverständlich dem Wahnsystem des
Nationalsozialismus mit seiner massenmörderischen Halluzination
einer jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung, die
überall den "Ariern" auflauere.
Wenn solche Wahnvorstellungen der "gemäßigte"
Flügel der AfD privat von sich gibt, dann ist schwer vorstellbar,
was die offen rechtsextremen Kräfte um Björn Höcke
absondern, sobald die Mikrophone ausgeschaltet sind. Es scheint somit
keine "gemäßigten" Flügel in der AfD zu geben, sondern
nur bessere und schlechtere Schauspieler. Die Parallelen zu Trump sind
offensichtlich (Donald Trump und die Zeit des Borderliners). Es ist blanker, sich von der Realität lösender Verschwörungswahn, der hier in den Bundestag drängt.
Somit stellt sich mit neuer Dringlichkeit die Frage, wer
diese - im wahrsten Sinne des Wortes - Truppe um Weidel, Höcke und
Gauland so üppig finanziert, dass sie tatsächlich Aussichten
auf den Einzug in den Bundestag hat. Wer ebnet mit
Millionenbeträgen diesem rechten Wahn den Weg? Bekannt ist bisher
nur, dass anonyme Großspender unter Ausnutzung von
Gesetzeslücken die AfD massiv finanziell unterstützen (Trübe Finanzquellen).
Woher das Geld stammt, das von der dubiosen Briefkastenfirma "Verein
zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlicher Freiheiten"
in die Wahlkämpfe der Rechtspopulisten gepumpt wird, ist bislang
unbekannt.
Geldflüsse im Überblick
Die auf Korruptionsbekämpfung spezialisierte NGO
Lobbycontrol, die sich derzeit vor allem mit der AfD beschäftigen
muss, hat in einer jüngst publizierten Analyse eine erste Quantifizierung dieser Finanzströme vorgenommen. Das vorläufige Fazit lautet:
"Somit dürfte es sich bei der verdeckten
AfD-Wahlwerbung um die wahrscheinlich größten
intransparenten Geldflüsse der letzten Jahre zugunsten einer
einzelnen Partei handeln." Vergleichbare Fälle von "Wahlwerbung
durch Dritte" seien Lobbycontrol "aus der jüngsten Vergangenheit
nicht bekannt. Nicht schlecht für eine selbsternannte
Saubermann-Partei, die es noch nicht mal in den Bundestag geschafft
hat".
Konkret seien es mindestens sechs Millionen Euro, die ab
2016 im Rahmen der vergangenen Landtagswahlen aufgewendet wurden, um
die AfD in den Bundesländern parlamentarisch zu verankern. Hinzu
kommen noch die aktuellen Aufwendungen für den
Bundestagswahlkampf, die noch nicht gänzlich überblickt
werden können. Lobbycontrol: "Die Kosten für die Plakate zur
Bundestagswahl sind noch nicht eingerechnet."
Millionen von Exemplaren der inoffiziellen
AfD-Wahlzeitung Extrablatt, Tausende von Großflächenplakaten
bezahlte der dubiose Verein in den Wahlkämpfen in Rheinland-Pfalz,
Berlin, Baden-Württemberg, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern.
Hinzu kam noch eine kostspielige Anzeige in der Neuen Züricher
Zeitung.
Bei der Bundestagswahl finanzierten die anonymen
Gönner der AfD bislang - soweit überhaupt bekannt - neun
Ausgaben der informellen Parteizeitung Deutschland-Kurier, von denen
jeweils 300.000 Exemplare umsonst verteilt wurden. Knapp drei Millionen
Exemplare des Deutschland-Kuriers konnten somit bisher die
Bundesrepublik überfluten - wobei deren Finanzierung im Dunklen
verbleibt. Des Weiteren finanzierte der Verein mehrere tausend
Großflächenplakate, wie auch Anzeigen von Erika Steinbach in
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in der Passauer Neuen Presse.
Die Spur dieses Geldes führt in die Schweiz,
erläuterte Lobbycontrol. Einzelne AfD-Politiker hätten
"direkt von heimlichen Zahlungen" der Schweizer PR-Agentur Goal AG
profitiert, die als ein "zentraler Akteur" hinter dem "Verein zur
Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlicher Freiheiten"
agiert. Die Werbeagentur ist in der Vergangenheit vor allem durch
Wahlwerbung für die Rechtspopulistische SVP in Erscheinung
getreten. Die AfD-Politiker Jörg Meuthen, Markus Pretzell und
Guido Reil seien von der Schweizer Goal AG mit geldwerten Zuwendungen
und Dienstleistungen bedacht worden (Plakate, Internetauftritte, Kosten
für Veranstaltungen).
Von den Rechtspopulisten sei kaum Aufklärung
über diese dunklen Geldströme zu erwarten, so Lobbycontrol,
da AfD-Größen die Unterstützung durch die geheimen
Gelder kleinredeten oder Unwissenheit vortäuschten.
Schließlich machte die NGO ebenfalls klar, dass es
sich bei der Behauptung des Vereins, er finanziere sich aus zahlreichen
Kleinspenden, um ein - so wörtlich - "Märchen" handele. Als
"Unterstützer" des Vereins würden rund 20.000 Personen
geführt, die einfach im Laufe der Zeit ihre Kontaktdaten, zumeist
die Email samt Vor- und Nachnamen, dem Verein überlassen haben,
indem sie dessen "Manifest" unterschrieben. Bei den
"Unterstützern" handelt es sich somit nicht um Spender.
Nennenswerte finanzielle Zuwendungen seitens dieser
Unterstützer seien "fragwürdig und für die
Aktivitäten zur Bundestagswahl ausgeschlossen", so Lobbycontrol.
Bei den Unterstützern handele es sich letztendlich um Personen,
die der Verein mittels einer Mailingliste anschreiben könne. Und
genau dies scheint der in Geld schwimmende Verein nicht nötig zu
haben! Von Anfang Mai bis Ende August gab es keinerlei Spendenaufrufe
des Vereins an seine Unterstützer im Verteiler. Somit können
der in millionenfacher Auflage veröffentlichte Deutschland-Kurier
und die Tausenden von Großplakaten, die der Verein zur
Bundestagswahl finanziert, nicht von den vermeintlichen
"Unterstützern" finanziert worden sein.
Dass äußerst finanzkräftige
Großspender hinter dem Verein stehen müssen, mache auch die
"Anfangsphase der Vereinigung" deutlich, so Lobbycontrol. Der Verein
konnte bei seiner ersten Finanzierungsoffensive während der Wahlen
in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März 2016 bereits
"mehrere Hunderttausend Euro" in die AfD investieren, "ohne vorher in
Erscheinung getreten zu sein". Fazit Lobbycontrol: "Es ist also klar,
dass der Verein durch anonyme Großspender angeschoben wurde und
die Aktivitäten bis heute wahrscheinlich weitgehend von
Großspendern finanziert werden". Es gab schlicht keine
Spendenaufrufe des Vereins an seine "Unterstützer".
AfD als neue "Mövenpick Partei"?
Wer finanziert nun die Wahlparty der immer weiter ins
wahnhafte Extrem taumelnden Rechtspopulisten, wenn sich das Konstrukt
der vielen Kleinspenden als ein "Märchen" entpuppte? Die Konrad
Adenauer Stiftung (KAS) glaubte jedenfalls schon 2013, eine heiße
Spur zu verfolgen, wie etwa die Tageszeitung Die Welt am 22. April berichtete.
Ein "alter Bekannter der schwarz-gelben Koalition" solle den Wahlkampf
der AfD finanzieren. Dies ginge aus internen Papieren der KAS hervor,
die der Welt zugespielt wurden. Demnach sollte der in der Schweiz
lebende, deutsche "Mövenpick-Milliardär" Baron August von
Finck die AfD - zumindest damals - finanziert haben:
Die
Rechercheure der Adenauer-Stiftung wollen auch eine bereits
existierende Verbindung der AfD zum Mövenpick-Konzern gefunden
haben: Beatrix von Storch, die als Vorsitzende der sogenannten Zivilen
Koalition, einer Organisation, die viele Anti-Euro-Kampagnen initiiert
hat, und als Unterstützerin auf der Webseite der AfD geführt
wird. "Die Adresse der Zivilen Koalition stimmt mit der PR-Abteilung
von Mövenpick Germany, das zum August-von-Finck-Imperium
gehört, überein", steht in dem Dokument, mit dem sich die
CDU-Politiker auf die Auseinandersetzung mit der Newcomer-Partei
vorbereiten.
Die Welt
Der
"bayerische Milliardär, der längst in der Schweiz lebt",
solle einstmals Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber, dann aber
insbesondere der FDP "mit großen Spenden geholfen" haben. Der
"Besitzer des Hotel- und Gastronomiekonzerns Mövenpick" sei einer
der Hauptprofiteure der von der damaligen Koalition durchgesetzten
"Senkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen" gewesen,
sodass die FDP anschließend monatelang von der Opposition als
"Mövenpick-Partei" verspottet wurde, berichtete die "Welt".
Somit klärt sich auch der Unmut der KAS
gegenüber von Finck, der sich in der gezielten Indiskretion
äußert. Für gewöhnlich werden ja solche
Zuwendungen von den Parteien nicht thematisiert. Der
Mövenpick-Milliardär scheint der CDU schlicht undankbar zu
sein, indem er die politische Konkurrenz finanziert. Schwarz-Gelb hat
dem Mövenpick-Konzern ein enormes Steuergeschenk gemacht - und
dieser scheint nun die rechtspopulistische Konkurrenz zu finanzieren.
Während Finck sich 2013 weigerte, zu den Anschuldigungen Stellung
zu beziehen, hat die AfD die Vorwürfe der KAS abgestritten.
Ist die AfD nun die neue "Mövenpick-Partei" oder
hat sich diese angebliche Beziehung verflüchtigt? Vorgänge
aus dem Jahr 2016 legen den Schluss nahe, dass es weiterhin Kontakte
zwischen dem Imperium des Milliardärs und den Rechtspopulisten
gab. Ende 2011 stieg die "Milliardärsfamilie Finck" in den Handel
mit Gold ein, schrieb
die Süddeutsche Zeitung: "Sie hat den Namen des traditionsreichen
Edelmetall-Händlers Degussa erworben und will das Geschäft
wiederbeleben." Bei Degussa handelt es sich in der Tat einen
traditionsreichen Namen, den sich der Finck-Klan für seinen
Einstieg in das Goldgeschäft aussuchte: Im Dritten Reich lieferte
die Degussa Zyklon-B für die Gaskammern der Nazis, in den
Schmelzöfen der Evonik Degussa wurde das Zahngold eingeschmolzen,
dass den vergasten Juden herausgebrochen wurde.
Am 26. Oktober 2016 erschien in der Süddeutschen Zeitung (SZ) ein Beitrag,
der sich mit einem Buch "Gefährliche Bürger"
beschäftigte, das sich mit der neuen Rechten auseinandersetzt und
als ein "Standardwerk" für alle gelte, "die sich für die
neuen rechten Netzwerke in Deutschland interessieren". Der Artikel
"Angst ist Gold" setzte sich aber gerade mit den Informationen
auseinander, die nicht in dem Standardwerk zu finden sind, da sie kurz
vor dem Druck entfernt werden mussten. Eine der Autorinnen, Liane
Bednarz, bestand darauf, heikle Informationen zu entfernen:
Jetzt
zeigt sich, dass an der Auswahl der "gefährlichen Bürger"
nicht nur die Autoren Liane Bednarz und Christoph Giesa beteiligt
waren. Bednarz ist im Hauptberuf Rechtsanwältin bei der
renommierten Kanzlei Noerr in München. Sie publiziert an vielen
Orten, von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung bis hin zu
Spiegel Online, wo sie als "AfD-Expertin" firmiert, sehr häufig
auch auf ihrer eigenen, mittlerweile von Tausenden Lesern - darunter
zahlreiche Journalisten und Politiker - frequentierten Facebook-Seite.
SZ
Frau Bednarz betätigte sich somit nebenberuflich
als Buchautorin - was aber zu einem Interessenskonflikt führte.
Vor der Veröffentlichung des Buches musste Bednarz "Namen, Firmen
und Begriffe" aus ihrem Buch streichen: "In mehreren Schreiben nennt
sie ihren Arbeitgeber und dessen Interessen als Grund." Es ginge
offenbar darum, einflussreiche Personen nicht gegen die Kanzlei Noerr
aufzubringen, schlussfolgerte die SZ. Vor allem in dem Kapitel, in dem
Goldgeschäfte im Dunstkreis der Neuen Rechten beleuchtet werden,
bei denen die Rechtspopulisten die anwachsende Krisenangst ausnutzten,
mussten weitreichende Streichungen vorgenommen werden:
Die
Änderungen am Text sind nicht klein. Inhaltlich schwerwiegend und
umfangreich sind Streichungen und Umformulierungen in jenem Teil, der
schließlich auf zwei Buchseiten zusammen schrumpfte, nämlich
auf die Seiten 137 und 138. Auf jenen Seiten strich die Autorin zum
Beispiel die Namen "Thorsten Polleit", "August von Finck", wie auch
"Degussa Goldhandel".
SZ
Thorsten Polleit arbeitet für den Degussa
Goldhandel des Milliardärs August von Finck, der ja die
"traditionsreichen" Namensrechte 2011 erwarb. In der
ursprünglichen, unzensierten Version des Buches wurde er als ein
"Angstmacher" tituliert, der seine Kundschaft zum Erwerb der sicheren
Krisenanlage Gold verleiten wollte. Die Krisenangst dient diesem
neurechten Milieu somit als Geschäftsgrundlage. Laut Recherchen
der SZ stehen August von Finck und der Gründer der Kanzlei Noerr,
Rudolf Nörr, in einer geschäftlichen Beziehung. Dies legt den
Schluss nahe, dass Bednarz ihre Streichungen im Text vernehmen musste,
um Rücksichtnahme auf das Verhältnis zwischen Nörr und
Finck zu nehmen.
Entscheidend aber ist, dass es laut SZ Beziehungen
zwischen Degussa und der AfD gegeben haben soll. Die Rechtspopulisten
betrieben bis Anfang 2017 ihren umstrittenen "Goldshop". Laut der SZ
sei zu vermuten, "dass das Gold für dieses Geschäft
wenigstens zum Teil ursprünglich von Degussa kommt". Das
Unternehmen des Milliardärs, von dem es "in internen Papieren der
CDU" heißt, er unterstütze den Wahlkampf der AfD, lieferte
somit laut SZ - wenigstens teilweise - das Gold für den Goldshop
der AfD.
Kein Wunder somit, dass die AfD zu jener Zeit so ihre
Probleme mit den Goldbarren hatte, die plötzlich überall
auftauchten. Dieselbe Beatrix von Storch, deren Zivile Koalition
dieselbe Adresse mit Fincks PR-Agentur in Berlin teilte, fand sich im
Zentrum einer Goldbarrenaffäre, bei der angeblich Spendengelder zum Erwerb von Gold im Wert von rund 83.000 Euro missbraucht wurden.
Dschingis Khans rechter Bruder
Wer ist nun dieser August von Finck junior, der von der
KAS wie der SZ in Beziehung zu der AfD gebracht wird? Das Vermögen
des deutschen Milliardärs, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat,
wird auf rund 7,7 Milliarden US-Dollar geschätzt. August von Finck junior
ist Sohn des Arisierungsgewinnlers August von Finck senior, der schon
1933 der NSDAP beitrat und zahlreiche jüdische Banken "arisierte".
Neben den Finanzzuwendungen an die FDP und die CSU im Vorfeld der
Senkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen hat der
Mövenpick-Milliardär immer wieder auch rechtspopulistische
Parteien oder Bewegungen unterstützt.
Bei diesen finanziellen Aufwendungen ging es
offensichtlich nicht mehr nur ums Geschäftliche, um die politische
Durchsetzung von Geschäftsinteressen. Anfangs waren diese
politischen Investitionen nicht gerade erfolgreich: Der
rechtspopulistische "Bund Freier Bürger" erhielt von dem
Milliardär schon in den 90er Jahren umgerechnet 4,3 Millionen
Euro, berichtete die SZ - nur um sang- und klanglos in politischer Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.
Der neoliberale "Bürgerkonvent" wurde 2003 von
Finck mit Millionenbeträgen bedacht, um eine reaktionäre
Werbekampagne durchzuführen, die im Zuge der Agenda-Politik auf die Zerschlagung des Sozialstaates
abzielte. Im Vorstand des 2015 aufgelösten Bürgerkonvents,
der sich über die Millionenspenden Fincks freuen durfte, saß
unter anderem - Beatrix von Storch. Das Handelsblatt schrieb 2013:
Der
"BürgerKonvent", angeführt von Beatrix von Storch, setzt sich
laut Recherchen der Adenauer-Stiftung als "Apo von rechts" für die
Rückführung des Staates auf Kernkompetenzen und den Abbau von
Sozialleistungen zugunsten privater Vorsorge ein. Auf Politiker solle
Druck in diese Richtung ausgeübt werden mittels eingekaufter und
professioneller Kampagnenpolitik, die "von oben" zum Protest aufrufe,
schreiben die Experten der CDU-nahen Stiftung in ihrer AfD-Analyse.
"Die Strukturen sind intransparent und nicht demokratisch."
Handelsblatt
Über die politischen Ansichten des Milliardärs
herrschen in seinem Umfeld jedenfalls keine Illusionen, so die SZ 2010.
Der Bankier Ferdinand Graf von Galen habe Fincks politischen Standort
auf eine griffige Formel gebracht: "Rechts vom Gustl steht bloß
noch Dschingis Khan."
Das Fazit, das aus diesen Indizien gezogen werden kann:
Der weit rechts stehende Milliardärssohn eines
Arisierungsgewinnlers, der seinen Goldhandel ausgerechnet unter dem
historisch belasteten Namen Degussa betreiben muss und
erwiesenermaßen schon Rechtspopulisten finanzierte, könnte
somit an der Finanzierung des Aufstiegs der AfD beteiligt sein. Die
Parallelen zum Aufstieg Donald Trumps in den USA, der ebenfalls von den
reaktionärsten Teilen der US-Kapitaleliten finanziert wurde (Das Establishment hinter den Rechtspopulisten), wären in einem solchen Fall unübersehbar.
Die Personalie Finck muss dabei im ihrem
größeren, klassenspezifischen Kontext betrachtet werden. Die
Eurokrise führte zu großen internen Spannungen innerhalb der
deutschen Unternehmerschaft; sie spaltete sich in der Frage der
konkreten Krisenpolitik in zwei Lager.
Während der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) den
europapolitischen Kurs Berlins (Beibehaltung des Euro und
Austerität für die Krisenländer) "unterstützte",
wie es das Handelsblatt formulierte, und für den Erhalt einer
deutsch dominierten Eurozone eintrat, prägte der
Unternehmerverband "Die Familienunternehmer" samt seiner "Stiftung
Familienunternehmen" die Debatte mit scharfer Kritik, wie es das
Handelsblatt formulierte:
Hier
beherrschen andere die Schlagzeilen - allen voran die beiden Vertreter
deutscher Familienunternehmer: Lutz Goebel, Präsident des Verbands
"Die Familienunternehmer", und Brun-Hagen Hennerkes, Gründer der
"Stiftung Familienunternehmen". Mit ihren Euro-skeptischen
Beiträgen und scharfer Kritik am Rettungskurs von Kanzlerin Angela
Merkel dominieren sie die Debatte über die Zukunft der
Gemeinschaftswährung. "Ich habe den Eindruck, dass die deutsche
Politik zu wenig auf die Bundesbank hört", sagt Goebel. Hennerkes
bemängelt, dass kein politisches Konzept in der Euro-Krise zu
erkennen sei. Es herrsche "Chaos und Verwirrung".
Handelsblatt
Im Verlauf der Auseinandersetzungen musste der eher
strategisch denkende BDI öffentlich intervenieren, indem er auf
die strukturellen Vorteile der Euro für die deutsche
Exportwirtschaft hinwies, die den "Familienunternehmern" nicht
einleuchten mochten.
Doch nun
holt BDI-Präsident Hans-Peter Keitel zum Gegenschlag aus. In einem
Brief an die wichtigsten Unternehmens- und Verbandsvertreter des BDI,
der dem Handelsblatt vorliegt, unterstützt Keitel den
europapolitischen Kurs der Kanzlerin. "Die langfristige Sicherung der
Währungsunion liegt im elementaren Interesse jedes Einzelnen von
uns", schreibt er. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsverbänden,
die etwa einen Austritt Griechenlands oder anderer überschuldeter
Staaten aus der Währungsunion für denkbar oder sogar
wünschenswert halten, warnt der BDI-Präsident: "Jeder Schritt
zurück in der europäischen Integration würde
unkalkulierbare Risiken für die wirtschaftliche und politische
Stabilität bedeuten."
Handelsblatt
Die offen reaktionären Teile der deutschen
Wirtschaftseliten, die Griechenland sofort aus der Eurozone werfen
wollten, befanden sich im Kampf mit dem BDI, der den Euro erhalten
wollte, um dessen Exportvorteile weiter nutzen zu können. Auch der
Mövenpick-Konzern sieht sich übrigens immer noch als ein Familienunternehmen.
Die Stiftung Familienunternehmen unterhielt auch gute Kontakte der AfD.
Der ehemalige AfD-Chef von Berlin, Matthias Lefarth, leite die
Repräsentanz der Stiftung am Pariser Platz, berichtete
Campact. Laut der AfD blieb Lefarth der Partei auch nach seinem Wechsel
zu der Lobbygruppe verbunden, er werde "eng für den Landesverband
und die Partei arbeiten".
Der Spiegel fragte
schon 2013 bei den "Familienunternehmern" nach, ob sie denn die
Rechtspopulisten finanziell unterstützen. Damals wurde dies
verneint, da die Unternehmer "geizig geworden seien". Auf die Frage, ob
die Hinweise der Konrad-Adenauer-Stiftung zuträfen, dass "der
Mövenpick-Eigentümer August von Finck zu den AfD-Finanziers
zählen könnte", sagte Brun-Hagen Hennerkes, Chef der Stiftung
Familienunternehmen:
Das halte
ich für eine Spekulation. Die Unternehmer sind in Sachen
Parteispenden so geizig geworden, da werden keine nennenswerten
Beträge für die AfD fließen. Man muss ja immer noch
damit rechnen, dass diese Partei eine Eintagsfliege bleibt.
Brun-Hagen Hennerkes
Die Schlussfolgerung aus dieser rein opportunistischen
Haltung gegenüber dem Rechtspopulismus liegt auf der Hand: Sollte
es sich also herausstellen, dass die AfD keine "Eintagsfliege" nach dem
Muster des "Bunds freier Bürger" bleibe, könnte Herr
Brun-Hagen Hennerkes für seine "Familienunternehmer" wirklich
nicht mehr die Hand ins Feuer legen.
Tomasz Konicz
Mit freundlicher Genehmigung durch Tomasz Konicz. Zuerst erschienen unter: https://www.heise.de/tp/features/AfD-Die-Masken-fallen-3830717.html
Weitere interessante Artikel von Tomasz Konicz unter https://www.heise.de/tp/autoren/?autor=Tomasz%20Konicz und http://www.konicz.info/.
Siehe auch:
04.11.2016
DEGUSSA macht wieder die Goldgeschäfte mit den Rechtsextremen und Nazifreunden
Schauplätze Frankfurt am Main, Essen, Marl und nun Köln
http://www.verbrechen-der-wirtschaft.de/texte/0115_degussa.htm
|