Logo VVN/BdA NRW

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

29.07.2016

Bundeswehr gegen Frieden und Demokratie

Zwei Hintergrundartikel

Die Politiker überschlagen sich mit Forderungen nach Bundeswehreinsätzen gegen Terroristen. Es sagt zwar keiner, was die Bundeswehr anderes gemacht hätte in den letzten Tagen, aber dennoch wird die Gelegenheit zur Aufrüstung genutzt. Doch diese Aufrüstung ist bereits erfolgt. Warum nicht einfach mal das ND lesen? Ich schrieb damals:

"Neues Deutschland" am 28./29./30.8.2012 zu Bundeswehr im Inneren, eine Serie: http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0986_bw_im_innern.htm

Und ich habe nachrecherchiert – der Text stimmt noch immer. Die Heimatarmee besteht!

Sie heißt nur „Heimatschutz“.

Dazu zwei neue Artikel, die ab heute zu lesen sind.

Ulrich Sander

In „Unsere Zeit“ steht:

Ein Weißbuch gegen die Verfassung

Bundeswehreinsätze – nun doch auch im Inneren

Die Bundeswehr soll noch mehr „Verantwortung“ übernehmen, im Innern wie im Äußeren. So steht es im neuen „Weißbuch zur Sicherheitspolitik“. (siehe UZ vom 3.6 und vom 22.7.)

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat schon lange entgegen der Verfassung festgestellt: „Die Trennung von innerer und äußerer Sicherheit ist nicht mehr gegeben“.

Hauptsächliche Begründung für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist der „Anti-Terrorkampf“, der Krieg gegen den Terror, der von außen in unser Land getragen werde. Der soll gemeinsam mit der Polizei eingeübt und auch geführt werden. Und er wurde bereits eingeübt, und zwar in Großmanövern von Polizei und Bundeswehr, genannt „Frankenwarte“ und „LüKEx“.

Schon jetzt wird ganz konkret der Bundeswehreinsatz zudem bei Streiks im öffentlichen Dienst vorbereitet, wie eine Antwort der Regierung an Ulla Jelpke, MdB der Partei „Die Linke“, ergab, und wir erinnern uns noch gut an den Einsatz der Bundeswehr gegen die Proteste aus Anlass des G 8-Gipfels in Heiligendamm im Jahr 2007. Laut „Information für die Truppe“ heißt der Kampfauftrag: Gegen „Chaosgruppen wie z. B. die Gruppe der Globalisierungsgegner“. Ein Foto in der „Europäischen Sicherheit“ zeigte „Soldaten des JgBtl 292 bei der Ausbildung gegen Demonstranten“; die „Demonstranten“ hatten Arbeitskleidung an.

Instrumente und Strukturen

Das Konzept der flächendeckenden Zivilmilitärischen Zusammenarbeit (ZMZ) Inneres und ein neues Reservistenkonzept der Bundeswehr sichern die Option auf den Bundeswehreinsatz im Innern ab.

Die ZMZ-Koordinierung erfolgt auf mittlerer und unterer Ebene. Behörden der Bundesländer dürfen eigenständig Militär anfordern, und zwar per Amtshilfe nach Artikel 35 des Grundgesetzes. Dies geschah in Heiligendamm mittels „juristisch korrekter Amtshilfe“ (Bundeswehrminister Franz Josef Jung). Sogar zwei Tornados durften die Landesbehörden von Mecklenburg-Vorpommern zur „Einschüchterung der Protestler durch Tiefflüge“ (so Sprecher der SPD) anfordern, ohne dass die Bundesregierung zustimmen musste. (Spiegel online, 16. Juni 2007)

In der Antwort der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 an den Bundestag schließt das Bundesverteidigungsministerium nicht aus, dass die ZMZ-Kommandos bei Demonstrationen zum Einsatz kommen. Dies obliege allein den Landesbehörden. Zum Militäreinsatz und Streikbruch anlässlich von Streiks im Transport-, Energie- oder Gesundheitswesen sowie bei der Müllabfuhr wird ausgesagt: Eine Entscheidung darüber sei „dem jeweiligen Einzelfall vorbehalten“. (BT-Drucksache 16/13847 vom 26. August 2009)

Kommandostäbe

Es existieren seit 2006 militärgeführte Kommandostäbe – Kreis- und Landeskommandos -, die von allen Kommunen und Landkreise klaglos hingenommen wurden. Dafür wurden Räume in den Rathäusern und Landratsämtern geschaffen. Ein Oberstleutnant führt das Kommando über die Verwaltung, die Feuerwehr, den Technischen Hilfsdienst, die Polizei, ferner über das Amt für Bevölkerungsschutz und das Amt für Migration und Flüchtlinge sowie das Rote Kreuz und weitere Hilfsorganisationen.

Insgesamt sind es 441 Kommandos – bestehend aus jeweils zwölf ständig einsetzbaren Reservisten -, die in sämtlichen kreisfreien Städten, Landkreisen und Regierungsbezirken eingerichtet worden sind. Sie stehen unter dem Kommando der Bundeswehrführung und haben kurzfristig Zugriff auf weitere rund 80 000 bis 100 000 speziell ausgebildete Reservisten. Eingebunden in die zivilen Katastrophenschutzstäbe, erhalten sie Einsicht in die Bereitschaftsstände von zivilen Behörden, Polizei, technischem Hilfswerk und Feuerwehr. Sie sollen vor allem den Katastrophenschutz verbessern.

Diese Reservistenarmee bildet den „Heimatschutz“, der kurzfristig bereit steht. Es wurde bekanntlich die Wehrpflicht abgeschafft, aber die Wehrpflicht der Reservisten wurde beibehalten, ja sogar bis zum Lebensalter von 60 Jahren erweitert. Diese Leute stehen z. B. beim Streikbruch durch Einsatz von Soldaten im öffentlichen Dienst bereit. Und sie üben schon mal die Bekämpfung von Demonstranten. Bewaffneter Kampf gegen Demonstranten wird in großem Umfang in letzter Zeit durch die Polizei eingeübt und praktiziert, wenn es gilt die Aufmärsche der Nazis zu schützen.

Zum geplanten Einsatz der Bundeswehr im Innern kommt hinzu, dass sich die Cyber-Krieger der Bundeswehr auch an der großflächigen Überwachung der Bevölkerung mit modernsten elektronischen Mitteln beteiligen. Hinzu kommt die militaristische Beeinflussung der Bevölkerung, vor allem der Jugend. In Schulen und Hochschulen, sowie bei Jobmessen, in Arbeitsämtern und Jobcentern wird dafür geworben, junge Arbeitslose zu Soldaten zu machen. Sie geraten in eine Bundeswehr, die auch sehr rechte Kräfte, Nazis, in ihren Reihen hat.

Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA

Und in Ossietzky steht:

Ulrich Sander   Mehr Verantwortung – mehr Krieg

Im Inneren wie im Äußeren soll die Bundeswehr soll noch mehr „Verantwortung“ übernehmen: So steht es im neuen „Weißbuch zur Sicherheitspolitik“, das von Generälen ausgearbeitet und von der Bundesregierung abgenickt wurde. Das Grundgesetz jedoch verbietet Angriffskriege und lässt nur Einsätze zur Landesverteidigung zu. In seinem Urteil aus dem Jahre 2012 hat das Bundesverfassungsgericht das Grundgesetz jedoch bereits uminterpretiert, um Einsätze bei „katastrophischen“ Ausmaßen zuzulassen, wenn die Kanzlerin zustimmt. Das Grundgesetz wurde verändert, ohne den Wortlaut zu ändern; das ist illegal. Allerdings bleibt es auch nach dem Urteil bei vielen Einschränkungen, zum Beispiel beim Verbot „terrorverdächtige“ Flugzeuge abzuschießen. (Aktenzeichen des BVerG PBvU 1/11 vom 3.7.2012

Unter mehr Verantwortung versteht die Bundesregierung mehr Krieg. Und im Inneren soll die Bundeswehr nun Kämpfe gegen die eigene Bevölkerung führen. Begründet wird dies mit dem „Anti-Terrorkampf“, der gemeinsam mit der Polizei geführt werden soll. In zwei Großmanövern von Polizei und Bundeswehr, genannt „Frankenwarte“ und „LüKEx“, wurde bereits geübt. Die militärischen „Kriege gegen den Terror“ haben jedoch weltweit die Gefahren nicht gebannt, sondern erhöht. Terrorismus muss mit rechtsstaatlichen, auch polizeilichen Mitteln bekämpft werden.

Schon lange wird ganz konkret der Bundeswehreinsatz bei Streiks im öffentlichen Dienst vorbereitet, wie eine Antwort der Regierung an Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke ergab (BT-Drucksache 16/13847 vom 26. August 2009), und wir erinnern uns noch gut an den Einsatz der Bundeswehr gegen die Proteste aus Anlass des G8-Gipfels in Heiligendamm im Jahr 2007. Das neue Weißbuch verschriftlicht hier die Linie, die seit Jahren gefahren wird. Bürgerrechte sind in Gefahr.

Erstmals aus strategischer Sicht werden der Krieg im Cyberraum und die Einbettung der neuen Waffengattung der Cyber-Krieger in der Bundeswehr beschrieben. Konstatiert wird, dass die „Gefahr der unkontrollierten Eskalation aufgrund eines Cybervorfalls“ besonders groß sei. Als Grund dafür wird eine „cyberinhärenten Attributionsproblematik“ aufgeführt. Ihr soll „präventiv durch Vertrauensbildung und Konfliktlösungsmechanismen“ entgegengewirkt werden. Cyber-Krieger beteiligen sich letztlich an der großflächigen Überwachung der Bevölkerung mit modernsten elektronischen Mitteln, und sie sind in der Lage, alles, was sie dem Gegner unterstellen, selbst offensiv anzuwenden. Dafür wird in Kalkar am Niederrhein die Luftkraftzentrale ausgebaut, die bemannte und unbemannte Waffenträger bis zum Ural lenken kann. Vertrauensbildend?

Zum geplanten Einsatz der Bundeswehr im Innern kommt die militaristische Beeinflussung der Bevölkerung, vor allem der Jugend hinzu. In Schulen und bei Jobmessen, in Arbeitsämtern und Jobcentern wird dafür geworben, junge Arbeitslose zu Soldaten zu machen. Laut Weißbuch sollen die Merkmale „qualifizierend“ und „sinnstiftend“ in den Vordergrund gerückt werden. Beruflichen Alleinstellungsmerkmale, „wie Einsätze und Missionen, Fürsorgepflicht, Kameradschaft und das besondere Treueverhältnis“ seien aufzuzeigen. Angestrebt wird ein „‘atmender‘ Personalkörper der Bundeswehr ohne starre Obergrenzen“.

Der Atem des Krieges liegt über dem Weißbuch. Bundeskanzlerin Merkel spricht im Vorwort von „Gestaltungsfeldern deutscher Sicherheitspolitik“.