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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

06.03.2016

Zu Ehren von Wilhelm Knöchel

Nick Brauns vs. Hermann Weber

Nikolaus Brauns schreibt zur „Kadergeschichte“ – Über das biographische Handbuch zur KPD-Geschichte von Hermann Weber und Andreas Herbst: „Ein Standardwerk – aber der Teufel steckt im Detail“ u.a. dies: (aus http://www.nikolaus-brauns.de/Deutsche _Kommunisten.htm, ohne Datum)

Eine notwendige Richtigstellung:

Tragisch ist der Umgang mit dem antifaschistischen Widerstandskämpfer Wilhelm Knöchel in der Geschichtsschreibung. Ab Januar 1942 bemühte sich der illegal nach Deutschland eingereiste Knöchel, der auf der Berner Konferenz ins ZK der KPD gewählt worden war, um den Aufbau einer neuen operativen Leitung des kommunistischen Widerstands. Am 30. Januar 1943 verhaftete ihn die Gestapo in Berlin. Knöchel wurde am 24. Juli 1944 im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Im fünften Band der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ wird Knöchel noch „selbstlose Tätigkeit für die Partei, die Arbeiterklasse und die ganze deutsche Nation“ attestiert. Die Aufnahme in das zugehörige „Biographische Lexikon“ blieb Knöchel allerdings verwehrt, da ihn Hermann Weber inzwischen als Verräter bezeichnete und das Autorenkollektiv des IML in diesem Punkt dem westdeutschen Forscher folgte. Untersuchungen zum antifaschistischen Widerstand von Beatrix Herlemann sowie Heinz Kühnrich konnten diese Anschuldigungen später als unbegründet widerlegen. Doch der „Nestor der Kommunismusforschung“ Weber zeigte sich nicht bereit, ein einmal gefälltes Urteil zu korrigieren. Weiterhin heißt es in „Deutsche Kommunisten“, Knöchel sei ein Verräter gewesen, der sich nach seiner Verhaftung der Gestapo als V-Mann angeboten und Anteil an der Zerschlagung seiner Widerstandsgruppe gehabt habe.

Hier ein Beitrag von Heinz Kühnrich, ND 24. Juli 1989

In Deutschland 1942/43 an der Spitze der KPD

Vor 45 Jahren wurde Wilhelm Knöchel ermordet

Von Prof. Dr. sc. Heinz K ü h n r i c h

In Notizen Wilhelm Piecks, 1942 in Moskau angefertigt, finden wir den Satz: Wir haben wieder einen Mann in Deutschland! Damit war Wilhelm Knöchel gemeint. Die Notiz besagte, nun stehe wieder an der Spitze des Kampfes der Kommunisten im Lande ein Mitglied der Parteiführung, mit dem über einen längeren Zeitraum zweiseitige Verbindung sowohl über Funk als auch über Instrukteure und Kuriere gehalten werden konnte. Das ZK der KPD gelangte dadurch in den Besitz von Berichten, erhielt Antwort auf Anfragen und bekam Belegexemplare solcher Zeitungen und Flugblätter, die Wilhelm Knöchel und seine Kampfgefährten zwischen 1941 und Anfang 1943 in Deutschland heraus gaben.

Wer war Wilhelm Knöchel, was wissen wir über ihn? Wie ist zu erklären, daß er nur Eingeweihten bekannt war, obwohl er zeitweilig an der Spitze des Kampfes der KPD im Lande stand? Intensive Forschungen haben in den letzten Jahren viele neue Erkenntnisse über Leben und Kampf Wilhelm Knöchels erbracht, auf bisher unbekannte Zusammenhänge aufmerksam gemacht.

Am 8. November 1899 geboren, von Beruf Dreher, war Wilhelm Knöchel vor 1933 bereits Politischer Leiter des Unterbezirks Offenbach und Mitglied der Bezirksleitung Ruhrgebiet der KPD. Er studierte, 1932 in die Sowjetunion entsandt, an der Internationalen Lenin-Schule in Moskau, wurde kurze Zeit als Funktionär der Roten Gewerkschaftsinternationale eingesetzt, leitete dann als Oberberater mehrere Parteibezirke im Norden Deutschlands an. Seit 1936 führte Wilhelm Knöchel gemeinsam mit dem Sozialdemokraten Franz Vogt den in Paris gegründeten Ausschuß freigewerkschaftlicher Bergarbeiter Deutschlands, ab 1938 war er Mitglied der Exekutive der Bergarbeiterinternationale!. Auf der Brüsseler Konferenz 1935 wählten ihn die Delegierten zum Kandidaten, auf der Berner Konferenz 1939 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der KPD.

Mitten im Kriege für eine Friedensfront eingetreten

Umfangreiche Arbeit leistete er von. Amsterdam aus als Mitglied und Leiter der Abschnittsleitung West. Viele kannten ihn nur als „Alfred Schröder“, als „Alfred“ oder als „Erasmus“,—Decknamen, mit denen er in der Öffentlichkeit auftrat, illegale Kontakte hielt und Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften zeichnete.

Im Januar 1942 kam Wilhelm Knöchel unerkannt nach Deutschland, das einzige ZK-Mitglied, dem dies während des Krieges gelang. Nun ging er daran, eine umfassende nationale Friedens- und Freiheitsbewegung zu formieren.

In den Dienst dieser Sache stellte er illegale Zeitungen wie den „Friedenskämpfer“. Mit der Wiederherausgabe der Zeitungen „Ruhr-Echo“ und „Freiheit“, ehe-mals Bezirksorgane Ruhr und Niederrhein der Partei, dokumentierte er, daß die KPD ungebrochen den organisierten Kampf gegen das Naziregime fortsetzte. In diesen Zeitungen wurde propagiert, als Zeichen für Frieden, Freiheit und Fortschritt an Zäunen, an Häuserwänden und auf Straßen ein „F“ anzubringen.

Die Vorschläge und Berichte der von Knöchel geführten Landesleitung gaben der Führung der KPD neue Impulse für die Entwicklung der Bündnispolitik, praktische Hinweise für den anti-faschistischen Kampf. Das im Dezember 1942 über den Deutschen Volkssender verbreitete „Friedensmanifest an das deutsche Volk und an die deutsche Wehrmacht“ war das gemeinsame Werk der Landesleitung unter Wilhelm Knöchel und des ZK der KPD in Moskau. So zählte Wilhelm Knöchel auch zu den Weg-bereitern des 1943 gegründeten Nationalkomitees „Freies Deutschland“ und der Bewegung gleichen Namens.

Bis zu seinem Tode ist er der Partei treu geblieben

Am 30. Januar 1943 wurde Wilhelm Knöchel in der Wohnung der Berliner Kommunisten Charlotte und Erich Garske, seinen Quartiergebern, verhaltet. Erst achtzehn Tage danach gab er seine wahre Identität als ZK-Mitglied und Leiter der Parteiarbeit in Deutschland zu, obwohl die Gestapo dies längst wußte. Offenbar wandte er die Taktik an, Zeit zu gewinnen, damit seine noch in Freiheit befindlichen Genossen ihre Spuren verwischen konnten. Wilhelm Knöchel entschloß sich sogar zu dem ungewöhnlichen Schritt, der Gestapo zur Täuschung seine Mitarbeit anzubieten, vermutlich en der Hoffnung auf Gelegenheiten und Möglichkeiten, bedrohte Kämpfer zu warnen und selbst fliehen zu können.

Die Gestapozentrale lehnte sein „Angebot“ ab; sie kannte seine feste politische Oberzeugung, seinen Mut, seine Intelligenz und seine Aktivität. Deshalb verbreitete sie das Gerücht, Knöchel habe „umfangreiche Aussagen“ gemacht, „andere belastet“. Diese Version kursierte auch unter Verhafteten, hielt sich nach der Befreiung vom Faschismus und gelangte in spätere Publikationen. Die Forschungen belegen hingegen, daß Knöchel bis zu seinem Tode der Partei treu geblieben ist, Standhaftigkeit und Kämpfertum bewies. Er wurde noch ein Jahr nach seiner Verhaftung gefoltert, um Aussagen zu erpressen, obwohl er schwer an Tuberkulose erkrankt war.

Am 12. Juni 1944 fällte der sogenannte Volksgerichtshof das Todesurteil. Die Nazis ermordeten Wilhelm Knöchel am 24. Juli 1944, vor 45 Jahren, im Zuchthaus Brandenburg-Görden.

Wilhelm Knöchel, 8. November 1899 bis 24. Juli 1944

Wilhelm Knöchel, 8. November 1899 bis 24. Juli 1944

Siehe auch:

10.02.2016
Friedensmanifest der westdeutschen Friedensbewegung erneut erschienen
Ein Dokument aus dem Widerstand 1942
http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/1554_friedensmanifest.htm

17.01.2016
Stellt die Ehrentafel für Wilhelm Knöchel wieder her
Appell an den Förderkreis Erinnerungsstätte der deutschen Arbeiterbewegung Berlin-Friedrichsfelde
http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/1540_knoechel.htm

und

Wann wird Wilhelm Knöchel rehabilitiert?
Im Inland stand er 1942/43 an der Spitze der KPD
http://www.unsere-zeit.de/de/4810/theorie_geschichte/2079