06.11.2013 Teilnehmererfahrungen vom "Friedens- und
Sicherheitspolitischen Workshop" des DGB vom 30.10.13 Im März 2013 hatten wir auf dieser
Homepage aus gegebenem Anlaß vor einem Einschwenken des DGB
auf die Seite der Militaristen im Lande gewarnt. Das Treffen
Sommer-deMaiziére hat auch andere sehr alarmiert. Der
Bundesausschuss der VVN-BdA protestierte. Nun hat in Berlin eine
gewerkschaftliche Veranstaltung zu diesem Themenkomplex stattgefunden.
Sie war nicht presseöffentlich. Wir dürfen diesen
Teilnehmerbericht veröffentlichen: Siehe
zunächst hier: http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/1063_dgb_bw.htm
Cornelia Mannewitz (DFG-VK) schreibt: Liebe
Freunde, hier für alle, die es interessiert,
ein erster Bericht über den „Friedens- und
Sicherheitspolitischen Workshop“ des DGB am Mittwoch dieser
Woche, an dem ich als eine der Delegierten des Hauptvorstands der GEW
teilgenommen habe: Der Workshop war in Reaktion auf
gewerkschaftliche Kritik an dem Treffen von Michael Sommer,
DGB-Vorsitzender, und Verteidigungsminister de Maizière
Anfang dieses Jahres zustande gekommen. Hier noch einmal der
Presseauftritt der beiden vom 5. Februar mitsamt ihrer
Ankündigung, eine Erklärung über das
Verhältnis Gewerkschaften – Bundeswehr
veröffentlichen zu wollen, in Text, Bild und Ton (es gab ja
auch etliche Stellungnahmen aus der Friedensbewegung dazu): http://www.dgb.de/service/mitglied-werden/++co++05c61cac-6fa4-11e2-8aea-00188b4dc422/?dgb.stage.id=grund-2&dgb.stage.format Auf
dem Gewerkschaftstag der GEW im Juni sprach Michael Sommer dann zum
ersten Mal davon, im Herbst zu einem Workshop einladen zu wollen, auf
dem alle zu Wort kommen sollten, die an der Thematik beteiligt seien. Das
Programm für diesen Workshop, der nun am 30.10. stattfand, war
dann aber das einer üblichen Vortragsveranstaltung, mit
insgesamt nur 45 Minuten Diskussion und Reiner Braun als dem einzigen
Redner, der der Friedensbewegung zugerechnet werden konnte. Von der
Webseite des DGB ist es mittlerweile wieder verschwunden, in der
IMI-Studie vom 10. Oktober aber gut beschrieben und
eingeschätzt worden: http://www.imi-online.de/2013/10/10/sicherheitspolitischer-workshop-des-dgb-ein-schlag-ins-gesicht-der-friedens-und-antikriegsbewegung/ Den
Gewerkschaften waren Teilnehmerkontingente zugewiesen worden. Erst
einige Tage vor der Veranstaltung wurde die Anmeldung für alle
Interessierten geöffnet. Äußerst
kurzfristig und wahrscheinlich in Vorausahnung der Proteste auf der
Veranstaltung wurde Reiner Braun, der ursprünglich nur in der
abschließenden Podiumsdiskussion sprechen sollte, mit einem
Vortrag auf den zweiten Platz der Rednerliste vorgezogen. Die
Proteste ließen dann auch nicht auf sich warten. Schon vor
dem Tagungsgebäude wurden die Teilnehmer mit Flyern empfangen.
Unter anderem waren Vertreter der ver.di-Frauenfriedenskonferenz mit
ihrem Aufruf „Wir widersprechen“ (s. z.B. hier: http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2013/03/frauenfrieden2.pdf)
aus München angereist. Die GEW Berlin hatte auf einem
Transparent alle aktuellen friedenspolitischen Forderungen
zusammengefasst. Im Saal ging es weiter: Michael Sommer konnte mit
seiner Begrüßungsrede kaum durchdringen.
Zwischenrufe unterbrachen ihn, Transparente wurden entrollt, eine
Teilnehmerin trat nach vorn und verlas eine Erklärung, in der
sein Rücktritt verlangt wurde. Die Zwischenrufer kritisierten
die Art der Veranstaltung, zeigten sich empört, dass die
großen Friedensorganisationen (genannt wurde
natürlich auch die DFG-VK!) nicht eingeladen worden seien, und
von mehreren Seiten wurde die Forderung laut, das Programm abzubrechen
und den Tag dazu zu nutzen, eine andere Veranstaltung zu planen. Zunächst
aber wurden doch die Vorträge angehört. Sehr bald
wurde deutlich, welche Rolle allein die beiden Hauptvortragenden
spielen sollten: Prof. Stefan Berger vom Institut für soziale
Bewegungen an der Uni Bochum sprach über das wechselvolle
Verhältnis von Arbeiterbewegung und Militär aus
historischer Sicht und behauptete auf Nachfrage, die Gewerkschaften
seien nie Teil der Friedensbewegung gewesen, verwies aber im gleichen
Atemzug darauf, dass all das noch gar nicht bis zu Ende erforscht sei.
Prof. Herfried Münkler von Institut für
Sozialwissenschaften der Humboldt-Uni Berlin beschrieb die
Zweideutigkeiten der „neuen Kriege“ und
suggerierte, auch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs sei ein Zufall
gewesen; zu seiner Theorie der befriedenden Rolle von Imperien verstieg
er sich an diesem Tag aber dann doch nicht. Die Sprecher aus den
Gewerkschaften relativierten einiges. Die
stärksten Gegenargumente kamen aber aus den
Diskussionsbeiträgen der Teilnehmer. Es gab sehr viele
Wortmeldungen. Nur eine von ihnen, neben einer etwas zweideutigen, kam
nicht aus dem „linken Lager“, und auch das nur,
weil einer der Hauptvortragenden den Wunsch geäußert
hatte, doch auch einmal einen Diskussionsbeitrag von anderer Seite zu
hören; es meldete sich dann der Betriebsrat eines
Rüstungsbetriebs, von denen allein 15 in der Teilnehmerliste
verzeichnet waren – alles Betriebsräte, wie
versichert wurde … . Der Moderator verzichtete angesichts
dieser Situation notgedrungen auf fast jedes Eingreifen und gab auch
die Zeit der Podiumsdiskussion, außer für
Eingangs-und Schlussstatements der Podiumsteilnehmer, für die
allgemeine Diskussion frei. Die Gewerkschafter kritisierten auch hier
die Art der Veranstaltung, gaben Erklärungen im Namen ihrer
Ortsgruppen und Landesverbände ab und wandten sich gegen die
Thesen der Vortragenden. Außerdem wurde sichtbar, dass
„die Friedensbewegung“ doch anwesend war: an den
Infomaterialien auf dem Garderobentisch, an den
Diskussionsbeiträgen von Aktivisten der Zivilklauselbewegung
und der sich wieder entwickelnden Bewegung für
Rüstungskonversion oder auch am Beitrag der
friedenspolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag,
Christine Buchholz, die unter anderem darauf hinwies, dass dieser
Workshop mit dem Tag der ersten Gerichtsverhandlung über die
Schadenersatzklagen von Hinterbliebenen der Opfer des von einem
Bundeswehroffizier befohlenen Kundus-Massakers zusammenfiel. Marlis
Tepe, die Bundesvorsitzende der GEW, musste anstelle des gesundheitlich
angeschlagenen Michael Sommer, der die Veranstaltung bereits verlassen
hatte, das Schlusswort halten. Sie hatte zwei Ankündigungen zu
machen: dass die GEW an den DGB-Bundeskongress im Mai 2014
einen friedenspolitischen Antrag stellen werde und dass es noch vor
diesem Kongress – und das war ganz neu - eine weitere
„friedens- und sicherheitspolitische“ Veranstaltung
geben werde, in deren Vorbereitung sie sich stärker einbringen
wolle. Für GEW-Kollegen gilt es nun, da anzuknüpfen. Insgesamt
eine schöne Veranstaltung, die ganz anders ablief, als sie
geplant war, und auch nicht die beabsichtigten Wirkungen erzielt haben
dürfte ;) In der „jungen Welt“ von gestern
kann man ebenfalls einiges über die Veranstaltung lesen: http://www.jungewelt.de/2013/11-01/037.php Weiteres
zu meinem Bericht kann ich auf Nachfrage gern ergänzen oder
auch in einem anderen Rahmen mehr schreiben. Beste
Grüße Cornelia Siehe auch: Verhältnis Gewerkschaften – Bundeswehr: Friedens- und Sicherheitspolitischer “Workshop” des DGB http://schule-ohne-militaer.de/?p=638 |