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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

26.05.2011

Salut David Jakubovics

Der Schwur von Buchenwald, dem wir uns verpflichtet fühlen, besagt in seiner Kernaussage: “… den ‚Kampf erst einzustellen, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht’ und dem Ziel zu folgen, ‚eine neue Welt des Friedens und der Freiheit’ aufzubauen.“ Es gibt nun nicht nur „letzte Schuldige“, sondern auch schon wieder neue. Daher wenden wir uns gegen neues Unheil. So hatten wir von der VVN-BdA NRW am Ostersonntag in Bochum-Wattenscheid einen antifaschistischen Part übernommen, denn dort befindet sich das NPD-Landeszentrum, von dem täglich Provokationen und Drohungen wie auch Gewalt ausgehen. Wir haben dies unter dem Titel "VVN-BdA dabei - Ostermarsch für den Frieden und gegen Nazis" thematisiert.

Der Ostersonntag von Wattenscheid hatte Folgen. Zunächst eine gute: Es wurde bekannt, dass unsere Forderung nach Schließung der NPD-Zentrale Wirklichkeit werden kann. Die NPD ist zahlungsunfähig und so wird ihre Immobilie am 14. Juli zwangsversteigert. Das gab ein Gericht bekannt. Dann kam bei uns eine Mail an, in der uns „vertreter der deutschen jugend“ mit Erschießung drohten, es hieß: „Kommt Zeit, Kommt Rat, Kommt Attentat.“ (Für das falsche Deutsch können wir nichts.) Eine „Kameradschaft Volkssturm Deutschland 88“ sieht sich „zum Handeln gezwungen“, so wie in einer Zeit, da „Leute wie sie“ – also wir – „gebrannt haben“.

Jüdisches Kind als Illustration zur Morddrohung gegen USAngehängt war das Foto eines jungen „jewish“ Häftlings. Das Foto ist nebenstehend zu sehen. Sollte dieser Junge gebrannt haben?

Wir bekamen heraus, dass die Mail vom "Volkssturm Deutschland" stammt. So nennt sich eine Neonazigruppe rund um den JNler Dennis Bruglemans aus Gelsenkirchen. Verbandelt ist er u.a. über die JN-Schiene mit dem Bochumer JNler und NPDler Andre Zimmer. Das ist der, der jetzt, Ende Mai, vor Gericht steht, weil er die eigene Briefkastenanlage in die Luft gejagt und ein paar Feuer gelegt hat, um dies der Antifa in die Schuhe zu schieben (außerdem weil auf seinem Handy Kinderpornografie gefunden worden sein soll). Weil Zimmer noch am Tag vor dem Gerichtstermin eine weitere kleine Bombe zündelte, wurde er endlich in Untersuchungshaft genommen.

Wir bekamen ferner heraus, dass der Junge auf dem Bild David Jakubovics heißt und dass das Foto im Juni 1944 im KZ Buchenwald gemacht wurde, nachdem der ungarische junge Jude aus Auschwitz überführt worden war, wo seine Eltern ermordet wurden. Wir fragten uns, was hat es mit dem Fotoanhang zu einem Drohbrief auf sich?

Der Internationale Suchdienst des Roten Kreuzes in Bad Arolsen half uns. Er ermittelte (mit Belegen):

„Der David Jakubovics hatte Glück. Er hat überlebt und wurde von der US-Armee befreit. Anbei sende ich Ihnen eine Kopie der Dokumente zu. Aus diesen geht hervor: JAKUBOVICS, David, geboren am 3.5.1927 in Kobler, Kom. Ung., Staatsangehörigkeit: ungarisch, Religion: jüdisch, Familienstand: ledig, Beruf: Schlosser, Eltern: Hermann Weinbach und Helayn Jakubovics (zurzeit im Konzentrationslager Auschwitz), letzter Wohnort: Ripinye, Kom. Maramaros Nr. 115, wurde am 3. Mai 1944 in Ripinye verhaftet, am 28. Mai 1944 auf Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes in das Konzentrationslager Auschwitz eingeliefert, überstellt am 23./24. Juni 1944 zum Konzentrationslager Buchenwald, Häftlingsnummer 59625; überstellt am 26. Juni 1944 zum Konzentrationslager Buchenwald/Kommando Bochum; rücküberstellt zu einem nicht genannten Zeitpunkt zum Konzentrationslager Buchenwald (Hauptlager), war dort noch am 28. März 1945 inhaftiert; wurde als Häftling des Konzentrationslagers Dachau durch die amerikanische Armee befreit. Kategorie: Schutzhaft, Politisch, Jude“

Aus den Papieren aus Bad Arolsen geht hervor, dass der junge Häftling furchtbares durchgemacht haben muss, aber 17jährig befreit wurde und vorher zwischen Juni 1944 und März 1945 in Bochum beim Bochumer Verein als Zwangsarbeiter schuften mußte. Befreit wurde er in Dachau. Am 6. Juni 1945 hat er sich in die Tschechoslowakei entlassen lassen. Ob er noch lebt und wo, das ist unbekannt.

Die Nazis, die uns drohten, haben vermutlich ein anderes Bild senden wollen; das Bild stammte nämlich aus einer Serie der Gedenkstätte Buchenwald, die im Netz zu finden ist. Doch mit dem wohl versehentlich übersendeten Foto haben sie uns ein Geschenk gemacht. Was für ein schönes Bild! Und welche Freude zu hören, dass der Junge befreit werden konnte.

Ob er noch lebt? Er müsste ja jetzt 83 Jahre alt sein. Wir hoffen, ihn zu finden. Vielleicht dadurch, dass wir sein Jugendfoto hier abbilden. 

Wir grüßen ihn: Salut David, sie haben dich damals nicht klein gekriegt. Und sie werden es auch jetzt nicht können. Dich nicht und uns nicht.

Es grüßt die VVN-BdA NRW.

Schließlich möchten wir die Bitte an die Stadt Bochum richten, unsere Forderung zu unterstützen, der NPD-Zentrale in Bochum die Grundlage zu entziehen. Die Immobilie soll versteigert werden. Die Stadt soll helfen, dass die NPD dort rausgeschmissen wird und auch sonst keine Räume (z.B. Fraktionsräume) bekommt.