25.04.2011
VVN-BdA dabei - Ostermarsch für den Frieden und
gegen Nazis
Dieser Ostermarsch an Rhein und Ruhr unterscheidet
sich von denen in 50 Jahren zuvor. Die Bewegungen gegen die
Kernkraft und die gegen die Atomwaffen handeln erstmals wieder
gemeinsam, seitdem es Anfang der 60er Jahre hieß: Kampf dem
Atomtod. Das stellte Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA und
einer der Mitorganisatoren des ersten deutschen Ostermarsches von
1960 bei seiner Rede in Bochum-Wattenscheid fest. Er sprach sich
auch dafür aus, die Antifa- und die Friedensbewegungen eng zu
verzahnen. Damit wolle man heute anfangen, da es gegen die NPD gehe,
die hier in Wattenscheid ein Hauptquartier besitze. Er forderte das
Verbot der NPD und die Absage an den Rassismus a la Sarrazin.
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
Hannes Bienert und Ulrich Sander,
Ostermarschredner in Wattenscheid |
dieser Ostermarsch an Rhein und Ruhr unterscheidet sich von denen
in 50 Jahren zuvor. Die Bewegungen gegen die Kernkraft und die gegen
die Atomwaffen handeln erstmals wieder gemeinsam, seitdem es Anfang
der 60er Jahre hieß: Kampf dem Atomtod.
Es ist zu hoffen, dass die Grünen, die derzeit die
Antikernkraftbewegung für sich parteipolitisch instrumentalisieren,
sich auch auf ihre Antikriegstraditionen besinnen. Dasselbe gilt
für die SPD. Fischer und Scharping trennten 1999 die Losung „Nie
wieder Krieg und nie wieder Faschismus“ und logen dreist: Nie
wieder Auschwitz bedeute, nun endlich wieder Krieg zu führen. Das
war die neue Auschwitzlüge. Von der haben sie sich nie distanziert,
so absurd sie auch war. Sie haben sich auch nie von Daniel
Cohn-Bendit distanziert, der sogar für die Atombomben Verwendung
hat, so wenn er davon sprach, die EU und damit indirekt auch
Deutschland mit Atomwaffen auszurüsten. Derzeit rufen sie nach
deutschen Waffengängen in Nordafrika und sie kritisieren die
Bundesregierung, weil sie mal einen Krieg aussetzte.
Wir haben die Losung „Nie wieder Krieg und nie wieder
Faschismus“ mit ihren beiden Seiten wieder herzustellen. Deshalb
setzen sich die Antifaschistinnen und Antifaschisten in der
Friedensbewegung dafür ein, den Konsens der Bewegungen gegen rechts
und für den Frieden wiederherzustellen.
Fangen wir damit an. Hier in Wattenscheid befindet sich die
Zentrale der nordrhein-westfälischen NPD. Wir fordern das Verbot
der NPD und sagen: Ein wichtiger Schritt dazu wäre die Schließung
der hiesigen NPD-Zentrale. Die neue Rot-Grüne Landesregierung
sollte sich bald auf Initiativen für das NPD-Verbot orientieren.
Sie sollte sich endlich auch mit dem befassen, was hier in Bochum
und Wattenscheid passiert.
Nazis treten nicht nur mit provozierenden NPD-Anfragen im
Stadtrat auf.
Sie verbreiten rassistische Propaganda und greifen gewaltsam
Antifaschistinnen und Antifaschisten an.
Die Gewaltbereitschaft der jungen und alten Neonazis hat in den
letzten Jahren stark zugenommen.
Die ekelhaften Vorfälle erhielten Auftrieb mit der Wahl des
langjährigen aktiven Neonazis Claus Cremer in den Bochumer
Stadtrat. Der rühmte sich, die erste Antisynagogenaktion seit 1945
veranstaltet zu haben. Bekanntlich ließ die Polizei das zu. Damit
wurde Bochum unrühmlich bundesweit bekannt. Damals hatte die bis
heute übliche Praxis der Polizei und Justiz einen Höhepunkt
erreicht, die Naziausmärsche unter den Schutz der
Versammlungsfreiheit zu stellen, während der Schutz der
Bürgerrechte der Antifaschisten wenig gilt. Derzeit werden auch
durch die regierungsamtlich verordnete Extremismuspolitik der
Faschismus und der linke Antifaschismus gleichgesetzt, was einem
behördlichen Schutz für die Nazis gleichkommt.
Einen traurigen Höhepunkt der Naziaktivitäten stellte die
Schändung des Wattenscheider jüdischen Friedhofs mit Hakenkreuzen
und SS-Runen Ende November 2010 dar. In derselben Nacht wurde auch
das Denkmal, das an die Zerstörung der Bochumer Synagoge 1938
erinnert, ebenfalls beschädigt.
Auch das Soziale Zentrum in Bochum wurde mit Hakenkreuzen
beschmiert.
Zudem wurden Adressen im Internet verbreitet, um junge
Antifaschisten für vogelfrei zu erklären. Diese erhielten Mails,
in denen der Mord an linken Aktivist/innen angedroht wurde.
Hier in NRW findet alljährlich der „Nationale Antikriegstag“
der Faschisten statt. Dagegen tätig zu werden, auch dazu rufen wir
die Landesregierung auf. Doch noch wichtiger ist, dass wir selber
handeln. Die Friedensbewegung muss als Antifa-Bewegung tätig
bleiben.
Die Militärdoktrin des Neonazismus und der anderen Kräfte der
Rechten bleibt zumeist unbeachtet, ist aber brandgefährlich. Die
Antifaschisten sollten nicht nur rufen: „Nazis raus aus unserer
Stadt“. Die Gewalt der Faschisten äußert sich nicht nur auf den
Straßen, sie betreiben auch Kriegsbereitschaft und Kriegshetze. Sie
haben seit 1990 mindestens 130 Morde an Andersdenkenden und sog.
Fremdländischen zu verantworten – aber nie sollte vergessen
werden, dass die Nazis 55 Millionen Tote in Krieg und Holocaust
verursachten.
Ältere Antifaschistinnen und Antifaschisten stellen sich Jahr
für Jahr dem Nazitreiben zum „nationalen Antikriegstag“
entgegen, indem sie betonen:
„Aktion 65 plus – Wir haben es erlebt. Nie wieder.
Bombennächte. Ständige Angst. Hausdurchsuchungen. Die Eltern
im KZ. Verwandte sterben im Krieg. Nachbarn mit dem gelben Stern
werden abgeholt.
Nachts träumen wir davon.
Die Nachfolger der Nazibande, die das verschuldete, erheben
wieder ihr Haupt.
Jahr für Jahr kommen sie nach Dortmund. Sie rufen „Nie
wieder Krieg“ und fügen hinzu: „ ... nach unserem Sieg, dem
Sieg des ‚nationalen Sozialismus’“.
Das Maß ist voll.
Sie reden von Frieden, Antikapitalismus, ja Sozialismus. Das
taten Hitler und Goebbels auch. Es kam zum furchtbarsten aller
Kriege.
Zur schlimmsten Form des Kapitalismus: Nicht nur Ausbeutung
durch Arbeit, sondern Vernichtung durch Arbeit. Es kam zur
Versklavung und zum Holocaust.
Wir sehen nicht mehr zu.“
Die Antifaschistinnen und Antifaschisten und der Ostermarsch
fordern das Verbot der Nazi-Aufmärsche zum „Nationalen
Antikriegstag“ an diesem 3. September. Sie erinnern: Am 1.
September 1939 überfiel Nazideutschland Polen. Die Nachfolger der
Nazis, die in ihren Programmen die Beseitigung der polnischen
Nachkriegsgrenzen und das Annektieren polnischen Gebietes fordern,
sie wünschen erneut den Feldzug gen Osten. Anstelle der
Globalisierung verlangen die heutigen Nazis den weltweiten Sieg des
Nationalsozialismus, den sie „nationalen Sozialismus“ nennen;
auf die Frage, was dann aus dem jüdischen, dem „auserwählten“
Volk werde; wird geantwortet, ihm gehöre dann doch „das
Himmelreich“.
Die Staatsanwaltschaft verfügt über Unterlagen über solche
Äußerungen. Doch die Staatsanwaltschaft erklärte, derartiges ist
„noch“ nicht Volksverhetzung. Offenbar ist in den Augen der
deutschen Justiz die Kriegshetze keine Volksverhetzung, nachdem
Deutschland wieder an zahlreichen Kriegen beteiligt ist.
Bei einer der Dortmunder „Antikriegskundgebungen“ der
Neonazis sagte ein ausländischer Redner: Er wolle nicht den
Holocaust leugnen, nein, er beglückwünsche die deutschen Kameraden
zu ihrer Geschichte und zu Auschwitz. Auch diese Äußerung blieb
ohne juristische Konsequenz.
Die Ankündigung des weltweiten Sieges des ‚nationalen
Sozialismus’ durch die heutigen Nazis erweist sich also als die
Drohung mit Krieg, Faschismus, Völkermord und Massenmord an den
Juden und Sinti und Roma.
Die Nazis verbreiten heuchlerisch auch Friedenslosungen, doch sie
sind allenfalls gegen die derzeitigen deutschen NATO-Kriege. Sie
wollen ihre eigenen deutschen Kriege.
Die Neonazis – und da unterscheiden sie sich nicht von der
offiziellen deutschen Militärpolitik, dem deutschen Militarismus
– sind für eine starke Bundeswehr, gegen Abrüstung, für den
Kampf um deutsche Interessen. Sie drängen in die Bundeswehr, allein
schon um das „Waffenhandwerk“ zu erlernen.
Sie sind zahlreich in den Reservistenverbänden vertreten. Sie
stehen in der Tradition der Wehrmacht.
Deshalb fordern wir: Kein Fußbreit Boden den Faschisten und
Militaristen.
Und auch kein Fußbreit Boden den Rassisten.
Ich las in der BILD-Zeitung: „Wir wollen ein deutliches Signal
nach Osteuropa senden, um den weiteren Zuzug von Bulgaren und Roma
zu verhindern. Dazu müssen wir die Haupteinnahmequelle
trockenlegen. Multikulti ist vorbei.“ BILD schrieb diesen Spruch
einem Sprecher der Dortmunder SPD zu. Osteuropäer und Roma, die
einst millionenfach hierher gebracht wurden, die eine
Haupteinnahmequelle des deutschen Kapitals wurden, um dann per
Vernichtung durch Arbeit beseitigt zu werden, sie sind heute im
freien grenzenlosen Europa nicht mehr willkommen? Und auch nicht in
NRW? Als Torschützen für Borussia vielleicht, aber nicht als arme
Leute. Wie kann man so über die Roma sprechen, die gleich den Juden
dem Holocaust ausgeliefert waren?
Vor drei Tagen wurde entschieden, den Rassisten Thilo Sarrazin in
der SPD zu belassen. Die Begründung, die ein prominenter
Kommunalpolitiker dazu gab, war diese: Wir müssen die Ängste der
Bevölkerung berücksichtigen. Zur Bevölkerung zählt er nur die
Deutschen. Die Ängste der Nichtdeutschen, die Sarrazin durch seine
Hetze auslöste, die sind den Leuten egal?
Jetzt sagen alle, die SPD sei durch die Sarrazin-Entscheidung
blamiert. Aber hat der SPD-Vorsitzende nicht schon sehr früh eine
Sarrazin-Forderung aufgegriffen, als er sagte: Wer sich nicht
anständig aufführt und „integriert“ muss des Landes verwiesen
werden.
Ist es den Leuten wirklich egal, wie es den anderen geht? Wer
nicht unter Hartz IV fällt, geht nicht auf Protestdemos. Wem keine
Bomben auf den Kopf fallen, dem sind die deutschen und die
NATO-Kriege in aller Welt egal? Wir produzieren Waffen für den
Rüstungsexport, es geht ja um unsere Arbeitsplätze. Bei anderen
geht es um ihr Leben.
Ich möchte schließen mit einem Ausspruch von Elie Wiesel: “Man
muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals
dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den
Gepeinigten.“ Schweigen wir nicht. Ergreifen wir Partei für die
Flüchtlinge von Lampedusa, aber auch bei uns!
Wir müssen uns auch immer wieder das Wort der Geschwister Scholl
in Erinnerung rufen: „Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit,
den Ihr um Euer Herz gelegt! Entscheidet Euch ehe es zu spät ist!“
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