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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

03.12.09

Das Neueste aus der Schmuddelküche des NRW-„Verfassungsschutzes“

Doch Karlsruhe entscheidet: Grundgesetz ist Gegenentwurf zum national-sozialistischen Regime

Von Jürgen Schuh, VVN-BdA NRW

Unter dem Titel „Andi“ legt jetzt das NRW-Innenministerium die dritte Ausgabe des „Comic für Demokratie und gegen Extremismus“ vor, das zur massenhaften Verteilung an Schulen produziert wurde. Voll im geschichts- und realitätsfälschenden Mainstream wird darin eine kollektive Diffamierung all derer betrieben, die gegen Neonazis auftreten. Und es wird die bewährte Gleichsetzung von Links und Rechts, von Faschisten und Antifaschisten neu aufgelegt. 

Unter dem Stichwort „Antifaschismus“ heißt es auf Seite 19: 

“Was hat es dann zu bedeuten, wenn sich Linksextremisten als ‚Antifaschisten’ bezeichnen? Linksextremisten verstehen sich nicht einfach als Gegenpol zu Rechtsextremisten. Mit dem Begriff ‚Antifaschismus’ verfolgen sie weitergehende Ziele. Im Zentrum ihrer Ideologie steht die Bekämpfung des Staates und des Kapitalismus, in dem sie die eigentliche Ursache und Wurzel des Faschismus sehen. In diesem Sinne beteiligen sie sich oft an Demonstrationen gegen Rechtsextremisten oder veranstalten diese selbst: nicht, um die bestehende demokratische Ordnung zu stärken, sondern um zu beweisen, dass ihre Ideen besser als die jetzige Staats- und Wirtschaftsform sind. Vor allem sprechen Linksextremisten mit dem Slogan ‚Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen“ ihrem politischen Gegner alle demokratischen Rechte ab, zu denen natürlich auch das Recht zu demonstrieren gehört.“ 

In der Tat, Herr Innenminister! Im Gegensatz zu Ihnen sprechen wir Neonazis das Recht ab, ihre Propaganda auf die Straße zu tragen! Im Gegensatz zu Ihnen sind wir sogar für ein Verbot der NPD! Im Gegensatz zu Ihnen halten wir Faschismus sehr wohl für ein Verbrechen! Was soll denn z.B. anderes gemeint sein mit den Urteilen von Nürnberg 1945/46? 

Wenn Sie da anderer Meinung sind, hängt das möglicherweise ursächlich mit den Wurzeln ihrer Partei, der FDP, zusammen, die auf Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz 1933 und auf Mitgliedschaft vieler Nazis in der FDP nach 1945 gründen. 

Einer der Macher der „Andi“-Reihe, ein Dr. Pfeiffer (Mitarbeiter des Verfassungsschutzes NRW) tingelt derzeit als Referent in Sachen „Extremismus“ durchs Land. Wir werden weiter berichten. Und wir werden berichten, wie sehr Sie sich in Widerspruch zu höchsten Gerichten in Bund und Land befinden.

Der Vorsitzende des Landesverfassungsgerichtes und des obersten NRW-Verwaltungsgerichts OVG Münster, Dr. Michael Bertrams, schreibt in der „Neuen Juristischen Wochenschrift“ Nr. 44/2004 (siehe Homepage www.nrw.vvn-bda.de) in einer Polemik gegen den ehem. Bundesverfassungsrichter Hoffmann-Riem: „Das Grundgesetz ist ein Gegenentwurf zur Barbarei der Nazis. Nazismus ist keine missliebige Meinung, sondern ihm wird vom Grundgesetz eine entschiedene Absage erteilt.“

Unsere Organisation hatte sich zu dem vom höchsten Verwaltungsgericht von NRW dringend befürworteten entschiedenen Vorgehen gegen Neonazis bekannt, und es freute uns, daß dies auch der Petitionsausschuss des Landtags tat. Der Petitionsausschuss wies zugleich zustimmend auf die umfangreiche Rechtssprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster – u.a. vom 2. März und 30. April 2001 - hin, nach der sich eine rechtsextremistische Ideologie auch nicht mit den Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren lässt (Beschluss des OVG NRW, Az 5 B B 585/01; siehe auch Briefe des Petitionsausschusses des Landtages vom 11. 10. 02 und 28.09.01 an die VVN-BdA NRW).

Am 18. 11. 2009 berichtet das ND laut dpa über das Wunsiedel-Urteil des BVG: Wegen der besonderen Geschichte Deutschlands gilt laut Gericht hier (in Sachen Meinungsfreiheit für Nazis) aber eine Ausnahme. Angesichts des Unrechts und des Schreckens, den die Naziherrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht habe, enthalte das Grundgesetz in diesem Punkt eine Ausnahme vom Verbot, ein Sonderrecht gegen bestimmte Meinungen zu schaffen. „Das Grundgesetz kann weithin geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des national-sozialistischen Regimes gedeutet werden.“

Also: Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen. 

Herr Minister, hören Sie auf, den Jugendlichen etwas anderes zu erzählen und die Nazis zu schützen!