20.07.09
Die Militarisierung der Inneren Sicherheit
Vortrag von Ulrich Sander,
Bundessprecher der VVN-BdA, auf der 3. Sommerakademie des
Friedensratschlag - Hauptthema war "Gegen Krise und Krieg"
- am 17. Juli 2009 in Fuldatal
Ich zeige hier das neuste Heft von "Y". Das Outfit des
vorletzten, des Mai- Heftes war noch geprägt von Schwarz-Rot-Gold
und Bild mit Text: "Soldaten helfen Kindern in Not". Das
neue Titelbild des Magazins der Bundeswehr zeigt zwar einen
Milchgesichtsbubi, aber der ist angetan mit allem, was die "Soldaten-sind-Mörder"-Industrie
derzeit hergibt, und das Gewehr hält er schussbereit. Die
Schlagzeile lautet: "Bewährt im Einsatz", im
Kriegseinsatz nämlich und dies "seit 15 Jahren". Weitere
Textankündigungen handeln von den Marinefliegern aus Nordholz,
denen nichts entgeht, und dem "Wettrüsten" sowie dem
"Atomaren Albtraum", wobei im Textteil deutlich wird, dass
der Albtraum für die Bundeswehr in der Abrüstung liegt. Obama mit
seinem atomaren Abrüstungsvorschlag wird als "Träumer"
dargestellt.
Ich musste 30 Seiten lesen, bis mal das Wort Frieden im
Zusammenhang mit der Bundeswehr auftaucht. Und die Menschenrechte
sind gar kein Begriff mehr für die Truppe.
Die Bundeswehr ist nicht mehr die größte Friedensbewegung, wie
sie sich bis 1989 gern nannte. Die Bundeswehr versteht sich als eine
Armee im bewaffneten weltweiten Einsatz. Zu diesem Zweck wurde sie
transformiert. In "Y", Mai 09, schreibt der Chefredakteur,
die Transformation der Bundeswehr war erfolgreich und hält an.
Die Transformation der Gesellschaft nach dem Bilde der Bundeswehr
war auch erfolgreich. "Auch wenn es noch Betonköpfe
vergangener Zeiten gibt, kann man feststellen, dass die
Transformation der deutschen Gesellschaft gelungen ist." Ja, so
diskutieren diese Leute. Habt ihr etwas von der militärischen
Transformation der Gesellschaft gemerkt? Ich meine, es gibt sie
tendenziell, aber wir registrierten das nicht. Wir sollten aber.
Wenn in wenigen Monaten eine Reservearmee von 5000 Personen,
bestehend aus innerhalb einer Stunde bereitstehenden
Reserveoffizieren und -unteroffizieren aus dem Bereich des
Öffentlichen Dienstes aus dem Boden gestampft wird, die Zugriff auf
Hunderttausende weitere Reservisten hat, - und das ist unter der
Überschrift Transformation der ZMZ aus der Zeit der
Blockkonfrontation in die Zeit der Armee des Einsatzes geschehen -,
dann sollten Friedens- und Gewerkschaftsbewegung das erörtern. Ich
danke für die heutige Gelegenheit dazu.
Zivil-Militärische Zusammenarbeit
mobilisiert die Reservisten
ZMZ galt früher in starkem Maße als die Verbindung von
Bundeswehr zum Zivilschutz, der jetzt aber völlig auf Null gefahren
wurde. (Beispiel: Der Regierungs-Atombunker Dernau an der Ahr ist
nun Museum.) Heute wird ZMZ als Instrument angesehen, um die
Reservisten sowohl in internationale als auch in nationale Einsätze
einzubeziehen. Das ist ein gewaltiger quantitativer und qualitativer
Unterschied zu früher, denn bis 1989 wurden Reservisten allenfalls
zu Übungen geholt, nie zu Einsätzen. Wir haben aber bereits die
ersten toten Bundeswehrangehörigen in Afghanistan gehabt, die aus
dem Reservistenkader kamen.
Ich möchte noch auf eins hinweisen: Die 68er wandten sich
vehement gegen Notstandsgesetze. Darum ging es stets und ständig.
Heute tun auch die Linken manchmal so, als wäre der Kampf gegen die
Notstandsgesetze irgendwie ein Irrtum gewesen, darüber redet man
nicht, war wohl überkommentiert. Es wird die Frage erörtert: War
der Todesschütze Kurras mehr von der Springer-Presse aufgehetzt als
von der Stasi instrumentalisiert? Aber dass er Teil des gleichzeitig
mit dem 2.6.67 stattfindenden Fallex-Manöver gewesen sein könnte,
wird nicht beachtet. Fallex (Fall X), das waren die Manöver, bei
denen laut "Süddeutscher Zeitung" Autobahnen von der
Bundeswehr "freigeschossen" wurden. (lt. Elan 7/67) (Siehe
http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0535_1968.htm,
http://www.nrw.vvn-bda.de/1968/Rolf_Priemer.pdf,
http://www.nrw.vvn-bda.de/1968/elan_1967_juli.pdf)
In dem 1988 in letzter Auflage bei Luchterhand herausgegebenen
"Militarisierungsatlas der Bundesrepublik" heißt es auf
Seite 87 über ZMZ und FALLEX: Dass dabei die militärischen
Stäbe mit den Bundes- und Landesbehörden und ausgewählten
Kommunen die zivilmilitärische Zusammenarbeit proben. In den
80er Jahren hieß FALLEX dann WINTEX/CIMEX. Lakonisch heißt es auf
Seite 88: "Der zivile Teil der Übung wird meist abgeschlossen,
bevor der Atomkrieg beginnt."
Die Zeit der großen Manöver ist vorbei. Die Armee im Einsatz
probt in Afghanistan, am Horn von Afrika, vor der libanesischen und
israelischen Küste. Und die ZMZ Inneres findet statt in
Heiligendamm und Kehl.
Bundeswehr ohne verfassungsmäßige
Basis
Wenn wir genau hinsehen, bemerken wir die Regellosigkeit und
Gesetzlosigkeit des Militärischen im heutigen Deutschland.
Möglichst wird alles im Vagen, im Undeutlichen gehalten.
Heribert Prantl schrieb am 12.5.09 in der Süddeutschen
Zeitung über das Grundgesetz: "Nichts von dem, was die
Bundeswehr heute macht, ist dort zu finden. Dort ist sie immer noch
Verteidigungsarmee. Schleichend und ohne Verfassungsänderung ist
die Bundeswehr in eine Kriseninterventionsarmee verwandelt worden.
Das Grundgesetz ist der blinde Spiegel der Bundeswehr: Sie schaut
hinein und sieht sich nicht. Die Tätigkeit der Truppe und ihre
Aufgabenbeschreibung im Grundgesetz haben nichts mehr miteinander zu
tun. Das Grundgesetz aber muss Leitfaden sein für jeden
Staatsbürger - auch für den in Uniform."
Das Grundgesetz wieder herstellen
Das Grundgesetz wieder herzustellen, das wäre ein wichtige
Aufgabe. Ich würde in dieser Hinsicht das EU-Vertrags-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts nicht so gering achten, wie es in einigen
linken Kommentaren geschah. Antifaschisten und Antimilitaristen
sollten auf die Wiederherstellung des Antifaschismus und
Antimilitarismus des Grundgesetzes von 1949 bedacht sein. Dazu
gehört, den Artikel von 1956 87a rauszunehmen und den Artikel 26
endlich verwirklichen. Dazu gehört auch der Artikel 139: Dieser
Artikel verpflichtet uns auf die Einhaltung der Rechtsbestimmungen
zur Befreiung des deutschen Volkes von Militarismus und
Nationalsozialismus, und Artikel 26 verbietet die Vorbereitung und
Führung eines Angriffskrieges. Der Bundeskongress 2008 der VVN-BdA
beschloss: "Das Völkerrecht verbietet, entsprechend der
UNO-Charta Artikel 53 und 107, Deutschland das Kriegführen. Das
Grundgesetz mit seinem Verbot der Vorbereitung und Führung von
Angriffskriegen (Artikel 26) und das Völkerrecht sind zu
verteidigen und anzuwenden."
Bundeswehrführung durch
Meinungsumfragen beunruhigt
Ich
habe es mir zur Aufgabe gemacht, Militarismus an Hand
militaristischer Quellen nachzuweisen und anzugreifen. Daher
versuche ich, offizielle und offiziöse Literatur der Bundeswehr zu
studieren. In jüngster Zeit werden darin Themen behandelt wie:
- Wie nimmt das Militär auf die Demoskopie Einfluß und damit
auf die öffentliche Meinung, - die Darstellungen über die
Meinungen zu Afghanistan lassen die Militaristen keine Ruhe. Es
wird nachgewiesen, dass die EU-Bürger eine Führungsrolle der
EU im Weltmaßstab (if 4/08) und die Deutschen nur zu 55 Prozent
den Rückzug aus Afghanistan wollen (if 3/08). Absichtsvoll wird
Vance Packard zitiert: Demoskopie ist die "Kunst, Dinge
herbeizuführen, indem man sie voraussagt."
- Wie bekämpft das Militär die Abrüstungsrhetorik Barak
Obamas - dies besonders auf atomaren Gebiet? ("Y", Mai
09).
Aus Kriegsverbrechen lernen, um sie
erneut zu begehen
Weiter wird die Frage erörtert: Wie erreicht die Truppe
Straffreiheit bei Gewalttaten der Soldaten? "Wann darf ‚scharf'
geschossen werden?" wird den Rechtsberatern der Bundeswehr, es
gibt 100 davon, als Frage in "Y" (4/09) vorgelegt. Für
Kriegsverbrecher aus der Wehrmacht, die zur Bundeswehr kamen, haben
die Rechtsberater Straffreiheit erreicht. Das soll nun auch in
heutigen Auslandseinsätzen so sein. Dazu ein Zitat aus
GEBIRGSTRUPPE vom Dez. 2008 von einem Bundeswehrgeneral a.D. (den
die Bundeswehrführung schnell mal zur Privatperson erklärt, deren
Äußerungen man nicht kommentiert):
"In der öffentlichen Meinung gilt heute bei uns jeder
bereits als schuldig, dem eine Beteiligung an der
Partisanenbekämpfung im letzten Weltkrieg vorgeworfen wird,
während unsere Alliierten längst die Vorschriften und Erfahrungen
der Deutschen auswerten und zu Rate ziehen für ihren aktuellen ‚Kampf
gegen den Terror'."
Transformation nach rechts:
Dienstpflicht für alle
Die Gefahr einer Rechtsentwicklung mittels innerem Militarismus,
geduldetem Neonazismus und autoritärem Überwachungsstaat ist
offensichtlich. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär, innerer
und äußerer Sicherheit fallen. Zentrum der entsprechenden
Überlegungen und Planungen ist das für die Bundeswehr geschaffene
"Zentrum für Transformation".
Dazu passt diese Meldung: Die CSU setzt sich laut
Parteitagsbeschluß für die Weiterentwicklung der Wehrpflicht zu
einer "sicherheitspolitisch begründeten Dienstpflicht"
ein, die auch bei der Polizei oder im Katastrophenschutz abgeleistet
werden soll. Ein CSU-Sprecher: Es müsse die "unerlässliche
Wehrpflicht an die neuen Risiken für die innere und äußere
Sicherheit angepasst werden." Ein solcher Dienst sollte auch
den Zivil- und Katastrophenschutz umfassen.
Reservisten werden zu den Fahnen
gerufen
Am 17. Februar 2005 wurde - tief in der Nacht und unbeachtet von
den Medien - vom Bundestag das Gesetz über die Neuordnung der
Reserve der Streitkräfte und zur Rechtsbereinigung des
Wehrpflichtgesetzes beschlossen. Der Kern des Gesetzes ist die
Anhebung des Alters auf 60 Jahre, bis zu dem in Übungen
ausgebildete Reservisten in Friedenszeiten einberufen werden
können, und zwar nicht nur zu Übungen, wie bisher, sondern zu
Einsätzen. Ohne mündliche Aussprache geschah diese
Beschlussfassung. Alle Reden wurden schriftlich zu Protokoll
gegeben. Deshalb sei dieser Auszug aus dem Bundestagsprotokoll
nachgetragen:
Petra Pau, eine der nur zwei PDS-Abgeordneten, die damals im
Bundestag waren, führte u.a. aus:
"Wir sind dagegen, weil sie (die Änderungen zum
bisherigen Gesetz) ein trojanisches Pferd in Stellung bringen.
Denn: Der Gesetzentwurf entspringt einer inhaltlichen Logik, der wir
nicht folgen. Es geht darum, den Status und die Pflichten von
Reservistinnen und Reservisten an die offensiven militärpolitischen
Leitlinien anzupassen. Noch klarer gesagt: Reservistinnen und
Reservisten sollen in den Umbau der Bundeswehr von einer
Verteidigungsarmee zu einer weltweit agierenden Interventionsarmee
aktiv einbezogen werden. Die PDS ist gegen weltweite
Militäreinsätze der Bundeswehr. Wir halten die militärpolitischen
Leitlinien für falsch, ja für gefährlich. Also sind wir auch
dagegen, dass dieser Fehler auch noch auf die Reservistinnen und
Reservisten ausgedehnt wird.
Hinzu kommt: Mit § 6c des vorliegenden Gesetzentwurfes wollen
Sie den Einsatz der Bundeswehr im Inneren der Bundesrepublik
Deutschland vorbereiten. Sie weisen Reservistinnen und Reservisten
entsprechende Aufgaben zu. Sie wissen: Im Gegensatz zur CDU/CSU
halten wir Inlandeinsätze der Bundeswehr für grundgesetzwidrig.
Sie wären obendrein fachlich falsch, politisch sind sie es aus der
Sicht der PDS ohnehin."
Und weiter: "Genau betrachtet rangiert der Antrag in der
Grauzone zum Trickbetrug. Denn das eigentliche Ziel dieses Gesetzes
verkehrt sein vermeintliches Anliegen ins Gegenteil: Es schafft
nicht mehr Rechtssicherheit und Arbeitsschutz für Reservistinnen
und Reservisten. Es schafft neue Risiken und Gefahren für
alle."
Die Folgen der unbekannten
Nachtsitzung des Bundestages
Über zwei Jahre später meldet die Bundeswehrzeitschrift
"Y": "Seit Jahresbeginn stellt sich die Bundeswehr in
der Fläche der Republik neu auf." Sie zitiert Minister Franz
Josef Jung: "Die flächendeckende Einführung der
Zivilmilitärischen Zusammenarbeit im Inland stellt sicher, dass die
Bundeswehr in unsrer Heimat jederzeit und an jedem Ort unseres
Landes Hilfe und Unterstützung leisten kann."
Bis zur "Transformation" gab es 4,3 Millionen
Reservisten bis 45 Jahren, nun kamen 800.000 zwischen 45 und 60
Jahre dazu. Das Potential, auf das die Bundeswehr kurzfristig - d.h.
nach einer Auffrischungsübung - zurückgreifen kann, wurde also um
knapp eine Million erhöht. Als "beorderte Reservisten",
also jederzeit einsetzbare Reservisten, wurden 95.000 Personen
verpflichtet, bis zur Transformation der Bundeswehr waren eine
Million Reservisten "beorderte Reservisten".
("Y" 2/08) "Die Zahl derer, die in der Bundeswehr als
Soldat gedient haben, noch der Wehrüberwachung unterliegen und
verwendungsfähig sind, liegt bei acht bis neun Millionen Männern
und Frauen." Zu Einsätzen werden jene Reservisten geholt, die
bereits Reserveübungen hinter sich haben, das sind 1,1 Millionen.
Um diese Zahl kann die Bundeswehr kurzfristig vergrößert werden.
Sie kommt zu den rund 250.000 Soldaten, darunter 40.000
Grundwehrdienstleistende und 25.000 freiwillig länger
Wehrdienstleistende, hinzu, die derzeit das "stehende
Heer" stellen.
Jung sagte: "Reservistinnen und Reservisten bleiben
integraler Bestandteil der Bundeswehr." Auch die Einsatzarmee
bleibe auf Reservisten angewiesen. Sie seien, so im Kommentar von
"Y" weiter, vor allem auch als Mittler zur Gesellschaft
gefordert. "Die gemeinsame Anstrengung gegen das ‚freundliche
Desinteresse' der Gesellschaft ist eine wichtige
gesellschaftspolitische Aufgabe für die Reservistinnen und
Reservisten der Bundeswehr," erklärt Generalleutnant
Johann-Georg Dora, Stellvertreter des Generalinspekteurs für
Reservistenangelegenheiten.
Verfassungswidriger Heimatschutz
wird aufgebaut
Die
Bundeswehr kommt uns beim Einsatz im Innern durch die Hintertür und
auf leisen Sohlen. Ein Heimatschutz nach amerikanischem Vorbild wird
aufgebaut und soll "Seite an Seite" mit den zivilen
Behörden in Stadt und Land agieren.
Im Artikel 35 des Grundgesetzes ist für den Einsatz der
Bundeswehr im Innern nur vorgesehen: "Hilfe bei einer
Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren
Unglücksfall" (Artikel 35, Absatz 2). Von Hilfe bei
Polizeiaufgaben und "Großschadensereignissen" ist da
nicht die Rede. Dennoch wird mit dem schwammigen Begriff
"Terroranschläge" gearbeitet, der die Reservisten zu
Hause in Massen zur Waffe greifen lassen soll.
Das Zauberwort heißt Zivil-Militärische-Zusammenarbeit Inneres
(ZMZ-I). SPD und Grüne haben mit dem kaum beachteten Gesetz gute
Vorarbeit geleistet. Allerdings hat es Rot-Rot - und auch dies ist
weitgehend unbekannt - auch getan. In Mecklenburg-Vorpommern mit dem
Polizeigesetz von 2006 - rechtzeitig zum G8-Gipfel von Heiligendamm.
Ein weiterer Sündenfall war die Anforderung der Bundeswehr zu
Zeiten der Vogelgrippe durch die Rügener Landrätin aus den Reihen
der Linken.
Wer bisher nach seiner aktiven Dienstszeit noch als Reservist
tätig war, der tat es in der Regel freiwillig. Nun kann das anders
werden. Bundesweit wurden bis zum Sommer 2007 bundeseit
ZMZ-"Kommandos" eingeführt, sie sind nun einsatzfähig.
Sie spielen dann bei Katastrophenabwehr und
"Gefahrenlagen" die erste Geige, an der Seite von
Feuerwehr, THW und Sanitätsdiensten und der regulären Polizei.
Aus Rostock meldete bereits im Januar 2007Vizeadmiral Wolfram
Kühn: "Die Bundeswehr hat einen weiteren Schritt zur
Verbesserung des Schutzes Deutschlands und seiner Bürgerinnen und
Bürger geleistet. Kompetente Ansprechpartner aus der
Streitkräftebasis stehen zur Abwehr von Gefahrenlagen und
Katastrophen und für Hilfe- und Unterstützungsleistungen zur
Verfügung." Rostock liegt in der Nähe von Heiligendamm, wo im
Juni 2007 viele Tausend Protestierende zum Gipfel erschienen. Die
"Gefahrenlage" war gegeben.
Der Vizeadmiral bestätigte es: "Ein weiteres Thema der
Unterredung mit dem Inspekteur war die Unterstützungsleistung der
Bundeswehr während des G-8 Gipfels in Heiligendamm. Hier laufen die
Vorbereitungen bereits auf Hochtouren." Das Resultat übertrag
alle Erwartungen.
Verbindungskommandos in allen
Großstädten und Landkreisen
Insgesamt wurden 429 12-köpfige Verbindungskommandos zu
Landkreisen, davon 116 zu kreisfreien Städten geschaffen. Die
Bundeswehr hat zudem wichtiges Material, wie Pioniergerät und
Sanitätsmaterial an einzelnen Standorten konzentriert. Der
Vizeadmiral: "Durch enge Anbindung an die zivilen
Einsatzkräfte und militärisches Know-How sind
Unterstützungsleistungen schnell und zielorientiert
koordinierbar."
Organisatorisch liegt die Zusammenarbeit mit den zivilen
Behörden in den Händen erfahrener Reserveoffiziere. Zwischen 30
und 50 Tagen im Jahr umfasst deren Tätigkeit im Zusammenhang mit
ZMZ. Als wesentlicher Vorteil der Reservisten wird die meist
langjährige Stehzeit am Ort angesehen, der oft zugleich Heimatort
ist. Damit einher geht die Ortskenntnis und das Wissen um die
Strukturen einer Region. Gepaart mit militärischer Ausbildung
entsteht so "ein wertvolles Bindeglied zwischen ziviler
Verwaltung und Bundeswehr", so die Bundeswehr-WebSite.
Die ZMZ wirkt sowohl innerhalb Deutschlands als auch bei
Einsätzen der Bundeswehr im Ausland, heißt es weiter auf der
Bundeswehr-WebSite. "ZMZ schließt die Zusammenarbeit mit
Hilfsorganisationen und anderen nicht-staatlichen Organisationen
sowie internationalen Organisationen ausdrücklich ein," und
"richtet sie sich heute vor allem an neuen gesamtstaatlichen
übergreifenden Sicherheitskonzepten aus." Deutlicher kann der
militärische Charakter von ZMZ nicht ausgedrückt werden.
Schließlich sind auch die Ausbildungsplätze für die Reservisten
bezeichnend. Der Reservist soll "durch Schulungen, insbesondere
an der ‚Schule für Feldjäger und Stabsdienst der
Bundeswehr'" die "erforderliche Kenntnis erlangen."
Amtshilfe beim Verfassungsbruch
Die Bundesregierung erklärte nach Heiligendamm, die dort
stattgefundenen Einsätze seien rechtmäßig gewesen. Sie geschähen
per "Amtshilfeersuchen" ziviler Behörden nach Artikel 35
des GG. Solche Amtshilfeersuchen müssten auf ihre
verfassungsrechtliche Zulässigkeit geprüft werden, wenn "die
Amtshilfe von verfassungsrechtlicher Bedeutung ist." Das sei
"regelmäßig der Fall, wenn Polizeibehörden der Länder die
Bundeswehr anfordern." Die Prüfung muss nun nicht etwa durch
das Verfassungsgericht oder den Bundestag erfolgen, sondern, so die
Bundesregierung, sie erfolge durch die Abteilung Recht im
Verteidigungsministerium. Polizei und Bundeswehr genehmigen sich
damit gegenseitig die Verfassungsbrüche. Der Befehlshaber des
Wehrbereichskommandos hatte im Falle Heiligendamm den Antrag als
"zulässig nach Artikel 35 Grundgesetz" beurteilt und
seine Durchführung angeordnet. Den Militärbefehlshabern vor Ort
wurde offenbar signalisiert, sie sollten der Polizei gegebenenfalls
auch auf Zuruf unkompliziert und außerhalb aller Dienstwege zu
Hilfe kommen.
Der Krieg gegen den Terror als
Begründung
Der Abbau der Freiheitsrechte wird allgemein mit dem Krieg gegen
den Terror begründet, der von außen in unser Land getragen werde.
Bundesinnenminister Schäuble malt sogar "nukleare
Angriffe" mit schmutzigen Bomben auf unser Land an die Wand, um
sein Ziel zu erreichen, z.B. durch Onlinedurchsuchungen
flächendeckend Freiheitsrechte abzubauen. Minister Jung will eine
Grundgesetzänderung erzwingen, um die Bundeswehr auch zum
Kriegführen im Innern des Landes legal einsetzen zu können - und
wenn dieser Verfassungsbruch nicht erlaubt wird, dann werde man eben
den "übergesetzlichen Notstand" ausrufen, um gegen die
Verfassung zu handeln, z.B. verdächtige Flugzeuge abzuschießen.
Es bildet sich eine integrierte Struktur der Sicherheitskräfte
heraus, wie es sie zuletzt in der Zeit vor 1945 gegeben hat. Ganz
oben sieht die dazu gehörige Struktur so aus: Geschaffen wurde das
"Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) in
Berlin-Treptow mit Bundeskriminalamt, Bundesnachrichtendienst,
Kriminal- und Verfassungsschutzämtern der Länder, Bundespolizei,
Zollkriminalamt, Militärischer Abschirmdienst, Generalbundesanwalt
und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Noch 2003 lehnte der
ehemalige Verfassungsschutzpräsident Eckart Werthebach eine solche
Zentralisierung des Sicherheitsapparats aus "historischen und
rechtspolitischen Gründen" ab; die "Assoziation mit dem
Reichssicherheitshauptamt" der Nazizeit sei zu naheliegend.
Doch die Zentralisation schreitet voran: Die Einsatzführungsstäbe
der Bundeswehr wie der Bundespolizei sind nunmehr in Potsdam
angesiedelt, noch in unterschiedlichen Immobilien. 40.000
Bundespolizisten werden seit einigen Wochen aus einer zentralen
Kommandostelle in Potsdam befehligt.
Ausdrücklich heißt es in Bundeswehrpublikationen, die
Bundeswehreinsätze im Innern dienten nicht nur der Bekämpfung von
Naturkatastrophen und der Hilfe bei Unglücksfällen, sondern auch
dem Kampf gegen den Terrorismus, worunter das Vorgehen gegen die
außerparlamentarische Opposition, zu verstehen ist. (lt.
Information für die Truppe 3/2002 heißt der Kampfauftrag: Gegen
"Chaosgruppen wie z.B. die Gruppe der
Globalisierungsgegner") Ein Foto in der "Europäischen
Sicherheit" 2/2007 zeigt "Soldaten des JgBtl 292 bei der
Ausbildung gegen Demonstranten"; die Demonstranten haben
Arbeitskleidung an.
R - wie Reservisten und
Rechtsextreme
Eine neue extrem rechte Organisation entsteht, - zusätzlich zum
Wirken alter und neuer Rechtsextremer in der Bundeswehr. Und das ist
die Reservistenbewegung. In rund fünf Millionen Familien gibt es
Reservisten, zu denen die Bundeswehr möglichst laufend Kontakt
hält. Die militaristischen Traditionsverbände und die
Reservistenverbänden erhalten immer mehr Macht - und Geld der
Steuerzahler. Zur militaristischen Massenbasis beitragen soll auch
die Aufwertung des Soldatenberufs: Schönere Uniformen sind geplant,
ein neues EK Eisernes Kreuz wurde erstmals verliehen, eine zentrale
Grabstätte und Ehrenmal in Berlin sind im Bau.
Und die Besoldung wird verbessert. Junge Leute werden mit Geld in
die Bundeswehr gelockt, die sonst auf Hartz IV sitzen blieben. Das
geht soweit, dass der Rekrut Folterungen einübt und Folterungen
erleidet, um ja nicht der Schlusszahlung verlustig zu gehen.
Die größte rechtsextreme Bewegung entsteht somit - ohne große
öffentliche Erörterung. Es waren die Feuerwehrleute - nicht die
Gewerkschaften -, die warnten: "Bei der Einbindung der
Bundeswehr in die Gefahrenabwehrstruktur des Hauptverantwortlichen
Beamten (HVB = Landrat oder Bürgermeister, US) ist zu beachten,
dass die Bundeswehr zwar wertvolle Katastrophenhilfe leisten kann,
jedoch keinesfalls Führungsfunktionen im Katastrophenschutz
übernehmen darf." So heißt es in einem Schreiben der
Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in NRW vom 20.
2. 08. Noch deutlicher geht es gegen die Reservistenverbände:
"Bei der Einbindung der Bundeswehr in die
Gefahrenabwehrstrukturen des jeweiligen HBV ist präzise zwischen
der Funktion des ‚Beauftragten der Bundeswehr für die
zivil-militärische Zusammenarbeit' (BeaBwZMZ), welche durch einen
Reservisten der Bundeswehr wahrgenommen wird, einerseits und den
Reservistenverbänden andererseits zu unterscheiden. Eine Einbindung
der Reservistenverbände (als ‚e.V.') in die Gefahrenabwehr kann
nicht in betracht kommen."
Dazu muss man wissen, dass die Reservistenverbände wie auch der
Bundeswehrverband und die Traditionsvereinigungen der Wehrmacht und
Bundeswehr Tummelplätze für Rechtsextreme sind. Sie haben keine
Satzungsbestimmungen, die es ihnen ermöglichen, Nazis, Neonazis und
andere Rechtsextreme auszuschließen - und sie wünschen solche
Bestimmungen wohl auch nicht. So brüstet sich der Hauptmann a.D.
und Vorsitzende der NPD, Udo Voigt, damit, seit Jahren Reservist der
Bundeswehr zu sein. Noch im November 08 verlautete die NPD auf ihrer
Homepage, Voigt dürfe im Bundeswehrverband bleiben. Der Neonazi
Voigt tat bereits in früher Jugend das, wozu die Braunen im Jahr
1995 aufriefen: "Junge Kameraden und Kameradinnen, die vor der
Berufswahl stehen, unbelastet, intelligent und sportlich sind,"
sollten sich unauffällig zu "einer Ausbildung bei Bundeswehr
und Polizei" melden, "mit dem Ziel, sich in besonders
qualifizierten Spezialeinheiten das nötige Wissen und Können
anzueignen" (aus: "Umbruch" von S. Hupka, 1995). Der
Aufruf schließt mit den Worten: "Widerstand, der auf die
Beseitigung eines volksfeindlichen Systems zielt, muss professionell
geplant sein."
Und so durchlaufen diese Leute die Bundeswehr und geraten als
äußerst rechte Kader in die Reservistenbewegung, - unter ihnen als
ZMZ-Kommandeur z.B. der Rassist Wolfgang Lütkemeyer vom
thüringischen Reservistenverband und den Nazi-Organisationen
"Artgemeinschaft" und "Familienwerk" (lt. Blog
Braunzone und taz). Weitere ähnliche Kader warten auf ihr Outing.
Der "innere
Staatsnotstand" wird beschworen
Die Unionsparteien halten - angeregt durch ihr zuarbeitende
Offiziere - an den Planungen für ein neues integriertes
Militärkonzept "Sicherheitsstrategie für Deutschland"
fest, das eine Superbehörde "Nationaler Sicherheitsrat"
im Bundeskanzleramt vorsieht. Sie knüpft darin u.a. an ein Papier
der CDU/CSU, abgefasst vom heutigen Parlamentarischen
Staatssekretär im Bundeswehrministerium und ultrarechten
Gebirgsjäger Christian Schmidt nach den Anschlägen in Madrid im
März 2004, an. Darin wird die Schaffung eines neuen
"Organisationsbereichs im Verteidigungsministerium mit dem
Titel ‚Landesverteidigung und Heimatschutz'" angekündigt,
dessen Aufgabe der Aufbau von bis zu 50 vernetzten
"Regionalbasen Heimatschutz" mit einer Stärke von jeweils
bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten in allen größeren Städten
Deutschlands sein soll. Bei einem Einsatz sollen die betreffenden
Regionalbasen durch Reservisten auf eine Stärke von bis zu 5.000
Soldaten aufgestockt werden können. Die
"Heimatschutztruppe" soll zu 80 Prozent aus
Wehrpflichtigen und zu 20 Prozent aus Berufs- und Zeitsoldaten als
deren Führungspersonal bestehen. Sie sollen "personelle
Ressourcen für Bewachung, Kontrolle und Sicherung von ‚kritischer
Infrastruktur' bereitstellen." In dem CDU/CSU-Papier heißt es
zur ZMZ und ihrer Aufgabenstellung: "Es gibt einen großen
Schnittmengenbereich zwischen militärischer Verteidigung, zivilem
Katastrophenschutz, polizeilicher Gefahrenabwehr und - in einer
linearen Eskalation - dem inneren Staatsnotstand."
Krisenzentren in Rathäusern
Das linke Stadtratsmitglied Prof. Wolfgang Richter (Linkes
Bündnis Dortmund) führte im Zusammenhang mit einer Beratung über
ZMZ im Dortmunder rathaus aus: "Wir müssen zur Kenntnis
nehmen, dass die Machtphantasien und das Organisationsschema in den
Führungsetagen im Lande begonnen hat, ein Netz zuknüpfen, mit dem
‚notfalls' alle Katastrophen, jeder ‚Terror' und alle
aufbegehrenden Bewegungen, Proteste und Märsche erstickt werden
können. Es ist ein weitgehend unsichtbares, aber sehr reales Netz -
es wird zivilmilitärische Zusammenarbeit genannt." Richter
fragt: "Welche Kommandeure sollen die Krise bewältigen? Hat
der OB das Kommando? Oder der Polizeipräsident? Oder ein
General?" Ob der General dem Oberbürgermeister befielt, das
bleibt im Vagen. Auf keinen Fall befielt der Politiker dem
militärischen Kommando im Krisenzentrum, - das hat auf das
Landeskommando zu hören und dieses wiederum auf das
Verteidigungsministerium.
Eine zentrale Kommandostelle für ZMZ befindet sich in
Nordrhein-Westfalen. Die Bundeswehr rühmt sich, die
Luftwaffenkaserne Köln-Wahn samt Flugplatz sei die
"Drehscheibe für Auslandseinsätze". In dieser Kaserne
sitzt das sogenannte Streitkräfteunterstützungskommando. Dieses
"Zentrale Führungskommando der Streitkräftebasis"
organisiert und steuert alle Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Auslandseinsätze sind aber nur das eine. Das zweite: Unter dem
pompösen Titel "Oberste Nationale Territoriale
Kommandobehörde" führt sie alle Einsätze der Bundeswehr im
Inneren, die dann unter "Amtshilfe" fallen. Wer war
demnach zentral verantwortlich dafür, dass Panzer und
Tornadoflugzeuge die Kritiker des G8-Treffens in Heiligendamm
beobachteten und bedrohten? Es war und ist dieses Zentrale
Führungskommando in Köln-Wahn. Dieses Kommando ist drittens weiter
zuständig für die zivilmilitärische Zusammenarbeit bei Kriegen im
Ausland und Krisen im Inland. Dieses Köln-Wahner Kommando baute
dann das Organisationsnetz für die zivilmilitärische
Zusammenarbeit auf. Im Regierungsbezirk Köln wurden Anfang des
Jahres 2009 die 13 Leiter der Verbindungskommandos öffentlich
vorgestellt. Sie sollen beständig mit zivilen Stellen üben,
Kenntnisse und Informationen sammeln, und sie haben ihre
Verbindungsbüros in den zivilen Büros und Rathäusern sowie
Landratsämtern.
Nur einige Linke haben bisher ZMZ
thematisiert
Linke Kommunalpolitiker haben zu ZMZ Fragen gestellt, sie wurden
schwach beantwortet. In Bochum, Dortmund, Göttingen, Karlsruhe und
Köln wurde das Thema auf die Tagesordnung im Rathaus gestellt.
"Wer definiert die Krise?" war eine zentrale Frage. Sie
blieb unbeantwortet.
Die Gewerkschaften, einst führend im Kampf gegen die
Notstandsgesetze und gegen die Bundeswehreinsätze im Innern - und
Äußeren -, nehmen sich hingegen heute nur zögernd dieses
aktuellen Themas an. Nun haben Verdi und IG Metall auf ihren
Kongressen dazu erste Beschlüsse gefasst. Und der DGB erklärte
nach Heiligendamm: Der DGB lehne Grundgesetzänderungen zum
Versammlungsrecht und dem Pressewesen ab. "Es ist zu
befürchten, dass die Länder beim Versammlungsrecht einen Wettlauf
um die strengsten Regelungen beginnen und damit das für unsere
Demokratie so wichtige Grundrecht der Versammlungsfreiheit
einschränken." Nebenbei: Der Wettkampf ist schon im Gange. Das
vom mecklenburg-vorpommerischen Landtag zu SPD-PDS-Zeiten
eingeführte Polizeigesetz hat die Voraussetzungen geschaffen, dass
mittlere Polizeiführer die Bundeswehr per "Amtshilfe"
anfordern dürfen und damit die Verfassung brechen. Und Bayerns CSU
und Baden-Württembergs CDU legten ein neues Versammlungsrecht vor,
das bereits Versammlungen ab zwei Personen anmeldepflichtig macht.
Auch wenn das Bundesverfassungsgericht das Bayerische Gesetz
zunächst kassierte, wir werden mit ähnlichen Bestimmungen scher
bald wieder konfrontiert.
Es geht ums Grundgesetz, um
Grundrechte und Kampfbedingungen
Den bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Innern verhinderte bis
jetzt das Grundgesetz. Auf der vorletzten Kommandeurstagung der
Bundeswehr forderten CDU-Sprecher daher, das Grundgesetz müsse
endlich geändert werden. Die CDU/CSU/SPD-Regierung ist laut
Weißbuch dafür. Mit dieser beabsichtigten Änderung des
Grundgesetzes werden die Notstandsgesetze von 1968 fortgeschrieben
und überboten. Ein Ostermarschredner, Günther Baumann von der
VVN-BdA, sagte Ostern 2008 vor der Kaserne in Köln-Wahn:
"Sorgen wir mit allen politischen Mitteln dafür, dass diese
Einsatzpläne des Militärs gestoppt werden. Ein Schritt dazu:
Besuchen wir die Verbindungskommandos vor Ort in den Gemeinden und
kritisieren öffentlich diese Militarisierung der Gesellschaft! Ohne
größere Zustimmung in der Bevölkerung kein weiterer Ausbau der
militärischen Außen- und Innenpolitik: Die Bundeswehr rührt daher
die Werbetrommel."
Direkte aufklärende Aktionen gegen die Militärpolitik tragen
dazu bei, dass die Akzeptanz der Kriegspolitik zurückgewiesen wird.
In 40 Städten, darunter Düsseldorf, Aachen, Wuppertal, Köln,
Bielefeld verhinderten oder reduzierten Aktionen von Kritikern die
Werbeversuche der Bundeswehr an Arbeitsagenturen. Das sind sicher
noch wenige Aktionen, aber sie sind belebend richtig und politisch
deutlich wirksam. Verstärken wir diese Bewegung.
Verstärken wir die Bewegung gegen die ZMZ auf allen Ebenen. Denn
in der gegenwärtigen großen Krise zeichnen sich immer neue
Krisenauswegstrategien ab, und nur wenige sind mit der Demokratie
vereinbar. Ohne alle Mitbestimmung werden die Steuermittel in Banken
gesteckt, die genau das weiterhin machen können, was zur Krise
führte. Noch stellt man in den Medien fest: Die Krise ist noch
nicht beim Bürger angekommen, aber wird er gelassen bleiben, so wie
jetzt, wenn sie ankommt? Die Sicherung der Profitbedingungen des
Kapitals erfordern neue Gewaltmechanismen. Die Sicherung der
Kampfbedingungen der Arbeiterbewegung verlangen ebenfalls neue
Kampfformen, aber auch die Gewährleistung der alten und
hergebrachten. Das Grundgesetz wieder herzustellen und seine
demokratischen Elemente zu verteidigen und anzuwenden, das ist die
wichtigste Aufgabe, um die Kampfmöglichkeiten zu erhalten, die
Gewerkschaften und Bewegungen benötigen.
Den Kommunalpolitischen Teil des obigen Referats wollte Wolfgang
Richter bearbeiten. Der ist leider erkrankt. Ich zitiere daher aus
einem Artikel vom Jahresanfang 2009, der diesen Aspekt behandelt.
Bei der Zivil-Militärischen
Zusammenarbeit liegt der Schwerpunkt am "militärisch"
Reservisten in allen Städten und
Landkreisen für den Einsatz im Innern formiert
Der Bundeswehr als Polizeitruppe im Innern wird bereits seit den
Struck'schen "Verteidigungspolitischen Richtlinien" immer
mehr zur Realität. Es wird nur gestritten, ob dies im Grundgesetz
drinstehen soll oder nicht.
Unstrittig ist, das die Bundeswehr bei ihren Einsätzen, ob im
In- oder Ausland, polizeiähnlicher wird. Bisher berief man sich bei
Inneneinsätzen auf das Grundgesetz, Artikel 35, doch dieser gibt
beim schlechtesten Willen keine Zustimmung zum bewaffneten oder
polizeiähnlichen Einsatz der Bundeswehr im Innern her. In
Heiligendamm wurde die "Amtshilfe" zur Hilfe genommen, die
aus dem ursprünglichen Text des Artikels 35 aus der Zeit der
Schaffung des Grundgesetzes stammt, als es noch keine Bundeswehr
gab. Die Leistungen der Bundeswehr nach Artikel 35 betrafen bis
Heiligendamm nur "Naturkatastrophen" oder "besonders
schwere" Unglücksfälle.
Auf allen Ebenen der Republik fallen die Grenzen zwischen
Bundeswehr, Geheimdiensten und Polizei. Dies findet seinen
sinnfälligen Niederschlag in GTAZ, dem neuen Gemeinsamen
Terrorismusabwehrzentrum in Berlin. Hier können nicht alle
Maßnahmen benannt werden, die inzwischen zu einem dichten Netz der
Bespitzelung der Bürger, des Abhörens in Betrieben und der
Amtshilfe beim Spitzeln geführt haben.
Die ZMZ ordnet sich dort mit Reservisten ein. Sollte es mal
wieder zu einem Oder-Hochwasser kommen, dann werden Reservisten die
Sandsäcke stapeln und keine Rekruten.
Das wurde im Rahmen von parlamentarischen Anfragen in
Großstädten bekannt, so am 1. September im Rat der Stadt Bochum.
Dort wurde auch ein Gutachten der Arbeitsgemeinschaft der Leiter von
Berufsfeuerwehren in Nordrhein-Westfalen vorgelegt, die sich dagegen
verwahren, dass die Bundeswehr Führungsfunktionen im
Katastrophenschutz übernehmen. Die Bundeswehr könne "nicht
für die Primärphase von Katastrophenlagen vorgesehen werden",
schrieben der Feuerwehr-Leiter, die im übrigen im Rahmen der
Gefahrenabwehr der "Einbindung der Reservistenverbände",
die ja "e.V." seien, eine Abfuhr erteilen. Es komme nur
die Zusammenarbeit auf der Basis der Befehlslage der Bundeswehr in
Frage.
Die Befehlshaber der Wehrbereichskommandos der Bundeswehr
kommandieren als Landeskommandeure der jeweiligen Bundesländer die
Beauftragten der Bundeswehr für zivilmilitärische Zusammenarbeit (BeaBwZMZ)
nunmehr in allen Landkreisen und kreisfreien Städten. Oberstes
Befehlsinstanz ist das Bundesverteidigungsministerium. Ohne viel
Aufhebens zu machen, eroberte somit die Bundeswehr Positionen in
Rathäusern und Landratsämtern. Die letzten
Verteidigungsbezirkskommandos der Bundeswehr aus der Zeit der
Blockkonfrontation sind in den westlichen Bundesländern in den
letzten zwölf Monaten aufgelöst worden.
Ein Oberst vermittelt nun den Regierungspräsidenten, Landräten
und Oberbürgermeistern den sogenannten militärischen Service.
"Das ist die militärische Kompetenz, auf die sie sich bei
Katastrophen und besonders schweren Unglücksfällen stützen
können," wird seitens der Bundeswehr den zivilen Stellen
bestätigt. Dazu gehören auch "Großschadensereignisse" -
aber was ist damit gemeint?
Die Urkunden für die ZMZ Inneres wurden in der Regel
Oberstleutnants der Reserve, möglichst solchen, die im
öffentlichen Dienst tätig und somit innerhalb einer Stunde
abkömmlich sind, überreicht. Praktischerweise beziehen sie Büros
in Rathäusern und Landratsämtern. Die einzelnen
Verbindungskommandos bestehen aus jeweils zwölf Soldaten, die in
der Region leben und die zivilen Verwaltungen in militärischen
Fragen beratend unterstützen, wie es heißt.
Doch die "Beratung" ist höchst verbindlich. In den
Krisenstäben der Städte und Kreise haben die
Verbindungskommandeure auf ihre militärischen Vorgesetzen zu
hören, nicht aber auf die Bürgermeister und Landräte.
"Übergeordnete Stellen sind der Kommandeur des
Landeskommandos, der Befehlsheber des Wehrbereichskommandos, der
Befehlshaber des Streitkräfteunterstützungskommandos Köln und der
Bundesverteidigungsminister in Berlin," teilte der Göttinger
Landrat Reinhard Schermann den fragenden Abgeordneten der Linken im
Kreistag mit (Brief vom 26.11.2007).
In Dortmund ist man nun daran gegangen, ganz offen die
Infrastruktur für die militarisierte Kommunalpolitik zu schaffen.
Während in anderen Städten und Landkreisen (so ein Brief des
Landrates von Göttingen und so die Auskunft der Stadt Bochum)
fragenden Abgeordneten im Stadtrat gesagt wird: Das alles kostet die
Stadt und den Landkreis keinen Cent, rückte die Stadt Dortmund nun
mit der Wahrheit heraus und ließ sich 695 000 Euro für die
Herrichtung eines Krisenzentrums von den Stadtratsmitgliedern
bewilligen. Reservisten - darunter vor allem bewaffnete
Feldpolizisten - können in kürzester Zeit in großer Zahl
mobilisiert werden. In Dortmund leitet ein Oberstleutnant, im
Zivilberuf Pfarrer und Klinikseelsorger, diese sog.
"ehrenamtliche" Reserve-Territorialarmee. Das
Landeskommando ist ständig hauptamtlich besetzt. In Kreisen,
Städten und Regierungsbezirken können die Landeskommandos und
ZMZ-Beauftragten lt. Bundeswehr-WebSite und Bundeswehrzeitschrift
"Y" blitzartig auf den Reservistenkader zurückgreifen.
Einige linke Abgeordneten fanden diese Vorgehensweise skandalös.
Sie sagten z.B. in Dortmund: "Hier soll eine Notstandszentrale
entstehen, ohne dass den Bürgern erklärt wird, für welche Krisen
und welche Aufgaben welche Krisenstäbe ein solches Zentrum
brauchen."
U.S./W.R.
Ulrich Sander hat zu den
Aussagen der Partei DieLinke und der DKP zu friedens- und
demokratiepolitischen Fragen Briefe an die Parteivorstände
gerichtet. Darin heißt es:
Mit der Absage an die Wehrpflicht die Militarisierung per
Reservisten-Armee stoppen
Die Aussagen der LINKEN in ihrem Bundestagswahlprogramm zur
Bundeswehr und Polizei sind nicht ausreichend. Die LINKE mit
ihrer starken kommunalpolitischen Verankerung muss sich mit
der "Zivilmilitärischen Zusammenarbeit" befassen
und diese von Stadt zu Stadt und Landkreis zu Landkreis
aufkündigen. Denn diese ZMZ hat bereits dazu geführt, dass
der 5000-köpfige Kader aus bis zu 60-jährigen
Reserveoffizieren als Grundstock für den zig-tausendköpfigen
Heimatschutz aufgestellt wurde ("Verteidigung am
Hindukusch und in Hindelang"!) Hier geht es nicht mehr
nur um Bundeswehr als Polizei, sondern um Bundeswehr im
Einsatz gegen "Terroristen", wozu bei den
Militaristen die außerparlamentarische Bewegungen der
Globalisierungs- und Kapitalismuskritiker, der politische
Streiks fordernden und praktizierenden Gewerkschafter und der
Atomkraftgegner, Umweltbewegungen sowie Antifas gezählt
werden. Das Thema ZMZ nicht zu behandeln, ist höchst
fahrlässig.
Die DKP hat zur Bundestagswahl "Eckpunkte"
herausgegeben. Die richtigen Aussagen der LINKEN gegen die
Aufhebung der Trennung von Polizei und Bundeswehr finden sich
nicht bei der DKP, jedoch wird von ihr die ZMZ als bedrohlich
für die Demokratie dargestellt. Wie die LINKEN verzichtet die
DKP auf konkrete Aussagen zur ZMZ-Heimatschutz-Reservearmee.
Hier geht es jedoch um Aussagen zur Bewahrung der
Kampfbedingungen der Arbeiterbewegung.
Zu begrüßen ist, dass die DKP grundsätzlich verlangt:
"Das Grundgesetz ist wieder herzustellen". Das
Grundgesetz wiederherzustellen, verlangt die Wiederherstellung
des antimilitaristischen und antifaschistischen Konsenses aus
der Zeit der Schaffung der Verfassung, verlangt das Anknüpfen
an die Bewegungen gegen die Remilitarisierung, die
Notstandsgesetze und für die Erhaltung des Grundrechts auf
politisches Asyl. Kategorisch verlangt die DKP, "die
Antiterrorgesetze aufzuheben". Dazu haben die LINKEN
mehrere konkrete Einzelschritte vorgesehen. Während bei den
LINKEN verlangt wird, einseitige militaristische Propaganda in
den Schulen zu verhindern (es sollten immer auch
Militärgegner dabei sein), fehlt eine solche Aussage bei der
DKP, die auch nichts zur Aufhebung der Wehrpflicht sagt; die
LINKEN positionieren sich gegen die Wehrpflicht. Beide
Parteien äußern sich nicht zur Militarisierung der
Berufsberatung und der Ausbildungsplatzvermittlung. Das ist in
der Jugendbewegung ein großes Thema.
Fazit: Obgleich der Verzicht auf die Forderung nach
NATO-Austritt ein erheblicher Mangel in der
LINKEN-Programmatik ist, kann nicht bestritten werden, dass
die Positionen von DKP und LINKEN zu Frieden, Demokratie und
Abrüstung grundsätzlich kompatibel sind. Erforderlich
erscheint aber die Eröffnung eines Dialogs zwischen beiden
Parteien, um zu erkunden, ob die LINKEN den Austritt aus der
NATO zur Vorbedingungen für alle Kooperationsverhandlungen
nach der Wahl machen werden oder nicht. Außerdem sollte ein
Meinungsaustausch zwischen beiden Parteien angestrebt werden
zu allen Fragen von Militarismus und Antimilitarismus.
Erforderlich ist ein linker (nicht in Versalien) Dialog für
Frieden, Demokratie und Abrüstung - noch vor der Wahl. Zudem:
Ein erhebliches Defizit - jetzt aber auf Seiten der DKP - ist,
dass die DKP nicht die Forderung nach Beseitigung der
Wehrpflicht erhebt. Diese Forderung wird angesichts der
Reservistenbewegung des deutschen Militarismus immer
dringlicher. Denn es muss verhindert werden, dass sich der
ehemalige Wehrpflichtige als Streikbrecher im Rahmen einer
Wehrübung wiederfindet oder zum Wehrdienst im Rahmen der
Arbeitsbeschaffung verpflichtet werden soll; schon jetzt wird
letzteres an jungen Arbeitslosen erprobt.
Ziel sollte die Wiederherstellung des antimilitaristischen
und antifaschistischen Grundkonsenses aus der Zeit vor 60
Jahren auf völkerrechtlicher Grundlage sein. "Das
Völkerrecht verbietet, entsprechend der UNO-Charta Artikel 53
und 107, Deutschland das Kriegführen. Das Grundgesetz mit
seinem Verbot der Vorbereitung und Führung von
Angriffskriegen (Artikel 26) und das Völkerrecht sind zu
verteidigen und anzuwenden." (So heißt es in einem
Beschluss der VVN-BdA von ihrem Bundeskongress 2008). |
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