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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

17.07.08

"Taktieren und Ausgrenzen"

Zur Debatte um die Entschädigung von NS-Opfern dokumentieren wir Texte der Süddeutsche Zeitung vom 15.07.2008

Wir haben schon oft über die mangelhafte Entschädigung der NS-Opfer berichtet. Zuletzt über den Beschluss des 3. Bundeskongresses der VVN-BdA am 24.05.08 in Berlin: Die Entschädigung der Opfer des Faschismus bleibt vorrangige Aufgabe. Hier dokumentieren wir höchst interessante Artikel aus der Süddeutschen zum Thema: 

Süddeutsche Zeitung Nr. 163 /15.7.08

Berlin unter Zugzwang 

Urteil in Italien führt zu Gesprächen mit Rom

München Nach dem spektakulären Urteil des Kassationsgerichtshofs in Rom und einer kurzen Phase voller aufgeregter Dispute hinter den Kulissen haben die Regierungen in Rom und Berlin Gespräche über die Entschädigungsansprüche von NS-Opfern aus Italien und Griechenland aufgenommen. Das deutsche Außenministerium bestätigte. es soll eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, um in kontinuierlicher Abstimmung die sehr komplexen Fragen zu erörtern. Als Hauptziel gilt, eine Klage Deutschlands gegen Italien vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verhindern. Die Regierungen sind sich einig, dass sie einen Richterspruch für ungeeignet halten, bilaterale Probleme zu lösen.

Das höchste Zivilgericht in Italien hatte im Juni einigen ehemaligen "Militärinternierten" erlaubt, Deutschland auf Schadensersatz zu verklagen. Die Haltung Deutschlands, das sich auf die Staatenimmunität beruft wonach Staaten vor Klagen Einzelner geschützt seien , könne nicht bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit gelten. Nach der Kapitulation des ehemaligen Verbündeten Italien im September 1943 hatten Wehrmacht und SS mehr als eine halbe Million italienische Soldaten nach Deutschland deportiert, wo sie zur Zwangsarbeit herangezogen, wurden. Im Sommer 1944 wurden diese Militärinternierten zu Zivilgefangenen erklärt, woraus normalerweise Anspruche gegen Deutschland ableiten lassen. Doch die Bundesregierung vertritt nach wie vor die Auffassung, die Italiener seien bis Kriegsende 1945 Kriegsgefangene geblieben woraus sich keine Anspruche ableiten ließen. Anwälte von Betroffenen rechnen nun mit bis zu 100.000 Klagen.

Ebenfalls in Rom hegt der Fall der Kläger aus dem griechischen Ort Distomo, in dem die SS im Juni 1944 mehr als 200 Einwohner niedergemetzelt hatte. Mehrere griechische Hinterbliebene scheiterten in den vergangenen Jahren vor dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht Allerdings obsiegten sie im Jahr 2000 vor dem obersten griechischen Zivilgericht (Areopag), das die Bundesregierung zur Zahlung von mehreren Millionen Euro verurteilte. Die Pfändung deutschen Staatseigentums lehnte die Regierung in Athen jedoch ab, die Kläger wandten sich nun innerhalb des einheitlichen EU-Rechtsraums an das oberste italienische Zivilgericht. Der Kassationsgerichtshof ließ die Klage zur. Die Betroffenen haben vorsorglich eine Zwangshypothek auf ein deutsch-italienisches Kulturinstitut am Comer See eintragen lassen. Bei einem Erfolg könnte von dem Fall eine Präzedenzwirkung mit unabsehbaren finanziellen Folgen ausgehen.

Süddeutsche Zeitung Nr. 163 /15.7.08

"Wiedergutmachung" von NS-Verbrechen: Hinter den Kulissen wird verhandelt

"Es wird mit fuchtelnder Schere geschnitten" 

Die deutsche Entschädigungspolitik seit 1949 ist eine Geschichte des Taktierens und der Ausgrenzung 

Von Robert Probst

Einen moralischen Schlussstrich kann und darf es nicht geben." So oder ähnlich reden Politiker, wenn es um die Millionen Opfer und Überlebenden der Nazidiktatur in den Jahren 1933 bis 1945 geht. Eher selten fügen sie hinzu dass sie einem finanziellen Schlussstrich durchaus aufgeschlossen gegenüberstehen. Denn die Bundesregierung sieht spätestens mit dem Abschluss der Entschädigung osteuropäischer Zwangsarbeiter ihr gesetzliches Soll als erfüllt an und spricht von einer "historisch einzigartigen Leistung'. Insgesamt seien bisher schließlich 63,2 Milliarden Euro für die sogenannte Wiedergutmachung bezahlt worden. Doch längst sind nicht alle Forderungen erfüllt. Immer wieder gibt es deshalb diskrete Verhandlungen in den Büros des Finanzministeriums. Nur hie und da können die Betroffenen einen Erfolg feiern. Die deutsche Entschädigungspolitik seit 1949 ist eine Geschichte des Taktierens, der Ausgrenzung und der Ungerechtigkeiten.

Grundsätze: Schon während des Kriegs waren sich die Alliierten einig, dass Deutschland nach der Kapitulation aufgrund der Dimensionen seiner Verbrechen über die üblichen Reparationsleistungen hinaus individuelle Entschädigungsleistungen würde aufbringen müssen. Aus diesem Grundsatz resultierte 1952 der Überleitungsvertrag der jungen Bundesrepublik mit den USA, Großbritannien und Frankreich. Darin verpflichtete sich Bonn, allen Personen, die wegen ihrer politischen Überzeugung, ihrer Rasse, ihres Glaubens oder ihrer Weltanschauung verfolgt worden waren und hierdurch Schäden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen oder wirtschaftlichem Fortkommen erlitten hatten, eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Doch die "Wiedergutmachung" galt bei den Politikern lediglich als "bittere Notwendigkeit" (Kanzler Konrad Adenauer), bei der Bevölkerung als extrem unpopulär - den Wiederaufbau sowie massive finanzielle Hilfsleistungen für Kriegswitwen, Ausgebombte und Heimatvertriebene sah man als deutlich wichtiger an. Zudem wurden im Londoner Schuldenabkommen vom Februar 1953 Reparationsforderungen und damit individuelle Entschädigungsansprüche aller ausländischen NS-Opfer zur großen Freude in Bonn auf einen späteren Friedensvertrag verschoben - den Alliierten war die Tilgung deutscher Vor- und Nachkriegsschulden wichtiger. Im Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 zwischen den Alliierten und den damals noch zwei deutschen Staaten spielten Reparationen und Opferansprüche dann aber keine Rolle mehr.

Abkommen mit Israel: Am 10. September 1952 unterzeichneten Adenauer und Israels Außenminister Moshe Scharett das ."Luxemburger Abkommen". Darin sagte Bonn die pauschale Zahlung von drei Milliarden Mark als Entschädigung von jüdischen Vermögensverlusten und als Hilfe für die Eingliederung Hunderttausender Flüchtlinge in den neuen Staat in Palästina zu. Mit der Dachorganisation der nicht in Israel lebenden Juden, der Conference of Jewish Material Claims against Germany wurde ein analoges Abkommen über eine Summe von 450 Millionen DM vereinbart. Die Beträge wurden in Form von Waren und Dienstleistungen zur Verfügung gestellt. Besonders in Israel gab es massive Proteste dagegen, dass sich Deutschland mit Blutgeld von seiner Schuld loskaufen wolle. Heute richtet sich die Kritik vor allem dass man sich zu billig habe abspeisen lassen, die Ausgaben für die Shoa Opfer übersteigen ein Vielfaches des Globalbetrags. Nicht zuletzt deshalb fordern Überlebenden-Organisationen und israelische Politiker seit einiger Zeit "Nachzahlungen" von Berlin (Die DDR-Regierung sah sich nicht als Nachfolgestaat des NS Regimes und fühlte sich nicht zu Leistungen an Israel verpflichtet)

Gesetze: Das 1953 entstandene und in der Folge mehrmals stark geänderte Bundesentschädigungsgesetz (BEG) war das Kernstück bundesrepublikanischer Wiedergutmachungspolitik. Anspruchsberechtigt war aber nur, wer durch nationalsozialistische Gewaltmassnahmen verfolgt worden ist" und wer während der NS-Zeit im Deutschen Reich (in den Grenzen von 1937) gelebt hatte Im Ausland lebende Ns-Opfer und solche, die dem deutschen Sprach- und Kulturkreis" nicht angehörten, waren ausgeschlossen. Dies grenzte etwa Homosexuelle, Zwangssterilisierte oder Sinti und Roma aus. Trotz der hohen Gesamtsumme von mehr als 44 Milliarden Euro nach heutigem Wert waren die Leistungen für die einzelnen Empfänger überwiegend bescheiden. Ein Monat KZ-Haft wurde mit 150 Mark Kapitalentschädigung abgegolten, für Gesundheitsschäden werden Renten bezahlt: 4,3 Mio Anträge wurden eingereicht. 2 014 142 wurden anerkannt. die Auszahlungen nach dem BEG sind seit 1969 beendet. Bis 1989 gingen nach Einschätzung des Historikers Ulrich Herbert 90 % aller Leistungen an zehn Prozent der Opfer - die allermeisten waren Deutsche.

Globalabkommen: Zwischen 1959 und 1964 schloss die Bundesregierung mit 12 westeuropäischen Staaten sogenannte Globalabkommen. Demnach zahlte Bonn - je nach Stärke des politischen Drucks - pauschale Summen für "Personenschäden durch NS-Verfolgung"; für die Verteilung der Finanzmittel an die Geschädigten war die jeweilige Regierung zuständig. Dafür wurden 971 Millionen Mark ausgegeben. Im Gegenzug verzichteten die Staaten gewöhnlich auf jede weitere Forderung. Erst nach der Wiedervereinigung wurden entsprechende Abkommen auch mit Polen, Russland, Weißrussland und der Ukraine mit einem Gesamtvolumen von 1,5 Millionen Mark vereinbart. In den vier osteuropäischen Ländern wurden jeweils Stiftungen gegründet; diese sollen NS-Opfer in wirtschaftlicher Notlage unterstützen. 1997 wurden für tschechische NS-Opfer 140 Mio Mark in einen Fonds gezahlt, für weitere mittel- und osteuropäische Staaten 80 Millionen.

Härtefälle: Schon Anfang der 50er Jahre hat Otto Küster, Staatsbeauftragter für die Wiedergutmachung in Baden-Württemberg, die Entschädigungsbürokraten mit Argwohn betrachtet: "Es wird mit fuchtelnder Schere geschnitten und geschnipfelt, und man spürt, wie dem Gesetzgeber erst wohl wird, wenn er immens Paragraph über den Härteausgleich erreicht ist, wo er nun alles, was er vorher beschnitten, zerstückelt und vergessen hatte, mit der Gebärde des Spenders mild bereinigt." Weil viele Betroffene aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen leer ausgingen, schuf die Bundesregierung im Lauf der Jahre zahlreiche Härtefallregelungen - meist nicht ganz freiwillig. Auf Druck JCC wurde etwa 1980 ein Hardshipf und für notleidende jüdische Verfolgte in Westeuropa aufgelegt, die keinen Antrag nach BEG hatten stellen können. Im Jahr 1999 zahlte die Bundesregierung in einen Fonds des JCC für besondere Leiden jüdischer Verfolgter in Osteuropa 383,5 Millionen Euro ein. Auch Verfolgten nicht jüdischer Abstammung, die aus formellen Gründen keine gesetzliche Entschädigungsleistung haben erhalten können, können einmalige Beihilfen bis zu 2556,46 Euro gewährt werden".

Seit einigen Jahren gibt es zudem Härtefallrichtlinien für Gruppen, die nicht im Sinn des BEG verfolgt wurden, denen aber "Unrecht" zugefügt wurde, dazu gehören Opfer von Sterilisation und Euthanasie, sowie Homosexuelle und von den Nazis als "Arbeitsscheue", "Asoziale" oder "Kriminelle" titulierte, die etwa im KZ leiden mussten. Hier beläuft sich die zahl positiver Entscheidungen auf einige Tausend.

Zwangsarbeiter-Stiftung: Nach dem Ende des kalten Kriegs machten sich auch die lange vergessenen ehemaligen osteuropäischer Zwangsarbeiter bemerkbar - doch erst die Drohung mit Sammelklagen in den USA brachten die Bundesregierung und die Industrie zum Einlenken. So wurde als letztes Großprojekt die Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ) gegründet, die in den Jahren 2001 bis 2007 mehr als 4,37 Mrd. Euro an 1,66 Mio NS-Opfer ausbezahlte. Die Einmalzahlung betrug zwischen 1556 und 7669 Euro. Zwangsarbeiter, die nicht nach Deutschland deportiert wurden, und solche, die als Kriegsgefangene Zwangsarbeit leisten mussten, erhielten nichts. Neue Anträge können seit 2002 nicht mehr gestellt werden. Aus dem restlichen Stiftungsvermögen werden pro Jahr etwas acht Mio Euro für verschiedene humanitäre Projekte in Osteuropa ausgegeben.

Bei der Feier zum Ende der Auszahlung aus dem Fond sagte Bundespräsident H. Köhler vor einem Jahr, die Initiative sei "bitter notwendig" gewesen auf dem Weg zu Frieden und Aussöhnung. Doch von einem "finanziellen Schlussstrich" unter die NS-Verbrechen ist Deutschland auch 63 Jahre nach Kriegsende noch weit entfernt.

Die vergessenen Opfer

Ob Kriegsgefangene, jüdische Ghettoarbeiter oder Kinder der Shoah - viele Betroffene warten schon lange vergeblich auf eine humanitäre Geste

München. Die Bundesregierung ist eigentlich recht stolz auf ihr Entschädigungswerk. Es sei, so schreibt das Finanzministerium in einer Broschüre über die "Wiedergutmachung", unter schwierigen Bedingungen ein "Gesetzeswerk gelungen, das nahezu alle durch NS-Unrecht verursachten Schäden erfasst. Alle vom Gesetzgeber getroffenen Regelungen stehen zueinander in einem nach Grund und Umfang der Schädigung ausgewogenen Verhältnis. - Das sehen viele Betroffene anders, vor allem jene, die bisher keinerlei Anerkennungsleistung, erhalten haben. Und das sind nicht wenige:

Insbesondere die Opfer von Massakern der SS oder der Wehrmacht blieben bisher weitgehend ohne Anerkennung. Alle diesbezüglichen Forderungen werden von der Bundesregierung seit jeher kategorisch zurückgewiesen. In den Focus des öffentlichen Interesses sind aber seit den neunziger Jahren vor allem die Massaker von Distomo (Griechenland) sowie Marzabotto und Sant' Anna di Stazzema (beide Italien) gerückt. So verurteilte etwa 2007 ein Militärgericht in La Spezia zehn ehemalige SS-Offiziere in Abwesenheit zu lebenslanger Haft und zu hohen Entschädigungszahlungen an die Hinterbliebenen des Angriffs auf Marzabotto, wo deutsche Einheiten im Oktober 1944 mehr als 800 Menschen niedergemetzelt hatten. Das Urteil hat allerdings mehr symbolischen Wert - eine Vollstreckung dieses und anderer Urteile in Deutschland ist nicht zu erwarten.

Leistungen der BRD für NS-OpferZwangsarbeit in Kriegsgefangenschaft begründet keinen Anspruch auf Leistungen, heißt es sinngemäß im Gesetz der Stiftung "Erinnerung und Verantwortung und Zukunft" (EVZ). Denn nach der Haager Landkriegsordnung dürfen Soldaten zur Arbeit herangezogen werden - allerdings verbietet sie unmenschliche und entwürdigende Behandlungen sowie Repressalien. Sowjetische Kriegsgefangene zählten nach den europäischen Juden zur zweitgrößten Opfergruppe. Von den etwas 5,3 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen starben 3,3 Millionen in deutschen Lagern, mehrere Zehntausend sind noch am Leben. Musterklagen von russischen Bürgern auf Aufnahme in die Stiftungsleistungen wies das Verwaltungsgericht Berlin im Jahr 2003 ab. "Humanitäre Leistungen" ließen sich nicht einklagen, fanden die Richter.

Gleiches gilt für die italienischen Militärinternierten (IMI). die ebenfalls kein Geld aus der Zwangsarbeiterstiftung erhielten. Allerdings bekamen etwa 3500 Italiener durchaus Leistungen von der Stiftung, bei ihnen handelte es sich aber nachweisbar um zivile Zwangsarbeiter. Noch immer nicht ist das Gerücht, Kriegsgefangene seien vor allem deshalb aus dem Leistungskatalog herausgehalten worden, weil sonst das Geld (je 2,56 Milliarden Euro vom Staat und der deutschen Wirtschaft) nie für alle ausgereicht hätte.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts erarbeitete der Bundestag 2002 ein Gesetz für Rentenzahlungen an ehemalige jüdische Ghettoarbeiter. Für die freiwillig geleistete Arbeit in einem Ghetto hätten diese NS-Opfer Anspruch auf eine Rente. hatten die Richter geurteilt. Die Rentenversicherungsträger befürchteten Kosten von mehreren Milliarden Euro. Von etwa 70 000 Anträgen wurden jedoch 95 Prozent abgelehnt - oftmals deshalb, weil die bürokratischen Hürden sehr hoch waren oder weil die Betroffenen bereits eine Einmalzahlung aus der Stiftung EVZ erhalten hatten. Dies führte zu einer Klagewelle vor deutschen Sozialgerichten. Im Oktober 2007 richtete die Regierung als Zeichen des guten Willens einen Fonds mit 100 Millionen Euro ein, aus dem die Antragsteller unverzüglich eine Einmalzahlung von 2000 Euro erhalten sollen Rechtssicherheil bezüglich der Ansprüche aus den Gerichtsverfahren rechnen Experten in sieben bis zehn Jahren.

Im vergangenen Jahr trat die Organisation Yesh (Verein der Waisen und überlebenden Kinder der Shoa in Israel) mit den Forderungen an die Bundesregierung heran. Die Vertreter sprechen von 100 000 noch lebenden anspruchsberechtigten Juden, die zwischen 1928 und 1945 geboren wurden und nie eine individuelle Entschädigung erhalten hätten. Sie wünschen sich eine Einmalzahlung u eine lebenslange Rente. Zahlen wurden bisher allerdings nicht genannt.

Im Juli 2007 reichten etwa 4000 Angehörige von Holocaust-Opfern vor einem Bezirksgericht in Tel Aviv eine Sammelklage gegen die Bundesrepublik Deutschland ein. Diese Kinder von Überlebenden, sie werden in Israel die "Zweite Generation" genannt, fordern die Kostenübernahme für ihre psychotherapeutische Behandlung - viele Eltern hätten ihre erlittene Traumata während der Ns-Zeit an ihre Kinder weitergegeben, lautet ihr Argument. Die Rede ist von Kosten in Höhe von 50 bis 100 Million Euro. Die Rechtslage ist in diesem Fall völlig unklar, die Erfolgsaussichten gelten als sehr gering, Diese Klage geht selbst den Vertretern jüdischer Organisationen zu weit.

Robert Probst