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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

21.11.07

VVN BdA NRW: Protest gegen die Straffreiheit für kriminelle V-Mann-Führer und V-Leute

Verbot der NPD ist anzustreben und die V-Leute-Szene zu beseitigen

Die VVN-BdA NRW hat an alle Landtagsabgeordneten von NRW geschrieben und sie dringend aufgefordert, gegen die neonazistische Szene vorzugehen, insbesondere ein Verbot der NPD anzustreben und die V-Leute-Szene zu beseitigen. Der NRW-Innenminister sei es gewesen, der "mit dem Festhalten am V-Leute-Konzept gewollt oder nicht der NPD half und diese nun sogar noch teilweise mit Waffen versorgt", erklärte die VVN-BdA auf die entsprechenden Berichte verweisend. "Dem wirksamen Vorgehen gegen die rechten 'Kameradschaften' und gegen die NPD verweigert sich diese CDU-FDP-Regierung. Woche für Woche dürfen Neonazis in unseren Städten aufmarschieren."

Jetzt hat der Innenminister von NRW die kriminelle V-Mann-Szene vor Strafverfahren bewahrt. Die VVN-BdA ruft die Landtagsabgeordneten auf, dies nicht hinzunehmen.

Süddeutsche Zeitung, 17./18. November 2007-11-21

V-Mann-Führer bleibt unbehelligt

NRW-Innenminister Wolf schützt Verfassungsschutz

Düsseldorf - In der V-Mann-Affäre wird der nordrhein-westfälische Innenminister Ingo Wolf (FDP) der Staatsanwaltschaft Bielefeld keine Ermächtigung für Strafermittlungen gegen einen leitenden V-Mann-Führer erteilen. Nach einer Sitzung des streng vertraulich tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) teilte die Pressestelle des Düsseldorfer Landtags am Freitag mit, der Innenminister habe seine Entscheidung mit einer "Gefährdung des öffentlichen Wohls" begründet. Dazu stehe der Verdacht der Staatsanwaltschaft Bielefeld, unbekannte Mitarbeiter des NRW-Verfassungsschutzes hätten Dienstgeheimnisse verletzt, in keinem Verhältnis.

Das Innenministerium befürchtet. dass bei den Strafermittlungen V-Leute in der ostwestfälischen Neo-Nazi-Szene auffliegen könnten und damit "an Leib und Leben bedroht" wären. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wurde die Einschätzung des Innenministers von allen Fraktionen im PKG geteilt. Die von den Strafermittlern vorgetragenen Verdachtsmomente wären für die Abgeordneten offenbar nicht überzeugend. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hatte Ende August Strafermittlungen gegen einen leitenden V-Mann-Führer des NRW-Verfassungsschutzes wegen des Verdachts des Geheimnisverrats und der Strafvereitelung im Amt eingeleitet. Der den Staatsanwälten unter seinem Klarnamen bislang nicht bekannte V-Mann-Führer soll einen kriminellen Spitzel in der ostwestfälischen Neo-Nazi-Szene mehrmals vor polizeilichen Fahndungsmaßnahmen gewarnt haben. Dies soll den Ermittlern bei einer Telefonüberwachung des dubiosen V-Mannes bekannt geworden sein, dem Beihilfe zu einem bewaffneten Raubüberfall und der Handel mit Kokain "in geringen Mengen" vorgeworfen werden.

Nach dem Geheimnisverrats-Paragraphen 353b dürfen Strafermittlungen gegen Behördenmitarbeiter nur mit Ermächtigung der obersten Landesbehörde, in diesem Falle des Innenministeriums, geführt werden. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Bielefeld sagte der SZ, es werde geprüft, ob das Verfahren gegen Mitarbeiter des NRW-Verfassungsschutzes vollständig eingestellt werde oder ob Ermittlungen wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt weitergeführt würden. Für dieses Delikt ist keine Ermächtigung des Innenministers erforderlich. Johannes Nitschmann

Siehe auch Verfassungsschutz als NS-Waffenlieferant http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0353_indy.htm

Die VVN-BdA-NRW bekräftigt angesichts dieser Meldung ihre Forderung nach Aufklärung des nordrhein-westfälischen V-Mann-Skandals. Schon im September 07 hatte sie entsprechendes verlangt.

Erklärung der VVN-BdA NRW vom 13.09.07

Der VS hilft dem NS mit Waffen aus - Verantwortlicher Minister nicht mehr tragbar

Auf die Verbindungen der Dortmund-Hamm-Witten-Szene der faschistischen Kameradschaften zu dem Mörder der drei Polizisten im Jahr 2000 in Brackel und Walsum hat die VVN-BdA Nordrhein-Westfalen wiederholt hingewiesen, ebenso wie auf die Verbindungen zu dem Mörder von Thomas "Schmuddel" Schulz in Dortmund am letzten Tag des Ostermarsches im Jahre 2005. Veröffentlicht haben wir auch die mutmaßliche V-Mann-Tätigkeit des Polizistenmörders Michael Berger. Das Vorgehen gegen die V-Leute-Unterstützung für die Naziszene von NRW haben wir seit langem als die Schlüsselfrage in der Auseinandersetzung mit der NPD und ihrem Umfeld angesehen. Der von der VVN-BdA durch eine Strafanzeige ausgelöste Prozeß gegen die Band Oydoxie/Weiße Wölfe aus Dortmund-Brechten wurde bisher dreimal vertagt, u.a. weil die V-Leute nicht aussagen durften. (Das Verfahren endete nunmehr mit einem Freispruch für die Mordhetzer! - US) Die Mitschuld des Innenministers von NRW an der rechtsterroristischen Entwicklung im Ruhrgebiet liegt auf der Hand. Wer sich den Nazis als "Störer" in den Weg stellte, wurde von Minister Ingo Wolf (FDP) und von NRW-Staatsanwaltschaften kriminalisiert und mit Haft bedroht. Jetzt wird die Bewaffnung der Naziszene durch V-Leute bekannt.

Wenn endlich Polizisten sich gegen die Machenschaften ihres Ministers wehren und Strafanzeige gegen diejenigen im Innenministerium stellen, die an Strafvereitelungen für Nazis und an Waffenbeschaffungen für sie beteiligt sind, so wurde es höchste Zeit. Wir begrüßen diese Haltung von Juristen und Polizisten aus Bielefeld, die eigentlich selbstverständlich ist, aber hierzulande Mut erfordert. Wir fordern die volle Aufklärung der Vorgänge, für die das Wort Skandal viel zu milde ist. Notwendig ist die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Landtages. Notwendig ist es, den Minister Wolf abzuberufen, der sich auch mit seinem Widerstand gegen ein NPD-Verbotsverfahren als Helfershelfer den äußersten rechten Kräfte andiente. Notwendig ist es, alle Ermittlungsverfahren gegen antifaschistische Demonstrantinnen und Demonstranten einzustellen.

Wir fordern das Verbot der NPD und aller ihrer Hilfsorganisationen wie "Kameradschaften" und V-Leute-Systeme. Daß V-Leute jetzt geoutet werden, ist gut für die Demokratie und den Antifaschismus und trägt zur Auflösung der Verfassungsschutzämter bei, die dringend erforderlich ist.

Ulrich Sander, Bundes- und Landessprecher NRW der VVN-BdA

Die VVN-BdA schreibt an alle Landtagsabgeordneten

Die VVN-BdA NRW hat Ende Oktober 2007 an alle Landtagsabgeordneten von NRW geschrieben und sie dringend aufgefordert, gegen die neonazistische Szene vorzugehen, insbesondere ein Verbot der NPD anzustreben. Der NRW-Innenminister sei es gewesen, der "mit dem Festhalten am V-Leute-Konzept gewollt oder nicht der NPD half und diese nun sogar noch teilweise mit Waffen versorgt", erklärte die VVN-BdA auf die entsprechenden Berichte verweisend. "Dem wirksamen Vorgehen gegen die rechten 'Kameradschaften' und gegen die NPD verweigert sich diese CDU-FDP-Regierung. Woche für Woche dürfen Neonazis in unseren Städten aufmarschieren." Der Brief hat diesen Wortlaut:

Sehr geehrte Frau Landtagsabgeordnete, Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter,

die ständigen gewalttätigen Umtriebe der Neonazis und die sich steigernden Provokationen mittels NS-Aufmärschen in unseren Städten haben einen Verbotsantrag gegen die NPD erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Die VVN-BdA war richtig beraten, als sie sich entschloss, mit einer Unterschriften-Kampagne zum Verbot dieser Partei den entsprechenden Antrag des Bundestages wieder zu beleben. Inzwischen haben mehr als 140.000 Unterzeichner ihre Zustimmung gegeben. Die Verfolgten-Organisation stimmt in ihrem Bestreben überein mit zahlreichen MandatsträgerInnen aus Parlamenten aller Ebenen, Pfarrern, Rechtsanwälten, Angehörigen aller Berufsgruppen, prominenten Schauspielerinnen und Schauspielern, Kabarettisten und Künstlern sowie noch lebenden Verfolgten und Personen, die im Widerstand gegen das Naziregime standen. Frau Knobloch vom Zentralrat der Juden in Deutschland hat sich ebenfalls für ein Verbot ausgesprochen. Ebenso die verdi, die IG Metall, die Gewerkschaft Nahrung Genuß Gaststätten und andere.

Eine legale NPD legalisiert auch weitgehend ihre Handlungen und ihre geistige Verwandtschaft mit dem Naziregime. Dies widerspricht dem Grundgesetz (Art. 139) und stellt ein Hindernis für die immer wieder geforderte politische Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit dar. Ein Verbot dagegen würde die NPD und das rechte Spektrum empfindlich treffen, da damit das politische rechte Zentrum ausgeschaltet wäre. Es wäre ein Gewinn für die Demokratie, wenn man ihren Totengräbern keine Chancen einräumte. Die NPD bekäme keine öffentlichen Gelder mehr, sie könnte keine Versammlungen einberufen und keine Demonstrationen ihrer Gliederungen anmelden. Man würde ihr die Möglichkeit nehmen, sich als Oppositionspartei zu gebärden und in den Parlamenten ihre demagogischen Hasstiraden zu verbreiten. Wir empfinden es als Widerspruch, wenn einerseits Äußerlichkeiten wie Nazisymbole nicht gezeigt werden dürfen, aber die geistigen Urheber sich mit ihrer Partei legal bewegen können.

Von führenden Politikern wird einerseits eine politische Auseinandersetzung gefordert, andererseits werden den Neonazis die Stichworte, wie "Kinder statt Inder" geliefert, auf die sie sich bei ihren Ausschreitungen berufen. Was soll man davon halten, wenn Georg Milbradt erst untersuchen will, ob sich hinter dem Verprügeln von acht Indern durch 50 Deutsche rassistische Motive verbergen. Für uns gibt es keinen Zweifel: der Ruf "Ausländer raus!" ist genauso ausländerfeindlich und rassistisch wie "Juden raus!" judenfeindlich ist.

Die Gegnerschaft des Innenminister Schäubles und NRW-Innenministers Dr. Wolf zum Verbot und die Warnung der Bundeskanzlerin, ein Verbot könnte scheitern, haben uns nicht überzeugt. Der erste Anlauf für ein Verbot ist ja nicht wegen des Mangels an belastendem und belastbarem Material gescheitert, sondern, weil der damalige Innen-minister Otto Schily wie auch seine Länderkollegen seine staatlich bezahlten V-Männer in der NPD nicht preisgeben wollten. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Jürgen Papier, und sein Stellvertreter, Winfried Hassemer, halten ein NPD-Verbot jedenfalls für möglich.

Wir möchten Sie als Landespolitikerin und Landespolitiker ebenfalls bitten, die Initiative NoNPD zu unterstützen.

Die Gegner der Nazis tragen in unserem Bundesland eine besondere Verantwortung, um Bürgerrechte zu sichern, Neonazis zu bekämpfen und der antidemokratischen Militarisierung im Innern - Zivil-Militärische Zusammenarbeit a la Heiligendamm - zu begegnen. Es war unsere Landesregierung,

  • die ein Verfassungsschutzgesetz für die Onlinedurchsuchung durchsetzte,
  • die mit dem Festhalten am V-Leute-Konzept gewollt oder nicht der NPD half und diese nun sogar noch teilweise mit Waffen versorgt und
  • die mit dem Paragraphen 21 des Versammlungsgesetzes die antifaschistischen "Störer" von extremrechten Aktivitäten bekämpfte.
  • Dem wirksamen Vorgehen gegen die rechten "Kameradschaften" und gegen die NPD verweigert sich diese CDU-FDP-Regierung. Woche für Woche dürfen Neonazis in unseren Städten aufmarschieren.
  • NRW wurde schließlich zum Vorreiter im Abbau der gewerkschaftlichen Mitbestimmungsrechte in den Verwaltungen und der demokratischen Gepflogenheiten in den Gemeinden.

Es liegen ausreichende plausible Gründe vor, um in NRW gegen die Nazis und Neonazis, aber auch gegen andere antidemokratische Erscheinung vorzugehen. Auch die Landesparlamente müssen eine Antwort geben auf die Frage, die am 13. 10. 07 die Süddeutsche Zeitung in ihrem Leitartikel stellte: "Will der Staat seine Spitzel in der NPD schützen, oder will er die Gesellschaft vor der NPD schützen? Beides zusammengeht nicht." Weiter heißt es dort. "Ein Staat, der seine selbst erklärten Feinde einfach in Ruhe lässt, ist deshalb auch nicht besonders demokratisch, sondern besonders töricht."

Wir geben Ihnen - sofern er Ihnen noch nicht bekannt ist - den Text der Unterschriftensammlung "NoNPD" zur Kenntnis. Und wir bieten ihnen zugleich an, in Ihre Sprechstunde im Wahlkreis zu kommen, um mit Ihnen unser Anliegen näher zu erörtern.

Wir hoffen auf Ihre positive Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Angenfort, Landessprecher der VVN-BdA NRW, Bundessprecherkreis der VVN-BdA 

Ulrich Sander, Landessprecher der VVN-BdA NRW