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Nazis raus aus dem Internet

 

14.04.05

"Dieser Mord war vorhersehbar, worauf wir auch immer wieder hingewiesen haben!"

Betr. Trauer um erstochenen Dortmunder Punk

Sehr geehrte Frankfurter Rundschau!

Bitte veröffentlichen Sie diesen wichtigen Leserbrief - auch wenn er Sie kritisiert und auch wenn er von mir ist. 

Betr. Trauer um erstochenen Punk 6.4.05

Der Mord war nicht Höhepunkt eines "Dauerkonflikts zwischen linken und rechten Gruppierungen in Dortmund", wie Sie unter Bezugnahme auf Verfassungsschutz und Grüne Politiker behaupten. Auch die Darstellung, dass "dieser Fall nicht repräsentativ für die Neonazi-Szene" sei und dass eine "Deeskalation aus dem linken Spektrum" nun infrage gestellt sei, ist - um es noch vorsichtig auszudrücken - grob fahrlässig, wenn nicht schlimmer. Hätten Sie einmal das "Bündnis Dortmund gegen rechts" gefragt, ein breites Bündnis von Opferverbänden, kirchlichen Vertretern, Gewerkschaftern, Jugendgruppen und auch autonomen Gruppen, dann hätten Sie erfahren: Seit Monaten verfolgt eine unter den Augen der Sicherheitsorgane angewachsene derzeit rund 50-köpfige faschistische Bande, die sich meist "Dortmunder Kameradschaft", aber auch manchmal anders nennt, die demokratische Bildungs- und antifaschistische Jugendarbeit in der Stadt und vor allem die Aktionen des Bündnisses mit immer brutaleren Methoden. 

Den Aufrufen zur Aggression und Gewalt gegen Antifaschisten, mit denen die rechten Pogromaufmärsche sogar bei der Polizei angemeldet wurden, folgte nun der Mord. Dieser war vorhersehbar, worauf wir auch immer wieder hingewiesen haben. Gerade hatte ich namens der VVN-BdA und des Internationalen Rombergparkkomitees an den Ministerpräsidenten, an Innenminister und Justizminister des Landes NRW geschrieben, um gegen die Hinnahme von nazistischem Terror anlässlich einer Veranstaltung zur Vorbereitung der Gedenkkundgebungen zu den Karfreitagmorden in Rombergpark und Bittermark zu protestieren, gerade hatten wir gefragt: Müssen das offizielle Dortmund und das offizielle NRW nicht alarmiert sein, wenn Nazis Dortmund zu "Ihrer Stadt", zur "Nationalbefreiten Zone" erklären, in denen Andersdenkende, anders Aussehende und Ausländer sich nicht "ungestraft" entfalten dürfen, oder wenn Straftaten angekündigt werden mit den Worten "antifaschistische Strukturen zerschlagen und am Boden halten" - da wurde dann die Ermordung des jungen Antifaschisten durch einen 17-jährigen Mann der ganz rechten Szene gemeldet. 

Dieser Mord wird in Medien und von der "Politik", wenn diese sich überhaupt äußert, als Mord an einem Punk dargestellt, doch das Opfer war auch Mitglied einer Gruppe, die beispielsweise die genannte Saalveranstaltung, auf der die Zeitzeugin Lore Junge sprach, schützen half. 

Seit dem Wahlsieg der Nazis in Brandenburg und Sachsen und den Erklärungen des Bundesverfassungsgerichts, wonach Nazismus allenfalls eine "missliebige Meinung" darstelle und ein NPD-Verbotsantrag zurückgewiesen wurde, ist die rechte Szene völlig durchgeknallt, sieht sie sich kurz vor der "Machtergreifung", stellt sie die "Machtfrage" und glaubt sie, alle, die sich ihnen in den Weg stellen, "bestrafen" zu können. Nun wissen wir, dass damit auch die Todesstrafe gemeint ist. Doch die Justiz und die Polizei haben sich darauf verlegt, bei Naziaktivitäten den Verkehr zu regeln und die Faschisten sich frei entfalten zu lassen. Ihre Pressesprecher reden vom "Hochschaukeln" von rechts und links. Höhnisch bedankten sich die Nazis bei der Polizei für die Hilfe, die sie am 21. März im Dortmunder Norden und bei anderer Gelegenheit genossen. 

Wir trauern mit den Angehörigen des ermordeten jungen Mannes und Vaters dreier Kinder. Wir verurteilen das Gewähren lassen des Faschismus in Deutschland, das nun ein neues Todesopfer gefordert hat -  als Opfer in einer "national befreiten Zone". Wenn man sich hierzulande nur Gedanken macht, wie den Nazis das Brandenburger Tor zu versperren sei, aber ihnen ansonsten alle Tore und Türen geöffnet bleiben, dann muss eine weitere Eskalation rechten Terrors befürchtet werden. 

Wir fordern das Verbot der "nationalen" Kameradschaften und der NPD als terroristische Vereinigungen.

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"Wir fordern das Verbot der "nationalen" Kameradschaften und der NPD als terroristische Vereinigungen"

Erklärung von Ulrich Sander, Landessprecher der VVN-BdA, zum Mord der Nazis an Thomas Schulz