08.08.04
Einstellung des Verfahrens gegen Ulrich Sander von der VVN dringend gefordert
Anträge an die Staatsanwaltschaft Dortmund und an das Bundesverfassungsgericht
Es ist nun über ein Jahr her, da legten der Beteiligung an Kriegsverbrechen in Griechenland verdächtige Wehrmachtsveteranen aus der Gebirgstruppe der Staatsanwaltschaft gefälschte „amtliche staatsanwaltliche“ Briefe vor und behaupteten fälschlich, diese stammten von dem Dortmunder Journalisten Ulrich Sander. Dieser hatte gemeinsam mit Historikern als Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN/BdA) rund 200 Namen von möglichen Mittätern bei Massakern ermittelt und der Staatsanwaltschaft übergeben. Diese reagierte nur mäßig auf die handfesten Beschuldigungen gegen die Gebirgsjäger, ging aber den Behauptungen der Wehrmachtsveteranen intensiv nach. Sie ermittelt nun schon seit Mai 2003 gegen Ulrich Sander wegen „Beleidigung und Amtsanmaßung“. Im Zuge der Ermittlungen wurden die Computer von Ulrich Sander und von der VVN-BdA zeitweilig beschlagnahmt, ihr Inhalt wurde kopiert und bis heute nicht zurückgegeben.
Jetzt schrieb Sanders Anwalt Herbert Lederer (Essen) erneut an die Staatsanwaltschaft Dortmund: „Die bisherigen Ermittlungen bestätigen in jeder Hinsicht, dass mein Mandant mit den ihm angelasteten Vorwürfen nichts zu tun hat. Mein Mandant hat einen Anspruch darauf, dass nunmehr das Verfahren zu Ende gebracht wird.“ Ulrich Sander fordert nicht nur die Einstellung der Ermittlungen gegen ihn und die verstärkten Ermittlungen gegen die NS-Täter, er verlangt auch, dass die bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmten Daten zurückgegeben werden. Er hat in diesem Sinne beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.
gez. Ulrich Sander
Donnerstag, 05.08.200, Bericht aus der WAZ Dortmund:
Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen Journalisten
Ulrich Sander verlangt Verfahrenseinstellung
Wegen des Verdachts der Beleidigung und Amtsanmaßung ermittelt die Staatsanwaltschaft Dortmund gegen den Journalisten Ulrich Sander. Sander ist Sprecher der Vereinigten der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA). Seit Mai 2003 wird gegen ihn ermittelt. Damals wurde der PC des Journalisten beschlagnahmt.
Dr. Ina Holznagel, Oberstaatsanwältin: "Wir haben damals die Festplatte kopiert und das Gerät zügig wieder zurückgegeben." Eine Auswertung habe keine Ergebnisse gezeitigt.
Der Aktion der Staatsanwaltschaft waren anonyme Schreiben vorausgegangen, die auf gefälschten VVN-BdA-Briefköpfen bundesweit an mehrere vermeintliche Mittäter von Massakern während des Naziregimes geschickt worden waren. Sander hatte zuvor für den VVN-BdA eine Liste mit rund 200 möglichen Mittätern für Greueltaten von ehemaligen Gebirgsjägern in Griechenland an die Staatsanwaltschaft gerichtet, damit diese Ermittlungen aufnehme. Die Reaktion sei "nur mäßig" gewesen, kritisiert Sander, der sich zu Unrecht verfolgt sieht. Er fordert auch die Herausgabe der Kopie seiner Festplatte und teilte der WAZ mit, dass er deswegen Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt habe.
"Wir nehmen die Sache der Amtsanmaßung sehr ernst", so Holznagel. Den Empfängern der gefälschten Briefe sei gedroht worden. Nun sei die Polizei damit beschäftigt zu überprüfen, ob sich an den Briefen DNA-Spuren finden, mit denen man den Verfassern und Absendern der Briefe auf die Spur kommen könne. bu
Leserbrief an die WAZ Dortmund: (unveröffentlicht)
Nun also DNA-Spurensuche. Mal was neues. Wenn die Staatsanwaltschaft wirklich interessiert gewesen wäre, das Zustandekommen der gefälschten staatsanwaltschaftlichen Briefe an mögliche Kriegsverbrecher in Bayern (nicht von Briefen mit VVN-BdA-Briefkopf, wie Sie schreiben) zu klären, dann hätte ich schnell darüber Auskunft geben können, dass jedermann die in den Briefen veröffentlichten Fakten kennen konnte, nicht nur ich. Ja, sogar ein paar meiner spärlichen Haare oder etwas Spucke hätte ich vielleicht zur Verfügung gestellt. Doch die Staatsanwaltschaft wollte mich nicht als Zeugen vernehmen, sondern als Beschuldigten sehen, dem sie das Zeugnisverweigerungsrecht nehmen wollte. So hat man dann im Dezember eine Hausdurchsuchung in meiner Wohnung und im VVN-Büro in Wuppertal durchgeführt und uns die Dateien weggenommen, bis heute. Offenbar geschah dies, um sie an den Verfassungsschutz weiterzureichen. Im § 18 des Bundesverfassungsschutzgesetz wird geregelt, wie das geht: Staatsanwaltschaften unterrichten „von sich aus“ die Verfassungsschutzbehörden und senden ihnen die „ihnen bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten“, die „für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich“ sind. Es werden nun also die Mitglieder der VVN-BdA bespitzelt und nicht etwa die Ermittlungen gegen die Kriegsverbrecher durchgeführt.
Es wird nun seit 14 Monaten gegen mich ermittelt, obwohl – wie Oberstaatsanwältin Holznagel zugibt - in Sachen Fälschungen und Amtsanmaßung auf unseren Computern nichts zu finden war. Warum wird das Verfahren dann nun nicht eingestellt? Warum nun DNA-Analysen? Vielleicht flächendeckend unter allen Antifaschisten? Schaut man auch nach Bayern und Mittenwald, wo höchster Bedarf an Ablenkung von unseren Anzeigen gegen Teilnehmer an Massakern der Gebirgstruppe besteht? Wenn aus dem IHK-Bereich in Dortmund der CDU größere Geldbeträge rübergeschoben werden, dann erfolgt weder Hausdurchsuchung noch Computerbeschlagnahmung, schon gar keine DNA-Analyse, sondern es wird nach drei Monaten das Verfahren sang- und klanglos eingestellt, wie auch Ihrer Zeitung zu entnehmen war. Anders im Fall der VVN-BdA. Wie sagte schon Kurt Tucholsky: „Ich bin ja nicht gegen Klassenjustiz, sie ist nur in den Händen der falschen Klasse.“
Ulrich Sander, Dortmund/Wuppertal
Postfach 321 44388 Dortmund (keine genaue Wohnadresse, weil Nazis mich bedrohen)
Lauschangriff gegen Antifaschisten verurteilt
VVN-BdA fordert Beendigung der Ermittlungen gegen Ulrich Sander und die VVN-BdA
|