19.06.03
Aufruf: Mesut Yilmaz ausladen!/Appeal: Withdraw the invitation to Mesut
Yilmaz!
To the english version
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, politische Aktivistinnen und
Aktivisten, Initiativen,
Mesut Yilmaz, ehemaliger Ministerpräsident der Türkei, hat im Sommersemester
2003 und im Wintersemester 2003/04 eine Gastprofessur an der Ruhr-Universität Bochum im Fachbereich Sozialwissenschaften inne. Wir - das
Bündnis für Menschenrechte an der Ruhr-Universität - halten diese Ehrung für
einen schweren politischen und moralischen Fehler und fordern die Universitätsleitung auf, diese Einladung zurückzuziehen.
Wir bitten Sie, uns in unserem Protest zu unterstützen. Um dies zu tun,
können Sie
- den folgenden Aufruf unterzeichnen und an uns zurücksenden
(rauchfuss@debitel.net).
- sich direkt an die Universität und die sozialwissenschaftliche Fakultät
wenden und Ihren Protest zum Ausdruck bringen (E-mail und Faxnummern finden
Sie am Ende dieser Mail).
Aufruf: Mesut Yilmaz ausladen!
Mesut Yilmaz war in der Zeit vom Juni 1991 bis zum November 1998 mit
Unterbrechungen dreimal Ministerpräsident der Türkei. Später hatte er unter
Ministerpräsident Ecevit das Amt des Stellvertreters inne. n den Neunziger Jahren weitete sich der Krieg des türkischen Militärs gegen
die Bevölkerung in den kurdischen Provinzen der Türkei dramatisch aus.
Insgesamt verloren 30.000 Menschen in diesem Krieg ihr Leben, Tausende
Dörfer wurden zerstört, Millionen wurden aus Ihren Dörfern vertrieben. Ohne
Zahl sind die Verletzten. Ebenso endlos präsentieren sich die Listen der
Verhafteten und in der Haft Verschwundenen, der Vergewaltigten und der
Gefolterten dieser Jahre. Ministerpräsident Mesut Yilmaz ist für die Dauer seiner Amtszeit
mitverantwortlich für die Menschenrechtsverbrechen in den kurdischen
Gebieten der Türkei und in den türkischen Metropolen. In seine Amtszeiten
fielen zahlreiche Prozesse und Attentate gegen
MenschenrechtsaktivistInnen. In seiner Regierungserklärung vom März 1996 bekannte sich Yilmaz
ausdrücklich zur Fortsetzung des Krieges in Kurdistan. Mehrfach wurde die Türkei vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in
Straßburg wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt. Im November 1998
musste Ministerpräsident Yilmaz wegen möglicher Verstrickungen mit dem
organisierten Verbrechen zurücktreten.
Bis November 2002 war Mesut Yilmaz türkischer Regierungsvertreter im
Europäischen Konvent. Mit seiner Expertise in Fragen des türkischen
EU-Beitritts begründet die Universität ihre Einladung. Aus der Sicht der
Universitätsleitung und der sozialwissenschaftlichen Fakultät soll sein
Aufenthalt aber auch die Möglichkeit bieten, einen "offenen Dialog" über die
Menschenrechtssituation in der Türkei zu führen.
Aus unserer Sicht verbietet sich die Verleihung einer Gastprofessur an Mesut
Yilmaz aufgrund seiner Mitverantwortung für schwerste
Menschenrechtsverbrechen. Die Anforderung der moralischen Integrität, der
jede/r Gastprofessor/in in den Augen der sozialwissenschaftlichen Fakultät
genügen sollte, kann im Fall Yilmaz nicht angenommen werden. Ein "offener
Dialog" mit ihm muss in den Ohren der Folteropfer und ihrer Angehörigen mehr
als zynisch klingen; seine Ehrung durch eine zweisemestrige Gastprofessur
aber zeugt von einem Mangel an moralischem Urteilsvermögen seitens der
Universitätsleitung. Darüber hinaus wird das nationale und internationale Prestige der
Universität Bochum durch diese Ehrung Mesut Yilmaz' nicht gesteigert,
sondern ernsthaft gefährdet.
Die Unterzeichner/innen protestieren entschieden gegen die Ernennung von
Mesut Yilmaz als Gastprofessor an der Ruhr-Universität Bochum. Wir fordern
die Leitung der Ruhr-Universität und die Fakultät für Sozialwissenschaft
auf, die Einladung umgehend zurückzunehmen.
Die Unterzeichner/innen:
Bündnis für Menschenrechte an der Ruhr-Universität Bochum
Knut Rauchfuss, Arzt, Bochum
Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.
Promondial - Organisation für Emanzipatorische Zusammenarbeit e.V.
Internationales Zentrum für Menschenrechte der Kurden e.V., Bonn
attac-Bochum,
Friedensplenum Bochum,
terre des hommes, Bochum
Bianca Schmolze, attac-Bochum
Prof. Dr. Norman Paech, Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik
Hamburg,
Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden (PPF), Siegen,
Tobias Pflüger,
Dr. Thomas Seibert, medico international, Frankfurt,
Prof. Ahmet Tari, London,
N. Tari, London,
Kreisvorstand Bochum von Bündnis 90/Die Grünen,
Kurdische Gemeinde in Deutschland e.V., Köln,
Öznur Sezgin, Lünen,
Olaf Berg, Journalist, Hamburg,
Mustafa Birhimeoglu, Universität Münster,
Dr. Ulrich Brandt, wissenschaftlicher Assistent, Universität Kassel,
Martin Budich, Bochum, ESG Bochum,
Andreas Disselnkötter, Bochum,
Johannes Düchting, Dortmund,
Emel Engintepe, Ruhr-Uni Bochum,
Beyzade Han,
Sylvia Hellwig, Ruhr-Uni Bochum,
Corinna Heineke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, FU Berlin,
Peter Herrmann, Migrationsreferent-Bayern,
JungdemokratInnen/Junge Linke NRW,
Balázs Kerti, Neuss,
Doris Klauck, Saarlouis,
Norma Marcos, Lehrkraft Bereich Migration der Internationalen
Frauenuniversität,
Nils Matzner, Jungdemokratinnen,
Marc Mulia, wissenschaftlicher Mitarbeiter,
Universität Duisburg-Essen,
Ludwig Quidde Forum, Bochum,
Radio Bontekoe,
Christian Schnaubelt, Fachschaftsrat Sozialwissenschaft und koopt.
Vorstandsmitglied Grüne Jugend Bochum,
Helen Schwenken, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Kassel,
Verena Schmidt, Ruhr-Universität Bochum,
Anne Theuer, Ingenieurin, Waldbröl,
Till Winkelmann, Risingtide, Bonn,
Dagmar Wolf, Eine Welt Promotorin in Bochum und Mitglied im Beirat Bochum
Agenda 21,
Isabel Zorn, Virtuelle Internationale Frauenuniversität Vifu, FB
Informatik/Mathematik der Universität Bremen,
Walter Zuber, Hannover,
Susanne Zwingel, Ruhr-Universität Bochum
Bitte senden Sie ihre individuellen Proteste an:
Herrn Prof. Dr.-Ing. Gerhard Wagner
Rektor der Ruhr-Universität Bochum
UV 3/ 390
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Fax: 0234 - 32 14131
Email: rektor@rub.de
Frau Prof. Dr. Ilse Lenz
Dekanin der Fakultät für Sozialwissenschaft
GC 04/
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Fax: 0234-14507
Email: ilse.lenz@rub.de
Mit Kopie an das Bündnis für Menschenrechte an der RUB zurücksenden
(rauchfuss@debitel.net).
Vielen Dank für Ihr Engagement!
Mit freundlichen Grüßen,
Bündnis für Menschenrechte an der RUB
(Fachschaft Sozialwissenschaft der Ruhr Universität Bochum, AStA der
Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.,
Kurdistan AG, IMK Bonn, Promondial - Organisation für emanzipatorische
Zusammenarbeit, Eine Welt Formum Bochum, Nord-Süd Büro im Bahnhof
Langendreer, Christliche Friedensgruppe Höntrop, Attac Hochschulgruppe,
Bochumer Friedensplenum, Karawane für Recht von Flüchtlingen und
MigrantInnen)
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Dear colleagues,
Mesut Yilmaz, former prime minister of Turkey, is holding a guest
professorship at Ruhr-University of Bochum, Germany. The Faculty of Social
Sciences invited him for the summer term 2003 and the winter term 2003/04.
We think that this act of honouring presents a severe political and moral
mistake and call the Head of the University to withdraw its
invitation.
We ask all of you to support our protest. To do so, you can
- Sign the following appeal and send it back to us (rauchfuss@debitel.net). We particularly collect signatures from
researchers (please sign with your title and University or place of
residence) and from organisations.
- Write directly to the Head of the University and the Dean of the Faculty
of Social Sciences and express your protest (please find e-mail addresses
and fax numbers below).
Appeal: Withdraw the invitation to Mesut Yilmaz.
Between 1991 and 1998, Mesut Yilmaz was Prime Minister of Turkey on three
occasions. Subsequently, he was deputy to Prime Minister Ecevit.
During the 1990s, the war conducted by the Turkish military against the
population in the Kurdish provinces accelerated dramatically. 30,000 men and
women lost their lives, thousands of villages were destroyed, and millions
of people were expelled from their communities. The number of injured was
endless, as were the numbers of those arrested, raped, tortured or
"disappeared" while in detention.
During his time as Prime Minister, Mesut Yilmaz was at least jointly
responsible for those human rights violations in the Kurdish parts of Turkey
and in many Turkish cities. Throughout his terms of office, numerous trials
and assassinations against human rights activists took place. In a
government declaration of 1996, Mr. Yilmaz explicitly vowed to continue the
war in Kurdistan.
The European Court of Human Rights in Strasbourg has repeatedly condemned
Turkey for its human rights violations. In November 1998 Mr. Yilmaz was
forced to resign as Prime Minister as a result of his alleged entanglement
with organised crime.
Until November 2002, Mesut Yilmaz participated in the European Convention as
the representative of the government of Turkey. His expertise on the
negotiation process for Turkey's accession to the European Union was the
principle reason for the Ruhr-University's invitation. Furthermore, in the
opinion of the Head of the University and the Faculty of Social Sciences
Yilmaz' stay will provide the opportunity to open a 'critical dialogue' on
the situation of human rights in Turkey.
In our view, because of his responsibility for the most brutal human rights
violations, it should have been out of the question to award a guest
professorship to Mesut Yilmaz. The Faculty for Social Sciences believes that
holders of a guest professorship should be persons of moral integrity. Mesut
Yilmaz, however, fails to meet this standard. >From the perspective of the
victims of torture and their relatives (many of whom are living and studying
in Bochum), the declared hope for 'critical dialogue' with Mr. Yilmaz seems
cynical. Yet, in honouring him with a guest professorship over two
terms, the university goes even further: The invitation to Mesut Yilmaz represents a lack of moral judgement on the
part of the Head of the University. Further, the invitation to Mesut Yilmaz
will by no means increase the University's national and international
prestige. Rather, this prestige is now put at risk.
The signatories to this appeal protest emphatically against this appointment
to a guest professorship awarded by The Ruhr-University of Bochum to Mesut
Yilmaz. We urge the Head of the University and the Faculty of Social
Sciences to withdraw this invitation immediately.
The signatories:
Alliance for Human Rights at Ruhr-University, Bochum
[...]
other names see german version
Please send individual protests to:
Prof. Dr.-Ing. Gerhard Wagner
Head of the Ruhr University Bochum
UV 3/ 390
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Fax: **49-234-32 14131
Email: rektor@rub.de
Prof. Dr. Ilse Lenz
Dean of Faculty for Social Science
GC 04/
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Fax: **49-234-14507
Email: ilse.lenz@rub.de
And forward us a copy to: (rauchfuss@debitel.net).
Thank you very much for your commitment!
Sincerely yours,
Alliance for Human Rights at Ruhr-University, Bochum
(Students' Representatives of the Ruhr- University and the Faculty of Social
Sciences, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V., Kurdistan AG, IMK Bonn,
Promondial - Organisation für emanzipatorische Zusammenarbeit, Eine Welt
Formum Bochum, Nord-Süd Büro im Bahnhof Langendreer, Christliche
Friedensgruppe Höntrop, Attac Hochschulgruppe, Bochumer Friedensplenum,
Karawane für Recht von Flüchtlingen und MigrantInnen)
Siehe auch für aktuelle
Informationen:
http://www.bo-alternativ.de/mfh/kampagne/yilmaz.html
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