10.01.03
Nie wieder!
1933 - 2003
Konferenz antifaschistischer Initiativen, Organisationen und
Bündnisse aus Nordrhein-Westfalen aus Anlass des 70. Jahrestages der Machtübertragung an Hitler
am 1. Februar 2003, ab 11 Uhr, in Dortmund, Dietrich-Keuning-Haus, Nähe Hauptbahnhof Nordausgang.
Vorgeschlagen vom Landesausschuß der VVN-BdA, 30. 11. 02 /
Verabschiedet im Bündnis "Dortmund gegen rechts" am
10.12.03 - Veröffentlicht 7.1.2003)
Aufruf:
Vor 70 Jahren: 30. Januar 1933 - Niederlage mit tödlichem
Ausgang
"Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache
für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr
in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum
Krieg führte. Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar
1933 trennen"
Bundespräsident Richard v. Weizsäcker Rede im Bundestag 1985
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Am 30. Januar 1933 wurde den Nazis in Deutschland die Macht
übertragen. Deren Stimmanteil war seit 1928 von 2,7 % auf 33 % im
Jahr 1932 explosionsartig gewachsen. Erst nachdem die NSDAP
Stimmen verlor, drängte vor allem die Industrie auf einen
"Reichskanzler Hitler". Schwerindustrie, Bankiers und
die Wehrmacht waren die treibenden Kräfte.
Hitler an die Macht zu bringen, dazu bedurfte es keines
Putsches. Die Eliten der Weimarer Republik versprachen sich von
ihm nicht zuletzt den zweiten Anlauf zur Weltherrschaft. Und der
war nur über den Krieg zu bekommen. Schon vier Tage nach der
Machtübertragung sprach Hitler mit den obersten Militärs und
versprach ihnen "die Ausrottung des Marxismus" und die
"Eroberung neuen Lebensraumes im Osten" sowie die
"Stärkung des Wehrwillens mit allen Mitteln", Ausbau
der Wehrmacht und Wehrpflicht.
Zunächst aber hieß die Herrschaft der Nazis: Ausschaltung der
politischen Gegner durch Terror. Zuerst die Kommunisten, dann die
Gewerkschaften, dann die SPD und die anderen politischen Parteien
und Organisationen, soweit sie sich nicht freiwillig in die Arme
der NSDAP begeben hatten. Die Betroffenen hatten kaum oder zu
spät die Kraft, gemeinsam gegen die Eliminierung der Demokratie
zu kämpfen. Martin Niemöller sagte dazu später: Er habe
geschwiegen, als die Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter
und Juden abgeholt wurden, als man ihn holte, habe es niemanden
mehr gegeben, der hätte aufschreien können.
Illusionen über die Dauer der Nazi-Herrschaft und über die
Ausmaße des Terrors herrschten bei den Nazi-Gegnern vor. Die
Nazis schafften es, ihre Gegner zu isolieren. Die Verfolgung und
Einkerkerung der Kommunisten erfolgte unter Billigung, ja
Zustimmung einer Mehrheit der nicht direkt Betroffenen. Die
Eliminierung der einen Gruppe geriet so zur Voraussetzung der
Zerschlagung der nächsten. Erst als alle Organisationen der
Arbeiterbewegung, alle gegen den Krieg auftretenden Kräfte
zerschlagen und ihre Mitglieder inhaftiert oder eingeschüchtert
waren, konnte der letztlich in Auschwitz endende Antisemitismus
der Nazis in die Tat umgesetzt werden.
"So haben Bündnis und Zusammenarbeit von
Nationalsozialismus und konservativem Nationalismus offenbart, wie
untüchtig und im Kern ausgebrannt dieser war. Keine
gesellschaftliche Gruppe hat angesichts der von der Zeit
geforderten Bewährungsprobe in ähnlichem Umfang versagt."
Joachim C. Fest, ehemaliger Mitherausgeber der FAZ
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Hitler war kein "Betriebsunfall". Er war gewollt,
seine Einsetzung geschah nach den Regeln der Weimarer Demokratie
und er bediente seine Steigbügelhalter und deren Interessen.
Diesen Zusammenhang zu verwischen ist die Aufgabe der sogenannten
Totalitarismustheorie, wonach die Weimarer Republik durch
"Extremisten von rechts und links" zerstört worden sei.
"Ich gehöre keiner Partei an. Ich habe nach allen Seiten
gekämpft, mehr nach rechts, aber auch nach links. Heute jedoch
sollten wir wissen, daß links von uns nur noch Verbündete
stehen."
Carl von Ossietzky am 16. 2. 1933
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70 Jahre danach:
Der 30 Januar 2003 gibt uns Gelegenheit, innezuhalten,
nachzudenken und gemeinsam zu diskutieren über die Lehren aus der
Geschichte. Es steht kein Hitler vor der Tür. Trotzdem gilt es,
für alle Zukunft auszuschließen, dass sich ähnliches
wiederholt. Und dafür müssen wir die Weichen stellen. Dafür
lohnt es sich, die Geschichte des 30 Januars 1933 zu erforschen
und daraus zu lernen:
Nie wieder darf die Gefahr des Faschismus unterschätzt werden!
Auch die NSDAP entwickelte sich rasend schnell zu einer
tödlichen Gefahr. Die niedrigen Wahlergebnisse von NPD, DVU, REPs
u.a. dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen. Das Potential für
eine neofaschistische Partei ist da, es wendet sich bisher anderen
Parteien zu oder bleibt den Urnen fern. Die Nazi- Schläger auf
der Straße aber reihen Demonstration an Demonstration und
erfreuen sich des Schutzes höchster deutscher Gerichte.
Nie wieder dürfen wir uns so entzweien lassen, dass Faschismus
eine Chance hat.!
Wir, die gegen die Nazis sind, wir waren und wir sind die
Mehrheit. Aber selten erkennen wir, dass das Einigende wichtiger
ist als das Trennende. Zu oft verwechseln wir die nötige
kritische Diskussion untereinander mit Ausschließungsritualen.
Nie wieder dürfen wir es akzeptieren, dass Kapital, Militär
und Eliten des Staates die Demokratie beschneiden, den Rassismus
fördern, den Krieg vorbereiten, ja führen.
Faschismus an der Macht, das war der offene Terror. Faschismus
als Bewegung ist die Bündelung von rassistischen,
militaristischen Ideen und ihrer Träger. Wir kritisieren und
bekämpfen deshalb die Ideologien, die der Faschismus sich zu
eigen machte und der in den Eliten und der Gesellschaft weit über
den Nazismus hinaus verbreitet waren und sind.
Wir sind heute in der Lage, ohne Hunger und ausgestattet mit
einer großen Anzahl von Grundrechten unsere Haltungen, unsere
Ideen zu propagieren. Kein Vergleich zur Unterdrückung nach 1933.
Nutzen wir diese Rechte offensiv. Seien wir aktive, kritische
und auf Veränderung drängende Mitglieder dieser Gesellschaft.
Kämpfen wir um jeden Zentimeter Freiheit, um gleichberechtigte
Teilnahme aller hier lebenden Menschen an dieser Gesellschaft.
Mischen wir uns ein!
Unser Bundesland NRW ist zu einem Zentrum neonazistischer
Gewalt geworden, aber auch zum Zentrum des subtilen Antisemitismus
a la Möllemann und Rassismus nach dem Motto "Kinder statt
Inder". Die Anschläge auf die Synagogen von Düsseldorf und
Essen und der nicht aufgeklärte Anschlag von
Düsseldorf-Derendorf auf eine Gruppe jüdischer Flüchtlinge
dürfen wir nicht vergessen. Immer wieder marschieren hier
Nazi-Kameradschaften mit polizeilicher und justizieller
Genehmigung auf. In Bochum, Dortmund, Voerde und vielen anderen
Städten und Gemeinden machen sich Nazischläger breit.
Laßt uns beraten, was dagegen zu tun ist.
1933 mahnt. Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus.
Wir rufen auf zur Landeskonferenz der antifaschistischen
Initiativen, Organisationen und Bündnisse am 1. Februar 2003, ab
11 Uhr, in Dortmund, Dietrich-Keuning-Haus, Nähe Hauptbahnhof
Nordausgang
Koordinierungsgruppe für die Antifaschistischen
Landeskonferenzen, gez. Kurt Heiler
Landesausschuß der Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes/Bund der Antifaschisten, gez. Josef Angenfort, Ulrich
Sander, Jochen Vogler
Bündnis "Dortmund gegen Rechts"
Attac Dortmund
(Weitere Unterzeichnerinnen und Unterzeichner/ und Org.
erwünscht.)
Tagesordnung
11 Uhr PLENUM
Eröffnung durch Herrn Oberbürgermeister (angefragt)
"70 Jahre danach - Erinnern für die Zukunft" -
Referat von Ulla Jelpke, Berlin, Publizistin,
Rechtsextremismus-Expertin
PODIUMSDISKUSSION
- mit Heinz Junge, Zeitzeuge der antifaschistischen Kämpfe um
1932/33 in Dortmund und antifaschistischer Widerstandskämpfer,
-
mit Maria Wachter, Teilnehmerin am Protest der Jugend gegen das
Treffen Hitlers mit der Wirtschaft im Industrieclub Düsseldorf
1932, antifaschistische Widerstandskämpferin,
- und mit dem
Dortmunder Zeitzeugen Valentin Frank (erlebte die Judenverfolgung
mit).
13 Uhr MITTAGSPAUSE
Danach Arbeitsgruppen:
-
"Was wurde aus ``Nie wieder Krieg``? - Deutscher
Militarismus von 1933 bis zur Enttabuierung des
Militärischen heute"
mit Wolfgang Dominik, Bochum, und Stefan Stracke,
Historiker aus Wuppertal
Excursion: Die Wehrmachtsausstellung in Dortmund und die
Auseinandersetzung mit den Verbrechern aus der Wehrmacht
- "Neofaschismus - Chancen und Schwierigkeiten der
Gegenkräfte"
mit Ulla Jelpke und Hajo Koch, Dortmund.
Es wirken mit: Vertreter des Bündnisses der
Polizeikessel-Opfer.
- "Was tun gegen den Antisemitismus hier und
heute?"
mit Vertretern des DISS, Duisburg
Über die AGs wird anschließend im Plenum berichtet.
Schlußwort: Pastor Hanno May aus Dortmund (ca. 18 Uhr).
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