04.03.03
Ulrich Sander, Dortmund
Opfer von Wehrmachtsverbrechen wollen sich zu
Pfingsten in Mittenwald treffen
Die Staatsanwaltschaft in München hat das
Ermittlungsverfahren gegen zwei österreichische Träger von
Hakenkreuzorden beim Pfingsttreffen der Gebirgsjäger 2002 am
Hohen Brendten in Mittenwald eingestellt. Jetzt drängt die
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten
darauf, diejenigen Teilnehmer des vorjährigen Traditionstreffens
auf dem Gelände der 10. Bundeswehr-Panzerdivision, die schwerer
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit verdächtig
sind, endlich strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Die Staatsanwaltschaft führte aus, die beiden
ehemaligen Angehörigen der 1. Gebirgsdivision der Wehrmacht
hätten nicht gewusst, daß das Tragen von Hakenkreuzorden in
Deutschland verboten sei, und sie hätten nicht das NS-Regime
verherrlichen wollen. Zudem seien die Hochbetagten mit der
Einleitung des Ermittlungsverfahrens genug bestraft worden.
Zu weiteren Strafanzeigen gegen rund einhundert
ehemalige Angehörige der 1. Wehrmachts-Gebirgsdivision, von denen
sich vermutlich eine unbekannte Anzahl unter den Teilnehmern des
Treffens befand, erwartet die VVN-BdA Stellungnahmen der
Zentralstellen für die Verfolgung von NS-Verbrechen in
Ludwigsburg und Dortmund sowie von der Generalstaatsanwaltschaft
München. Jugendliche, die Pfingsten 2002 während des Treffens
auf die vermuteten NS-Straftaten und möglichen Täter aufmerksam
machten, waren zeitweilig von Ermittlungen der Polizei und der
Justiz wegen „Beleidigung“ und „Hausfriedensbruchs“
betroffen. Inzwischen wurden diese Ermittlungen eingestellt.
Nicht nur die Justiz, sondern auch die Bundeswehr, die seit
Jahrzehnten die umstrittenen völkisch-militaristischen
Gebirgsjägervereinigungen auf ihrem Gelände bei Mittenwald ihre
Treffen abhalten lässt, wurde von der VVN-BdA ebenfalls in die
Pflicht genommen. In einem Brief an den zuständigen General in
Sigmaringen, dem Sitz der Division, heißt es: „Sie, Herr
General Oerding, waren 2002 als Chef der 10. Panzerdivision
Gastgeber der Wehrmachtsveteranen und Bundeswehrreservisten der
Gebirgstruppe. Und sie werden es vermutlich dieses Jahr wieder
sein. Wir ersuchen Sie, nunmehr auch den Opfern mancher dieser
Veteranen Gelegenheit zu geben, sich zu treffen. Bitte stellen Sie
dazu in Mittenwald zu Pfingsten 2003 geeignete Einrichtungen der
Bundeswehr zur Verfügung.“
Antifaschisten der VVN-BdA und des Historikerkreises „angreifbare
traditionspflege“ planen für den 7./8. Juni 2003 ein Treffen in
Gestalt eines Hearings, eines Mahngangs und einer Versammlung auf
dem Parkplatz vor dem Hohen Brendten in Mittenwald, dem
höchstgelegenen deutschen Kurort. Teilnehmen werden Vertreter der
griechischen Opfergemeinden, die von SS- und Wehrmachtsverbrechen
schwer betroffen waren, ferner italienische Überlebende des
Verbrechens von Kephallonia, deutsche Zeitzeugen und Opfer des
Faschismus sowie Historikerinnen und Historiker. Sie wollen über
das Geschehene informieren und der Forderung nach Entschädigung
der Opfer wie der Bestrafung der Täter Nachdruck verleihen.
Ulrich Sander
VeranstalterInnen des Treffens:
AK Angreifbare
Traditionspflege, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
VVN-BdA, unterstützt vom AK Distomo
Kontakt: AK Angreifbare
Traditionspflege angreifbare.tradition@freenet.de - Postanschrift:
Antifaschismus-Referat Bergische Universität
Wuppertal Max-Horkheimer-Str. 15 42119
Wuppertal - Spendenkonto: Freie Medien „Traditionspflege“
Postbank Essen Ktr. 470834437 BLZ. 36010043
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