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19.05.03

Dormagener Dokumente im Moskauer Museum

Schülervertretung der Gesamtschule war auf Gegenbesuch

Erwartungsvolle Stille herrschte, als der Kriegsveteran Oberst a.D. Boris Alexandrowitsch Korolev zusammen mit einer Gruppe um den 95 Jahre alten ehemaligen Häftling D. P. Orlow das Stukenbrock-Museum in der Moskauer Schule 863 betritt. Eng an ihrer Seite: die Delegation der Schülervertretung (SV) der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule aus Dormagen.

Eine große Fülle an Informationen und Eindrücken prägte den Gegenbesuch der Dormagener SV bei ihren Gastgebern, die ganz im Süden der russischen 11-Millionen-Metropole um die Endstatuion der Metrolinie 6 im Witzewski-Park wohnen. Bis zu 22 Stockwerke sind die Wohnhäuser hier hoch. In ihrer Mitte die Schule, gesäumt vom ersten Grün der unzähligen Birken.

Professor Dr. Wladimir I. Naumow, der ehemalige KZ-Häftling Iwan A. Kovalev, Frau Kovalev und SV-Lehrerin Bettina Ohnesorge (von links) im angeregten Gespräch mit weiteren Gästen und den Schülern

Professor Dr. Wladimir I. Naumow, der ehemalige KZ-Häftling Iwan A. Kovalev, Frau Kovalev und SV-Lehrerin Bettina Ohnesorge (von links) im angeregten Gespräch mit weiteren Gästen und den Schülern

Valeria, eine junge, 13 Jahre alte Russin, die in Berlin aufwuchs, übersetzt unermüdlich, denn zahlreiche Dokumente, Schilder, Briefe finden das Interesse der deutschen Schüler. Dann kommt eine weitere Station, die sich den Gästen ohne Mühe erschließt, denn russische Schüler haben Fotos, Zeitungsausschnitte, Grußworte von ihrem Besuch in Dormagen mitgebracht und ausgestellt. Professor Dr. Wladimir I. Naumov und der Lehrer Oleg Mikuschonow, die russischen Initiatoren der Begegnungen, haben dabei fleißig geholfen. Die ehemaligen russischen Häftlinge und Soldaten sind begeistert von dem Engagement der deutschen Schülerinnen und Schüler.

Beim Treffen der Veteranen wird anlässlich des 9. Mai, des Tages des Sieges im "Großen Vaterländischen Krieg", noch einmal die Forderung wiederholt: "Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!" Diese Lehre vermittelt den Schülern auch Iwan Alexandrowitsch Kovalev. Sie treffen ihn zusammen mit zwei Frauen, die ebenfalls in mehreren Konzentrationslagern eingesperrt waren, in einer anderen Schule. Auch hier haben die russischen Schüler ein eigenes Museum über den Krieg eingerichtet. Verena Smitmans, Schülersprecherin aus Dormagen: "Es ist für uns bewundernswert, welche Arbeit die Schüler auch in diese Einrichtung gesteckt haben!"

Wie auch von deutschen Kriegsgefangenen in Russland Aktivitäten gegen Hitler entwickelt wurden, wird beim außerordentlich informativen Museum in Krasnogorsk deutlich: Zahlreiche Dokumente unter anderem von Generalfeldmarschall Paulus sind zu sehen. Nachgebaut ist ein Unterstand, aus dem die deutsche Frontlinie durch große Lautsprecher aufgerufen wurde, den Krieg einzustellen. Die Dormagener Schüler sind sich einig: In diesem Museum könnten sie einen ganzen Tag auf "Forschungsreise" gehen. Im "antifaschistischen Klassenzimmer", das zu diesem Museum gehört, haben sich einige Russen auf Spurensuche begeben.

Durch die Vermittlung der Deutsch-Russischen-Gesellschaft hat die Reise auch einen "offiziellen Charakter" bekommen. In der Duma, dem russischen Parlament, kommt es zu einem freundschaftlichen Gedankenaustausch mit dem Abgeordneten P. A. Medwedjew. Er versichert den Schülern, dass alle Zwangsarbeiter - nach einem Finanzskandal vor einigen Jahren - nun das Geld für die Entschädigung sicher bekommen sollen. Anschließend führt der Weg durch weitere Fraktionssäle.

Ein touristisches Programm mit den Sehenswürdigkeiten im Kreml, mit dem Lenin-Mausoleum und der Metro ergänzte die vielfältigen Eindrücke. Die deutschen Schüler - und auch die russischen - haben sich fest vorgenommen, dass sie ihre Zusammenarbeit in Dormagen und Moskau gemeinsam fortsetzen wollen. Erste Pläne gibt es bereits für die Zeit um den 1. September. An diesem Tag begann vor 64 Jahren mit dem Überfall der deutschen Truppen auf Polen der Zweite Weltkrieg.

Uwe Koopmann

SV-Landesverbindungslehrer NRW