02.02.03
Erklärung der VVN-BdA-Bundesorganisation zum
70.Jahrestag des 30. Januar 1933
Faschismus ist keine Meinung,
sondern ein Verbrechen!
Der 30.Januar ist kein "Gedenktag", er ist für alle
antifaschistisch orientierten Menschen eine Verpflichtung,
jegliche Wiederholung zu verhindern.
Es gilt zu verhindern, dass erneut die Organisationen der
Arbeiterbewegung verfolgt werden. Gewerkschafter, Kommunisten und
Sozialdemokraten waren die ersten, die in die Konzentrationslager
verschleppt, deren Organisationen verfolgt, verboten und
zerschlagen wurden.
Es gilt zu verhindern, dass erneut die demokratischen Rechte
und Freiheiten mit Füßen getreten werden. Mit
"parlamentarischer Ermächtigung" wurden die Rechte des
gewählten Parlamentes aufgehoben. Im nächsten Schritt wurde
politisch Andersdenkende und jüdische Wissenschaftler durch
Berufsverbot und Bücherverbrennung aus dem öffentlichen Leben
verdrängt.
Es gilt zu verhindern, dass Kriegspolitik erneut das
gesellschaftliche Leben dominiert. Von Anfang an prägten
Gleichschaltung und zunehmende Militarisierung der Gesellschaft
bis zur praktischen Kriegsvorbereitung die Politik des deutschen
Faschismus.
Es gilt zu verhindern, dass Rassismus und Antisemitismus wieder
zu Maximen staatlichen Handelns werde. Rassistische Ausgrenzung
durch Pogrome und Nürnberger Rassegesetze schufen die
Voraussetzung zur Verfolgung von Menschen jüdischen Glaubens und
jenen, die nach faschistischen Rassekriterien als jüdisch
bezeichnet wurden.
Wir erinnern daran, dass der Aufstieg der faschistischen
Kräfte nicht im politisch "luftleeren" Raum stattfand.
Einflussreiche Kräfte aus Militär, Industrie, Banken und der
reaktionären Elite haben den Aufstieg der NSDAP maßgeblich
gefördert und politisch unterstützt.
Uns ist bewusst, dass die gegenwärtige Berliner Republik nicht
mit Weimar vergleichbar ist, dennoch kann uns die Erfahrung aus
der Zeit vor dem Faschismus nicht unberührt lassen:
Angekündigter Staatsbankrott, massive Eingriffe in die
Tarifautonomie, massiver Abbau der sozialen Sicherungssysteme,
Massenarbeitslosigkeit als Langzeitdrohung - all dies sind
Situationsbeschreibungen, die auch das Ende der Weimarer Republik
kennzeichneten.
Wir können die Augen nicht vor Entwicklungen verschließen,
die uns Sorgen bereiten müssen. Rassistische Ausgrenzungen finden
trotz „Zuwanderungsgesetz“ staatlich sanktioniert statt. Diese
richten sich gegen Asylsuchende, gegen Sinti und Roma, gegen
Menschen, die als Bürgerkriegsflüchtlinge in unserem Land sind.
Antisemitismus wird selbst von Vertretern etablierter politischer
Parteien als Wahlkampfthema eingesetzt.
Problematisch ist die Toleranz gegenüber neofaschistischen
Aktivitäten. Dabei erleben wir, dass sich Politik und Justiz zum
Teil recht widersprüchlich verhalten. Klare Entscheidungen
höchster Gerichte über das Verbot von Naziaktivitäten und
NS-Verherrlichung stehen einer tolerierenden Rechtsprechung von
Bundesgerichten gegenüber. Anders als vor 70 Jahren besitzen
jedoch die faschistischen Kräfte noch keinen realen
Masseneinfluss, der sich in einer längerfristigen Etablierung in
den Parlamenten ausdrückt. Dies kann - wenn man z.B. die
Wahlergebnisse für die DVU in Sachsen-Anhalt von 1998 betrachtet
- uns als Antifaschisten nicht beruhigen.
Daher ist es notwendig, politische Gegensignale gegen alle
Ansätze extrem rechter und faschistischer Ideologie und Politik
zu setzen. Dazu gehört es, neben der Erinnerung an die
verbrecherische Politik auch die gesellschaftlichen Kräfte zu
benennen, die zur Errichtung und Etablierung faschistischer
Herrschaft beigetragen hatten.
- Dazu gehört es, allen Ansätzen extrem rechter Politik und
Ideologie entgegenzutreten.
- Dazu gehört es, Demokratie und Freiheiten zu verteidigen
und Sozialabbau entgegenzutreten.
- Dazu gehört es, sich für tatsächliche Friedenspolitik
einzusetzen und jeglicher Kriegspolitik und Kriegsbeteiligung
unseres Landes entgegenzutreten.
Nie wieder Faschismus - nie wieder Krieg!
ViSdP. Dr. Ulrich Schneider, c/o VVN-BdA
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