29.12.2017
Hoffnungsschimmer am Politikhimmel
VVN-BdA beglückwünscht Partei Die Linke zum zehnjährigen Bestehen in NRW
Silvia Rölle hat auf der Veranstaltung
zum zehnten Jahrestag des Landesverbandes NRW der Partei Die Linke im
Namen der VVN-BdA eine Grußrede gehalten. Die Landessprecherin
der VVN-BdA betonte die gemeinsamen Aufgaben von „VVN, Partei Die
Linke, von Demokraten, Sozialisten, Kommunisten, Sozialdemokraten und
Gewerkschaften: Es geht weiterhin um klare Positionen gegen
Sozialabbau, Krieg, Aufstockung der Militärausgaben und klare
Abgrenzung gegen rechts.“ Der Wortlaut der Rede – es gilt
das gesprochene Wort – vom 18.11.2017 in Düsseldorf wird
hiermit veröffentlicht:
Liebe Freundinnen und Freunde!
Wenn ich mich hier so umsehe, so sehe ich einen roten
Hoffnungsschimmer am schwarz-braunen Polithimmel aufziehen, da hier so
viele junge Menschen sind. Das macht mir Hoffnung.
Im Namen der VVN gratuliere ich zu eurem 10-jährigen Bestehen.
Ich bedanke mich im Namen der VVN - Landesverband NRW
für die Einladung und für die Gelegenheit, hier sprechen zu
dürfen.
Wir die VVN-BdA sind ein überparteilicher
Zusammenschluss von Verfolgten des Naziregimes,
Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern,
Antifaschistinnen und Antifaschisten aller Generationen. Der Schwur von
Buchenwald ist einer unserer wichtigsten Leitgedanken. Der Schwur von
Buchenwald, dass ist das Vermächtnis der 21.000 überlebende
Gefangenen aus sechzehn Ländern. Menschen, die die
Brutalität, die Unmenschlichkeit, die Todesmaschinerie, die
Folterungen und systematische Auszehrung durch Arbeit bis zum Tod durch
den Faschismus hautnah erlebt und erlitten hatten. Ausgemergelt, kaum
noch die Kraft zu stehen, ließen sie es sich nicht nehmen, nach
der Selbstbefreiung des KZ ihrer ermordeten Kameraden zu gedenken.
Am 19. April 1945 hielten sie auf dem Appellplatz des
Lagers Buchenwald eine Trauerkundgebung, die zugleich eine machtvolle
Demonstration gegen den Faschismus war, ab. Ihren Widerstand gegen den
Faschismus und ihre geistige Kraft konnte der Faschismus nicht brechen.
Sie boten dem Faschismus nochmals die Stirn, indem sie auf dem
grauenvollen Appellplatz des KZ Buchenwald – dem Ort wo sie
täglich stramm vor ihren Peinigern stehen mussten und auch von
ihren Peinigern misshandelt oder getötet wurden – sich
schworen, dass so eine Unmenschlichkeit nicht wieder geschehen darf.
Sie schworen mit erhobenem Haupt mit aller Kraft den Faschismus zu
bekämpfen. Sie schworen – ich zitiere:
„Die Vernichtung des
Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen
Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Dass dieser Schwur der befreiten Häftlinge des
Konzentrationslagers Buchenwald bis heute aktuell bleiben würde,
hat damals im April 1945, niemand geahnt. Er ist unverändert
gültiges Leitmotiv der „Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und
Antifaschisten“ (VVN-BdA).
Niemand konnte sich
1945 vorstellen, dass nach den Gräueltaten der Nazis und nach der
Befreiung vom Faschismus dieser Schwur vom Verfassungsschutzverbund der
Verfassungsschutzämter verunglimpft wird.
Die VVN-BdA wird im Zusammenhang mit dem
Buchenwaldschwur vom Verfassungsschutzverbund auf die Liste der
verfassungsfeindlichen Organisationen gesetzt. Damit werden die
während der Naziherrschaft verfolgten Antifaschisten und die in
ihrem Geist Handelnden wiederum verfolgt und Repressalien ausgesetzt.
Und dies von einem sogenannten Verfassungsschutz, über dessen
unrühmliche Verwicklungen in die Verbrechen und Untaten des NSU
(nationalsozialistischer Untergrund) immer wieder neue Erkenntnisse an
die Oberfläche kommen.
Warum passiert das und warum in der jetzigen Zeit?
Für unseren Bundeskongress im April 2017 hatten wir
das Motto „Deutsche Großmachtträume platzen lassen.
Rechtsentwicklung stoppen. Menschenrechte verteidigen“
gewählt.
Deutschland rüstet auf. Die Militärausgaben
sollen auf 2% des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden. Unter dem
Vorwand der sogenannten Terrorbekämpfung ist Deutschland in zig-
Ländern der Welt militärisch aktiv. Seit 20 Jahren wird
angeblich versucht, mit militärischen Mitteln sogenannte
„failed States“(gefallene Staaten) zu stabilisieren und
unsere Sicherheit zu verteidigen. Das hat am Hindukusch nicht
funktioniert und auch nicht sonst irgendwo. Unter dem Vorwand der
sogenannten Terrorbekämpfung Deutschland in zig- Ländern der
Welt militärisch aktiv.
Geht es wirklich nur um Terrorbekämpfung?
In regierungsnahen Strategiepapieren wird schon
länger über Sicherung von Handelswegen und Rohstoffen
gesprochen. Krieg wird wieder zum kalkulierten Mittel der Politik.
Diese bittere Wahrheit verbirgt sich hinter den medialen
Nebelwänden von angeblicher Terrorabwehr und
Menschenrechtsförderung mit Waffengewalt.
Und hat Militarisierung nicht immer schon in der Geschichte auch eine innenpolitische Komponente?
Aufrüstung,
Kriegsvorbereitung, das lehrt uns die Geschichte gerade Deutschlands,
war immer verbunden mit Demokratieabbau und innerer Repression.
Als Antifaschistin, als Landessprecherin der VVN/BdA,
einer Organisation, die von KZ-Häftlingen, von
Widerstandskämpfern gegen die Nazibarbarei gegründet und
geprägt wurde, bin ich alarmiert, wenn ich erfahren muss, dass das
Drohnennarsenal der Bundeswehr noch erweitert wird. Wenn ich
Berichte lese, dass ein Ausbildungs- und Ausrüstungsschwerpunkt
des Heeres Aufstandsbekämpfung, Stadtkampf, Ortskampf und Häuserkampf
ist. Und wer sagt uns, dass diese militärische Fähigkeit
nicht unter veränderten innenpolitischen Bedingungen auch im
Inland eingesetzt werden könnte?
Die Hamburger Ereignisse rund um G20 im Sommer haben uns das gezeigt.
Erschreckend war, und hier bin ich wieder beim
Zusammenhang von Militarisierung und Demokratieabbau, wie der
„tiefe Staat“ jenseits von demokratischer Kontrolle
praktisch erprobt, was möglich ist:
Da wurden junge Gewerkschafter und Mitglieder der Falken
aus dem Bus heraus verhaftet und stundenlang festgehalten. Die
Pressefreiheit wurde eingeschränkt, Journalisten kriminalisiert
und von der Berichterstattung ausgeschlossen. Der Grund waren
Einträge in einer geheimen Datensammlung des BKA mit
hunderttausenden Einträgen. Einer Datei, von der die
Öffentlichkeit erst jetzt erfahren hat. Mit völlig
wahrheitswidrigen Beschuldigungen, wie erste Überprüfungen ergaben.
Die unbillige Härte der
„Rechtsprechung“ über die angeklagten G20- Gegner
bedarf keiner Kommentierung. Sie spricht für sich. Der Weg geht
nach rechts. Freie Meinungsäußerung, Wahrnehmung des
Demonstrationsrechts werden mit harten Strafen geahndet. So schafft man
Angst und hält Menschen davon ab, für ihre Rechte einzustehen.
Militarisierung nach
außen, Abbau sozialer und demokratischer Rechte, gerade in Zeiten
ökonomischer Krisen. Warum erzähl ich das?
Wir wissen heute - ich zitiere den US-amerikanischen
Hauptankläger, Brigadegeneral Taylor: „dass ohne die
Zusammenarbeit der deutschen Industrie und der Nazi-Partei hätten
Hitler und seine Parteigenossen niemals die Macht in Deutschland
ergreifen und festigen können, und das dritte Reich hätte nie
gewagt, die Welt in einen Krieg zu stürzen“. Weiterhin
zitiere ich unseren Bundessprecher Ulli Sander: „Die in
Deutschland praktizierte Demokratie sichert die Herrschaft der Reichen
und Mächtigen auch wenn diese nicht die Mehrheit der
Bevölkerung stellen. Das große Geld entscheidet.“
Wer sind heute die Flicks, Stinnes und Konsorten? Es
sind ThyssenKrupp; Heckler & Koch, Rheinmetall, MTU und viele
andere mehr die mit der Aufrüstung gut verdienen.
Die am 13.11.2017 von den EU-Mitgliedern unterzeichnete
Kooperationsvereinbarung „Pesco“ sichert ihnen erhebliche
Gewinne. Die EU-Militärkooperation PESCO beinhaltet vor allem eine
deutliche Steigerung der nationalen Militärausgaben. Schon im
NATO-Beschluss zur schrittweisen Erhöhung der Militärausgaben
auf zwei Prozent des BIP ist das vorgesehen. PESCO ist „ein
weiterer Schritt in Richtung Armee der Europäer", wie von der
Leyen den Weg zu einer Europäischen Armee beschreibt. Die deutsche
Beteiligung daran beruht auf der gemeinsamen Vorlage der noch
amtierenden Minister von der Leyen und Gabriel. Gabriel hatte bisher
die Forderung nach Erhöhung der Rüstungsausgaben nach den
NATO-Kriterien verbal abgelehnt. Mit der nun beschlossenen
Militärkooperation wird die Aussage des Ministers Gabriel
unglaubwürdig.
Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter
auseinander. Sozialabbau auf der Seite der Armen und Rettung der Banken
auf der anderen Seite. Die, die schon wenig haben dürfen den
Reichen unter die Arme greifen. Gesetzesänderung zum Nachteil der
Arbeitnehmer und der Gewerkschaften – Stichwort:
Tarifeinheitsgesetz. Wenn wundert es, dass die Gebeutelten auf
scheinbare Heilsbringer mit leichten Lösungen (die
Flüchtlinge sind schuld) herein fallen und rechts wählen. Die
Medien, de Maiziere und seine Mitstreiter beten gebetsmühlenartig
herunter, dass viel zu lange nach rechts gesehen wurde aber der
Linksextremismus der Hauptfeind sei. Dieser Rechtsentwicklung muss
entschieden Einhalt durch ein breites Bündnis geboten werden.
Vor dieser Aufgabe stehen wir die VVN, die Partei Die
Linke, Demokraten, Sozialisten, Kommunisten und Gewerkschaften. Von
euch erwarten wir weiterhin klare Positionen gegen Sozialabbau, Krieg,
Aufstockung der Militärausgaben und klare Abgrenzung gegen rechts.
Es darf nicht sein, dass unter Beteiligung der Linken ein AfD-Mitglied
zum Bürgermeister gewählt wird Und es darf auch nicht sein,
dass mit Stimmen der Linkspartei in Berlin 100.000 Kommunalwohnungen
privatisiert worden sind.
So etwas trägt mit dazu bei, die Abgehängten
und von der Politik Verdrossenen in die Hände rechter
Rattenfänger zu treiben, die mit sozial gefärbter Demagogie
ihre rassistisch-reaktionäre Politik tarnen. Wir müssen es
schaffen, die Menschen, die Angst vor sozialem Abstiege haben, wieder
zu erreichen und Alternativen zu den Rechten aufzuzeigen. Es muss eine
breite und starke Bewegung entschieden gegen Sozialabbau,
Aufrüstung und Rassismus entstehen. Die Gewerkschaften müssen
wieder deutlicher als bisher für ihre Mitglieder Partei ergreifen
und Position beziehen.
Ich wünsche euch und uns allen viel Kraft, Ausdauer und viele Ideen für den gemeinsamen Kampf gegen Rechts.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und viel Spaß heute Abend noch.
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