26.09.2017
Wahlecho 1: Kleine
Wahlnachlese 2017 oder „Fünf Millionen Deutsche
wollen wieder einen Führer haben!“
Von Knut Maßmann, Mitglied des Geschäftsführenden Landesausschusses der VVN-BdA NRW
Nach der Landtagswahl NRW, der
nicht nur die Ablösung der rotgrünen Landesregierung
durch eine schwarzgelbe Koalition, sondern auch einen Einzug der
rechten AfD in den Landtag brachte, folgt mit der Bundestagswahl nun
die Fortsetzung. Die AfD zieht mit einem zweistelligen Ergebnis als
drittstärkste Fraktion nach CDU/CSU und SPD in den Deutschen
Bundestag im Reichstagsgebäude ein. Wie kam es dazu?
Wenn wir uns die Politik der letzten zwei
Jahrzehnte ansehen, in denen in unterschiedlichen Kombinationen CDU,
CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen an der
Bundesregierung beteiligt waren, lassen sich große
Unterschiede in der tatsächlichen Politik zwischen ihnen kaum
feststellen. Der 1998 gebildeten Regierung aus SPD und Bündnis
90/Die Grünen folgte 2005 eine sogenannte
„große“ Koalition aus CDU/CSU und SPD,
der wiederum 2009 eine Koalition aus CDU/CSU und FDP folgte. Da bei der
letzten Bundestagswahl die FDP nicht in den Bundestag eingezogen war,
bildeten CDU/CSU und SPD 2013 erneut eine
„große“ Koalition.
Sie alle betrieben mehr oder weniger eine
neoliberale Politik, die im Ergebnis die soziale Spaltung der
Gesellschaft verschärft und den sozialen Frieden
(zer-)stört. Sie alle betrieben mehr oder weniger eine
Militarisierung der Außenpolitik, die nach Außen im
Ergebnis dieselben Folgen zeitigt wie nach Innen. Eines der Ergebnisse
dieser Politik sitzt nun mit im Deutschen Bundestag: die sogenannte
„Alternative für Deutschland“.
Eine rechte
„Alternative“ für Deutschland
War der Begriff der
„Alternative“ in den 1970er und 1980er Jahren mit
den Neuen Sozialen Bewegungen und der Partei „Die
Grünen“ verknüpft gewesen, hat sich nun die
AfD diesen Begriff angeeignet. Auf der rechten Seite des
Parteienspektrums hat sie sich als sogenannte „Alternative
für Deutschland“ (AfD) gegründet.
Entstanden aus einem neoliberalen Anti-Euro-Projekt versammelt sie und
ihr Umfeld inzwischen neben neoliberalen, offen rechtsextreme,
völkische und rassistische Positionen, von denen viele gehofft
hatten, dass diese in Deutschland nach den Erfahrungen der Nazi-Zeit
keine Bedeutung mehr erlangen würden.
Gleichwohl war seit langem bekannt, dass es ein
rechtsextremes Potential in der Wahlbevölkerung gab und gibt.
Bereits im Jahre 1981 hatte die SINUS-Studie in der alten,
westdeutschen Bundesrepublik für Aufregung gesorgt, als sie
mit sozialwissenschaftlichen Mitteln ein Potential von 13 %
Wähler mit einem rechtsextremen Weltbild beschrieb. Zum
„Inventar des rechtsextremen Weltbildes“
zählt die Studie unter anderem die emotional besetzten
Begriffe „Volk, Vaterland und Heimat“, sowie
Ethnozentrismus und Rassismus. Die führenden Politiker der
Bundesrepublik würden als Marionetten der Alliierten, die
Schweiz als Vorbild einer schärferen
Ausländergesetzgebung gesehen und mit zeitlichem Abstand werde
die Gedankenwelt der Nazis wieder unbefangener propagiert. Neben der
Wahrnehmung der wirtschaftlichen Krise werde im rechtsextremen Weltbild
vor allem ein Werteverfall in der Gesellschaft festgestellt.
Es ist geradezu verblüffend, wie deutlich
die Ergebnisse der SINUS-Studie in das Bild passen, das die AfD, ihre
Anhänger und ihr Umfeld mit PEGIDA & Co heutzutage
geben. War es bislang rechtsextremen Parteien wie der NPD, aber auch
den Republikanern, nicht gelungen, in den Deutschen Bundestag
einzuziehen, so hat mit der AfD das latente, rechtsextreme Potential
der Wahlbevölkerung seinen parteipolitischen Ausdruck gefunden.
Knut Maßmann, Mitglied des
Geschäftsführenden Landesausschusses der VVN-BdA NRW
Der Artikel erschien ursprünglich im Blog
„Antifaschistisches Gelsenkirchen“:
https://antifaschistischesgelsenkirchen.wordpress.com/2017/09/24/kleine-wahlnachlese-2017-oder-fuenf-millionen-deutsche-wollen-wieder-einen-fuehrer-haben/
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