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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

03.07.2017

Diskussionsbeitrag von Ulrich Sander zu den Aufgaben der Friedensbewegung aus Sicht der Bewegung aus Nordrhein-Westfalen

In Kassel traf sich am 1. Juli 17 die Arbeitsgemeinschaft Frieden des Bundesausschusses der VVN-BdA. Ulrich Sander (Dortmund) führte aus:

Winston Churchill schrieb nach dem Zweiten Weltkrieg, der Westen habe Russland vor Kriegsbeginn mit „Verachtung“ behandelt und Hitler gewähren lassen; „dafür mussten wir später teuer bezahlen“. Das Ziel Frankreichs und Englands war es, Hitler gegen Russland in Stellung zu bringen, statt Russland als Partner für den Frieden anzusehen. Das erleben wir heute wieder. Donald Trump – dieser abenteuerliche und höchst gefährliche Mann – wird nicht etwa gestoppt, sondern in Stellung gebracht gegen Russland. Die Kritik der Bundesregierung an Trump beschränkt sich darauf, dass er die NATO nicht genug unterstützt. Statt Frieden mit Russland zu machen, wird die NATO ausgebaut – übrigens auch als Instrument des Mr. Trump. Und es werden deutsche Soldaten an die russische Grenze verlegt.

Seit vier Jahren wird die Ukraine gegen Russland aufgerüstet. Bereits am 25. Februar 2014 stand ein bezeichnender Artikel der Moskauer Vertreterin des internationalen Thinktanks "Carnegie Endowment for international Peace", Lilia Shevtsova, in der Süddeutschen Zeitung, um zu verkünden, wie man die russische Gesellschaft umkrempeln will: "In der Ukraine ist das postsowjetische Entwicklungsmodell zusammen gekracht. … Man müsste im Auge behalten, dass ähnliche Umwälzungen auch in anderen Ländern möglich sind. … Für den Kreml ist es eine Existenzfrage. Denn jede Revolution in einem 'Brudervolk' kann in der russischen Gesellschaft den Wunsch wecken, diesem Beispiel zu folgen.“ Es gibt viel Aufregung über Putins angebliche Einmischung in den USA, aber keine Besorgnis darüber, dass die Politik des Westens zum „Regime Change“ all überall beibehalten wird und auch in Russland selbst.

Vor einem Jahr gab es Äußerungen aus der SPD, die gegen das antirussische Säbelrasseln gerichtet waren. Davon hört man nun nichts mehr. Ohne, dass es ein Thema ist, hat die Große-Koalition-Bundesregierung in Übereinstimmung mit der Landesregierung aus NRW ein waffenstarrendes Land gemacht. Allerdings: die Ablehnung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr, beschlossen von SPD, Grünen und LINKEN ist ein kleines Hoffnungszeichen.

Gegen die Hochrüstung hat die VVN versucht, im Wahlkampf mobil zu machen. An alle derzeitigen Landtagsabgeordneten und an die Kandidaten zur Landtagswahl am 14. Mai hat die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten geschrieben:

„Ganz zuerst wollen wir Sie bitten, sich des Themas Krieg oder Frieden auch im Landtagswahlkampf und dann im Landtag anzunehmen.“ NRW ist übersät mit Militärstandorten, die wie Magneten das Unheil anziehen können, und es „ist zum hauptsächlichen Aufmarschgebiet für sehr aktuell drohende Kriege gemacht worden.“ Wir meinen: „ Die NATO-Einrichtungen in Nordrhein Westfalen sind zu beseitigen.“

Bei allen Entscheidungen sollten sich die Politiker an der Landesverfassung  orientieren, erklärten wir weiter. Und dies gilt auch nach der Wahl. Was bedeutet das?

In Artikel 7 der Landesverfassung wird die Erziehung „zur Völkergemeinschaft und zur Friedensgesinnung“ verlangt. Deshalb müsse „der Kooperationsvertrag der Landesregierung mit der Bundeswehr muss gekündigt werden.“

Wir zitieren Artikel 27 der NRW-Landesverfassung: „Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden.“ Auf der Grundlage dieses Artikels sollten Betriebe wie z.B. Thyssen-Krupp oder Rheinmetall vergesellschaftet werden, um damit ihr kriegerisches Wirken beenden zu können.

Auch in Kalkar und Uedem am Niederrhein werden die Cyber- und Drohnenkriege geplant. Sämtliche aktuellen Luftkriegshandlungen der Bundeswehr werden von hier gesteuert. Eine neue Teilstreitkraft für den Cyber-Krieg soll es ermöglichen, Kriege zu führen und zu gewinnen. Rund eintausend Drohnenkrieger sollen von hier Tod und Verderben verbreiten und sie sollen beispielsweise die Computer, die Strom- und Wasserversorgung weit entfernt im Osten lahmlegen; ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung.

Neben Kalkar/Uedem rücken Münster als Standort der dauernd auf dem Baltikum an der russischen Grenze völkerrechtswidrig stationierten NATO- und Bundeswehreinheiten, sowie das neue gewaltige US-Waffenlager in Dülmen und der nach dem Nazikriegsverbrecher Erwin Rommel benannte Standort in Augustdorf ins Zentrum eines kriegerischen Nordrhein-Westfalens. Und vor allem Geilenkirchen.

Die NATO feiert jetzt den 35. Jahrestag der Aufnahme des Flugbetriebes der AWACS-Flugzeuge in Geilenkirchen. Die AWACS gehören zu den aggressivsten Waffensystemen der NATO und sind ohne deutsche Beteiligung kaum aktionsfähig. Nachdem der NATO ihr Gegner abhanden gekommen war, waren bei NATO-Kriegseinsätzen die AWACS dabei, so bei der Bombardierung Libyens. Und so fort, in allen Kriege der NATO, ob in Irak, Afghanistan, Syrien usw. brachten Flugzeuge ihre Bombenlast ins Ziel, die wiederum von den AWACS geführt wurden. Nun will die NATO die AWACS-Flotte modernisieren und dafür Milliarden Dollars ausgeben.

Die Friedensbewegung hält an ihrer Forderung fest, den Fliegerhorst Geilenkirchen aufzulösen und die AWACS abzuschaffen. Sofort muss dafür gesorgt werden, dass der Einsatz der deutschen Militärflugzeuge von Geilenkirchen aus beendet wird, denn der hat immer wieder durch Datenweitergaben zu Opfern unter der Zivilbevölkerung in Syrien geführt. Es geht nicht nur um die Verhinderung der nächsten Mandatsverlängerung, sondern die Abgeordneten der Parlamentsarmee müssen von ihrem Rückkehrforderungsrecht Gebrauch machen und den sofortigen Abzug der Bundeswehr durchsetzen.

Schon seit über vier Jahren bemühen wir uns also, bekannt zu machen, dass NRW zum hauptsächlichen Aufmarschgebiet für sehr aktuell drohende Kriege gemacht wird, ja bereits maßgeblich an Kriegen beteiligt ist. Die Landesregierung hat zu dem von uns aufgedeckten Skandal von Kalkar geschwiegen. Mehr noch: Die SPD-Grüne-Landesregierung hat in der vorletzten Legislaturperiode im Rahmen der Bundeswehrreform darum gebettelt, keine Standorte zu schließen, und sie erreichte, dass Kalkar/Uedem sogar ausgebaut wurde. Das ist eine verantwortungslose Politik. Denn Kalkar ist ein gefährlicher Ort. Die NATO-Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen sind zu beseitigen. Dafür sollten sich die Landtagsabgeordneten einsetzen.

Und dafür sollen sich auch die Bundestagsabgeordneten einsetzen, die im September gewählt werden. Mit Blick darauf fordern wir, dass „mehr Frieden und Abrüstung“ im Parlament vertreten ist.

Was sind nun die Kernforderungen? Wir denken, folgende Themen und zentralen Forderungen sollten in den Diskussionen mit den potentiellen Abgeordneten eine wichtige Rolle spielen:

  • Wenden Sie sich gegen jede weitere Erhöhung des Rüstungsetats, lehnen Sie entsprechend die 2% Anforderung der NATO zur Erhöhung des Bundesetats für „Verteidigung“ ab! Wir erwarten von Ihnen stattdessen Initiativen zur Abrüstung, z.B. 10% Rüstung runter zugunsten von Entwicklung.
  • Setzen Sie sich ein für einen Stopp jeglichen Rüstungsexports? Rüstungsexporte aus Deutschland töten täglich an vielen Kriegs- und Konfliktschauplätzen der Welt.
  • Unterstützen Sie die Vision einer Welt ohne Atomwaffen und fordern Sie deswegen mit uns den Abzug der US-Atomwaffen aus Büchel! Aus aktuellen Gründen scheint uns auch die Unterstützung des „Verbotsvertrags“ (BanTreaty) für alle Atomwaffen besonders wichtig.
  • Wenden Sie sich gegen jeglichen Auslandseinsatz Deutschland und unterstützen Sie unsere Forderung nach der Beendigung bestehender Interventionseinsätze. Das bedeutet Schluß mit den Militärstandorten Kalkar/Uedem und Geilenkirchen.
  • Machen Sie sich die Grundgedanken der „zivilen Konfliktbearbeitung“ zu eigen, d.h. erkennen Sie wie wir die Notwendigkeit und die Möglichkeit, bestehende Konflikte friedlich und zivil zu lösen! Verhandeln ist besser als schießen.
  • Wir brauchen ein kollektives Sicherheitssystem in ganz Europa anstelle einer EU-Aufrüstung.