29.06.2017
Gegen die Abschreckung,
für den Frieden
Wichtige
Termine der Friedensbewegung am 03.10. in Kalkar und 07.10.2017 in Essen
Vom 10. bis zum 12. Oktober
tagt eine Elite des Militärisch-industriellen Komplexes in der
Messe in Essen zum Thema Abschreckung. Die Jahreskonferenzen des Joint
Air Power Competence Centre (Sitz Kalkar) vereinen nach eigenem
Bekunden „Top Experten politischer, militärischer
und akademischer ‚Sphären‘ sowie der
medialen Öffentlichkeit, wie es in der Einladung zur Konferenz
heißt. Hinzu kommen die offiziellen Sponsoren wie der
Atomkonzern Lockheed Martin, General Atomics (auch für Drohnen
bekannt), Airbus Defence, usw.... Die Friedensbewegung plant am 3.
Oktober in Kalkar und am 7. Oktober in Essen Aufklärungs- und
Protestaktionen. Bernhard Trautvetter schrieb für uns diesen
Hintergrundbeitrag.
Das Thema Abschreckung ist in den Staaten der Nato
schon seit 1945 – also vier Jahre vor Nato-Gründung
– bekannt: „Der Abwurf der Atombomben auf die
Zivilbevölkerung der beiden japanischen
Großstädte habe seinerzeit vor allem dem Zweck
gedient, die Sowjetunion abzuschrecken“ (der
‚Bund‘, Bern, 4.8.2012, siehe Bild). Damals wurde
das Verbrechen der Atombombenabwürfe noch mit der
Lüge der Kriegsverkürzung und damit des Motivs, noch
mehr Tote zu vermeiden, begründet.
Der Kalte Krieg begann also lange vor dem von der
Nato herausgestellten Koreakrieg. Das Zitat des Truman-Enkels wird von
seinem Großvater bestätigt, vor allem da, wo er
seine Sorge anspricht, Russland lasse „durchblicken, dass ein
Teil des japanischen Eigentums (…) als sowjetische
Kriegsbeute zu betrachten sei.“ (Memoiren, Bd. I Bern, 1955,
S. 437). Genauso, wie die Atombombe nicht aus dem offiziellen
Grund eingesetzt wurde, fußte die Nato-Strategie nie auf der
Abschreckung des übermächtigen Gegners Sowjetunion.
Zwar gibt es das Narrativ, die Darstellung, dass
die Abschreckung eines sowjetischen Angriffs eine strategische
Schlussfolgerung des Koreakrieges zu Beginn der 1950er Jahre war, aber
wie so oft erweisen sich Rüstungs- und Kriegsrechtfertigungen
als fragwürdig: Wie diffizil die damaligen Entwicklungen
waren, zeigt dieser Blog: „China-Nordkorea. Wer wollte den
Koreakrieg? Kim, Mao oder Stalin? Beziehungsweise, wer wollte ihn wann?
Und wer am meisten?“ Quelle: https://www.freitag.de/autoren/justrecently/geschichtsschreibung-das-schwierige-buendnis.
Die Nato hat diese Situation fünf Jahre
nach Hiroshima/Nagasaki geschickt genutzt, um ihr Legitimationsnarrativ
aufzubauen: „Die Nordatlantikpakt-Organisation und somit die
den Vertrag abstützenden Strukturen wurden nämlich
erst nach dem Ausbruch des Koreakrieges im Juni 1950 errichtet, als ein
Angriff sowjetischer Streitkräfte auf Mitteleuropa unmittelbar
bevor- zustehen schien.“ Quelle: http://www.nato.int/docu/review/2005/issue2/german/history.html.
Seit damals folgt Legitimationslüge auf
Legitimationsmärchen. Die Nato sei aufgrund östlicher
Überlegenheit zu verstärkter Rüstung
gezwungen, hieß es schon in den Jahrzehnten des Kalten
Krieges. Auch heute wird Hochrüstung legitimiert durch eine
ähnliche Darstellung: zwei Prozent der Wirtschaftsleistung
für mehr Rüstung sei notwendig, natürlich
wegen der russischen Gefahr:
So erklärte der verteidigungspolitische
Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Hennig Otto:
„Fast 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sehen wir
uns wieder mit konventionellen Bedrohungen konfrontiert.“
Quelle: https://www.cducsu.de/presse/pressemitteilungen/wir-muessen-auf-die-geaenderte-sicherheitslage-reagieren.
Erneut ist die Rechtfertigung für die
Nato eine Lüge, wie ein Vergleich der Militärausgaben
offenbart: 2015 gaben die Nato-Staaten, nach dem renommierten
schwedischen Friedens-forschungsinstitut SIPRI, 901 Milliarden Dollar
für ihre Militäretats aus. Russland und
Weißrussland ca. 70 Milliarden. Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-07/nato-russland-dialogbereitschaft.
Die Lüge der Nato, sie sei zur
Abschreckung und Verteidigung, zur Sicherheitspolitik durch den Feind
im Osten gezwungen, verdeckt imperiale Absichten, wie sie 2007
Nato-Militärs recht unverblümt in ihrer Schrift
„Towards a Grand Strategy for an Uncertain World Renewing
Transatlantic Partnership“ formulierten: Gen. Dr. Klaus
Naumann (Deutschland), Gen. John Shalikashvili (United States), Field
Marshal The Lord Inge (Großbritannien), Adm. Jacques Lanxade
(Frankreich), and Gen. Henk van den Breemen (Niederlande)
erklärten dort: „Eine große Strategie
beinhaltet die volle Integration politischer, ökonomischer,
militärischer, kultureller, sozialer, moralischer,
spiritueller und psychologischer Kräfte (S. 91) ... Die Ziele
unserer Strategie sind, den Frieden zu erhalten, ebenfalls unsere
Werte, den freien Handel und Stabilität. (S. 92) …
Wir wollen die Initiative gewinnen und aufrecht erhalten (S. 93) ...
Zusammenfassend bleiben Nuklearwaffen ein Element jeder modernen
Strategie (S. 97)“.
2010 folgte dem dann das Nato-Konzept [http://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/pdf_publications/20120214_strategic-concept-2010-eng.pdf]:
„Wir werden sicherstellen, dass die Nato das volle Spektrum
der für Abschreckung und Verteidigung notwendigen
Kapazitäten gegen jede Bedrohung der Sicherheit ihrer
Bevölkerung bereithält. Deshalb werden wir einen
angemessenen Mix nuklearer und konventioneller Kräfte
aufrechterhalten.“ (S. 17).
Ein nukleares Inferno Wäre das Ende der
Zivilisation, aber derartige Formulierungen liest man auch in den
Papieren des Joint Air Power Competence Centre in Kalkar: Future Vector
Part I 2014 S. 70 [http://www.japcc.org/wp-content/uploads/Future_Vector_II_web.pdf].
Die
Friedensbewegung wird dagegen auf zwei miteinander verbunden
organisierten Demonstrationen ihren Protest erheben, die
Öffentlichkeit aufklären und das Ende des
bedrohlichen Treibens der Militaristen fordern –
- am 3.10. in
Kalkar vor Ort gegen die dortige Drehscheibe des
‚modern‘ genannten Krieges im 21. Jahrhundert und
- am
7.10. in Essen, drei Tage vor der Konferenz, die die moderne
Abschreckungs-strategie der Militärs zum Thema erheben will.
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