28.05.2017
Schluss mit der
Gesinnungsschnüffelei!
Ein
Bündnis gegen Berufsverbote und Geheimdienstpraxis stellt sich
vor
Berufsverbote sind nicht
Geschichte – darauf weist das 'Bündnis gegen
Gesinnungsschnüffelei' immer wieder hin. In Bayern sind
"Fragebogens zur Prüfung der Verfassungstreue“
auszufüllen. Bericht von einer Podiumsdiskussion in
München mit Silvia Gingold, Kerem Schamberger und Rechtsanwalt
Hans. E. Schmitt-Lermann am 20. Mai 17:
Allein von Januar bis August 2016 wurden mehr als
530 BewerberInnen für den öffentlichen Dienst einer
Gesinnungsprüfung durch das Bayerischen Landesamt für
Verfassungsschutz unterzogen“, sagt Simon Schaupp, Sprecher
des Bündnisses gegen Gesinnungsschnüffelei. Zu wie
vielen Berufsverboten dies geführt hat, sei nicht bekannt.
Obwohl der "Radikalenerlass", mit dem Linke aus
staatlichen Institutionen ferngehalten werden sollten, seit 1991 auch
in Bayern offiziell abgeschafft ist, müssen heute noch
AnwärterInnen auf Stellen im öffentlichen Dienst
einen "Fragebogen zur Prüfung der Verfassungstreue“
ausfüllen und angeben, in welchen politischen Organisationen
sie aktiv sind oder waren. Das "Bündnis gegen
Gesinnungsschnüffelei" fordert die Abschaffung dieses
bayerischen Sonderwegs und das Einstampfen dieses Fragebogens. Die
Politik der Berufsverbote, in deren Tradition die "Extremismusliste"
steht, richte sich gegen gesellschaftliche Alternativen zum
herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem und versuche, diese
zu kriminalisieren, so das Bündnis.
Kürzlich hatte das Bündnis (dem
u.a. die GEW München und Augsburg, Ver.di München FB
5, Grüne Jugend Bayern, dkp Muenchen, SJD-Die Falken
München angehören) zu einem Podiumsgespräch
in das Münchner Gewerkschaftshaus eingeladen.
Hans E. Schmitt-Lermann, Rechtsanwalt, der seit
1971 die meisten bayerischen Berufsverbotsfälle betreut hat,
gab eine historische Einordnung des sogenannten Radikalenerlasses von
1972 bis zum noch heute gültigen „Fragebogen zur
Verfassungstreue“ in Bayern.
Im Anschluss wurde mit Betroffenen der staatlichen
Repression aus unterschiedlichen Jahrzehnten die politischen und
sozialen Hintergründe, als auch die persönlichen und
gesellschaftlichen Folgen diskutiert.
Silvia Gingold, ehemalige Lehrerin und Betroffene
des Berufsverbots, schilderte die Jahrzehnte lange Bespitzelung und der
Repressionen im beruflichen und persönlichen Bereich. Die
Tatsache, dass ihr Vater, Peter Gingold in Frankreich im Widerstand
gegen die Nazibesatzung beteiligt war, führte sogar dazu, dass
der Familie viele Jahre die Einbürgerung verweigert wurde.
Aktuell hat sie Klage vor dem Verwaltungsgericht in Wiesbaden erhoben:
Sie fordert die Löschung der über Sie gesammelten
"Informationen" sowie die Einstellung der Beobachtung durch den sog.
Verfassungsschutz. Sie betonte die überragende Bedeutung der
internationalen Solidarität für die vom Berufsverbot
Betroffenen.
Kerem Schamberger, wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung
an der LMU München informierte darüber, wie ein
Berufsverbot gegen ihn durch eine Solidaritätskampagne und
öffentlichen Druck abgewendet werden konnte. In seinem Beitrag
wies Kerem darauf hin, dass der Kampf gegen sein Berufsverbot vor allem
durch eine starkes Medienresonanz und eine internationale
Solidarität erfolgreich sein konnte.
In der Diskussion wurde u.a. darauf hingewiesen,
dass mit dem sog. Integrationsgesetz in Bayern die antidemokratische
Politik fortgesetzt werde, die mit den Berufsverboten bis heute wirksam
ist.
Die nächsten Veranstaltungen zu diesem
Thema:
• 29.6. 2017 um 19:00h im
Münchner DGB-Haus der Dokumentarfilm "Gesinnung im Visier -
der Radikalenerlass 1972"
• Ausstellung: Vergessene Geschichte
Berufsverbote
7. bis 20. Juni immer 8:ooh bis 21:ooh im
Gewerkschaftshaus München Schwanthalerstr. 64:
txt: Walter Listl
Referat von Schmidt-Lermann: http://www.kommunisten.de/attachments/6840_HE-Schmitt-Lermann_Berufsverbote-historisch.pdf
Quelle: http://www.kommunisten.de/index.php?option=com_content&view=article&id=6840:schluss-mit-der-gesinnungsschnueffelei&catid=76:ausserparlamentarisches&Itemid=153
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