16.05.2017
Der verfälschte
Schwur
Eine
neue Superbehörde des Verfassungsschutzes kriminalisiert die
Antifaschisten
Ulrich Sander, Bundessprecher
der VVN-BdA,
schreibt in einem Pressebeitrag: „Der Mangel an
Geschichtskenntnissen, der sich in den Trump-Tweeds offenbart, wird
derzeit überboten durch Veröffentlichungen des
Verfassungsschutzverbundes, eines neuen Zusammenschlusses von
Geheimdiensten des Bundes und der Bundesländer in
Deutschland.“
Diese Behörde hat sich einfallen lassen,
das
Vermächtnis der befreiten Häftlinge von Buchenwald,
den
Schwur von Buchenwald selbst, als Ausdruck eines
"orthodox-kommunistischen" und damit verfassungsfeindlichen
Faschismus-Verständnisses zu stigmatisieren. So berichtete es
der
hessische Verfassungsschutz in seiner Erwiderung auf die Klage von
Silvia Gingold gegen ihre erneute Bespitzelung - nach einem
Berufsverbot vor Jahren. Dabei wird ausdrücklich die Losung
"Die
Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln" angeführt.
Allerdings
wird fälschend hinzugefügt: mit "all" seinen Wurzeln.
Zu all
diesen Wurzeln zähle der Kapitalismus, wie es die
Dimitroff-Aussage von 1935 zeige, die jedoch vom Faschismus "an der
Macht" spricht. Diese drei Worte fehlen beim VS. Das Verbot des
Antikapitalismuswird also auch noch mit Fälschungen
begründet.
Zudem hält der VS daran fest, die VVN-BdA
sei durch
Mitglieder der DKP, die sie in ihren Reihen, ja sogar in ihrer
Führung "dulde", auch weiterhin "linksextremistisch
beeinflusst"
und müsse als verfassungsfeindlich eingestuft werden. Dass der
politische antifaschistische Widerstand zu drei Vierteln von
Kommunisten geleistet wurde, macht diesen ja schon lange im
Nachkriegsdeutschland höchst verdächtig.
Zu diesen "Erkenntnissen" kommt nicht nur das
für
Silvia Gingolds Bespitzelung zuständige Landesamt Hessen,
sondern
- wie aus einem dem Gericht vorgelegten Schreiben hervorgeht - ein
Verbund der Landesämter und des Bundesamtes des
Inlandsgeheimdienstes.
Für die mittels Fälschungen und
komplettem
Unsinn belästigte VVN-BdA kommt nun ein praktisches Problem
hinzu.
Die Vereinigung hatte Stellen für "Bundesfreiwillige" (Bufdi)
beantragt. Als Antwort traf ein Schreiben des
Bundesfamilienministeriums ein, mit dem die Anträge "aufgrund
von
Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden" abgelehnt werden, denn
es
sollten das Rechtssystem der Bunderepublik und die Grundrechte des
Grundgesetzes geachtet und eingehalten werden. Und das sei bei der
VVN-BdA wohl nicht gewährleistet.
Die VVN-BdA ist dabei, eine Kampagne "Aufstehen
gegen
den Rassismus" voranzubringen, die von der VVN-BdA mit
Bündnispartnern aus Gewerkschaften, Parteien - auch die Partei
der
Familienministerin ist darunter - Gewerkschaften und
Jugendverbänden betrieben wird.
Das Vorgehen des Verfassungsschutzverbundes
erinnert an
eine eindringliche Aufforderung des bisherigen
nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger
(SPD), der
ein Aufklärungsschrift an die Schulen des Bundeslandes
richtete,
in der dazu aufgefordert wird, die "verfassungsfeindliche" Losung "Der
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" nicht mehr zu
verwenden. Warum? Weil sie deutschen Staatsbürgern ein
Grundrecht abspreche. Der Vorgang erinnert auch daran, dass
das
Bundesverfassungsgericht in seinem Freispruch für die als
hundertprozentig nationalsozialistisch eingestufte NPD dazu riet,
dieser Partei durch die Mittelstreichung zu schaden. Wie jetzt
zu
erfahren ist, soll sich dies gegen alle "extremistischen" Parteien und
Vereinigungen richten. Die Formel, die Partei sei trotz ihrer
Bedeutungslosigkeit zu verbieten, dies eine Formulierung aus dem
KPD-Verbotsurteil, wurde aufgehoben. Jetzt heißt es, die NPD
sei
wegen ihrer Bedeutungslosigkeit nicht zu verbieten.
Die Gleichsetzung der „Extremisten von
rechts und
links“ führt nicht zu ihrer Gleichbehandlung,
sondern zur
Bevorzugung der Rechten.
Die durch die Haltung von BVerG und
Bundesregierung
manifestierte Vorgehensweise gegen Antifaschisten lässt noch
manche Überraschungen erwarten. Leider keine guten.
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