11.05.2017
Lebendige Traditionen der
Naziwehrmacht
Das
braune Bombertrio der Bundeswehr ist nicht allein
Ulrich Sander hat sich in
„Szenen einer Nähe – Nach dem
großen Rechtsum bei der Bundeswehr“, Bonn 1998,
ferner in „Macht im Hintergrund – Militär
und Politik in Deutschland“ PapyRossa, Köln 2004,
sowie „Eine Mordstruppe“ (Dokumentation der
Auseinandersetzung zwischen dem völkisch-militaristischen
„Kameradenkreis Gebirgstruppe“ und der VVN-BdA) und
in zahlreichen Artikeln zur Wehrtradition in Deutschland
geäußert. Er kommentiert hier den neusten
Bundeswehrskandal.
Es gibt Politikerinnen, die produzieren sich im
Fernsehen gern wie empörte Hausfrauen und Mütter,
nicht als solche, die regieren. Sie wünschen offenbar, dass
gesagt wird: Die müss-ten mal in die Regierung. Bestes
Beispiel ist von der Leyen, die sich in offenen Briefen an ihr
Bundeswehrministerium wendet. Sie hörte davon, dass zwei
Offiziere und ein Kumpan einen Anschlag planen, dafür
Bundeswehrwaffen beschafften und alles den Migranten in die Schuhe
schieben wollten.
Ein ziemlich irre Geschichte, die wohl als Thema
für einen TV-Tatort wegen zu großer
Unwahrscheinlichkeit nicht ange-nommen worden wäre. In der
Bundesweht ist so etwas jedoch schon lange wahrscheinlich.
Das Thema „rechtsextremistische
Vorfälle“ bei der Bundes-wehr ist wieder da, es war
zurückgedrängt worden hinter die Lobpreisungen
„unserer“ Truppe. Was auch diese Zeitung immer
wieder berichtete, kann nun nicht mehr in den großen Medien
ausgeklammert werden.
Stets betrachteten Nazis und Neonazis die
Bundeswehr, die Wehrmachts-Kameradenkreise und
Soldatenverbände als ihre legale wie illegale Operationsbasis.
"Geh zur Bundeswehr" heißt es in einem entsprechenden Aufruf.
Junge „Kameraden und Kameradinnen“ in der
Berufswahl sollten „eine Ausbil-dung bei Bundeswehr und
Polizei in Erwägung ziehen, mit dem Ziel, sich in besonders
qualifizierten Spezialeinheiten das nötige Wissen und
Können anzueignen." So heißt es in einem Aufruf aus
dem Jahr 1995 (zitiert nach "Umbruch" aus dem Umkreis der NPD-Jugend).
Die Öffentlichkeit verlangt nun
Aufklärung und Gegenmaß-nahmen. Und von der Leyen
will über Nacht alle Wehrmacht-straditionen aus der Truppe
verbannen. Die Traditionsräume, die in 60 Jahren entstanden
und gehegt und gepflegt wurden, sollen verschwinden. Die Bundeswehr
wurde von Nazigenerä-len aufgebaut, soll die Erinnerung daran
auch verschwinden? Was wird mit den reaktionären
Kasernennamen? Und was ist mit den Gründern der
„neuen Bundeswehr“?
Der hohe Bundeswehr-General Werner von Scheven
versi-cherte den Soldaten aus Ost und West beim Anschluss der DDR und
bei der Liquidierung der DDR-Streitkräfte: Die Bundeswehr
wolle „nicht hinter den Leistungen der Wehr-macht
zurückstehen“ („loyal“ 12/1990).
Und Generalinspek-teur General Klaus Naumann sagte vor den
Gebirgsjägern von Wehrmacht und Bundeswehr bei einem
Pfingstreffen in Mit-tenwald 1992: Die Wehrmacht sei gleichzusetzen
„mit jener vorzüglichen Truppe, die Unvorstellbares
im Kriege zu leis-ten und zu erleiden hatte.“ Wehrmacht stehe
für „Bewährung in
äußerster Not, für Erinnerung an und
Verehrung von vor-bildlichen Vorgesetzten, für Kameraden und
Opfertod.“
Einer aus dem Bundeswehrterrortrio hat sich als
syrischer Flüchtling anerkennen lassen, ohne daß er
Anzeichen für eine syrische Identität hatte. Er lebte
in der Kaserne wie auch in einer Flüchtlingsunterkunft.
Erkannt wurde er von österreichi-schen Behörden,
nicht von deutschen. Prüfungsarbeiten schrieb der Oberleutnant
ganz unbefangen im Neonazistil. Es ist völlig ausgeschlossen,
daß es keine Mitwisser in der Trup-pe gab. Eine
große Terrorzelle Uniformierter dürfte bestehen.
Frühere Nazis wie auch frühere Soldaten
bestätigten im Fern-sehen, dass es ein sehr verbreitetes
Neonaziunwesen beim Bund gäbe.
Der gewalttätige Rassismus hat auch die
Bundeswehr erfasst. In zahlreichen Dokumenten des Ministeriums werden
Migra-tion und „Flüchtlingsschwemme“ als
Problem dargestellt, das auch militärisch zu lösen
sei.
Und das stellte sich das Trio so vor: Sie begehen
getarnt als muslimische Terroristen mit Bundeswehrwaffen einen
An-schlag, der dann den Islamisten in die Schuhe geschoben wird und
schärfste Reaktionen durch bewaffnete deutsche Kräfte
auslöst.
Das mit der Tarnung steht auch in der
Wehrmachtstradition. Dem Überfall auf Polen am 1. September
ging der Einsatz von als polnische Soldaten verkleideten
Häftlingen voraus, die von der SS zum Überfall auf
den Sender Gleiwitz getrie-ben wurden. So wurde die Aggression als
Verteidigungskrieg dargestellt. Und Attentate der rechten
Militärs sollten nun zu islamistischen Anschlägen
umgepolt werden – auf dass die Bürgerkriegsstimmung
angeheizt wird.
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