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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

09.05.2017

"Da fragt man sich: Was haben diese Menschen aus der Geschichte gelernt?"

Wenzelnberg-Gedenken 2017

Am 13. April 1945, einem der letzten Kriegstage des Zweiten Weltkriegs, wurden am Wenzelnberg in Langenfeld 71 Häftlinge von Nazis ermordet. Die öffentliche Gedenkstunde in diesem Jahr fand am Sonntag, 23. April, am Mahnmal Wenzelnberg statt. Ausrichter war diesmal die Stadt Remscheid, jährlich wechseln sich die beteiligten Städte mit der Gestaltung der Gedenkfeier ab. Neben Solingen sind das auch Langenfeld, Wuppertal und Leverkusen. Begrüßung und Schlusswort übernahm in diesem Jahr Remscheids Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz, außerdem standen neben Musikbeiträgen ein Beitrag des Remscheider Röntgen-Gymnasiums,  eine Rede von Thorsten Schwandt von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA NRW) auf dem Programm, bevor zum Gedenken an die Opfer ein Kranz niedergelegt und traditionell das "Lied der Moorsoldaten" angestimmt wurde. Wir veröffentlichen die Rede von Thorsten Schwandt (VVN-BdA Remscheid):

Sehr geehrter Herren Oberbürgermeister, Frau Bürgermeisterinnen,
Sehr geehrte Mitglieder des Landtags von NRW,
liebe Schülerinnen und Schüler,
Freundinnen und Freunde,
Kameradinnen und Kameraden!

Ich spreche hier als Vertreter der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten NRW.

Als man mich fragte, ob ich diese Rede halten möchte, habe ich mich sehr gefreut. Es ist mir eine besondere Ehre, heute hier sprechen zu dürfen. Seit vielen, vielen Jahren ist diese Gedenkveranstaltung fester Bestandteil meines Terminkalenders. Jedes Jahr versammeln wir uns an dieser Stelle, um den in den letzten Kriegstagen der Ermordeten zu gedenken. Es handelte sich um 71 Häftlinge, die am 13. April 1945 von der Gestapo hier in die Wenzelnbergschlucht transportiert, und per Genickschuss ermordet wurden.

Thorsten Schwand - Wenzelnberg 2017 - Foto: Gisela BlombergDie Häftlinge des KZ Buchenwald haben nach ihrer Befreiung geschworen, den Kampf gegen den Faschismus erst einzustellen, wenn auch der letzte Schuldige verurteilt wurde und der Nazismus mit seinen Wurzeln vernichtet ist.

Dieser Ort hier führt mir immer wieder vor Augen, wie aktuell dieser Schwur auch heute noch ist. Der Kampf ist noch lange nicht gewonnen, der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das alles kroch.

Angriffe auf Flüchtlingsheime sind an der Tagesordnung. In meiner Heimatstadt Remscheid werden Flüchtlingshelfer bedroht. Scheiben von Flüchtlingshelfern, von Caritas und Diakonie werden eingeworfen und Autos zerkratzt. In der kleinen bergischen Stadt Radevormwald wird ein junger Mensch von Neonazis zusammengeschlagen, ja eine neue Qualität rechtsextremer Gewalt in der bergischen Stadt, wo eine terroristische Vereinigung mit dem bezeichnenden Namen „Freundeskreis Rade“ schwerbewaffnet bis zu ihrem Verbot vor einigen Jahren ihr Unwesen trieb.

Die VVN/BdA hat mit der No NPD Kampagne viele Jahre ein Verbotsverfahren gegen die NPD vorangetrieben. Dieses Verbotsverfahren ist nun im Januar vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die Verfassungsrichter stellten fest: Die NPD sei zwar ideologisch verfassungsfeindlich, aber politisch zu unbedeutend, um sie zu verbieten. Dieses Argument ist in unseren Augen nicht schlüssig. Wenn eine Partei verfassungsfeindlich ist, MUSS! sie verboten werden.

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg.

Die Welt steht Kopf, in vielen Regionen toben schreckliche Kriege, nach vielen Jahren der Entspannung flammen überwunden gedachte Konflikte wieder auf. Eine enorme Aufrüstung aller Armeen ist die Folge. Auch der deutsche Rüstungsetat steigt und steigt. Die Bundeswehr ist in vielen Krisen- und Kriegsgebieten vertreten. Deutsche Waffenexporte in fast alle Krisenregionen der Welt haben Rekordhöhe erreicht. Selbst in die Türkei, die sich offensichtlich auf dem Weg in eine islamistisch – faschistische Diktatur befindet, soll eine Panzerfabrik geliefert werden.

Da fragt man sich: "Was haben diese Menschen aus der Geschichte gelernt?"

Für uns gilt: Von deutschem Boden darf kein Krieg mehr ausgehen!

Faschismus und Rechtspopulismus sind wieder auf dem Vormarsch. Sie bieten scheinbar einfache Lösungen für komplexe Probleme. Wer sich ständig Sorgen um ein gesichertes Einkommen, um bezahlbaren Wohnraum und soziale Teilhabe machen muss, ist für solche Lösungsansätze empfänglich.

Ja, Abstiegsangst und Existenzangst sind der Nährboden auf dem sich der Rechtspopulismus und das Neonazitum bestens entwickeln.

Deshalb ist der Kampf für soziale Sicherheit so wichtig.

Wir haben ja in den Stadträten seit einigen Jahren so tolle Gruppierungen wie z.B. in Remscheid pro Deutschland.

Was ist von diesen Kräften gekommen? Nichts.

Außer einer maßlosen Hetze gegen Flüchtlinge und Muslime. Sie wollen das friedliche Miteinander der verschiedenen Nationen in unseren Gemeinden zerstören.

Viele politische Weichenstellungen liegen in den kommenden Jahren vor uns.

Für die Welt, Europa, Deutschland und auch hier in NRW.

Mit Donald Trump ist ein nicht berechenbarer Wahnsinniger ins Weiße Haus eingezogen, Rechtspopulisten ziehen mit großer Zustimmung in viele Parlamente. Geert Wilders mit seiner PVV ist in unserem Nachbarland Niederlande zweitstärkste Kraft, bei der heutigen Wahl in Frankreich hat Marine Le Pen mit dem Front National gute Chancen in die Stichwahl zu kommen und schlussendlich, Präsidentin zu werden. Aber auch z.B. in Österreich, Polen und Ungarn gibt es große rechte Fraktionen in den Parlamenten.

Wir stehen hier in Deutschland vor einer großen Herausforderung. Die rechte AfD ist mit zum Teil hohen, zweistelligen Wahlergebnissen in 11 Landesparlamente eingezogen. Mit den bevorstehenden Wahlen in Schleswig Holstein und hier in NRW könnten es sogar bald 13 Landtage sein, in denen sie ihre menschenverachtende Hetze verbreiten können. Und an die Bundestagswahl im September mag ich in diesem Zusammenhang gar nicht erst denken.

10.000 Menschen, auch viele von uns heute hier, haben gestern in Köln friedlich gegen die Petrys, Höckes und Gaulands von der AfD demonstriert. Es waren weit weniger als erwartet, aber es ist trotzdem toll und macht Hoffnung, dass sich so viele Menschen diesen Hetzern entgegenstellen und für unsere Demokratie einstehen. Alle demokratischen Kräfte müssen gemeinsam an dem Ziel arbeiten, unsere Gesellschaft für ALLE! lebenswert zu machen.

Ich möchte schließen mit den Worten:

Den Lebenden zur Mahnung, den Toten zur Ehre Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg Ich danke für Aufmerksamkeit.

Siehe auch:

Fotogalierie: Wenzelnberg 2017
https://www.r-mediabase.eu/index.php?view=category&catid=959&option=com_joomgallery&Itemid=519