13.03.2017
Deutschland als neue Weltmacht?
Mehr
Geld für die Rüstung schürt Misstrauen und
Unsicherheit
Kurt Nelhiebel schrieb
in „Weltexpresso“ vom 17. Februar 2017
diese Betrachtung zur „Etablierung Deutschlands als Weltmacht
neben den USA – und das nur zwei Menschenalter nachdem das
Großdeutsche Reich Europa in Schutt und Asche gelegt
hat.“ Wir dürfen seinen Beitrag
veröffentlichen:
Alles was recht ist – Donald Trump hat
das Gerede über eine Erhöhung der
Rüstungsausgaben nicht heraufbeschworen. Was zur Zeit
abläuft wurde von langer Hand vorbereitet von jenem
militärisch-industriellen Komplex, von dem die einen
behaupten, es gebe ihn gar nicht, während andere ihn als
größte Gefahr für den Weltfrieden
wahrnehmen. Schlicht gesagt geht es um die Durchsetzung eines einfachen
Geschäftsprinzips. So wie jeder Bäcker seine
Brötchen verkaufen will, wollen auch
Rüstungsindustrielle ihre Produkte verkaufen. Für
Nachfrage sorgen in diesem Fall Spannungsherde, militärisch
ausgetragene regionale Konflikte und Kriege. Abnehmer von Panzern,
Kriegsschiffen und Militärflugzeugen sind die Regierungen im
In- und Ausland. Sie bemänteln die Verschwendung von
Milliardensummen für unproduktive Zwecke als unabweisbare
Ausgaben zu Verteidigungszwecken und entwerfen dafür
wechselnde Bedrohungsszenarien Für die Nazis musste
das Weltjudentum als Popanz herhalten, nach dem Zweiten Weltkrieg war
es der Kommunismus und danach der Islam oder Russland.
Mit Donald Trump hat das Gerede über die
angeblich unerlässliche Erhöhung der
Rüstungsausgaben nur insoweit zu tun, als er das
Geschäftsprinzip beim Namen genannt hat. Nach seiner Logik
muss die Kosten-Nutzen-Analyse künftig mehr zu Gunsten der USA
ausfallen. Daher seine Devise: „America first!“
Nicht Donald Trump hat als erster darauf gedrungen, dass sich die
Verbündeten der Vereinigten Staaten an den amerikanischen
Verteidigungsausgaben orientieren, sondern sein Vorgänger
Barack Obama. Erfahren hat die Öffentlichkeit davon im Juni
des vergangenen Jahres durch Angela Merkel. In einer
Grundsatzrede auf dem Deutschlandtag der Jungen Union sagte sie:
„Wir werden mehr für die Sicherung unserer
äußeren Sicherheit ausgeben müssen. Der
Präsident Barack Obama sagt immer zu mir: „Angela,
es wird auf Dauer nicht gut gehen, dass die Vereinigten Staaten 3,4
Prozent ihres Bruttoinlandproduktes ausgeben, und ihr 1,2 Prozent. Die
Menschen in Amerika werden die Frage stellen: Warum können die
europäischen Länder das nicht auch?’ Wir
sind weit entfernt von dem, was die Nato mal beschlossen hat, 2 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Und wir
müssen dann an dieser Stelle besser
werden…“
Was das Besserwerden konkret bedeutet ergibt sich
aus dem Bundeshaushalt. Dort schlagen die Verteidigungsausgaben
für das laufende Jahr mit gut 34 Milliarden Euro zu Buche. Bei
2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts müsste Deutschland nach
Berechnungen des Fernsehsenders n-tv jährlich mehr als 60
Milliarden Euro für das Militär ausgeben, also
beinahe doppelt so viel. Ursula von der Leyen sieht das allem Anschein
nach gelassen. Einen Tag vor ihrer Eröffnungsrede auf der
Münchner Sicherheitskonferenz schrieb sie in einem Artikel
für die „Süddeutsche Zeitung“:
„Ja, wir wissen, dass wir einen größeren,
einen faireren Teil der Lasten für die gemeinsame atlantische
Sicherheit tragen müssen. Ich bin davon überzeugt,
dass wir dieses Hineinwachsen in mehr Sicherheitsverantwortung
europäisch gestalten sollten.“ In Wirklichkeit denkt
die Verteidigungsministerin längst über Europa
hinaus. Hier spielt Deutschland seit langem ohnedies die dominierende
Rolle. Jetzt geht es um die Rolle Deutschlands in der
„globalen Sicherheitsarchitektur“, wie es in einem
Vorbericht auf die Münchner Rede von der Leyens
hieß. Mit anderen Worten, es geht um die Etablierung
Deutschlands als Weltmacht neben den USA – und das nur zwei
Menschenalter nachdem das Großdeutsche Reich Europa in Schutt
und Asche gelegt hat.
Hoffentlich haben maßgebliche
Sozialdemokraten nicht vergessen, was sie Angela Merkel vor einem Jahr
entgegenhielten. Siegmar Gabriel warnte davor, jetzt massiv
aufzurüsten. „Wir sind in eine Logik
zurückgekehrt, die ich aus meiner Jugend kenne, wo nur noch
über die Frage geredet wird, wer muss mehr ausgeben zur
Beschaffung von Rüstung.“ Ralf Stegner sagte:
„Wir brauchen kein Nato-Säbelrasseln, sondern eine
neue Initiative für eine Friedens- und
Entspannungspolitik“, Statt zusätzlicher Milliarden
in die Aufrüstung der Bundeswehr zu stecken, sollte das Geld
lieber für Bildung und Integration verwendet werden. Der
Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, warf
Angela Merkel vor, „in das alte, gefährliche
Kalte-Kriegs-Denken“ zurückzufallen. Eine
Erhöhung des Rüstungsetats befeuere „die
gefährliche Rüstungsspirale“.
(Aus „Weltexpresso“, 17.
Februar 2017)
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