24.02.2017
Fortsetzung der Spurensuche „Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“
Schwerpunktsetzung auf die Ruhrlade
Auf Antrag der Jahreshauptversammlung der VVN-BdA Dortmund beschloss die Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA NRW am 18. Februar 2017 die Kennzeichnung der Tatorte der die Nazis fördernden Industriellen. Dabei wollen sich die antifaschistischen Rechercheure auf die Standorte der verbrecherischen Ruhrlade (1928-1938) konzentrieren und Mahntafeln über ihr verbrecherisches Wirken anbringen: • Erich Fickler, Harpener Bergbau AG, • Karl Haniel, Franz Haniel & Cie., Gutehoffnungshütte • Peter Klöckner, Klöckner-Werke • Arthur Klotzbach, Friedrich Krupp AG • Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Friedrich Krupp AG • Ernst Poensgen, Vereinigte Stahlwerke • Paul Reusch, Gutehoffnungshütte • Friedrich Springorum, Hoesch AG • Fritz Thyssen • Albert Vögler, Vereinigte Stahlwerke.
Wortlaut des Beschlusses:
Kennzeichnung der Tatorte der Industrie 1933
Mit Mahnwachen Anfang Januar jeden Jahres erneuert die
VVN-BdA ihren Vorschlag, am ehemaligen Standort der Springorum-Villa
und anderen Tatorten der ökonomischen Eliten Tafeln anzubringen
oder zu betreuen, mit denen auf Treffen der Industriellen der Ruhrlade
vom 7. Januar 1933 und auf andere Treffen hingewiesen wird, um so dem
Vergessen der Mittäterschaft der Schwerindustrie an der
Machtübertragung an die Nazis und der Machtausübung
entgegenzuwirken.
Begründung:
Am 4. Januar 1933 kam es zu dem Treffen im Hause des
Bankiers von Schröder in Köln, mit dem die Kanzlerschaft von
Adolf Hitler perfekt gemacht werden sollte. Teilnehmer waren Adolf
Hitler und Franz von Papen (ehemals Zentrum) sowie Kurt Freiherr von
Schröder, Heinrich Himmler und Rudolf Hess. In der etwa zwei
Stunden dauernden Unterredung einigte man sich auf die Bildung einer
Regierung unter Hitlers Führung und Papens Beteiligung. Auf der
Rückreise traf sich v.Papen am 7. Januar 1933 in Dortmund mit den
Industriellen der „Ruhrlade“ in der Villa Springorum in
Dortmund (lag in der heutigen Hainallee, von 1933 bis 1945 Hitlerallee,
vorher Rathenauallee, benannt nach dem von reaktionären
Terroristen ermordeten ehem. Reichsaußenminister). Die Villa
Springorum wurde im Krieg zerstört. Teilnehmer waren Reusch,
Springorum, Vögler und Krupp. Sie nahmen einen Bericht von Franz
von Papen über das Treffen vom 4. Januar entgegen. Papen brachte
den Gedanken ins Spiel, ihn selbst zum Kanzler zu machen und Hitler zum
Vizekanzler. Die Ruhrindustriellen lehnten dies ab, denn drei von ihnen
(Reusch, Springorum, Vögler) hatten schon wie Thyssen der Eingabe
an Hindenburg zugestimmt, in der sie mit anderen Industriellen die
Kanzlerschaft Hitlers verlangt hatten. Das politische Ziel der
führenden Ruhrindustriellen war ganz offensichtlich die
Kanzlerschaft Hitlers. Alles andere wäre als die „offene
Kampfansage gegen den größten Teil der Bevölkerung
angesehen“ worden (lt. Neebe und Kastl).
Vor dem Kölner wie auch dem Dortmunder
Gespräch war schon einige Zeit lang die Neigung „pro
Hitler“ ganz unverkennbar. Ein von den Unternehmern Otto Wolff
und Friedrich Flick in Berlin gemeinsam betriebene Pressebüro
teilte am 26. November 1932 vertraulich mit: »Die Tagung des
Langnamvereins in Düsseldorf … ergab anläßlich
der zwanglosen Unterhaltung die überraschende Tatsache, daß
fast die gesamte Industrie die Berufung Hitlers, gleichgültig
unter welchen Umständen, wünscht. (…) … ist man
heute der Auffassung, daß es der größte Fehler sei,
wenn Hitler, auch unter Vorbringung ernsthafter Gründe, nicht mit
der Regierungsbildung beauftragt würde.“
Worum es inhaltlich bei den streng geheimen Treffen am
4. Januar 1933 und den folgenden Tagen ging, schilderte der Organisator
vom 4. Januar 1933, Bankier Baron von Schröder, in einer
Eidesstattlichen Erklärung vor der amerikanischen
Untersuchungsbehörde des Nürnberger Gerichtshofs im Jahr 1947:
„Die allgemeinen Bestrebungen der Männer der
Wirtschaft gingen dahin, einen starken Führer in Deutschland an
die Macht kommen zu sehen, der eine Regierung bilden würde, die
lange an der Macht bleiben würde.... Ein gemeinsames Interesse der
Wirtschaft bestand in der Angst vor dem Bolschewismus und der Hoffnung,
dass die Nationalsozialisten – einmal an der Macht – eine
beständige politische und wirtschaftliche Grundlage in Deutschland
herstellen würden... In diesem Zusammenhang sind zu erwähnen:
eine von Hitler projektierte Erhöhung der deutschen Wehrmacht von
100 000 auf 300 000 Mann...“.
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