23.02.2017
Conrad Taler: Was bleibt von
Joachim Gauck
Kriegsgegner
sind für Gauck
„glücksüchtig“
Unter der Überschrift
„Auf der Schleimspur des Zeitgeistes“ wird in
Ossietzky Nr. 4/17 eine Bilanz der Präsidentschaft von Joachim
Gauck gezogen. Wir haben auf dieser Website wiederholt die gepredigte
Kriegsbereitschaft Gaucks angegriffen und erinnern an seine Worte, mit
denen er 2012 lt. SPIEGEL seine militaristischen Positionen erstmals im
Amt verdeutlichte: "Und dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist
für unsere glücksüchtige Gesellschaft schwer
zu ertragen." Der Wortlaut des Ossietzky-Artikel von Conrad Taler:
Wenn
einer, der mit Mühe kaum
geklettert ist auf einen Baum,
schon meint, dass er ein Vogel wär,
so irrt sich der.
Wilhelm Busch
Was bleibt von Joachim Gauck, der sich
in seinem Amt als Bundespräsident gesonnt
und mit seinem Selbstbildnis als Pastor kokettiert hat?
„Irgendwie war ich nicht der Typ eines Pastors“,
sagte er von sich. „Schließlich sah ich so schlecht
nicht aus, war dem weiblichen Geschlecht zugetan.“.
Selbstgefällig ließ er sich als
Bürgerrechtler feiern, obwohl er „nicht zu den
oppositionellen Gruppen in der DDR“ gehört hat, wie
der grüne Europa-Abgeordnete Werner Schulz zu Protokoll gab.
Laut „Spiegel“ (47/2014) besaß
Gauck zwei DDR-Pässe und durfte zwischen 1987 und 1989 elfmal
in den Westen reisen, ein Privileg, von dem andere nur träumen
konnten. Am 19. Oktober 1989 beteiligte er sich erstmals an einer
Demonstration gegen das SED-Regime, einen Tag nach dem
Rücktritt des SED-Generalsekretärs Erich Honecker.
Über einen Listenplatz der
Bürgerrechtler gelangte Gauck im März 1990 in das
erste und einzige frei gewählte DDR-Parlament. Dort wandte
sich deren Fraktion vehement gegen eine zu schnelle
Vereinigung mit der Bundesrepublik. Joachim Gauck indes ging manches
nicht schnell genug. Ein halbes Jahr später übernahm
er das Amt des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Am
17. April 1991 befasste sich das Zweite Deutsche Fernsehen in einer
kritischen Dokumentation mit seiner Tätigkeit. Der Leiter der
Sendung, Bodo Hauser, sagte zu Beginn: „Joachim Gauck hat
über mehrere Stunden unkontrolliert seine eigene Akte
eingesehen. Trotz seiner, schon vor dieser Sendung heute abgegebenen
Erklärungen beantwortete er nicht die Frage, warum er alleine
und unkontrolliert Einsicht nahm.“ Zehn Jahre hatte Gauck die
Hand am Puls des Geschehens in der alsbald nach ihm benannten
Behörde. Während dieser Zeit wurden 13.000 Akten als
geheim eingestuft und an das Bundesinnenministerium abgegeben. Sie sind
nie wieder aufgetaucht.
Umgeben vom Nimbus eines Kämpfers gegen
den Kommunismus machte Joachim Gauck nach seiner Tätigkeit in
der Stasi-Unterlagenbehörde mit Vorträgen und
Medienaktivitäten von sich reden. Am 28. März 2006
hielt er auf Einladung der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart einen
Vortrag zu dem Thema “ Welche Erinnerungen braucht
Europa?“ und breitete dabei seine, wie er sagte,
„gewandelte Sicht auf den Holocaust“ aus.
Danach gehören der „Gulag, Auschwitz oder
Hiroshima“ als Phänomene einer antihumanen gottlosen
Zivilisation zusammen. Gauck berief sich dabei auf den
polnisch-jüdischen Soziologen Zygmunt Bauman.
„Folgen wir ihm“, setzte er hinzu, nicht ohne das
Ungeheuerliche dieses Vergleichs durch die Forderung nach dem
„Zulassen von Scham und Trauer“ zu vertuschen.
2008 gehörte Gauck zu den
Erstunterzeichnern der „Prager Erklärung zum
Gewissen Europas und zum Kommunismus“, die eine Verurteilung
der kommunistischen Verbrechen verlangte und sich unter anderem die
Ausrufung eines gemeinsamen Gedenktages für die Opfer von
Stalinismus und Nationalsozialismus zum Ziel setzte.
Für den Leiter des Jerusalemer Simon-Wiesenthal-Centers,
Efraim Zuroff, war die Prager Erklärung
„das Manifest einer Kampagne, die die Geschichte des Zweiten
Weltkrieges und des Holocaust neu schreiben“ wolle.
Unbeeindruckt von dem vernichtenden Urteil nominierten SPD und
Grüne den an dieser Kampagne beteiligten Joachim
Gauck 2012 als Kandidaten für das Amt des
Bundespräsidenten, und er wurde gewählt. In
Frankreich hätte so seiner keine Chance gehabt. Der
rechtspopulistische Front National schloss seinen Gründer
Jean-Marie Le Pen aus der Partei aus, weil er die Gaskammern der Nazis
als „Detail der Geschichte des Zweiten Weltkriegs“
abgetan hat.
Da hatte Gauck längst zu seinem
Höhenflug als Wegbereiter des Militärischen in der
deutschen Außenpolitik angesetzt „Manchmal kann
auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein“,
verkündete er 2014 auf der Münchner
Sicherheitskonferenz und mokierte sich über jene,
„die Deutschlands historische Schuld benutzten, um dahinter
Weltabgewandtheit oder Bequemlichkeit zu verstecken“. In
Anspielung auf die Forderung Gaucks, im Kampf um die Menschenrechte
auch zu den Waffen zu greifen, fragte die
„Süddeutsche Zeitung“ am 16. Juni 2014,
warum die früher geübte Zurückhaltung
abgelegt werde. „Weil das Trauma von Schuld und
‚Nie wieder Krieg’ ins Geschichtsbuch
gehört? Gauck sagte es nicht, aber es klingt bei seinen Worten
mit: dass irgendwann mal Schluss ist. Das ist der eigentliche
Sprengstoff seiner Botschaft.“
Die Israelis beruhigte Gauck am 50. Jahrestag der
Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem Satz: „Wir werden
nicht zulassen, dass das Wissen um die besondere historische
Verantwortung Deutschlands verblasst.“ Auf seine kritische
Haltung gegenüber der russischen Regierung an gesprochen,
antwortete er am 2. Mai 2015: “Anders als manche Beobachter
mutmaßen (habe ich) überhaupt kein Problem mit
Russland und seinen Menschen.“ Nur –
besucht hat er Russland als Bundespräsident nicht. 98
Auslandsreisen hat Gauck während seiner
fünfjährigen Amtzeit unternommen. Sie
führten ihn in nach Äthiopien, Kolumbien, Peru und
nach Südafrika, nicht aber nach Russland, in jenes Land, das
wie kein anderes unter dem Vernichtungswillen deutscher Herrenmenschen
gelitten hat.
Aus: „Ossietzky“, 4/2017
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