31.01.2017
Karl Zörgiebel zu
Zeiten des Machtantritts der Nazis – und wir heute
Um das Verhältnis von
Antifaschistischen Bewegungen zur Polizei ging es am 30. Januar in
einer Vortragsveranstaltung in Dortmund. Ulrich Sander (VVN-BdA) sprach
über „Es begann nicht mit der Borussenfront
– Geschichte des Nazieinflusses in Dortmund“. Im
Referat ging es auch um die Vorgeschichte des Verhältnisses
von Nazis und Polizei in Dortmund. Zur eingeladen hatte das
Bündnis Dortmund gegen rechts. Der Vortrag hier in
gekürzter Fassung:
Am 25. Januar 2001 schrieben die
„Ruhrnachrichten“, das Bündnis Dortmund
gegen Rechts habe den Dortmunder Polizeipräsidenten Hans
Schulze mit Nazis verglichen, zumindest doch mit den Wegberei-tern des
Nationalsozialismus in Dortmund. Das war eine glatte
Fäl-schung. Dennoch distanzierten sich die SPD- und
DGB-Vorsitzenden Dortmunds, ferner natürlich die
Polizeigewerkschaft vom Bündnis Dortmund gegen Rechts.
Sozialdemokraten legten merkwürdiger Wei-se Wert darauf,
daß sozialdemokratische Politiker - und dazu sind ja wohl
auch Polizeipräsidenten zu zählen - nicht mit anderen
sozialde-mokratischen Politikern, die es gab, verglichen werden! In dem
Flug-blatt hatte das Bündnis, in dem ansonsten damals DGB wie
SPD gut mitarbeiteten, geschrieben: „In der jetzigen Zeit
gibt uns das Verhalten der Polizei Anlaß, an die Zeit vor
1933 zu erinnern, da schon einmal deutsche Polizeipräsidenten
den Nazis den Weg durch die Städte frei-machten.“ Es
wurde also nicht der heutige Polizeipräsident mit Nazis oder
Wegbereitern der Nazis gleichgesetzt, sondern auf das unselige Wirken
auch sozialdemokratischer Polizeipräsidenten vor 1933
hinge-wiesen, die Antifaschisten behinderten und Nazis
gewähren ließen.
Karl Zörgiebel war vor 1933
Polizeipräsident in Berlin und Dortmund. In seiner Berliner
Zeit sorgte er für Demonstrationsfreiheit der
Rechts-extremisten und für Verbote der Demonstrationen von
Antifaschisten. Das Verbot der Maidemonstration 1929 setzte er mit der
Schußwaffe durch, über 30 tote Arbeiter waren zu
beklagen. Ab Dezember 1931 war Zörgiebel
Polizeipräsident in Dortmund. Der SA verhalf er zum Durchbruch
in der Dortmunder Nordstadt. Unter starkem Polizeischutz wagte sie sich
jetzt in die Nordstadt. Bei der aus so einem Propagan-damarsch von 800
SA-Leuten entstandenen sog. "Schlacht am Nord-markt" zwischen
Kommunisten, Sozialdemokraten, Faschisten und der Polizei am 16.
Oktober 1932 sterben zwei Menschen; 14 werden zum Teil verletzt
– sämtlich unbeteiligte Anwohner oder Passanten.
Zörgiebel gehörte zu den wenigen
SPD-Politikern in Preußen, die nach dem
Preußenschlag nicht aus dem Dienst entfernt wurden. Der
Preu-ßenschlag war ein Staatsstreich des
Reichspräsidenten Hindenburg und des Reichskanzlers von Papen
gegen die Regierung von Preußen, die am 20. Juli 1932
völlig illegal abgesetzt wurde. Preußen war die
letzte Bastion der SPD als Regierungspartei. Und sie räumte
fast kampflos das Feld. An dem Preußenschlag war auch die
Ruhrlade beteiligt, eine ge-heime Organisation der Ruhrindustriellen.
Ihr führendes Mitglied Gus-tav Krupp von Bohlen und Halbach
beorderte den Essener Oberbür-germeister Franz Bracht als
Innenminister in die neue preußische Re-gierung. Die Macht
dazu hatte der Herr der Villa Hügel. Mit dem Putsch vom 20.
Juli im größten Land des Reiches machte sich Papen
zum Reichskanzler und Reichskommissar von Preußen –
ein halbes Jahr später brachte er die Nazis endgültig
an die Macht.
Jetzt wird erörtert, die
Gedenkstätte Steinwache völlig umzugestalten. Sie
soll nicht mehr den „Widerstand und die Verfolgung in
Dortmund 1933-1945“ widerspiegeln, sondern nur die Geschichte
der Polizei bei der Unterdrückung der Dortmunder in jener
Zeit. Gegen die Aufarbei-tung der Polizeigeschichte ist nichts
einzuwenden. Es sollte aber nicht die Aufarbeitung der Geschichte der
Verbrechen der Wirtschaft – siehe bis jetzt im Raum 6 der
Steinwache - entfallen.
Die alte Polizeiwache Nr. 6 an der
Steinstraße wurde am 1. April 1934 der geheimen Staatspolizei
(GeStaPo) überlassen. Der 1927 angebaute Zellentrakt wurde zum
zentralen Gestapogefängnis in Westfalen; man nannte es die
Hölle von Westfalen.
Wenn wir die Vorgeschichte der
Entwicklung Dortmunds zu der west-deutschen Neonazihochburg
untersuchen, müssen wir weit vor 1933 beginnen. Deshalb habe
ich diese Einleitung gewählt. Und zur Vorge-schichte ist noch
zu fragen:
Wie sah es nach dem 30. Januar 1933 in Dortmund
aus. Aus Zei-tungsberichten ging hervor:
Durch starkes Polizeiaufgebot wurden Versammlungen
von Arbeitern eingeschüchtert, verhindert oder
aufgelöst. Wie der Generalanzeiger am 1.2.1933 mitteilte, war
es für die Polizei ein Grund für Verhaftun-gen, wenn
Kommunisten vor den Werkstoren bei Schichtwechsel Flugblätter
verteilten, in denen sie zum Generalstreik aufforderten.
Bei Versammlungen vor der Reinoldikirche in der
Nacht zum 1. 2.1933 „mußte angesichts der
widerspenstigen Haltung der Kommunisten (vom Gummiknüppel)
Gebrauch gemacht werden“ (DZ vom 1. 2.1933). Auch am 2.2.1933
meldete die gleiche Zeitung, daß „kom-munistische
Störungsversuche von der Polizei energisch und erfolg-reich
abgewehrt“ wurden (DZ).
Dieser Beifall von rechts für das
Vorgehen der Polizei war zu erwarten, die Diffamierung von
Protestaktionen als „Ruhestörung“
ebenfalls. Aber welche politische Absicht verfolgte die für
die Einsätze verant-wortliche Polizeiführung? Der
Dortmunder Polizeipräsident war zu diesem Zeitpunkt noch immer
der Sozialdemokrat Karl Zörgiebel. Ver-suchte er durch solches
Vorgehen sein politisches Überleben zu si-chern? Obwohl er von
der Zentrumszeitung Tremonia für die „Abwehr der
kommunistischen Gefahr“ (Tremonia vom 16. 2.1933) gelobt
wurde, hatten die Nationalsozialisten bereits am 31.1.1933 in ihrer
Zeitung, der Roten Erde, vorausgesagt, daß
Zörgiebel, „dessen Sün-denregister
längst voll ist“, wohl kaum
„länger als acht Tage im Amt belassen
wird“ (Rote Erde vom 31.1.1933). Wollte Zörgiebel
dies durch besondere Betonung forschen Antikommunismus’
verhindern? In Dortmund hat er am 1. 2.1933 „von sofort an
bis auf weiteres alle Versammlungen und Umzüge der
Kommunistischen Partei sowie all ihrer Hilfs- und Nebenorganisationen
unter freiem Himmel verboten, da diese Kundgebungen nach den
Erfahrungen der letzten Tage eine unmittelbare Gefahr für die
öffentliche Sicherheit darstellen“, (zitiert nach
Generalanzeiger vom 2. 2. 1933)
Hiermit eilte Zörgiebel selbst Hermann
Göring, dem kommissarischen Innenminister Preußens,
um einen Tag voraus. Dieser ordnete ein Demonstrationsverbot
für Kommunisten erst am 2. 2.1933 an. Zör-giebel kam
ebenfalls der am 4. 2.1933 erlassenen Präsidialverordnung
„zum Schutze des deutschen Volkes“ zuvor, als er am
2.2.1933 im Dortmunder Norden und Westen bei einer
„Polizeiaktion gegen die hiesigen Kommunisten“
Lokale durchsuchen, Material beschlagnah-men und zwei Kommunisten
verhaften ließ. Hierbei war er der Zeit in seinen Aktionen
insofern um Wochen voraus, als er „die Straßen
durch mit Karabinern bewaffnete Beamte abriegeln“
ließ (GA vom 3. 2. 1933).
Wie sah der Dank der Nazis für solche
Anbiederungsversuche aus? Be-reits am 3. 2.1933 wiederholte die Rote
Erde: „Fort mit Zörgiebel.“
Entsprechend dieser Forderung wird Zörgiebel bereits am 13.
2.1933 durch eine Verfügung Görings zwangsbeurlaubt,
am 17. 2. dann durch den NSDAP-Landtagsabgeordneten Schepmann in
Dortmund ersetzt. Zum Zeichen der neuen Macht wehten fortan
Hakenkreuzfahnen auf dem Polizeipräsidium.
In der Dortmunder Zeitung vom 27. 2. 1933 konnte
man Hermann Görings Tiraden lesen: „Jawohl, ich
kenne zweierlei Menschen, solche die zu ihrem Volke stehen und solche,
die ihr Volk vernichten wollen. Da gibt es für mich keine
Objektivität, da geht das Wort Gerechtigkeit verloren. Wenn
hier Aufbau und dort Vernichtung stehen, bin ich nicht da, um
Gerechtigkeit zu üben, sondern um die Vernichtung
aus-zurotten.“
Zörgiebel wurde im September 1933
für vier Monate in ein KZ ge-sperrt. Eine Polizeiaktion vom
19. April 1932 wurde ihm übel genom-men. An diesem Tag war am
Sitz der SA und NSDAP am Schwanenwall von Nazis ein Polizist
niedergeschlagen, woraufhin ein Überfallkom-mando der Polizei
den Schwanenwall und den benachbarten Ostwall räumte und in
die NSDAP-Geschäftsstelle eindrang. Noch zu Zeiten der
Weimarer Republik wurden die beteiligten Beamten zu
Gefängnis-strafen von vier bis fünfzehn Monaten
verurteilt. Sie wurden aus dem Polizeidienst entlassen und nach 1945
nicht wieder eingestellt – an-ders als viele Gestapoleute.
Es ist nicht ausreichend zu sagen: ,Unsere Stadt
muss wieder nazifrei werden‘. Sie ist es leider nie gewesen.
In Justiz und Polizei wurden im Kalten Krieg jene Kräfte
wieder aktiv, die dort auch schon vor 1945 wirkten. Es genügt
auch nicht, wie es jetzt oft geschieht, nur die Dort-munder Polizei und
Justiz ins Visier der Kritik zu nehmen, während die
Landesregierungen seit Jahren und oft auch heute untätig
blieben. Sie haben unsägliche Anweisungen erteilt oder gar die
Hand über die Nazis gehalten. So verbot der Innenminister Ralf
Jäger in einem Papier, das allen Schulen zuging, die
Verwendung der Losung „Faschismus ist kei-ne Meinung, sondern
ein Verbrechen“. Er macht sich Sorgen um die Grundrechte der
Nazis, weniger um die Grundrechte der Demokraten.
Das hat Tradition. Die Stadt Dortmund
(Ordnungsamt) genehmigt der VVN Dortmund am 12. September 1952 eine
Gedenkfeier vor dem Forsthaus im Rombergpark zu „Ehren der
Opfer der blutigen Karfrei-tags 1945“ mit vielen Auflagen
– so diese, dass das Kontrollratsgesetz, Grundgesetz und
„§1 Abs. 2 der Verordnung des
Reichspräsidenten zum Schutze des deutschen Volkes vom
4.2.1933“ einzuhalten sei!
In Dortmund gab es zu Zeiten solcher Auflagen den
Polizeihauptmeis-ter Alexander Primavesi. Das war ein bemerkenswerter
Mann, Ex-HJ-Führer, jedoch in den letzten Berufsjahren ein
Nazijäger. Er hat mit Er-laubnis des
Polizeipräsidenten die Akten von vor 1945 durchforstet. Leider
durfte über seine Forschungsergebnisse nichts
veröffentlicht werden.
Alexander Primavesi leitete das wohl
einzige deutsche Polizeiarchiv einer Großstadt mit Unterlagen
aus der Zeit von 1933 bis 1945. Die Ein-Mann-Behörde
für die Gestapo-Unterlagen von Dortmund kam vie-len auf die
Spur.
An diesen Kriminalhauptmeister denke ich oft, wenn
gerätselt wird, warum gerade Dortmund trotz seiner
antifaschistischen Tradition ein so gutes Pflaster für die
alten und neuen Nazis der Nachkriegszeit war und ist. Die Geschichte
dieser Entwicklung wird gern bis zur
Rechtsau-ßen-„Borussenfront“ der 1980er
Jahre zurückverfolgt. Alexander Pri-mavesi lehrte mich, dass
man viel weiter zurückschauen muss – bis zum Jahr
1945. Denn man darf die Nachkriegsentwicklung der Justiz und Polizei an
Rhein und Ruhr nicht vergessen. Sie war durch Strafbe-freiung
für Nazitäter gekennzeichnet, was die
Neonazis ermutigte. (…)
Von den 766 Gestapobeamten und -mitarbeitern des
Regierungsbe-zirks Arnsberg kamen mindestens 120 Gestapobeamte und eine
große Anzahl Gestapomitarbeiter wieder bei der Polizei unter.
Sie wurden dabei besser gefördert als die jungen Polizisten,
die wie Primavesi 1945 ihren Dienst begannen.
Im Gespräch äußerte
Primavesi sich empört über die Leichtigkeit, mit der
die alten Gestapokader wieder ins Amt gehievt wurden, aber jene
Polizisten, die von den Nazis 1933 entlassen worden waren,
Schwierig-keiten bekamen, wenn sie nach Kriegsende wieder eingestellt
werden wollten. (…)
In Nr. 1/2015 der Geschichtszeitschrift
„Heimat“ wird die Bilanz der Dortmunder
Behörden von 1946 zitiert: „Zahl der Juden vor 1933:
5.000; heutige Zahl: 140.“
Chefs aus dem
RSHA kamen zur Wiederverwendung nach Dortmund
Die Zahl der zurückkehrenden
Täter war ungleich größer. Allein sieben
hohe Funktionäre aus dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in
Berlin wurden nach 1945 bei der Dortmunder Polizei angestellt, darunter
der Chefermittler im Führerhauptquartier gegen die
Männer des 20. Juli 1944. Bernhard Wehner, der auch im
„Braunbuch“ aus der DDR, er-schienen in den 60-er
Jahren, genannt wurde. 1957 wurde Rudolf Braschwitz zum
stellvertretenden Leiter der Dortmunder Kriminalpoli-zei berufen, der
in der Zentrale Himmlers, dem Reichssicherheits-hauptamt, als
SS-Sturmbannführer für das Referat
„Bekämpfung des Kommunismus“
tätig war – und als Experte in
der Zeit des Kalten Krieges wieder gebraucht wurde. Zeitweiliger Leiter
der Kriminalpolizei in Dortmund war ein Mann vom
Reichssicherheitshauptamt, den das „Braunbuch“ als
Josef Menke nennt. Primavesi durfte mir diesen Na-men nicht nennen, da
nicht Verurteilte anonym bleiben sollten. Doch der Eintragung im
Braunbuch widersprach der alte Polizist nicht.
Dem Ex-RSHA-Mann SS-Sturmbannführer Josef
Menke wurde die De-portation von 40.000 Sinti und Roma nach Auschwitz
zur Last gelegt; er starb bei Beginn der Ermittlungen.
Leiter der Polizei wurde auch der einstige
Dortmunder Polizeioberst Wilhelm Stöwe, dem versuchter Mord an
30.000 Menschen vorgewor-fen wurde. Gauleiter Albert Hoffmann und
Polizeioberst Stöwe hatten versucht, den Nero-Befehl Hitlers
zu verwirklichen und sich gleichzeitig der Zwangsarbeiter und
Kriegsgefangenen im Revier zu entledigen. Ge-plant war, diese in die
Stollen der Zechen zu bringen, die dann geflutet werden sollten. Der
Direktor der Gelsenkirchener Bergwerks AG, Dr. Werner Haack, und andere
Zechendirektoren wollten aber die Produk-tionsstätten nicht
vernichten, und sie zögerten die Verwirklichung des
Führerbefehls hinaus, bis die Amerikaner kamen. Wilhelm
Stöwe war am 12. November 1945 von der britischen
Militärregierung zum Poli-zeichef in Dortmund ernannt worden.
Ermittlungen wegen seiner Be-teiligung an Erschießungen nach
1945 wurden eingestellt. Im Dezem-ber 1949 wurde er pensioniert.
(…)
Ich fragte Alexander Primavesi, warum es so und
nicht anders kam. Er sah zwei Gründe. So habe der
US-Oberbefehlshaber und spätere Präsi-dent Dwight D.
Eisenhower bald nach Kriegsende gesagt, man solle nicht die Deutschen
hängen, sondern sie als Bollwerk gegen den Osten einsetzen.
Und zudem wurde vom westdeutschen Gesetzgeber schon bald das
131er-Gesetz geschaffen, das die Wiederverwendung von Be-amten aus der
Nazizeit den Behörden zwingend vorschrieb.
Ein
Grundsatzbeschluss, der nicht ernst genommen wird
Würde die Justiz einen positiven
Grundsatzbeschluss des Bundesver-fassungsgerichts ernst nehmen, dann
dürfte es das Zusammenspiel der Behörden mit den
Nazis z.B. bei dem Schutz für Naziaufmärsche
- nicht geben. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in
seinem Be-schluss vom 4. November 2009 erklärt: "Angesichts
des einzigartigen Unrechts und des Schreckens, die die
nationalsozialistische Herrschaft über Europa und weite Teile
der Welt gebracht hat", sind das Grundge-setz und die Entstehung der
Bundesrepublik Deutschland "geradezu als Gegenentwurf" zum
nationalsozialistischen Regime zu verstehen.“ "Das bewusste
Absetzen von der Unrechtsherrschaft des Nationalsozialis-mus war
historisch zentrales Anliegen aller an der Entstehung wie
In-kraftsetzung des Grundgesetzes beteiligten Kräfte." (Aus
den Leitsätzen zum Beschluss des Ersten Senats vom 04.11.2009
- 1 BvR 2150/08).
Die Gegnerschaft zur Naziherrschaft ist demnach
Verfassungsgebot und Staatsdoktrin. Die Gegnerschaft zum Nazismus wird
von demsel-ben Bundesverfassungsgericht jedoch immer wieder
ausgeblendet, wenn es um die Bewilligung von Naziaufmärschen
in den Städten un-seres Landes geht. So kam es zur
ausdrücklichen Genehmigung von Nazi-Propaganda, die seit dem
Potsdamer Abkommen von 1945 völ-kerrechtlich verboten ist.
Laut Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gilt ab März 2015 dies:
„Auch das öffentliche Auftreten neonazistischer
Gruppen und die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts in
öffentlichen Versammlungen – ‚soweit sie
die Strafbarkeitsschwelle nicht überschreiten‘
– sei durch die Versammlungsfreiheit
geschützt.“ (zitiert nach dpa, Wortlaut des Gerichts
unter Az. 14 L 474/15) Somit durften Dortmunds Neonazis den zehnten
Jahrestag eines Nazimords an einen Punk öffentlich feiern.
(…)
Lang ist es her, dass höchste Gerichte in
NRW so entschieden: „Rechte Aufmärsche, die von
einem Bekenntnis zum Nationalsozialismus ge-prägt sind,
müssen nach Ansicht des Präsidenten des
NRW-Oberverwaltungsgerichtes, Michael Bertrams, verboten werden. Eine
rechtsextremistische Ideologie sei von Grundgesetz von vornherein
ausgeschlossen und lasse sich auch mit Mitteln des
Demonstrations-rechtes nicht legitimieren.“ (DPA am 26.
März 2001)
Ich hoffe, es gelingt uns, eine solche
Rechtsprechung des Gerichts in Münster erneut zu erreichen.
Dies ist natürlich mit der Legalisierung der Nazipartei, und
um nichts anderes handelt es sich bei der Weige-rung des BVerG, die NPD
zu verbieten, sehr viel schwieriger geworden.
Hier in NRW konzentrieren wir uns darauf, das
Verbot sog. „freier“ und
„nationaler“ Kameradschaften wirklich durchzusetzen
und selbstver-ständlich ihre Nachfolge- und
Ersatzorganisationen als unzulässig anzu-greifen. Ferner gilt
es, das Verdikt des Landesinnenministers gegen die Losung
„Faschismus ist keine Meinung, sondern ein
Verbrechen“ zu überwinden. Wir beschlossen als
VVN-BdA Dortmund:
Für die Auflösung der
angeblichen Partei „Die Rechte“
1.- Die VVN BdA Dortmund
begrüßt das 2012 endlich ausgesprochene Verbot sog.
„freier“ und „nationaler“
Kameradschaften. Gleichzeitig for-dert die VVN-BdA Dortmund, die Partei
„Die Rechte“ als Nachfolgeorga-nisation der
verbotenen Kameradschaften ebenfalls zu verbieten. Zu-dem wird
verlangt, dass die Zulassung faschistischer Propaganda als
„Meinungsfreiheit“ aufgehoben wird.
2.- Die folgende Forderung, die bereits in der
Landesverfassung, Artikel 32, verankert ist, soll verwirklicht werden:
„Vereinigungen und Perso-nen, die es unternehmen, die
staatsbürgerlichen Freiheiten zu unter-drücken oder
gegen Volk, Land oder Verfassung Gewalt anzuwenden, dürfen
sich an Wahlen und Abstimmungen nicht beteiligen“.
Begründung
Sehr zutreffend wird gegenwärtig in den
Niederlanden argumentiert: „Die Meinungsfreiheit (so die
Staatsanwaltschaft im Prozess gegen Ge-ert Wilders) werde
eingeschränkt durch das Verbot von Diskriminierung und
Rassismus, wie es in Gesetzen, internationalen Konventionen und der
Rechtsprechung etwa des Europäischen Gerichtshofes
für Men-schenrechte festgehalten sei.“
(Südd.Ztg., 18. November 2016) Hingegen stellen wir fest, dass
der Landesinnenministers von NRW in Bildungsma-terialien für
die Schulen, die Losung „Der Faschismus ist keine Meinung,
sondern ein Verbrechen“ als Behinderung der Meinungsfreiheit
und ver-fassungsfeindlich darstellt. Faschistische Propaganda darf
niemals als Meinungsfreiheit durchgehen!
Die VVN BdA fordert bekanntlich entsprechend dem
Artikel 139 Grund-gesetz das Verbot der neofaschistischen NPD sowie
aller anderen fa-schistischen und rassistischen Parteien. (Dabei bleibt
es auch nach dem Karlsruher Spruch der NPD.) Es fand kürzlich
eine bundesweite Salafis-ten-Razzia stand, vor allem in NRW. Die
Organisation „Die wahre Religi-on!“ wurde verboten.
Der oberste Verfassungsschützer in NRW, Burk-hard Freier,
kündigte an zu verhindern, dass die Szene einen Weg fin-det,
das Vereinsverbot zu umgehen. Sogar Koran-Verteilaktionen (Akti-on
„Lies!“) hält Freier für
verbotswürdig und einen Ausdruck für das Umgehen des
Verbots. Frage: Warum wird so nicht auch die
„Rechte“ bekämpft?
In weiteren Teilen des Referats zitierte der Autor
aus seiner Broschüre „Es begann nicht mit der
Borussenfront“ siehe http://www.nrw.vvn-bda.de/bilder/do_nazis_borussenfront.pdf.
|