25.10.2016
Eine Trauerrede vorm
Kasernentor
Felix
Oekentorp vom Ostermarsch Rhein-Ruhr am 3. Oktober auf der
Friedensdemonstration in Kalkar
Felix Oekentorp (Deutsche
Friedensgesellschaft/VK, Ostermarsch Rhein-Ruhr) hielt zum Abschluss
der Friedensdemonstration in Kalkar am 3. Oktober eine Trauerrede von
besonderer Art. Er sprach vor der von-Seydlitz-Kaserne und zugleich
wurden Kränze und Blumen für die Opfer der
Kampfdrohneneinsätze niedergelegt: "Wir trauern gemeinsam um
die
Opfer von Drohnen und Bomben." Im Anschluss an die Aktion fuhren viele
der rund 400 Teilnehmer nach Essen, um dort mit 1000 weiteren
Demonstranten für den Frieden die Aktion fortzusetzen. Die
Rede
von Felix Oekentorp im Wortlaut:
Liebe
Freundinnen und Freunde,
wir sind hier im Rahmen unserer
jährlichen Demo
auch als Trauergemeinde zusammengekommen. Wir trauern gemeinsam um die
Opfer von Drohnen und Bomben.
Es ist kein Zufall, dass wir genau hier diese
Trauerfeier stattfinden lassen. Von Kalkar / Uedem werden die
Tornado-Einsätze über Syrien gesteuert, ebenso wie
die
Eurofighter-Flüge im NATO-Auftrag an der russischen Grenze.
Die Bundeswehr ist in der zurückliegenden
Zeit
verantwortlich für zahlreiche getötete Zivilsten. Als
einen
besonders herausragenden Fall möchte ich hier noch
einmal an
die Bombardierung von Kunduz erinnern. Der damalige Oberst Klein
trägt seit dem 4. September 2009 die Verantwortung
für
den Massenmord an mehr als 100 afghanischen Menschen, darunter auch
Kinder. Er forderte den von 2 US-Flugzeugen durchgeführten
Angriff
auf den Tanklastzug an.
Inzwischen ist dieser Massenmord, der seinerzeit,
vor 8
Jahren sowohl aus dem Inland wie aus dem Ausland stark kritisiert
wurde, weitgehend in Vergessenheit geraten. Der ehemalige Oberst Klein
ist zwischenzeitlich zum General befördert worden. Den
Angehörigen der Opfer sind die Getöteten unvergessen.
Diesen
Angehörigen gehört unser Mitgefühl.
Die organisierte Gewaltanwendung des modernen
Terrorismus wurde mit der Bildung des Begriffes
„asymmetrische
Kriegführung“ bezeichnet, zu Recht werden die Opfer
beklagt
und die „feige“ Gewalt angeprangert. Aber: ist es
weniger
feige, wenn Soldaten der Bundeswehr und der befreundeten NATO-Staaten
fernab des Geschehens auf Knöpfe drücken und
automatisiert
Töten?
Auf der Webseite der Bundeswehr findet sich eine
Statistik der zwischen 1992 und 2015 im Einsatz getöteten
Soldaten. In diesem Zeitraum von 23 Jahren sind v.a. in Afghanistan
(56), im Kosovo (27), in Bosnien / Herzegowina (19) und verschiedenen
anderen Einsätzen insgesamt etwa so viele Bundeswehrsoldaten
zu
Tode gekommen wie allein bei diesem einen Massenmord von Kunduz. Nicht
alle bei Auslandseinsätzen gestorbene Bundeswehrsoldaten sind
dabei in Kampfhandlungen ums Leben gekommen, nicht wenige hielten dem
Druck nicht stand und beendeten ihr Leben selber. Ich will nicht
spekulieren, warum sie nicht einmal mehr die Kraft hatten,
„nur“ den Dienst zu quittieren oder sich auf ihr
Grundrecht
zur KDV zu berufen wie manch andere ihrer Kameraden.
Insgesamt 22
Angehörige der Bundeswehr nahmen sich in
Auslandseinsätzen
seit 1998 das Leben.
Ihren
Angehörigen gehört ebenfalls unser
Mitgefühl.
Wenn von hier aus diesem Standort die
Luftraumüberwachung und die Steuerung vom Drohnen koordiniert
wird, dann ist es angebracht, auf die Opfer von Drohnen hinzuweisen,
für die es von der USA tatsächlich
veröffentlichtes
Zahlenmaterial gibt. Im Anti-Terrorkrieg an der Grenze Pakistans zu
Afghanistan sind laut Spiegel Online 2013 seit Beginn der
Einsätze
im Jahre 2004 durch US-Drohnen zwischen 1900 und 3000 Menschen
getötet worden.
Die FAZ berichtet, dass nach Angaben der USA im
Zeitraum
2009 bis -15 außerhalb der Krisengebiete Afghanistan, Irak
und
Syrien „bis zu 116 Zivilisten“ getötet
wurden. Diese
Zahlen sind weder nach Ländern aufgeschlüsselt noch
sind sie
im Einklang mit denen von Menschenrechtsgruppen, die
für
Länder wie Pakistan, Somalia, Libyen und den Jemen allein
Zahlen
zwischen 200 und 900 getöteter Zivilisten ermittelt haben.
Den
Angehörigen dieser unschuldig getöteten Menschen
gehört unser Mitgefühl.
Die andauernde Konfrontation zwischen der NATO und
Russland im Ukraine-Konflikt birgt die Gefahr in sich, zu einem
großen Krieg in Europa zu eskalieren. Auch mit dem Einsatz
von
Atomwaffen ist hier bereits gedroht worden. Von hier, aus der
Seydlitz-Kaserne, dem „Combined Air Operations
Centre“
werden u.a. die Eurofighter-Flüge im NATO-Auftrag an der
russischen Grenze koordiniert.
So wie NATO und Russland gegenseitig mit dem Feuer
spielen, vermag niemand ernsthaft auszuschließen, dass von
hier
aus auch dort Menschen ganz mittelbar getötet
werden. Diese
durch – wie sie es nennen –
„Luftschläge“
dort und anderswo bombardierten Menschen haben keine
Möglichkeit,
dem zu entkommen. Sie sind schutzlos der Willkür der hier am
Schaltknopf sitzenden Soldaten ausgeliefert. Diese Soldaten sind quasi
Beteiligte an einem Computerspiel , nur mit dem entscheidenden
Unterschied, dass die Opfer nicht virtuell sondern ganz konkret sterben.
Diesen Opfern
und deren Angehörigen gehört unser Mitgefühl
Im Rahmen ihrer diesjährigen Sommerreise
war die
amtierende deutsche Kriegsministerin v.d.Leyen beim Zentrum
Luftoperationen Sie kam mit vollen Händen und reichlich
Steuergeld
das an anderer Stelle fehlt und dringend gebraucht würde: Der
Doppelstandort Kalkar/Uedem sei immens wichtig und ein Beispiel
dafür, dass Sicherheit ganzheitlich gesehen werde. Deshalb
sollen
in den nächsten Jahren je 40 Millionen Euro an den beiden
Standorten Uedem und Kalkar investiert werden.
Den
Betroffenen von
überfüllten KiTas, Schulen, Krankenhäusern,
Universitäten überall im Land gehört
ebenfalls unser
Mitgefühl.
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich bringe nun hier den Kranz an, den wir als
Zeichen
unserer Trauer um die Opfer von Drohnen und Bomben mitgebracht haben.
Wir werden nicht ruhen bis wir eine friedliche Welt durchgesetzt haben,
bei der es nicht normal zu sein scheint, dass Menschen an
Schaltknöpfen das Leben von anderen Menschen beenden, die
oftmals
nichts von ihrem direkt bevorstehenden Ermordetwerden ahnen.
Wir sind nicht
gelähmt
in unserer Trauer um die Opfer sondern beziehen aus ihrem Tod die
Verpflichtung, uns unermüdlich einzusetzen für das
Beenden
von Gewalt und Krieg.
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Weitere Reden siehe http://demo-kalkar.de/
Trägerkreis
No-Natom-Krieg.de i.A. Bernhard Trautvetter: Erfolgreiche
Friedensaktion am 3.10.2016 gegen die Nato-Tagung in der Messe Essen an
den drei Folgetagen
Essen, 3.10.2016
Das Bündnis schätzt die
Friedensaktionen am
Tag der Deutschen Einheit in Kalkar und Essen als großen
Erfolg
ein.Es waren nach unterschiedlichen Schätzungen circa 400 und
circa 1000 Friedens-Demonstrant*innen an den beiden Orten aktiv.
Der Essener Teil der Doppelaktion begann mit einer
Rede
von Bernhard Trautvetter, der die Militärs kritisierte, da
ihre
Konferenz unterstellt, man könne noch handeln,wenn in Europa
ein
größerer Krieg ausbricht. Schon wegen der
Atomkraftwerke
wäre das Europas Untergang. Er kritisierte die
Bundewehrwerbung an
Schulen und betonte das Friedensengagement auch der Gewerkschaften.
Eugen Drewermann wies die eskalierenden Schritte
der
Nato seit ihren Anfängen nach und betonte, dass Krieg
bedeutet,
dass Menschen, die stärker sind als andere, ihren Willen mit
Terror durchsetzen und dabei niemals Gutes bewirken, so sehr uns das
die Nato auch glauben machen will. Er forderte alle Menschen guten
Willens auf, bei jedem Schritt in die Richtung eines Krieges Nein zu
sagen und zitierte dazu Wolfgang Borcherts Gedicht mit dem Titel
„Sagt Nein!“
Sevim Dagdelen, MdB DIE LINKE, kritisierte die
unmenschliche Politik der Fluchtverhinderung der EU und dass
Deutschland diktatorische Verhältnisse im Nato-Staat
Türkei
mit unterstützt. Sie forderte eine Außenpolitik, die
statt
strategischen Interessen der Humanität folgt.
Florian Kling von den kritischen Soldaten zitierte
verrückte Berichts-Blätter, die Soldaten im Falle
eines
Atomschlages ausfüllen müssen, auf denen sie auch
einzutragen
haben, wie der Atompilz aussah. Dieser Widersinn wurde umso
plastischer, als er die Demonstranten aufforderte, einen solchen auf
mitgebrachten Berichtsblättern als Zeichen des Protests zu
zeichnen.
Der Ostermarsch-Veteran Willi Hoffmeister rief die
Friedensfreund*innen dazu auf, in ihrem Engagement nicht nachzulassen.
Und Vertreter der Friedenskonferenz
anlässlich der
regelmäßigen Münchner Sicherheitskonferenz
luden alle
Engagierten zu den nächsten Friedensaktionen Musikalisch
unterstützt wurde die Aktion von weithin bekannten Musikern
wie
Frank Baier, Kai Degenhardt und der Microphone Mafia.
Sprecher und Teilnehmer*innen forderten, diese
Konferenz
in der Stadt, deren Oberbürgermeister Mitglied in der von
Hiroshima ausgehenden Organisation Mayors for Peace ist, zu verbieten.
Abschließend orientierten die
Organisatoren auf die große Friedensdemonstration am 8.10. in
Berlin.
Siehe auch:
Kalkar 2016 - Der Krieg beginnt hier
https://www.r-mediabase.eu/index.php?view=category&catid=866&option=com_joomgallery&Itemid=509
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