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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

19.08.2016

60 Jahre KPD Verbot und politische Justiz

Der DGB Kreisvorsitzende Ortwin Bickhove-Swiderski (Dülmen) erinnert, an das KPD Verbot.

Am 17. August 1956 wird durch das Bundesverfassungsgericht die KPD verboten. Am gleichen Tag, wird unter anderem die KPD Zentrale in  Düsseldorf, Ackerstraße durch die Polizei besetzt und durchsucht.

Allein in den 50er und 60er Jahren wurden in der Bundesrepublik über 200 000 Ermittlungsverfahren durchgeführt – nicht nur gegen KPD Mitglieder, etwa 10 000 Menschen wurden verurteilt. Als Folge kommt es oft zu Arbeitsplatzverlußt, Berufsverbot, finanziellen und familiären Problemen.

Viele Verurteilungen beruhten auf „Hörensagen“, so soll angeblich Herbert Wils, aus Hagen i.W. das Lied der FDJ zu den Weltjugendspielen gesungen haben. Für dieses „Vergehen“ wurde er zu fünf Jahren und viereinhalb Monaten Gefängnis verurteilt. Rehabilitiert wurde er nie, somit fehlen ihm sieben Jahre in seiner Rentenberechnung.

Für den Kreis Coesfeld und die Stadt Dülmen fehlt eine gründliche wissenschaftliche Aufarbeitung zur KPD. Einige Angaben zu KPD Funktionären in der Zeit von 1933 bis 1945 sind erhalten geblieben. Umgehend nach dem Reichstagsbrand wurden sowohl in Coesfeld als auch in Dülmen, anhand von vorbereiteten Listen Verhaftungen vorgenommen. Damaliger Sprachgebrauch in „Schutzhaft“ nehmen. Die Betroffenen haben nie eine Anklageschrift etc. gesehen.

Am 28. Februar 1933 wurde vom Reichspräsidenten die „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ unterzeichnet. Damit wurde eine Verhaftungswelle gegen die KPD-Mitglieder im Kreis Coesfeld gestartet. Dabei wurde der Vorsitzende der KPD Coesfeld, der Maurer Kunibert Becks in Schutzhaft genommen. Der Maurer Heinrich Vörding, wurde im Februar 1933 beim Ankleben von Wahlplakaten verhaftet, er wurde in das Recklinghäuser Polizeipräsidium gebracht, er wurde dort so schwer gefoltert, dass er am 29. Juli 1933 durch einen Fenstersprung verstarb. Er konnte die Qualen nicht mehr ertragen. Der Maurer Heinrich Vörding war erst 31 Jahre alt.

Bei meinen Recherchen, zu meinem in wenigen Tagen neu erscheinenden Buch, über den KPD-Reichstagsabgeordneten Albert Funk, habe ich neue Dokumente gefunden. In diesen Dokumenten wird der Abtransport des Leichnams von Vörding beschrieben.

Nach dem „Selbstmord“ von Heinrich Vörding, setzte die „Staatspolizeistelle Recklinghausen einen Rundspruch“ ab, dieser ist erhalten geblieben.

Gegen KPD Mitglieder im Kreis Coesfeld werden bis Anfang August 1933 insgesamt 25 Personen, unter ihnen 17 aus Coesfeld, in „Schutzhaft“ genommen. Darunter befindet sich auch ein erst 17-jähriger.

Die Familie Vörding hatte insgesamt vier Kinder. Drei Jungen und ein Mädchen. Die Mutter von Heinrich Vörding, stellte am „26. August 1947, im Alter von 82 Jahren, an den Regierungspräsidenten in Münster, einen Antrag auf eine einmalige Beihilfe. Der Antrag wurde im Oktober 1948, nach einer Bearbeitungsdauer von über einem Jahr (!) durch den Regierungspräsidenten in Münster abgelehnt.

In Dülmen wurden auch Verfahren gegen die KPD-Mitglieder eingeleitet. Das Oberlandesgericht erlässt Haftbefehle und führte Verurteilungen wegen Hochverrat durch. In Dülmen wurden gegen die KPD-Mitglieder, Heinrich Bödiger, Hermann Neugebauer, Paul Meissner, Hermann Caplan, Franz Gude und Wilhelm Hassdenteufel und andere brutal vorgegangen. Viele KPD-Mitglieder aus Dülmen, wurden in das KZ Börgermoor überstellt.

Zahlreiche KPD-Mitglieder wurden von NS-Juristen abgeurteilt, nach 1945 wurden diese Naz- Richter nahtlos in den Staatsdienst übernommen. Es wurde nach 1945 kein Jurist aus der NS-Zeit rechtskräftig abgeurteilt. Somit gibt es genügend KPD-Mitglieder, die von ein und demselben Richter einmal in der NS-Zeit und dann nach 1945 abgeurteilt wurden.

Am 25.9.1968 wurde in Frankfurt die DKP gegründet. Die DKP erklärte sich später zur Nachfolgerin der KPD. Selbst auf der Pressekonferenz wenige Tage zuvor, auf der ein KP-Programmentwurf vorgestellt wurde, sind wieder Mitglieder der KP verhaftet worden.

Kommunisten wurden auch durch den sog. Radikalenerlass aus dem Jahre 1972, den Willy Brandt und die Ministerpräsidenten gefasst haben gegen „die sog. verfassungsfeindlichen Bestrebungen“, mit Berufsverbot belegt. Dieser Beschluss steht im völligen Widerspruch zu der Wahlkampfaussage und seiner Regierungserklärung von Willy Brandt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen“.

Es sollte eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der KPD im Kreis Coesfeld erfolgen.

Weiter rege ich an, eine Straße oder einen Platz im Kreis Coesfeld, nach einem KPD-Widerstandskämpfer aus dem Kreis Coesfeld zu benennen.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Gegen das Vergessen.

Ortwin Bickhove-Swiderski
DGB Kreisvorsitzender Coesfeld
DGB Vorsitzender Dülmen