19.08.2016
Die Bundeswehr im Innern ist und bleibt illegal
Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA, erklärt zu den Plänen, die Bundeswehr im Innern einzusetzen
Kapitel 8.1 des
„Weißbuchs“ von Regierung und Bundeswehr verlangt
unter der Überschrift „Einsatz und Leistungen der Bundeswehr
im Innern“ den Bundeswehreinsatz im Innern. Man verlässt
sich darauf, dass das BVerG keine Einwände erhebt.
Denn in seinem Urteil aus dem Jahre 2012 hat das
Bundesverfassungsgericht das Grundgesetz bereits uminterpretiert, um
Einsätze bei „katastrophischen“ Ausmaßen
zuzulassen, wenn die Kanzlerin zustimmt. Das Grundgesetz wurde
verändert, ohne den Wortlaut zu ändern; das ist illegal.
Allerdings bleibt es auch nach dem Urteil bei vielen
Einschränkungen, zum Beispiel beim Verbot
„terrorverdächtige“ Flugzeuge abzuschießen.
(Aktenzeichen des BVerG PBvU 1/11 vom 3.7.2012)
Jetzt heißt es im Weißbuch zum
Bundeswehreinsatz im Inneren: „Das Vorliegen eines besonders
schweren Unglücksfalls kommt auch bei terroristischen
Großlagen in Betracht.“ In einem solchen Fall soll die
Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden. Als Beispiel dient der
Amoklauf von München. Der kam wie ein „Geschenk
Gottes“ (frei nach AfD zur Flüchtlingsfrage und Erdogan zum
Putsch). Es sollen nun „Einsatzszenarien“ geübt
werden. Große Übungen von Bundeswehr und Polizei hat es aber
schon gegeben. Soll nun vorsichtshalber nach einer legalen Grundlage
dafür gesucht werden oder werden neue noch abenteuerlichere
Maßnahmen vorbereitet, deren Verstoß gegen die Trennung von
Streitkräften und Polizei noch weit offensichtlicher wäre?
Dafür baut die Bundeswehr lt. Weißbuch den
Reservistendienst aus „und hält ihn attraktiv.“ Weiter
geht’s um „Fähigkeiten“ der Reservisten
„auch in Einsätzen“. Reservisten bewegen sich dabei im
(wieder eine neues Wort) „Missionsspektrum der Bundeswehr im In-
und Ausland“. Zugleich seien sie Multiplikatoren und
Mittler in die Gesellschaft hinein. Und in die Wirtschaft –
zu beiderseitigem Nutzen. Der Reservist bis zum Alter von 60 Jahren!
muss ja auch eine Arbeitsplatzgarantie haben. An dieser Einsicht
mangelt es aber noch in den Führungszentren.
Neben der Fortschreibung und Zuspitzung bisheriger
aggressiver Konzepte von NATO und Bundeswehr gibt es im Weißbuch
auch neues: Die Abwehr des Cyberkrieges. Dafür wird eine ganz neue
Waffengattung neben Heer, Marine und Luftwaffe geschaffen. Erstmals aus
strategischer Sicht werden der Krieg im Cyberraum und die Einbettung
der neuen Waffengattung der Cyber-Krieger in der Bundeswehr
beschrieben. Konstatiert wird, dass die „Gefahr der
unkontrollierten Eskalation aufgrund eines Cybervorfalls“
besonders groß sei. Als Grund dafür wird eine
„cyberinhärenten Attributionsproblematik“
aufgeführt. Ihr soll „präventiv durch Vertrauensbildung
und Konfliktlösungsmechanismen“ entgegengewirkt werden.
Cyber-Krieger beteiligen sich letztlich an der großflächigen
Überwachung der Bevölkerung mit modernsten elektronischen
Mitteln, und sie sind in der Lage, alles, was sie dem Gegner
unterstellen, selbst offensiv anzuwenden – bis zur Lahmlegung
ganzer Infrastrukturen. Dafür wird in Kalkar am Niederrhein die
Luftkraftzentrale ausgebaut, die bemannte und unbemannte
Waffenträger bis zum Ural lenken kann.
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