06.03.2016
IPPNW und VVN-BdA ergreifen Initiative
für den 8. Mai als regelmäßigen Gedenktag: Ein Brief an
die Friedensbewegung
Liebe MitstreiterInnen, angesichts von
zunehmenden rassistischen Ausschreitungen in Deutschland gegen
Flüchtlinge, welche vor allem aus Kriegsgebieten nach Europa
kommen, und parallel dazu der Ausweitung der militärischen
Intervention auch der deutschen Bundeswehr im Zeichen eines angeblichen
"Kriegs gegen den Terror" erscheint uns die Initiative sehr wichtig,
des 8.Mai 1945, dem Ende des zweiten Weltkriegs in Europa,
alljährlich zu gedenken. Wir wollen für dieses Ziel ein
Bündnis von Organisationen anregen, die der
Geschichtsvergessenheit entgegenwirken wollen, und haben uns zu diesem
Ziel mit der VVN-BdA auf einen ersten (vorläufigen) Textentwurf
als Anstoß verständigt, den wir unten wiedergeben. Hier noch
einmal unser Vorschlag für die Initiative:
8.Mai 1945: Tag der Befreiung
Wir fordern: Einrichtung eines Nationalen Gedenktags zum
8. Mai Der zweite Weltkrieg stellt ein Menetekel dar, ein
Warnungszeichen an die gesamte Menschheit, den Weg des hemmungslosen
Machtkampfs und der schrankenlosen Zerstörung zu beenden. Auf drei
Kontinenten wurde von 1939 bis 1945 mit bis dahin nicht erlebter
Rücksichtslosigkeit gegenüber jedem menschlichen Leben von
dem verbrecherischen deutschen NS-Staat und seinen Verbündeten ein
Eroberungskrieg geführt, dessen Ziel Ausrottung und Unterwerfung
anderer Nationen und rassistisch ausgegrenzter Gruppen war.
Über 50 Millionen Menschen verloren ihr Leben
– zum Ende zeigten die Atombombenexplosionen in Hiroshima und
Nagasaki, dass nun die Mittel zur völligen Vernichtung der
Menschheit den Militärmächten zur Verfügung stehen.
Wer aus seiner Geschichte nicht lernt, ist verurteilt,
solche Verbrechen und selbstverschuldeten, ungeheuren Katastrophen
erneut zu erleben.
Deutschland ist seit dem Kosovo-Krieg über
Afghanistan und nun Syrien auf einem verhängnisvollen Weg der
Verleugnung seiner entsetzlichen Kriegsgeschichte. Die
„Enttabuisierung des Militärischen“ (Gerhard
Schröder) ist weit vorangeschritten.
Der historischen Amnesie muß im Interesse unserer Zukunft entschieden entgegengetreten werden.
Deswegen werden wir uns dem Vergessen entgegenstellen,
und unsere Forderung auch weiter vertreten: den 8. Mai als „Tag
der Befreiung“ zu einem Nationalen Gedenktag festzulegen.
In anderen am Zweiten Weltkrieg beteiligten Staaten wird
der Jahrestag des Kriegsendes in Europa als Feiertag begangen, so in
Frankreich, Tschechien und der Slowakei, in den Niederlanden (am 5.
Mai), in Italien (am 25. April). In der Sowjetunion wurde am 9. Mai der
Tag des Sieges begangen - in der DDR war übrigens seit 1950 der 8.
Mai gesetzlicher Feiertag zum Gedenken an den Sieg über den
Faschismus.
Und warum wurde und wird in NATO-Deutschland dieses geschichtsträchtige Datum verdrängt?
Für uns gilt die denkwürdige Klarstellung des
damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der am 8.
Mai 1985 sagte: „Der Blick ging zurück in einen dunklen
Abgrund der Vergangenheit und nach vorn in eine ungewisse dunkle
Zukunft. Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es heute für
uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung.
Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“
Heute droht unser Geschichtsbild überschattet zu
werden von einem erneuerten Feindbild gegen Russland, dem Kern der
früheren Sowjetunion, die mit 27 Millionen Toten die
größten Opfer für die Befreiung Europas vom Faschismus
gebracht hatte.
Wir brauchen den Gedenktag auch zur Mahnung an die
Befreiung von Kriegspropaganda, die im Kern von Rassismus, Streben nach
Dominanz über abhängige Staaten und Eroberung von Ressourcen
angetrieben wurde. Die Kontinuitäten der heutigen Politik sind
bedrohlich, die Erinnerung an die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs und
zugleich die Aufdeckung seiner Ursachen ist ein wichtiges Element einer
friedensfähigen Zukunft.
Mit Willy Brandts Worten "Vom deutschen Boden darf nie
wieder ein Krieg ausgehen" halten wir uns an das Grundgesetz Art. 26 GG
und widersprechen der Geschichtsvergessenheit aktueller deutscher
Politiker, die von wachsender Verantwortung Deutschlands reden und
direkt oder indirekt militärisches Eingreifen in fremden
Ländern meinen, immer wieder unter Bruch des Völkerrechts.
Wir begründen unsere Forderung im Sinne des Schwurs der Häftlinge von Buchenwald bei ihrer Befreiung:
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln
ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der
Freiheit ist unser Ziel.“
In vielen Städten und Gemeinden wird der 8. Mai
bereits – auch ohne Segen des Parlaments und der Regierung
– als Tag der Befreiung begangen. Wir rufen dazu auf,
entsprechend überall initiativ zu werden.
Matthias Jochheim, IPPNW
Ulrich Sander, Bundessprecher VVN-BdA
Ermutigt dürfen wir uns durch einen Beschluss der
in Thüringen regierenden Parteien Linke, SPD und Grüne
fühlen, der hier nachzulesen ist: http://www.mdr.de/thueringen/achter-mai-gedenktag-thueringen100.html
Die Kooperation für den Frieden hat dieses Projekt
bei ihrer Strategiekonferenz in Leipzig vor einer Woche auf ihre
weitere Beratungs-Agenda gesetzt. Ihre Unterstützung erklärt
haben bisher schon der Aachener Friedenspreis und das Netzwerk
Friedenssteuer.
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