19.02.2016
Vom gemeinsamen Nie wieder!
Friedensbewegung und antifaschistische Kräfte sollten sich wiedervereinen
Nach Gründen für eine
unzulängliche Entwicklung der Friedensbewegung wird seit langem
gesucht. Warum kann sie nicht an Größe und Breite von
früher anknüpfen, wird gefragt. Dabei wird ein wichtiger
Faktor meist übersehen. Bis vor eineinhalb Jahrzehnten waren
Friedensbewegung und antifaschistische Bewegung unter der Losung "Nie
wieder Faschismus und nie wieder Krieg!" vereint. Das ist schon lange
nicht mehr so.
Wie können wir die Friedens- und Antifabewegung
wieder vereinen, die auseinandergingen als 1999 Fischer/Scharping von
einem Nie wieder Auschwitz sprachen, um Kriege zu rechtfertigen? Damals
haben Antifaschisten wie Peter Gingold und Kurt Goldstein eine Aufsehen
erregende Erklärung abgegeben: „Gegen die neue Art der
Auschwitzlüge“, die von zahlreichen
Holocaustüberlebenden unterzeichnet wurde, die sich damit gegen
den Krieg der NATO und auch Deutschlands gegen Restjugoslawien wandten.
Doch auch viele gutmeinende Grüne und
Sozialdemokraten waren nun für den Krieg gegen den „neuen
Hitler“ und fanden das irgendwie antifaschistisch. Wenn auch die
späteren „Hitlernachfolger“ z.B. in Libyen und dem
Irak den Menschen weniger als das Böse an sich einleuchteten, so
kam doch die Einheit der Bewegungen nie wieder zustande.
In den Städten ruft man heute „Bunt statt
braun“, und wir fügen hinzu, aber leider noch nicht so
erfolgreich wie nötig: „…und olivgrün“.
Der Antifaschismus stellt heute in den Städten die
größte demokratische Bewegung dar, und dies wurde noch
verstärkt als mit der „Willkommenskultur“ zahlreiche
antirassistische Kräfte hinzustießen. Doch der
zivilgesellschaftliche, auch bürgerliche Antifaschismus ist nicht
bundesweit wirksam, nur städtisch vorhanden. Allerdings beginnt
dieser Antifaschismus auch wieder mehr friedenspolitisch wirksam zu
werden, denn die Forderung nach Beseitigung der Fluchtursachen zielt
auf die Vermeidung von militärischen Auseinandersetzungen, wenn
sie einen Sinn haben soll.
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der
Antifaschisten versteht sich seit ihrer Gründung vor fast 70
Jahren sowohl als antifaschistisch als auch antimilitaristisch. Sie
strebt die Wiederherstellung der einheitlichen Bewegung des Nie wieder!
an. Sie hat jedoch keinesfalls je an eine Einheit unter Einschluss nach
rechts offener Kräfte gedacht. Sie und die gesamte Antifabewegung
waren sich einig, und viele ihrer Mitstreiter waren entsetzt, als es
bei einigen Friedensgruppen zur Öffnung nach rechts kam. Einige
Friedensbewegte sagten hingegen in aufgeregten Diskussionen: Aber wir
müssen doch endlich die nötige Größe und Kraft
wieder erringen wie annodazumal. Als einzige relativ große und
besonders traditionsreiche Organisation positioniert sich die VVN-BdA
nach wie vor als wirklich zu beiden Bewegungen gehörig. Es
gelang, die Friedensbewegungen vom Kasseler Friedensratschlag wie von
der Kooperation für den Frieden – letztere erst nach einigen
Verwirrungen - sowohl von falschen Öffnungen abzuhalten als auch
die antifaschistische und antimilitaristische Gemeinsamkeit vielfach
herzustellen.
Alte Stärke und neue Kraft wird die
Friedensbewegung erringen, wenn wir wieder Gewerkschaften dabei haben
und wenigstens einige SPD- und Grüne Kräfte
zurückgewinnen.
Die bisweilen furchterregenden Gewaltaktionen und
Bewegungen der Rassisten auf den Straßen und Plätzen
(Pegida) und auf dem Weg in die Parlamente (AfD), noch dazu mit
Europa-weiter Begleitmusik, machen ebenso einen Aufschwung der
antifaschistischen und Friedensbewegung nötig wie die sich
überschlagenden Kriegsvorbereitungen auch in unserem Land. Denn
auch die Regierungspolitik wird immer bedrohlicher, wenn sie sich auch
noch so freundlich artikuliert, z.B.: Wir schaffen das. Kanzlerin
Angela Merkel forderte am Auschwitzgedenktag 27. Januar anlässlich
der Einweihung einer Ausstellung mit Bildern aus Vernichtungslagern:
„Das, was geschehen ist, für immer im Gedächtnis zu
behalten, das Andenken an die Opfer zu bewahren und uns mit ganzer
Kraft für das Nie wieder! einzusetzen.“ Leider setzte Merkel
dieses „Nie wieder!“ nicht auch der Kriegsbeteiligung
entgegen. Und wenn Frau Merkel von der Beseitigung der Fluchtursachen
spricht und dabei nicht auf den Krieg als zentrale Fluchtursache
hinweist, dann muss ihr entsprechend geantwortet werden.
Über 130 Milliarden Euro will die Bundesregierung
in den nächsten 15 Jahren ausgeben, um noch mehr Krieg zu
führen. Dem haben Friedens- wie Antifabewegungen ihr Nie wieder!
entgegenzusetzen.
Erich Kästner war Ostermarschierer der ersten
Stunde. Von ihm stammt der Satz: „Es gibt nichts Gutes,
außer man tut es.“ Zum Beispiel bei den bevorstehenden
Ostermärschen.
Von Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA
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