31.01.2016
Landeskonferenz zur Zukunft des Antifaschismus
Ursachen von Flucht und Rassismus - und die Alternativen dazu
Am 30.1. fand in Solingen eine sehr gut
besuchte Landeskonferenz antifaschistischer Initiativen und
Organisationen auf Initiative der VVN/BdA statt. Weit über
einhundert Demokrat/innen diskutierten aktuelle Aufgaben der Bewegung
im sozialen, juristischen und generell im öffentlichen Bereich.
Der
Landessprecher der VVN/BdA Falk Mikosch begrüßte die
Teilnehmer/innen mit einer bewegenden Rede voller aktueller Bezüge
wie: "Die Kanzlerin Angela Merkel befürwortete jetzt
anlässlich der Einweihung einer Ausstellung mit Bildern aus
Vernichtungslagern: 'Das, was geschehen ist, für immer im
Gedächtnis zu behalten, das Andenken an die Opfer zu bewahren und
uns mit ganzer Kraft für das Nie wieder! einzusetzen.' Leider
setzt Merkel dieses 'Nie wieder!' nicht auch der Kriegsbeteiligung
entgegen. Über 130 Milliarden Euro will die Bundesregierung in den
nächsten 15 Jahren ausgeben, um noch mehr Krieg zu führen.
Dem setzen wir unser Nie wieder! entgegen." Falk Mikosch zog hier
gleich einen Zusammenhang zur zentralen Fluchtursache
„Kriege“, und kennzeichnet die antifaschistische Bewegung
als Teil auch der Friedensbewegung.
In Workshops bearbeiteten die Teilnehmer/innen
Zusammenhänge zwischen der sozialen Frage und Rassismus, wobei die
fatalen Wirkungen von ohnmächtig machenden Lebensumständen
und Präkarisierung bis hin zur Affinität für
rassistisches Gedankengut diskutiert wurden. Die Konsequenz einer
sozialen Politik, Alternativen wie das bedingungslose Grundeinkommen
und generell eine antikapitalistische Politik waren hier Thema, denn
letztlich drängt der Kapitalismus immer in Krisenzeit zur
Demontage sozialer Rechte mit allen Folgen für die Opfer.
Die juristische Dimension des Demonstrationsrechtes war
ein weiteres Thema. Dabei ging es um Hilfen für die Demokrat/innen
durch Jurist/innen aus der Bewegung, um willkürlichen
Entscheidungen qualifizierte Antworten entgegen zu bringen.
Die
Arbeitsgruppe „Kinder des Widerstands – eine neue
Zeitzeugengeneration stellt sich vor“ stellte unter Beteiligung
auch von fünf Töchtern antifaschistischer
Widerstandskämpfer die Notwendigkeit heraus, die
Bildungsarbeit in den Schulen und in der Jugend allgemein mit
antifaschistischer Aufklärung zu bereichern.
Die Aufklärung über die Vernetzung der
Neonazis und über ihre gefährliche Propaganda, über die
eine weitere Arbeitsgruppe sprach, ist dabei von aktueller Wichtigkeit.
Die Arbeitsgruppe über die Rolle der Sprache ergab,
wie der Referent vom Duisburger Institut für Sozialforschung
Lennart Suermann ausführte: Wenn wir gemeinsam sprechen wollen,
müssen wir andere Positionen mitdenken, ohne beliebig zu werden.
Selbstreflexion mit kritischer Distanz zu sich selbst ist ebenso
entscheidend, wie das Sprechen über Begriffe. Demokrat/innen haben
im antifaschistischen Kontext die Aufgabe, sich gegen alle noch so
versteckten Abwertungen durch entindividualisierende Gruppenzuordnungen
zu stellen. Sie haben auch mit jenen zu reden, die nicht privilegiert
sind und die Ziel rechtspopulistischer Propaganda sind.
Parallelen zwischen NPD- und AfD-Parolen gegen den Euro,
gegen Flüchtlinge und für fremdenfeindliche Volksentscheide
machen deutlich, wie konservative Meinungsmache Rassismus
begünstigt. § 130 StGB beschreibt Volksverhetzung sehr klar
und sollte von Antifaschisten verstärkt aufgegriffen werden:
Volksverhetzung ist gegeben, sobald jemand die Menschenwürde
anderer angreift und Teile der Bevölkerung wegen ihrer
Zugehörigkeiten beleidigt.
Abschließend orientierte Willi Hoffmeister die
Teilnehmer/innen auf Aktionen im Sinne des Antifaschismus und warb
für die Teilnahme am Ostermarsch.
Einige kritische Bemerkungen seien gestattet: Das
Abschlussplenum war mit seinen eher zufällig gestalteten Berichten
aus den Workshops zu wenig auf die weitere Arbeit orientiert, sondern
zu sehr dem Zufall der Aufmerksamkeitsschwerpunkte der jeweiligen
Berichterstatter/innen überlassen.
Auch solche undifferenzierte Aussagen wie die, dass in
den Schulen der Geschichtsunterricht vor 1933 endet und erst circa mit
der BRD-Gründung und dem Wirtschaftswunder wieder beginnt, blieben
ohne Diskussion. Entsprechend fehlte am Schluss ein bilanzierender
Austausch über die Aktionsbereiche aus den Workshops, aus den
Regionen des Landes und aus den lokalen VVN-Gruppen vor Ort und
überregional. Ein Plenums-Vortrag mit Diskussion über
Perspektiven der Bündnisarbeit der Antifaschisten in Zeiten von
Krise und Militarisierung hätte hier sicher weiter geholfen.
Jedoch: Derartige Ergänzungen sind möglich, indem die
Teilnehmer/innen ihre Eindrücke schreiben an nrw[at]vvn-bda[dot]de.
Bernhard Trautvetter
Weitere Fotos unter: https://www.r-mediabase.eu/index.php?view=category&catid=730&option=com_joomgallery&Itemid=519
Zum anschließenden Rock gegen Rassismus schreiben das Solinger Tagblatt und die Rheinische Post:
„Rock gegen Rassismus“: Punker musizieren gegen Intoleranz
Solinger Tagblatt vom 31.01.16
Das Konzert „Rock gegen Rassismus“ in der Cobra setzt ein Zeichen für Humanismus.
In Zeiten, in denen fast jeder seine politische Meinung
lautstark kundtut, ist es umso wichtiger, dass auch angepackt wird, um
die angeprangerten Probleme zu lösen. Das dachte sich auch die
„Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der
Antifaschisten“ (VVN-BdA) und veranstaltete am Samstagabend das
Konzert „Rock gegen Rassismus“.
„Es reicht nicht, wenn man nur in der Schule etwas
über vergangene Nazitaten hört — diese Themen sind
leider nach wie vor aktuell“, sagt Günter Bischoff,
Organisator der Veranstaltung und Sprecher des VVN-BdA. Gerade um auch
Jugendliche anzusprechen, kam er auf die Idee, das Konzert zu
veranstalten. Dazu lud er neben den Solinger Newcomern „The
Cuckoo“ und „Emma’s Dream“ aus Leichlingen auch
die bekannten Punkrocker „Schmutzki“ aus Stuttgart ein.
Das Programm fand Anklang. In der gut gefüllten
Cobra feierte ein bunt gemischtes Publikum die eindringliche Musik und
setzte dabei ein Zeichen gegen Rassismus und Intoleranz. Vor den Toren
tummelten sich laut Security zeitweise etwa 30 Neonazis, die dann
allerdings das Weite suchen mussten und das Konzert gar nicht erst
stören konnten.
Punkrock aus Stuttgart mit markigen Parolen
Die Laune wollte sich in der Halle niemand vermiesen
lassen. Mit Punkrock und simplen Texten spielte sich
„Schmutzki“ in die Herzen der Menschen. Mit markigen
Parolen ließen sie keinen Zweifel an ihrer Überzeugung
für die Sache.
Auch Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) mischte
sich unter das Publikum: „Ich helfe seit meiner Jugend bei
antirassistischen Projekten mit und unterstütze dieses Projekt
sehr gerne.“ So war das Konzert ein gelungenes Zeichen für
ein offenes Solingen. Bischoff freut sich über den Erfolg:
„Ich bin sehr zufrieden – es ist eine tolle Stimmung voller
Humanismus. Wir wollten eine Botschaft vermitteln, das ist uns
gelungen.“ Der Reinerlös kommt Solinger
Flüchtlingsprojekten zugute. Jm
http://www.solinger-tageblatt.de/solingen/punker-musizieren-gegen-intoleranz-6082679.html
Konzert als Statement gegen den Rassismus
Rheinische Post vom 01.02.2016
Solingen. In der Cobra war die Band "Schmutzki" der
Hauptakt bei "Rock gegen Rassismus - Refugees welcome". Von Sandra
Grünwald
In der Merscheider Cobra tobte am Samstagabend der voll
besetzte Saal. Die drei Jungs von "Schmutzki" mischten das Publikum auf
und brachten die Stimmung zum Überkochen - und das mit reichlich
"Positive Brutality". Mit der jungen Punkrock-Band aus Stuttgart hatten
die Veranstalter des Konzertes "Rock gegen Rassismus - Refugees
welcome!" einen wahrhaft guten Fang gemacht.
Seit ihrer Gründung im Jahr 2011 hat sich
"Schmutzki" einen Namen in der Punkrock-Szene und darüber hinaus
gemacht. Sie spielten unter anderem im August 2015 neben "Kraftclub"
und "Bad Religion" als Vorband der "Toten Hosen" auf der Leipziger
Festwiese vor über 70.000 Zuschauern.
So wundert es nicht, dass es auch in der Merscheider
Cobra heiß zuging. Die Solinger Band "The Cuckoo" und "Emma's
Dream" aus Leichlingen hatten als Vorgruppen bereits die Stimmung
angeheizt und das Publikum ordentlich zum Rocken gebracht. "Ich bin
absolut begeistert", schreit Colin Völker gegen die wummernden
Beats an. "Das Konzert ist absolut super! Ich habe Schmutzki bisher
noch nicht live gesehen, aber das ist echt ein Erlebnis, das man nicht
so schnell vergisst."
Lia Schumann ist vom wilden Herumhüpfen zu der
lauten Musik schon völlig außer Atem. "Das ist echt die
beste Möglichkeit, ein klares Statement gegen Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit abzugeben, weil man gleichzeitig noch riesen
Spaß daran hat", meint die 21-Jährige. Es sei gerade nach
dem Chaos um die Silvesternacht in Köln wichtiger denn je, klar
Stellung für die Flüchtlinge zu beziehen. "Egal wie, egal
wo", erklärt sie, "einfach immer."
Nicht zufällig fand das Konzert in der Cobra an
einem 30. Januar statt. An diesem Samstag jährte sich Hitlers
Machtübernahme zum 83. Mal. Ein guter Anlass also, einen Gegenpart
zu setzen, fanden die Mitglieder der Solinger Gruppe der "Vereinigung
der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten", kurz
VVN-BdA, und das Team der Merscheider Cobra, die dieses Konzert
gemeinsam auf die Beine gestellt hatten.
Der Erlös des Konzertes kommt denn auch einem
entsprechenden Zweck zugute. Er geht an den Verein "Frauen helfen
Frauen Solingen" und dessen Projekt, das traumatisierten
Flüchtlingsfrauen hilft, die Opfer von Gewalt geworden sind.
Mit diesem Konzert "Rock gegen Rassismus - Refugees
welcome!" setzte Solingen ein Zeichen der Willkommenskultur, das nicht
überhört werden konnte. Denndie Bandmitglieder von
"Schmutzki" ließen es nicht nur mit ihrem Song "Bäm!" so
richtig krachen und riefen dabei auch ihr klares Statement von der
Bühne - "natürlich gegen Nazis, versteht sich doch von
selbst!"
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/solingen/konzert-als-statement-gegen-den-rassismus-aid-1.5731238
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