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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

21.01.2016

Auseinandersetzung mit einem akademischen AfD-Propagandisten

Die VVN-BdA Karlsruhe hat am 7. Januar eine Presse-Erklärung an die Regionalpresse gerichtet. Es geht um folgendes:  Seit Anfang Dezember gibt es eine öffentliche Auseinandersetzung mit einem leitenden Akademiker in der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Karlsruhe. Studierende und Lehrpersonal, auch aus anderen Hochschulen, charakterisieren Dr. Marc Jongen als Rechtspopulisten und wenden sich „Gegen die Salonfähigkeit neuer Rechter in der HfG“. Dieser geht in die Offensive und diffamiert die berechtigte Kritik als „Gesinnungsdiktatur“.

Solidarität mit Kritikern eines AfD-Aktivisten in einer Karlsruher Hochschulleitung

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) Kreisvereinigung Karlsruhe bezieht sich auf den ZEITonline-Artikel vom 28. Dezember 2015 „Feigenblätter über Karlsruhe“, die Online-Ausgabe eines ZEIT-Artikels vom 3. Dezember. Darin wird über den Protest von Studierenden und Wissenschaftlern über die AfD-Aktivitäten von Dr. Marc Jongen, dem persönlichen Assistenten des Rektors der Karlsruher Hochschule für Gestaltung (HfG) Prof. Peter Sloterdijk, berichtet.

Dr. Jongen ist stellvertretender Sprecher und Programmkoordinator der AfD Baden-Württemberg und Mitglied der AfD-Bundesprogrammkommission, das heißt ideologischer Vormann einer fremdenfeindlichen, rechtsnationalen Partei mit Verbindungen zur Neonazi-Szene. Als persönlicher Assistent des Rektors ist Dr. Jongen Mitglied des HfG-Senats, Leiter des HfG-„International Office“ und Herausgeber der Schriftenreihe „HfG Forschung“.

Zehn besorgte WissenschaftlerInnen der Buchreihe „HfG Forschung“ haben in einem öffentlichen Brief am 4. Dezember „Gegen die Salonfähigkeit neuer Rechter in der HfG“ verlangt, Dr. Jongen als Herausgeber abzulösen.

In der ZEIT wurde berichtet, dass sich der Rektor auf ausdrückliche Nachfrage nicht äußern wollte. Kurz darauf wurde jedoch in der Presse eine Stellungnahme des Rektors bekannt. In dieser stellte er sich hinter seinen AfD-Aktivisten. Perfide. Nicht nur wegen der Argumentation („AfD verfassungskonform“, „Mitgliedschaft reine Privatsache“) sondern auch wegen der Auskunftsverweigerung gegenüber der ZEIT. Das ist mit den Aufgaben des Rektors einer öffentlichen Bildungseinrichtung völlig unvereinbar.

Dr. Jongen dreht den Spieß inzwischen nach rechtspopulistischem Muster um und bewertet auf Facebook die Aktion an seiner Hochschule als Diffamierungskampagne gegen ihn, die das zweifelhafte Demokratieverständnis der Drahtzieher offenbare. Nach den Badischen Neuestens Nachrichten vom 9. Dezember setzt er noch einen drauf. Dort spricht er von Gesinnungsdiktatur und fühlt sich an die „Unterdrückungsmechanismen“ erinnert, „wie man sie von totalitären Regimen kennt“.

Als Organisation der nach der Befreiung vor 70 Jahren gegründeten Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes melden wir uns zu Wort, weil wir bundesweit über den Fall aufklären wollen und um unsere Solidarität mit den Kritikern zu bekunden.

Die Kritiker in die Ecke eines zweifelhaften Demokratieverständnisses zu stellen, Unterdrückungsmechanismen in totalitären Regimen gleichzustellen und damit einschüchtern zu wollen, erinnert fatal an die Methoden, die den Untergang der Weimarer Demokratie begleitet haben, mit den bekannten furchtbaren Folgen.

Positiv hervorheben möchten wir Prof. Beat Wyss von der HfG Karlsruhe, der ebenso wie die zehn benannten WissenschaftlerInnen der Buchreihe mit Prof. Friedrich von Borries aus Hamburg verantwortungsbewusst handelt. Solche Menschen sind Vorbilder für die Studierenden.  

Wie der Sender SWR am 22. Dezember meldete, ist Rektor Sloterdijk inzwischen in den Ruhestand getreten, nicht ohne vorher Jongens Vertrag zu entfristen.

Sein Nachfolger tritt im Februar den Dienst an. Der AStA plant eine Vollversammlung der Studierenden im Januar, um über etwaige Protestaktionen zu beraten.

Besonders die in verantwortlichen Positionen tätigen WissenschaftlerInnen in Rektoraten und Senaten der Hochschulen haben eine Vorbildfunktion für die Studierenden und sind gehalten, alle Entscheidungen im Interesse des Bildungsauftrags der öffentlichen Hochschulen für Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden aktiv zu gestalten. Dieser Bildungsauftrag wird in der HfG Karlsruhe aufgrund der vorgenannten Vorkommnisse verletzt. Im Allgemeininteresse muss diese Verletzung geheilt werden.

Soweit der Text der Presse-Erklärung.

Was geschah seit der Veröffentlichung der VVN-BdA Karlsruhe?

Am 10. Januar erschien in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein ganzseitiger Hintergrundbericht, über den am 11. Januar zusammen mit einer Kurzfassung der VVN-BdA-Presse-Erklärung in den Badischen Neuesten Nachrichten berichtet wurde. Wohlgemerkt in einem Presseorgan, das sich nicht scheut, über Dr. Jongen unkritisch zu berichten und regelmäßig Jongen-Jubel-Leserbriefe zu veröffentlichen. Die bundesweite Bedeutung der Auseinandersetzung wird unterstrichen mit einem ausführlichen nicht unkritischen Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 15. Januar.

Die Presse-Erklärung ist bei verschiedenen Gelegenheiten in Karlsruhe als Flyer verbreitet worden und auf Interesse gestoßen. Aufgrund des berichteten Unmuts unter der HfG-Studierenden wurden die Flyer beim AStA der HfG vorbeigebracht Der AStA hat für 25. Januar zu einer Vollversammlung der HfG-Studierenden eingeladen, bei der auch über den Fall Jongen beraten werden soll.

Alle zitierten Quellen können in der Web-Dokumentation der „Initiative gegen Militärforschung an Universtäten“ http://www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf unter der Daten 11.01.16, 07.01.01.16 und 28.12.15 nachgelesen werden.