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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

21.12.2015

Zur Rolle der Wirtschaft und des Widerstandes im NS-System – Aufgabe der Erinnerungsarbeit

Beschluss des Landesausschusses der VVN-BdA

Zur Vorbereitung der außerordentlichen Bundeskonferenz der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschis-ten (Bochum, Jahrhunderthaus der IG Metall, 27.-29. Mai 2016) hat der Landesausschuss der nordrhein-westfälischen VVN-BdA aufgerufen, alle neuen Impulse für eine antifaschistische Erinne-rungsarbeit in einer sich wandelnden Zeit aufzugreifen. Im Fol-genden der Wortlaut des Beschlusses:

Jahrhunderthaus der IG Metall, Bochum, Tagungsort der VVN-BdA (Foto: Frank Vincentz unter GFDL - https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bochum_-_Alleestraße_-_Jahrhunderthaus_03_ies.jpg)Beschluss des Landesausschusses der VVN-BdA

Zur Rolle der Wirtschaft und des Widerstandes im NS-System – Aufgabe der Erinnerungsarbeit

Wir bitten darum, in die inhaltliche Vorbereitung und für die Aus-sagen der außerordentlichen Bundeskonferenz der VVN-BdA (Bo-chum, 27.-29. Mai 2016) alle neuen Impulse für eine antifaschisti-sche Erinnerungsarbeit in einer sich wandelnden Zeit aufzugrei-fen.

Es sollten besonders Aussagen dieser Konferenz zu folgenden Themen vorgesehen werden:

  • die Rolle der ökonomischen Eliten im deutschen Faschismus, ihre Funktion für das Aufkommen des Faschismus, für Vorbereitung und Führung des Krieges, sowie die Lehren, die daraus zu ziehen sind.
  • die „Kinder des Widerstandes“ und damit die 2. und 3. Generation der Opfer des Faschismus und ihre Forderungen und Anliegen.

Zu diesen beiden Themen hat die VVN-BdA NRW seit einigen Jah-ren wichtige Vorarbeiten geleistet. Sie hat beschlossen, in allen Kreisorganisationen bis zur Bundeskonferenz neue Aktionen für die Aufklärung zu diesen Themen anzupacken, das heißt mit den neuen Zeitzeugen an die Öffentlichkeit zu treten, ihre Erfahrungen in Broschüren zu dokumentieren und ferner die Spurensuche „Verbrechen der Wirtschaft“ mittels Bürgeranträgen z.B. für Stra-ßenumbenennungen und mit Herausgabe von Postern (Schaffung einer Ausstellung von der Basis her) zu verstärken.

Es sind die genannten Themen, die von der herrschenden Ge-schichtsarbeit weitgehend ausgeblendet werden (möglichst weni-ge Aussagen zum Widerstand, speziell Arbeiterwiderstand) oder gar tabuiert werden (Rolle des Kapitals im Faschismus).

Zum Hintergrund:

1.- Ein Dauerprojekt der Vereinigung der Verfolgten des Nazire-gimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA NRW) „ Verbrechen der Wirtschaft in der Zeit von 1933 bis 1945“ wurde 2008 gestartet. Die Spurensuche soll Dokumentationen über diese Verbrechen auf dem Territorium des Landes an Rhein, Ruhr und Lippe schaffen helfen.

Antifa- und Jugendgruppen sowie Schülerinnen und Schüler sind aufgerufen, vor Ort die Informationen über die Täter zu sammeln und zusammenzutragen, um sie von der VVN-BdA veröffentlichen zu lassen. Daraus sollen Schriften oder auch Exponate entstehen.

Konkret geht es darum: Mit den Stolpersteinen des Künstlers Gun-ter Demnig werden bekanntlich die Opfer geehrt. Es sollen aber auch Täter und Tatorte öffentlich gemacht werden. Rund 30 dieser Tatorte hat die VVN-BdA 2012 in einer Zwischenbilanz in dem Buch „Von Arisierung bis Zwangsarbeit – Verbrechen der Wirt-schaft“ dokumentiert. Weitere Anträge zu Straßenumbenennun-gen, zu Tafeln an Tatorten usw. wurden gestellt, eine Reihe von neuen Kennzeichnungen wurde erreicht. Denn auch heute noch werden die damaligen Täter ökonomischer Eliten geehrt. Zudem gibt es dies Projekt:

Mit einer virtuellen Gedenk- und Aufklärungsgalerie sollen Lehren aus der Geschichte im örtlichen und regionalen Umfeld gezogen werden und so ein politisches Gesamtkunstwerk entstehen. Poli-tisch engagierte Menschen und Fotoaktivisten sind aufgefordert, sich zu beteiligen. Beispielsweise mit dem Ablichten von Gedenk-tafeln, von Straßenschildern, Plätzen und Orten von Zwangsarbeit, Deportation oder Arisierung.

2.- Sinnvoll ist auch, vorhandene Stätten der Erinnerung abzulich-ten und zu dokumentieren. Denn der behördlich angestrebte Trend geht dahin, das Andenken an den Widerstand, besonders des Arbeiterwiderstandes zu reduzieren, und das Erinnern an die Täter aus den ökonomischen Eliten aus den Gedenkstätten und Er-innerungsorten zu entfernen.

Dies war einer der Gründe dafür, dass die Gruppe „Kinder des Wi-derstandes“ entstand. Sie hat rund 60 Mitglieder in NRW und dar-über hinaus rund 100 Zustimmungserklärungen aus ganz Deutschland. Sie erklärten: „Der Name der Gruppe ist Programm: Kinder des Widerstandes wollen dem antifaschistischen Kampf ein persönliches Gesicht geben, zeigen was Widerstand, Verfolgung, Inhaftierung, Folter und Terror für den einzelnen Menschen und dessen Familien bedeutete. Unsere Eltern waren empört darüber, dass Altnazis auf allen Ebenen z.B. Richter, Staatsanwälte, Minister – sogar als Staatsoberhaupt – wieder in Amt und Würden kamen. Sie waren empört darüber, dass es erneut zu einer Wiederbewaff-nung kam. Viele unserer Eltern und Großeltern wurden in der Zeit des Kalten Krieges nochmals verfolgt.“ Daran soll erinnert werden. Die Gruppe hat sich inzwischen zur Gedenkstättenarbeit kritisch geäußert, sie hat vor Schülerinnen und Schülern referiert (Zeugen der Zeitzeugen), an Konferenzen zum Thema teilgenommen und das Buch „Kinder des Widerstandes“ im Eigenverlag herausgege-ben.

Nun geht die VVN-BdA NRW daran, die Arbeit der Gruppe ver-stärkt zu unterstützen, besonders vor der Jugend mit den Mitglie-dern der Gruppe aufzutreten und weitere Berichte von diesen neuen Zeitzeugen zu sammeln und zu publizieren. In alle aktiven Kreisvereinigungen sollen Broschüren mit Zeitzeugenberichten der Generationen ab 1935 entstehen.

Beschlossen am 7. Nov. 2015 in Wuppertal