21.12.2015
Zur Rolle der Wirtschaft und
des Widerstandes im NS-System – Aufgabe der Erinnerungsarbeit
Beschluss
des Landesausschusses der VVN-BdA
Zur Vorbereitung der
außerordentlichen Bundeskonferenz der Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschis-ten (Bochum,
Jahrhunderthaus der IG Metall, 27.-29. Mai 2016) hat der
Landesausschuss der nordrhein-westfälischen VVN-BdA
aufgerufen, alle neuen Impulse für eine antifaschistische
Erinne-rungsarbeit in einer sich wandelnden Zeit aufzugreifen. Im
Fol-genden der Wortlaut des Beschlusses:
Beschluss des Landesausschusses der VVN-BdA
Zur Rolle der Wirtschaft und des Widerstandes im
NS-System – Aufgabe der Erinnerungsarbeit
Wir bitten darum, in die inhaltliche Vorbereitung
und für die Aus-sagen der außerordentlichen
Bundeskonferenz der VVN-BdA (Bo-chum, 27.-29. Mai 2016) alle neuen
Impulse für eine antifaschisti-sche Erinnerungsarbeit in einer
sich wandelnden Zeit aufzugrei-fen.
Es sollten besonders Aussagen dieser Konferenz zu
folgenden Themen vorgesehen werden:
- die Rolle der ökonomischen Eliten im
deutschen Faschismus, ihre Funktion für das Aufkommen des
Faschismus, für Vorbereitung und Führung des Krieges,
sowie die Lehren, die daraus zu ziehen sind.
- die „Kinder des
Widerstandes“ und damit die 2. und 3. Generation der Opfer
des Faschismus und ihre Forderungen und Anliegen.
Zu diesen beiden Themen hat die VVN-BdA NRW seit
einigen Jah-ren wichtige Vorarbeiten geleistet. Sie hat beschlossen, in
allen Kreisorganisationen bis zur Bundeskonferenz neue Aktionen
für die Aufklärung zu diesen Themen anzupacken, das
heißt mit den neuen Zeitzeugen an die Öffentlichkeit
zu treten, ihre Erfahrungen in Broschüren zu dokumentieren und
ferner die Spurensuche „Verbrechen der Wirtschaft“
mittels Bürgeranträgen z.B. für
Stra-ßenumbenennungen und mit Herausgabe von Postern
(Schaffung einer Ausstellung von der Basis her) zu verstärken.
Es sind die genannten Themen, die von der
herrschenden Ge-schichtsarbeit weitgehend ausgeblendet werden
(möglichst weni-ge Aussagen zum Widerstand, speziell
Arbeiterwiderstand) oder gar tabuiert werden (Rolle des Kapitals im
Faschismus).
Zum Hintergrund:
1.- Ein Dauerprojekt der Vereinigung der
Verfolgten des Nazire-gimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA NRW)
„ Verbrechen der Wirtschaft in der Zeit von 1933 bis
1945“ wurde 2008 gestartet. Die Spurensuche soll
Dokumentationen über diese Verbrechen auf dem Territorium des
Landes an Rhein, Ruhr und Lippe schaffen helfen.
Antifa- und Jugendgruppen sowie
Schülerinnen und Schüler sind aufgerufen, vor Ort die
Informationen über die Täter zu sammeln und
zusammenzutragen, um sie von der VVN-BdA veröffentlichen zu
lassen. Daraus sollen Schriften oder auch Exponate entstehen.
Konkret geht es darum: Mit den Stolpersteinen des
Künstlers Gun-ter Demnig werden bekanntlich die Opfer geehrt.
Es sollen aber auch Täter und Tatorte öffentlich
gemacht werden. Rund 30 dieser Tatorte hat die VVN-BdA 2012 in einer
Zwischenbilanz in dem Buch „Von Arisierung bis Zwangsarbeit
– Verbrechen der Wirt-schaft“ dokumentiert. Weitere
Anträge zu Straßenumbenennun-gen, zu Tafeln an
Tatorten usw. wurden gestellt, eine Reihe von neuen Kennzeichnungen
wurde erreicht. Denn auch heute noch werden die damaligen
Täter ökonomischer Eliten geehrt. Zudem gibt es dies
Projekt:
Mit einer virtuellen Gedenk- und
Aufklärungsgalerie sollen Lehren aus der Geschichte im
örtlichen und regionalen Umfeld gezogen werden und so ein
politisches Gesamtkunstwerk entstehen. Poli-tisch engagierte Menschen
und Fotoaktivisten sind aufgefordert, sich zu beteiligen.
Beispielsweise mit dem Ablichten von Gedenk-tafeln, von
Straßenschildern, Plätzen und Orten von
Zwangsarbeit, Deportation oder Arisierung.
2.- Sinnvoll ist auch, vorhandene Stätten
der Erinnerung abzulich-ten und zu dokumentieren. Denn der
behördlich angestrebte Trend geht dahin, das Andenken an den
Widerstand, besonders des Arbeiterwiderstandes zu reduzieren, und das
Erinnern an die Täter aus den ökonomischen Eliten aus
den Gedenkstätten und Er-innerungsorten zu entfernen.
Dies war einer der Gründe dafür,
dass die Gruppe „Kinder des Wi-derstandes“
entstand. Sie hat rund 60 Mitglieder in NRW und dar-über
hinaus rund 100 Zustimmungserklärungen aus ganz Deutschland.
Sie erklärten: „Der Name der Gruppe ist Programm:
Kinder des Widerstandes wollen dem antifaschistischen Kampf ein
persönliches Gesicht geben, zeigen was Widerstand, Verfolgung,
Inhaftierung, Folter und Terror für den einzelnen Menschen und
dessen Familien bedeutete. Unsere Eltern waren empört
darüber, dass Altnazis auf allen Ebenen z.B. Richter,
Staatsanwälte, Minister – sogar als Staatsoberhaupt
– wieder in Amt und Würden kamen. Sie waren
empört darüber, dass es erneut zu einer
Wiederbewaff-nung kam. Viele unserer Eltern und Großeltern
wurden in der Zeit des Kalten Krieges nochmals verfolgt.“
Daran soll erinnert werden. Die Gruppe hat sich inzwischen zur
Gedenkstättenarbeit kritisch geäußert, sie
hat vor Schülerinnen und Schülern referiert (Zeugen
der Zeitzeugen), an Konferenzen zum Thema teilgenommen und das Buch
„Kinder des Widerstandes“ im Eigenverlag
herausgege-ben.
Nun geht die VVN-BdA NRW daran, die Arbeit der
Gruppe ver-stärkt zu unterstützen, besonders vor der
Jugend mit den Mitglie-dern der Gruppe aufzutreten und weitere Berichte
von diesen neuen Zeitzeugen zu sammeln und zu publizieren. In alle
aktiven Kreisvereinigungen sollen Broschüren mit
Zeitzeugenberichten der Generationen ab 1935 entstehen.
Beschlossen am 7. Nov. 2015 in Wuppertal
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