14.10.2015
Schluss mit den Massakern! Stoppt Erdogan jetzt!
Erklärung von Ulla Jelpke zu den Anschlägen in Ankara
Es war der schwerste Terroranschlag in der
Geschichte der neueren Türkei. Bis zu 130 Menschen starben bei
zwei Bombenanschlägen auf eine Friedenskundgebung am Samstag in
Ankara. Der Doppelanschlag galt einer Großkundgebung von
Gewerkschaften, linken und prokurdischen Parteien gegen den neuen Krieg
in den kurdischen Landesteilen. Der Anschlag zielte – wie schon
das Massaker an jungen Sozialistinnen und Sozialisten in Suruc im Juli
– auf die Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung.
Das stellte Ulla Jelpke in einer Erklärung fest, und sie fährt fort:
Es war ein Anschlag gegen die Geschwisterlichkeit der
Völker, gegen einen gemeinsamen türkisch-kurdischen Kampf
für Frieden, Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Demokratie. Die
Botschaft ist klar: Wer sich an die Seite der kurdischen
Freiheitsbewegung stellt, ist vogelfrei. Er riskiert ebenso sein Leben,
wie es die kurdischen Freiheitskämpferinnen und
Freiheitskämpfer seit über 35 Jahren tun.
Mit der Kundgebung in Ankara sollten die Kriegsparteien
dazu aufgerufen werden, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Tatsächlich ließ sich die Arbeiterpartei Kurdistans PKK auch
durch das neuerliche Massaker nicht beirren und verkündete noch am
Tag des Anschlags eine Waffenruhe als Reaktion auf entsprechende
Appelle aus dem In- und Ausland. Dagegen flog die türkische
Luftwaffe wenige Stunden nach der PKK-Erklärung erneute
Luftangriffe auf Guerillastellungen im Nordirak und
Guerillafriedhöfe in der Türkei. Diese Reaktion der
AKP-Regierung ist deutlich: Frieden ist nicht erwünscht.
Zurecht geben viele Linke und Gewerkschafter der
AKP-Regierung und Präsident Erdogan die Verantwortung an dem
Massaker. Die Frage ist nur, ob wir es hier mit den logischen
Konsequenzen von Erdogans Politik – der Unterstützung von
dschihadistischen Terrorgruppen in Syrien und Hasskampagnen gegen
politischen Gegner der AKP – zu tun haben, oder ob die
Gladio-Einheiten des Präsidenten sogar direkt in die
Anschläge verwickelt waren.
Seit dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit bei den
Parlamentswahlen im Juni setzen die AKP und Präsident Erdogan auf
eine Strategie der Spannung. Mit Terror, mit Krieg, mit Repression soll
die prokurdische Demokratische Partei der Völker HDP wieder unter
die Zehnprozenthürde gezwungen werden. Zugleich hofft Erdogan,
zahlreiche Anhänger der faschistischen Grauen Wölfe für
die AKP zu gewinnen. AKP-nahe Rollkommandos greifen HDP-Büros und
oppositionelle Medien an.
Die Absicht dahinter ist deutlich: Mit Anschlägen
und Terror soll ein Klima der Angst geschaffen werden, in dem der Ruf
nach Stabilität durch eine Alleinregierung und einem starken Mann
ertönt. So hofft Erdogan, am Ende doch noch sein
Präsidialsystem mit besonderen Vollmachten durchzusetzen. Schon
jetzt ist in vielen kurdischen Städten kein freier Wahlkampf
möglich aufgrund tagelanger Ausgangssperren und systematischen
Terrors durch Polizei und Armee. Aus Angst vor weiteren Anschlägen
verzichtet die HDP nun auch auf Großkundgebungen. Dazu kommen die
andauernden Festnahmen und Verhaftungen von HDP-Mitgliedern und
Funktionären. Damit steht jetzt schon fest, dass die
Parlamentswahlen am 1. November nicht in einer freien und
demokratischen Atmosphäre verlaufen.
Ein Regime, das zur Aufrechterhaltung seiner Macht auf
terroristische Anschläge, Krieg, faschistische Rollkommandos und
Massenverhaftungen von Oppositionellen setzt, darf kein Partner der
Bundesregierung sein – schon gar nicht bei der Abwehr von
Flüchtlingen.
Der zweitägige landesweite Streik linksgerichteter
Gewerkschaften in der Türkei zu Wochenbeginn war eine erste
machtvolle Antwort auf das Massaker von Ankara. So wurde deutlich, dass
sich die linken und demokratischen Kräfte nicht einschüchtern
lassen. Denn jetzt gilt es Erdogan und sein Regime in die Knie zu
zwingen! An der Wahlurne und auf der Straße!
Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, tätig in der VVN-BdA
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