12.08.2015
Vor 15 Jahren: Gesetz für "Erinnerung Verantwortung Zukunft" tritt in Kraft
Regelung der Zwangsarbeiterentschädigung
Unser Buch „Der Iwan kam bis
Lüdenscheid“ behandelt eine der erfolgreichsten Bewegungen,
an denen die progressiven Historiker/innen und
Erinnerungsarbeiter/innen und die Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes je mitwirkten. Es erinnert daran: Heute vor 15 Jahren, am
12. August 2000, trat das Gesetz zur Errichtung der Stiftung
„Erinnerung Verantwortung Zukunft“ in Kraft. Die Zahlungen
konnten dann ab Mai 2001 beginnen. Ulrich Sander erinnert sich:
Ich gehörte vor über 15 Jahren zur Verhandlungs- und
Aktionsgruppe der Opferverbände, als es um die
Entschädigungsfrage ging.
Ulla Jelpke, MdB der PDS, heute der Linken, die noch
heute dem Stiftungskuratorium angehört, schrieb mir damals nach
Eintritt der Wirkung der Gesetzgebung zur
Zwangsarbeiterentschädigung, es war der 30. Mai 2001: "Es ist mir
in diesem Augenblick ein persönliches Bedürfnis, mich
bei allen Freundinnen und Freunden, bei allen
Mitkämpferinnen und Mitkämpfern zu bedanken, ohne deren
langen und beharrlichen Einsatz wir nie so weit gekommen
wären. Ich nenne hier - stellvertretend für viele - Alfred
Hausser und seine Mitstreiter/innen in der Interessengemeinschaft
ehemaliger Zwangsarbeiter unter dem NS-Regime, Kurt Goldstein vom
Auschwitz-Komitee, Ulrich Sander und andere in der VVN,
Hans-Jochen Vogel und den Verein gegen das Vergessen, Lothar Evers,
Andreas Plake und die Beratungsstelle für NS-Verfolgte in
Köln, Dr. Karl Brozik von der Jewish Claims Conference,
Bartosz Jalowiecki von der polnischen Partnerstiftung, Jiri
Sitler aus der Tschechischen Republik." Weiter schrieb Ulla Jelpke:
„Trotzdem werden am Ende viele Überlebende vermutlich
überhaupt kein Geld erhalten. Weil sie keine Belege finden
und auch keine Zeugen mehr da sind. Weil sie nicht deportiert
wurden, das Gesetz aber Deportation verlangt, damit
überhaupt eine Zahlung erfolgt. Oder weil sie irgendwo in
dem bürokratischen Prozess der Antragstellung,
Nachweisbeschaffung usw. nicht mehr weiter kommen. Ihnen allen
schulden wir es, weiter zu kämpfen. Einen Schlussstrich darf
es nicht geben. Weder finanziell, noch moralisch, noch politisch."
Eine Beschreibung des Buches „Der Iwan kam bis Lüdenscheid“:
Der Autor hatte das Glück, rund 7500
Personalien zu erkunden und damit vermutlich 1500 überlebenden
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern aus dem Raum Lüdenscheid
zu einer Entschädigung verhelfen zu können, als
Mitarbeiter des „Heimatvereins Lüdenscheid e.V.“
und mit Hilfe des Stadtarchivs. In der Provinz, in einer
Industriestadt konnte der Autor pars pro toto - der Teil fürs
Ganze - repräsentative Fakten über ein besonders schweres
Verbrechen des deutschen Faschismus erarbeiten. Er wirkte in der
entscheidenden Phase des Ringens um Zwangsarbeiterentschädigung,
als US-Konzerne sich anschickten, mit juristischen Mitteln deutsche
Konzerne wegen ihrer Marktvorteile zu Zeiten des Krieges und der
NS-Zwangsarbeiterausbeutung vom Markt zu verdrängen. Da wurde es
möglich, die 55 Jahre erfolglos aufgestellte Forderung der
Opferverbände nach Entschädigung von 13 Millionen Opfern auf
die Agenda zu setzen – bis dann 2000 ein entsprechendes Gesetz
angenommen wurde. Die Nachweiserbringung wurde auch in Lüdenscheid
den Archivaren nicht leicht gemacht. Von Versuchen der Verhinderung des
Projekts durch örtliche Wirtschaft und konservative Politik bis
zum Einbruch und Datenklau im Rathaus, in den Räumen des
Stadtarchiv, falschen Auskünften bis Verweigerungen der Mitarbeit,
etwa des größten KFZ-Herstellers (in Spielzeugform), der Fa.
Sieper, reichte die Einflussnahme. Der Mord an einer unbekannten Zahl
von Montenegrinern auf Befehl des Gauleiters wie an Insassen des
Arbeitserziehungslagers Hunswinkel gehört zu den düstersten
Enthüllungsgeschichten des Arbeitsjournals, das hier vorgelegt
wird und das bisweilen zu einem sehr persönlichen,
ungewöhnlichen Tagebuch gerät. Die darin erzählte
Geschichte findet auch heute noch keinen Abschluß.
Entschädigungsforderungen für sowjetische Zwangsarbeiter mit
Kriegsgefangenenschicksal, Forderungen an die Bahn, die Verbrechen der
Reichsbahn betreffend, und an die ganze deutsche Republik, den
griechischen und italienischen Opfern zu helfen, geraten wieder auf die
Tagesordnung. Die Erfahrungen aus diesem Buch aus der Zeit, da Iwan und
all die anderen Sklaven bis nach Lüdenscheid kamen, bleiben
aktuell.
Angaben zum Buch „Der Iwan kam bis
Lüdenscheid“ von Ulrich Sander, Protokoll einer Recherche
zur Zwangsarbeit, papy rossa, Köln, 2015, ISBN 978-3-89438-582-8,
15,90 Euro plus 1,80 Euro Versandkosten Unter dieser Adresse kann das
Buch bestellt werden: ulli@sander-do.de, 0231 80 41 000, Postfach
Sander 321, 44388 Dortmund, Konto VVN-BdA NRW IBAN
DE03360100430028212435
Rezensionen zum Buch "Der Iwan kam bis Lüdenscheid" siehe
http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/1447_iwan_uz.htm
http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/1452_iwan_lr.htm
http://www.kommunisten.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5490:ungesuehnten-verbrechen-dem-
vergessen-entrissen-protokoll-einer-recherche-zur-zwangsarbeit&catid=106:literatur-und-kunst&Itemid=256SW
http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/1446_iwan_lr.htm
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